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Cimbernland Jubiläumsausgabe 1969-2019

Cimbernland Jubiläumsausgabe zum 50-jährigen Gründungsjubiläum des Bayerischen Cimbern-Kuratoriums

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AUS DEN SPRACHINSELN

Meine Arbeit im Fersental

Anthony Rowley, München

Gestatten Sie mir einen Bericht aus meiner

persönlichen Perspektive über die vier Jahrzehnte,

in denen ich das Fersental kenne.

Als Vorbild dient mir der Beitrag von Alastair

Walker (2018), der eine Anregung unseres

gemeinsamen Lehrers David Crystal aufgreift

(vgl. Walker 2018, 268). Crystal rief

linguistische Feldforscher dazu auf, ihren

Werdegang und ihre Erlebnisse genau zu

dokumentieren.

Ich begegnete dem Fersental erstmals

im Winter der Jahre 1973-1974. Im Rahmen

des Pflichtjahrs im Ausland für mein Studium

der Fächer Germanistik und Linguistik

an der englischen Universität Reading kam

ich nach Regensburg. Dort sollte ich eine

Zulassungsarbeit schreiben. „Suchen Sie

sich eine Lehrveranstaltung aus, die Sie

interessiert, schreiben Sie über das Thema

und profitieren Sie von den Arbeiten

der deutschen Mitstudenten“ so der Rat

von Professor William Burley Lockwood,

unserem Betreuer, von allen Studenten nur

„Wild Bill“ genannt. Ich suchte mir Robert

Hinderlings Hauptseminar „Sprachinselforschung

mit besonderer Berücksichtigung

des Fersentals (mit Exkursion)“ im Sommersemester

1974 aus, besprach mein Projekt

mit Hinderling und reiste zur Exkursionsvorbereitung

im tiefen Winter nach Trient und

ins Fersental. Ich war im dritten Studienjahr

und 20 Jahre alt.

Inwiefern war ich, um auf Nigel Barleys

„Innocent Anthropologist“ (Barley 1985)

anzuspielen, ein „Innocent Dialectologist“?

Immerhin, der philologische und linguistische

Hintergrund wurde uns im Studium

vermittelt: W.B. Lockwood hatte uns eine

Grundausbildung in historischer Germanistik

angedeihen lassen, vor allem im Bereich

Alt- und Mittelhochdeutsch. Im Rahmen des

Linguistik-Studiums in Reading hatten wir

von Frank Palmer, David Crystal, Peter Matthews,

Peter Trudgill und anderen über die

Syntaxtheorien der Epoche, aber auch über

Morphologie, Phonetik und Soziolinguistik

gehört. Dabei wurde immer wieder Kritik an

dem, was die Professoren leicht abschätzig

„armchair linguistics“ nannten, laut. Man

legte Wert darauf, dass wir nicht im bequemen

Sessel über Sprache nachdenken,

sondern mit wirklichen Textzeugnissen und

linguistisch nicht vorgebildeten Sprechern

arbeiten sollten.

Abb. 1: Der junge Student Rowley transkribiert Swaheli.

Foto: University of Reading.

Auch linguistische Befragungen waren mir

nicht völlig fremd. Im Fach Phonetik hatten

wir Transkriptionsübungen mit der internationalen

Lautschrift IPA absolviert und wurden

sogar auf ausländische Linguistikstudenten

losgelassen, um Feldarbeit zu üben

– in meinem Fall waren es Bantu-Sprachen.

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