Aberglaube und Volksmedizin im Lande der Bibel. Hamburg: L. Friederichsen & CO., 1914.
Superstition and Folk Medicine in Palestine (the Land of the Bible)
Superstition and Folk Medicine in Palestine (the Land of the Bible)
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ist das Grab eines Christen, der kurz vor seinem Tode Mohammedaner geworden
war.
Die Fellachen behaupten, der Erschrockene wird nur durch einen Gegenschreck
geheilt. Besonders deutlich zeigt dieses folgende Begebenheit, die
ich miterleben mußte. Mein Freund und Nachbar Ihr. Dschirius von Betdschäla,
einem Dorfe bei Bethlehem, war über eine traurige Nachricht sehr erschrocken
und betrübt. Eine Verwandte von ihm fürchtete, er könnte sich dadurch irgend
eine Krankheit zuziehen und griff deshalb zu einem merkwürdigen Vorbeugungsmittel.
Sie schlachtete eine schwarze Henne und kochte sie mit allerhand Gewürzen.
Dabei hielt sie den Deckel des Topfes sehr fest zu, damit der Dampf
nicht entweichen konnte. Kurz nun bevor das Fleisch gar wurde, warf sie sich
Fig.20. Silberner Brustschmuck mit 5 Anhängseln (3 größeren
und 2 kleineren), einer blauen Perle und 3 Halbmonden.
Fig. 21. Silberne Gürtelschnalle mit blauen Perlen, Halbmonden,
Händen, die an 5 Kettchen hängen.
in der Nähe seines Zimmers nieder und fing plötzlich zu schreien und zu jammern
an: „0! wehe mir, warum mußtest du, mein lieber Sohn, meine Stütze,
mein „Kamel“ sterben; du bist hin; mein Glück ist mit dir verschwunden
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Mein Freund eilte ganz erschrocken hinaus und fand sie, wie sie ihre Haare
raufte und fürchterlich jammerte. Er frug sie nach dem Grund ihrer Klage. Die
Frau jedoch schrie nur um so lauter und herzzerbrechender, so daß er sie entsetzt
ansah und seine Frage wiederholte. Als sie nun meinte, daß er genug erschrocken
sei, bekannte sie, ihn nur deshalb erschreckt zu haben, um den ersten
Schreck durch den zweiten aufzuheben. Er mußte nun seinen Kopf über den
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Das Kamel ist das nützlichste und deshalb wertvollste Tier des Fellachen. Auf diesen Besitz
gründet sich in vielen Fällen der einzige Broterwerb der Familie. Der Tod eines solchen Tieres
ist zuweilen der Ruin des Eigentümers. Mit dem Kamel vergleicht die Fellachenfrau ihren Mann,
und ruft ihm deshalb: „du mein Kamel“ (ja dschamali), d. h. „du meine Stütze!“
.“