Gsungen&Gspielt 02/2020
- Keine Tags gefunden...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
INT´RESSANTERWEIS
DER „GAIRER“ TAUSENDSASSA
Martin Reiter aus St. Gertraudi (vulgo Gai)
Text: Sabrina Haas
Foto: Atelier Hohlrieder
ZUR PERSON
Martin Peter Reiter
Beruf: Marketingleiter
der Tiroler
Versicherung
Hobbies: Autor, Verleger,
Oldtimerfahrer
(Fiat 500, BJ 1969),
Sammler, Moderator
TirolTV, Feuerwehr, mit Leuten musizieren,
mit denen ich noch nie zusammengespielt
habe ...
Instrumente: Akkordeon fast voll, Steirische
(10 leichte Stückln), Piano a bissl,
Gitarre (3 Griffe)
Martin, du hast in den letzten Jahren
mehr als 120 Bücher veröffentlicht.
Hast du schon einmal daran
gedacht, in die Welt der “neuen”
Medien einzusteigen? Podcast?
Blog?
Martin Reiter mit seiner Frau Martina
(Foto: Atelier Hohlrieder)
Gedacht habe ich dran, vor allem an
einen Blog, hab sogar schon „Das alte
Tirol“ dafür reserviert, aber aus Zeitgründen
noch nicht begonnen. Auf
Facebook, Youtube und Instagram bin
ich aktiv, quer durch alle Themen, viel
halt von, aus und über unsere Heimat
Tirol. Podcast? Eher nicht, das will ich
der Menschheit nicht antun ... ;-)
Probleme habe ich nur
mit „Traditionen“, bei
denen die „Erfinder und
Bewahrer“ gar nicht wissen,
warum sie das tun.
Du bist nicht nur durch deine Herkunft,
sondern auch durch dein
Interesse zur Volkskultur in Tirol
bekannt. Welche Tradition(en) beeindruckt
bzw. beeindrucken dich
persönlich am meisten?
Für mich ist Tradition nicht nur mit
„historisch“ und „uralt“ verbunden.
Ich denke, dass sich auch Tradition
weiterentwickeln darf und soll, auch
neue Traditionen sollen entstehen. Sie
sind ja schlussendlich ein Vermächtnis
der jeweiligen Epoche und Generation.
Hätten wir uns nicht ständig weiterentwickelt,
würden wir heute noch
Felle tragen und in Höhlen wohnen.
Probleme habe ich nur mit „Traditionen“,
bei denen die „Erfinder und Bewahrer“
gar nicht wissen, warum sie
das tun. Extremnegativbeispiel sind
für mich hier die „neuen“ Teufelpassen.
Ich habe viele gefragt, warum. Erklären
konnte es mir von den Aktiven
keiner, oder wenn, dann falsch. Und
wenn dann am Nikolaustag in manchen
Orten gar ein Hexentanz stattfinden
muss, dann kann ich nur noch den
Kopf schütteln. Da stimmt doch was
nicht. Wenn überhaupt Hexen, dann
vielleicht in der Walpurgisnacht, aber
doch nicht am 6. Dezember.
Deshalb beeindruckt mich ganz besonders
das „Peaschtln“ in Breitenbach.
Da gibt es 35 Passen mit 460
Peaschtl vom Kind bis zum 80-Jährigen.
Und die gehen nur in Breitenbach
in ihren Weilern am 5. Dezember und
sonst nirgends außerhalb der Gemeinde.
Das ist keine Show, das ist echte
Tradition. Ebenso die Berchten (von
„Berchta“) in Alpbach oder im Zillertal,
die am Dreikönigsabend (5. Jänner)
unterwegs sind. Aber Teufel, die
im Oktober Warming up Parties und
Mitte November Teufelsumzüge veranstalten,
das hat mit Tradition nichts
zu tun.
Ganz anders sind da auch das Reither
Nikolausspiel, das seit über 300 Jahren
nur alle sieben Jahre stattfindet, oder
die Passionsspiele in Erl und Thiersee.
Alle haben sich stets weiterentwickelt,
aber sie leben auch nach Jahrhunderten
noch. Vermutlich auch, weil sie rar
sind, wenn sie nicht jährlich zur Aufführung
gelangen.
2010 hast du dich gemeinsam mit
deiner Frau Martina für den Kauf
des Stoffelhäusls entschieden und
das Haus komplett renoviert. Warum?
Was macht das Stoffelhäusl
für dich so besonders und erhaltenswert?
Das 537 Jahre alte Stoffelhäusl steht
dort, wo sich noch bis zum Jahr 1816
die Grenzen von Bayern bzw. Tirol
und Salzburg am Geyerbach trafen,
zwischen den Schlössern Matzen,
12
G‘SUNGEN & G‘SPIELT | 45. JAHRGANG | HEFT 02 | JUNI 2020