Aberglaube und Volksmedizin im Lande der Bibel. Hamburg: L. Friederichsen & CO., 1914.
Superstition and Folk Medicine in Palestine (the Land of the Bible)
Superstition and Folk Medicine in Palestine (the Land of the Bible)
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VIII.
Die Behandlung.
A. Amulette.
1. Allgemeines über den Gebrauch von Amuletten.
Da sich der heutige Palästinenser überall von bösen „übernatürlichen
Kräften“ umgeben und gefährdet glaubt, so legte sich ihm die Notwendigkeit
nahe, auf Schutzmittel gegen diese Gefahr zu sinnen. Alles, was seine Aufmerksamkeit
auf sich zog, aber ihm und seiner Wißbegierde zugleich Schranken
setzte, wurde von ihm als Schutz- und Heilmittel angesprochen. Es entbehrt
nicht des Kindlich-Lächerlichen, wie dem Schutzbedürfnis dabei genügt wird. Die
Schutz- und Heilkraft legt die Phantasie, der Aberglaube und die Tradition den
Mitteln bei. Selten sind sie rationell begreifbar. Es handelt sich ja auch nicht
um einen natürlichen Feind, den es abzuhalten oder zu vertreiben gilt, sondern
um einen übernatürlichen, der Menschen, Tiere, Pflanzen, Häuser, schließlich alles
zu schädigen im Schilde führt. Deshalb dehnt sich wiederum der Gebrauch
von Amuletten auch auf alles
aus.
Die verschiedenen, jetzt gebräuchlichen Ausdrücke für Amulette sind „hirz“
= Schutz ', „hidschäb“ = Decke (was deckt), „ta Is a m“ = Talisman (Zauberschutzmittel).
Da Kinder durch ihre Zartheit, Frauen durch ihre Schwäche und
Kranke durch geringe Widerstandsfähigkeit der Wirkung der „äußeren bösen
Einflüsse“ in stärkerem Maße ausgesetzt sind, werden sie in erster Linie geschützt.
Deshalb begegnet man kaum einem Kinde, kaum einem Kranken, die
nicht ein oder gewöhnlich mehrere Amulette trügen. Diese Sitte findet sich auch
im biblischen Altertum. (2. Mos. 32, 2). In jeder Lage, die mehr als andere
böse, äußere Einwirkungen befürchten läßt, nimmt man immer seine Zuflucht
zu Amuletten.
Eine Braut, die im Hochzeitszuge schön geschminkt und geschmückt auftritt,
zieht durch ihre Schönheit und ihren bräutlichen Schmuck den bösen Blick
stärker als sonst an. Sorgsam wird sie deshalb mit allerlei Schutzmitteln behängt.
Besonders die Beduinen zeichnen sich bei diesem Gebrauch aus. Der Bräutigam
wird mit kaum geringerer Sorgfalt am gefahrschwangeren Hochzeitstag
gegen alles
Böse gefeit.
Muß einer eine mit großer Gefahr v e r b u nd e n e R e i s e unternehmen,
so versieht er sich mit einem schützenden Amulett.
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„haraza“ soll nach dem Muh itu ’l-muhit ursprünglich von „ liarasa
(er schützt) abgeleitet sein.
hirz = Schutz = starke Festung.
(
hirzun mani = eine starke, uneinnehmbare Festung.)