Aberglaube und Volksmedizin im Lande der Bibel. Hamburg: L. Friederichsen & CO., 1914.
Superstition and Folk Medicine in Palestine (the Land of the Bible)
Superstition and Folk Medicine in Palestine (the Land of the Bible)
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in einem „ ueli“, oder in seinem Haus in ihrem Namen und Auftrag zu
lesen. 1 Selten kommt es vor, daß Mohammedanerfrauen, deren Kinder jung sterben,
es Gott geloben, ihre neugebornen Kinder bei Christen taufen zu lassen: „Ein
Gelübde auf mir, mein Herr, wenn ich ein Kind bekomme, werde ich es bei
den Christen taufen lassen“ (nidrun c alaije ja rabbi in adschäni ualad la a c mmdu c ind
en-nasära). Auch bei den Christen kann man, wenngleich selten hören, wie eine
Mutter das Gelübde ablegt, den Monat Ramacldn den Fastenmonat der Mohammedaner,
wie die Mohammedaner zu fasten, wenn ihr Liebling die Krankheit
,
überstehe.
2 Andere geloben Gott, den Armen irgendwie behilflich zu sein.
Die Zahl der Personen, denen man ein Gelübde versprechen darf, der
Heiligen, Propheten, ueli’s und schiüch ist sehr groß. Die Mohammedaner
besitzen die reichste Auswahl, während die Christen meistens den St. Elias
(mär Elias), St. Nikola (mär lnkula), St. Georg (mär Dschirius oder Chadr el-achdar),
dem hl. Saba (mär Säba) und der Jungfrau Maria ihre Gelöbnisse darbringen.
Der hl. Georg wird auch von den Mohammedanern in Ehren gehalten, weshalb
sie ihm auch Gelübde versprechen. 3
Am häufigsten wird einem der vom Koran anerkannten Propheten das
Gelübde gelobt: dem Mohammed (rasul allah), Abraham (Ibrahim el-Chalil ),
Moses
(en-nebi Müsa), Samuel (en-nebi Samuil ),
David (en-nebi Dahud), Kuben (en-nebi
Rubin). Die Festtage dieser Propheten 4 sehen einen großen Zustrom von Menschen
aus allen Gegenden. Die Festteilnehmer wollen nicht nur ihren religiösen Verpflichtungen
nachgehen, sondern in zahllosen Fällen ihre Gelübde einlösen. Doch
kann man jedem Heiligen, ueli und schech 5 ein Gelübde darbringen. Insbesondere
bevorzugen die Bewohner jedes Dorfes den lokalen Heiligen. Eine Liste einiger
ueli’s und Heiligen hat Lic. Dr. Kahle im Palästinajahrbuch VI, S. 63—101
gegeben.
1
In einem solchen Fall wird gewöhnlich der Ort, wo das Vorlesen des „ mölad
stattfinden
schon im Gelübde erwähnt: „ inschallali btit' äfa binti u bakralha mölad 'ala medanit en-nabi
Müsa — So Gott will, genest meine Tochter und ich lese einen mölad vom Minaret des
nebi
müsa.
2
Arab. „la asüm schahr Ramadan ja rabbi in tab ibni“.
3
S. Beschreibung von Kahle, Palästinajahrbuch VI, 88. Ich möchte hier nur bemerken, daß die
Mohammedaner im (Jerusalemer-)Heiligtum selbst keine besondere Ecke haben.
4
en-nebi Müsa, en-nebi Rubin, el-Hüsen haben einen „mösam“ (Besuchssaison).
5
Nicht selten werden geistig anormale Menschen als „ueli“ angesellen. Ich kenne eine alte Frau,
die verlumpt in Jerusalem herumgeht und das widersinnigste Zeug zusammen spricht. Dessen ungeachtet
wird sie als heilig angesehen. In 'En 'Arik wohnt ein jetzt schon ca. 60 Jahre alter
Mann, der nackt herumgeht ;
er spricht nicht, hält sich meistens im Freien auf und läuft nur
rückwärts. Er wird nicht nur von seinen Dorfleuten, sondern auch von den Bauern der Dörfer
rings umher als „ueli“ angesehen. Aus seinem Verhalten glaubt man es Vorhersagen zu können,
was die Zukunft bringen wird. Schreit er nachts laut, so soll es bald regnen; rennt er in den
Dorfstraßen ziellos hin und her, so glaubt man „chaijale“, Gendarmerie, welche die Steuern eintreiben
oder einen Verbrecher in Haft nehmen wollen, erwarten zu müssen. In Krankheitsfällen
geloben ihm die Frauen Hühner. Wenn man sie darbringt, läßt man sich einige Haare vom
Haupte des ueli abschneiden, mit welchen der Kranke ausgeräuchert wird. (Erzählt von c Ali
Säleh el-jJetuni.)
soll,