Aberglaube und Volksmedizin im Lande der Bibel. Hamburg: L. Friederichsen & CO., 1914.
Superstition and Folk Medicine in Palestine (the Land of the Bible)
Superstition and Folk Medicine in Palestine (the Land of the Bible)
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74 —
Die christlichen Fellachen geloben, „gliirbnij e“ 1
. „ Ghirbnije “ ist Brot,
das in großen Laiben aus feinem siebenmal gesiebtem Mehl gebacken wird. Die
Laibe sind mit einem Siegel (raschme) versehen. Es werden immer fünf solcher
Laibe gebacken, welche von den Priestern in der Kirche durch Segen geweiht
werden. Vier bleiben in der Kirche und gehören den Priestern, einen Laib
nimmt man mit nach Hause. Er wird als „ barake “ — Segen — unter die
Familienglieder verteilt. 2
Es kommt vor, daß man kranke Kinder einem Heiligen weiht,
dem sie, sobald sie genesen sind, dienen sollen. Noch verbreiteter bei Christen
ist die Sitte, daß eine Mutter, welche ihre Kinder verliert, bei der nächsten
Schwangerschaft ihre Frucht einem Heiligen weiht, dessen Namen dann das
Kind erhalten soll. Bei Christen und Mohammedanern geloben oft die Eltern,
die Haare eines ihrer Kinder im Alter von vier (oder mehr) Jahren in einem
Heiligtum abzuschneiden. In manchen Fällen wird das Gewicht des Haares in
Gold oder Silber dargewogen und dem Heiligen gegeben. 3 Ein großer Segen
— barake — ist es, ein Kind an einem „ne bi“ — (z. B. nein Musa — Fest) oder
an einem großen Fest, etwa am Versöhnungsfest 4 ,
zu beschneiden. Deshalb
wird auch dies gerne gelobt.
Außer den obengenannten Opfern werden Geld, Kalk - oder Steinmaterial,
Lampen, Teppiche, Decken 5 Vorhänge und anderes mehr dem
,
Heiligen für die Zwecke seines Heiligtums gewidmet. Fast in jeder Kirche
stößt man auf Marien- und Heiligenbilder, welche mit Gold- und Silberschmuck
überladen sind. Irgendwelche Gelübde haben sie hierhergebracht. Nicht selten
gelobt eine Fellachin ihren einzigen Schmuck, die „ Schatue “ 6 ,
die fellachische
Frauenmütze, welche mit Silber- und Goldmünzen benäht ist. 7
Das größte Gelübde, von dem ich hörte, war das eines alten Scheck der
Familie al-Imäm (von Jerusalem). Auf seinem Krankenlager gelobte er: „Wenn
ich genese, o, Prophet Gottes (d. h. Mohammed), baue ich dir einen „ dechämi c “
(Moschee) und eine „ medane “ (Minaret), und wenn ich sterben sollte, so kleidet
ihr. meine Verwandte, in meinem Namen vierzig Waisenkinder!“
1
Audi „ kuddase “ genannt.
2
Ich habe diese Sitte oft in Iietdschnla gesehen.
3
Meistens wird dies von solchen Eltern gelobt, deren Kinder immer wieder sterben. Ein Priester
vollzieht die Zeremonie (bei Christen).
4
°id
ed-dhije.
5
(i)stdr, pl. istarät.
6
Die schatue wird südlich von Jerusalem, besonders in Bethlehem und Betdscliala von Frauen getragen.
Sie ist zylindrisch, steif, außen mit rotem oder grünem, besticktem Tuch bezogen, und
hat als obersten Abschluß einen steifen auch mit Tuch überzogenen Reifen. Auf der Vorderseite
sind mehrere Reihen Gold- irnd Silbermünzen, an der Hinterseite nur Silbermünzen aufgenäht.
Sie verwenden zu diesem Schmuck solche Münzen, die im Verkehr ungangbar sind. Das Ganze
wird mittels einer Baumwollkordei unter dem Kinn befestigt. Von dem einen „Ohrzipfel“ der
„ schatue bis zum anderen führt der “ znctk “, das silberne Halsband.
7
Man merkt oft, wie die Marien- und Heiligenbilder in der katholischen und griechischen Kirche
mit Schmuck überladen sind. Solche Gegenstände werden als Gelübde gegeben. Im alten Testament
begegnen wir auch dieser Sitte, den Götzenbildern Schmucksachen anzulegen. Jer. 10,4;
Bar. 6, 10 u. 23; 2. Mkk. 2. 2.