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Aberglaube und Volksmedizin im Lande der Bibel. Hamburg: L. Friederichsen & CO., 1914.

Superstition and Folk Medicine in Palestine (the Land of the Bible)

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)

VII.

Die Gelübde

Gelübde (nidr, pl.

in Palästina sehr verbreitet.

(ijndüra

l

waren im alten Orient 2 und sind immer noch

Sie spielen im Leben des Fellachen und des Städters,

bei Christen und Mohammedanern eine große Rolle. Fast in jeder schwierigen

Lebenslage, wie anläßlich eines Krankheitsfalls, schlechter Ernte, der Abreise

eines Geliebten bringt der Fellach seinem Gott, einem Heiligen oder einem Heiligtum

ein Gelübde dar. Er verspricht ein Opfer oder ein Geschenk zu geben,

wenn seine Gebete und Wünsche erhört und erfüllt werden.

Hier sollen nur solche Gelübde besprochen w'erden. welche im Krankheitsfall

gelobt werden. Daß solche Formeln auch allgemein bei anderen

Gelegenheiten angewandt werden, sei hier nur erwähnt.

Je nach der Stellung, die der Kranke im Hause einnimmt, werden Gelübde

in größerer oder kleinerer Zahl für ihn gelobt, mehrere für den Vater, Gatten

oder Sohn, wenige für Mädchen und alte Frauen. Erlaubt es das Alter oder

der Krankheitszustand, so gelobt auch der Kranke selbst. Um die Hilfe mehrerer

Heiligen sich zu sichern, wendet sich der Kranke und wenden sich die Anverwandten

je an einen besonderen Heiligen.

Folgende Begebenheit ist mir in meiner Praxis vorgekommen: Abu Amin el-Betüne, das

3

älteste Mitglied dieser „ hamide (Familie), erkrankte an rechtsseitiger Lungenentzündung. Es kam

zu einem schweren Rückfall. Der Krankheitsverlauf und die Rekonvaleszenz zogen sich in die

Länge. Als eines Tags der Zustand des Kranken sehr bedenklich wurde und ich die Brüder und

die Verwandten darauf aufmerksam machte, gelobte der eine Bruder für 30 Franken 4 Kerzen, die

den Heiligtümern von Abraham (in Hebron) und Moses und der Omarmoschee geweiht werden

sollten. Gleichzeitig bat er Gott, er möge doch seinem Bruder das Leben erhalten und an seiner

Statt seinen eigenen, jüngsten Sohn, der neun Monate alt war, erkranken lassen. 5 Ja, er fand sich

bereit, wenn es nicht anders ginge, seines Kindes Leben hinzugeben, 6 damit das des Bruders gerettet

würde. Ein zweiter Bruder legte das Gelübde ab, ein Schaf dem ueli Zetiin (in Betimia) zu

opfern und ein zweites für ein Festmahl seinen Verwandten und Freunden zur Verfügung zu

stellen. 7 Die Ehefrau des Erkrankten versprach dem Propheten Samuel eine Ziege. Der Kranke

selbst gelobte dem Abraham (Hebron) ein Schaf und einen „Korb“ 8 Reis.

1

2

3

4

Plural von nidr in der hocharabischen Sprache ist nudiir, s. Muhitu d-muh.it II, S. 2058.

Einige Bibelstellen, die von Gelübden handeln, sind: Hiob 22, 27; 1. Mose 28: 1 8 ff. ;

4. Mose

21, 2; 2. Sam. 15, 8; Jonas 1, 16; Jer. 44, 25; 1. Sam. 14, 24 etc.

„hamide ist der weitere Begriff für Familie, während der engere „

celi“ ist.

20 Franken werden gewöhnlich „nera“ oder „lera“ genannt, „nira u miss“ = 30 fres.

6

Der kleine Junge erkrankte einige Tage darauf; die Mutter sagte: „bdb es-samä kan maftith“

= die Himmelspforte war offen, d. li. als der Vater den Eid (oder Wunsch) aussprach, erhörte

es

Gott sofort.

6

Ein solcher Wunsch wird nicht nidr, sondern „daue“ genannt.

7

Wörtlich ’alaije in tiib achin chariif lal-ueli Zetün u chart'tf ma kiliftu la salira“. „ Kiliftu “

bedeutet alles was man zu einem Festmahl neben dem Schaf braucht.

8

Korb Reis = kuffet ruzz = 32 Rotel Reis.

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