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information & bildung<br />
In Prizren/Kosovo:<br />
Die Anfänge des Tranzit Centre<br />
ORT DES <strong>LERNEN</strong>S, DER BEGEGNUNG, DER ZUFLUCHT<br />
Mag. a Katharina Wagner<br />
PR & Kommunikationsverantwortliche<br />
CONCORDIA Sozialprojekte<br />
www.concordia.or.at<br />
Die 2008 ausgerufene Republik<br />
Kosovo ist neben der Republik<br />
Moldau das ärmste Land Europas.<br />
Nach Angaben des UNICEF-<br />
Büros in Prishtina lebt jedes fünfte Kind<br />
im Kosovo in Armut. Mehr als 60 % der<br />
Kinder der Roma und Ashkali leben in<br />
absoluter Armut, über 30 % in extremer<br />
Armut. Der Kosovo ist sowohl historisch<br />
als auch demographisch ein sehr junger<br />
Staat. Das Durchschnittsalter der 1,9<br />
Millionen KosovarInnen beträgt 30,5<br />
Jahre. Die Arbeitslosigkeit unter jungen<br />
Menschen ist sehr hoch.<br />
DIE ARMUTSFALLE<br />
Eine Autostunde von der Hauptstadt<br />
Prishtina nahe der albanischen Grenze<br />
liegt die kosovarische Kleinstadt Prizren.<br />
In der verarmten Nachbarschaft Tranzit,<br />
in dem vorwiegend Roma-Familien der<br />
Bevölkerungsgruppe der Ashkali leben,<br />
mangelt es oft an den einfachsten<br />
Dingen. Viele haben kein fließendes oder<br />
kein warmes Wasser, keine medizinische<br />
Versorgung. Zehnköpfige Familien<br />
schlafen zum Teil auf engstem Raum<br />
zusammen. Wird jemand krank, gibt es<br />
keine Versorgung. Mit den 250 Euro im<br />
Monat, die den meisten Familien maximal<br />
zur Verfügung stehen, ist nicht mal<br />
die Deckung der Nahrungsmittel gesichert.<br />
Kinder gehen oft nicht zur Schule,<br />
oder brechen die Schule früh ab, um<br />
mit Gelegenheitsjobs ihren Beitrag zum<br />
Familieneinkommen zu leisten.<br />
Angrenzend an diese Nachbarschaft befindet<br />
sich das Loyola-Gymnasium. 2016 begannen<br />
unter der Leitung der beiden Jesuiten Moritz<br />
Kuhlmann SJ und Axel Bödefeld SJ SchülerInnen<br />
des Gymnasiums mit den Familien im Viertel<br />
Kontakte zu knüpfen und ein Freizeit-Programm<br />
für die Kinder in der Nachbarschaft anzubieten.<br />
Die Brücke, die damit geschlagen wurde, war<br />
der Startschuss einer Begegnung auf Augenhöhe,<br />
eine Bereicherung sowohl für die SchülerInnen<br />
des Loyola-Gymnasiums als auch für<br />
die Familien in Tranzit. Aus den Kindern, die<br />
damals von den ersten Aktivitäten profitierten,<br />
sind mittlerweile Erwachsene geworden, die<br />
selbst das Programm aktiv mitgestalten. Einer<br />
davon ist Laminat (18 Jahre). Er hilft mit,<br />
gleichzeitig unterstützt man ihn dabei, seinen<br />
eigenen Schulabschluss, den er nicht abschließen<br />
konnte, nachzuholen: “Ich möchte, dass die<br />
Kinder hier nicht die Schule abbrechen, so wie<br />
ich es in der siebten Klasse getan habe. Mein<br />
Wunsch ist, dass die Kinder von Tranzit eine<br />
bessere Zukunft haben.“<br />
Die jungen MitarbeiterInnen aus der Community<br />
selbst machen das Projekt aus. Über ein<br />
Scholarship erhalten sie die Möglichkeit, eine<br />
Ausbildung nachzuholen, während sie weiterhin<br />
im Tranzit eingebunden sind.<br />
MEHR ALS NACH<strong>MIT</strong>TAGSBETREUUNG<br />
Aus den Freizeitaktivitäten, die anfangs ausschließlich<br />
im Freien stattfinden mussten, wurde<br />
ein Bildungszentrum mit geregelten Öffnungszeiten,<br />
Lernbetreuung und einer Musikschule<br />
mit eigenem Kinderorchester. Egzolla Dullaj ist<br />
eine der Musiklehrerinnen im Tranzit: „Es ist<br />
Fotos: © Samir Karahoda<br />
16 | <strong>MÄRZ</strong> <strong>2021</strong>