Aberglaube und Volksmedizin im Lande der Bibel. Hamburg: L. Friederichsen & CO., 1914.
Superstition and Folk Medicine in Palestine (the Land of the Bible) Superstition and Folk Medicine in Palestine (the Land of the Bible)
Katze erschreckt wurde, sofort urinieren läßt. Andere wieder glauben, daßdas Trinken des Urins, der von einem Knaben kommt, jede schädlicheWirkung aufheben kann. Nicht nur im Aberglauben des Palästinensers, sondernin dem aller Völker spielt der Urin eine bedeutende Rolle als Zauber- und Heilmittel.Bei den alten Hebräern hob das Trinken von einem Log Urin jedeBezauberung auf.Das Universalmittel, welches zugleich am wirksamsten ist und meistens vonMohammedanern gebraucht wird, ist die „täsii er-radschfe “ (Fig. 1 9 und Tafel I). Es istdies eine runde, kupferne Schale, welche in Mekka verfertigt sein soll, und mitKoransprüchen, gewöhnlich dem Vers „des Thrones“ (V. 25G v. d. Sure derFig. 19. Schreckbecher (täsit er-radschfe).In der Innenseite sind zwölf Kreise mit Sprüchen eingraviert.Kuh), beschrieben ist. Man findet sie in den verschiedensten Formen. Diejenigen,welche man gegenwärtig am häufigsten antrifft, sind runde Schalen mit einerkleinen Erhebung in der Mitte des Bodens. Am Rande dieser Erhebung hängenkleine längliche Kupferstücke. 1 Meistens sind solche Schalen mit eingekratzten,sinnlosen Zeichen 2 bedeckt, die den naiven und dummen Bauern und Städternals die Worte des Verses vom „Stuhle“ vorgeschwindelt wmrden. In die obengenannten kleinen Stücke, die in der Mitte hängen, und welche bei jeder Bewegungein klirrendes Geräusch verursachen, sind auch Zeichen eingraviert'Esgibt solche Schalen, hei denen diese kleinen Kupferstücke vom oberen Eand herunterhängen.2Ich habe in mehreren die Wiederholung des Namen Gottes „allall“ gefunden. Andere weisen dieNamen der „ heiligen (mohammedanischen Familie d. h. „Gott, Mohammed, ‘Ali, Fatme, Hasanund Husen“ auf. Diese Zusammensetzung fand ich auf verschiedenartigen Amuletten.
67(Tafel I, Fig. 3 u. 4). Diese Zeichen sollen derjenige Teil des oben genanntenVerses sein, der aus Raummangel nicht in das Innere der Schale selbst geschriebenwerden konnte. Es gibt jedoch Schalen, die mit schöner Schrift undsehr geschmackvoll beschrieben sind; ja man findet solche, die auf der innerensowie auf der äußeren Seite gezeichnet sind. Manchmal befinden sich nebenverschiedenen Sprüchen auch Talismane, Siegel und G e s t i r nb i 1 d e r.Tafel I, Fig. 1 zeigt einen solchen Teller, auf dessen Rand die zwölf Bilderder Gestirne dargcstellt sind. Der Gedanke ist ein uralter, nämlich der, daßdas Schicksal jedes Menschen vom Gestirnbild, in dessen Monat er geboren ist,beherrscht wird. Niemand kann aber mit Sicherheit sagen, in welchem er geborenist, weshalb der Erschrockene 1 aus der Schale mit den zwölf Sternbildern,unter welchen sich auch sein Stern finden muß, trinkt.Die Mohammedaner verehren dieses Gefäß sehr und rühren es nicht an,wenn sie nicht rituell rein sind. Wird es dringend gebraucht, so daß man keineZeit hat, die Prozedur der Reinigung vorzunehmen, so legt man ein reines Tuchauf die Hand und stellt die Schale darauf. Glücklich ist die Familie, die einesolche Wunderschale besitzt; besonders dann, wenn sie alt ist und schon imBesitz der Großeltern war. Im Notfälle wird sie von einer Familie an dieandere gegen ein Pfand verliehen. Viele halten streng darauf, daß sie nichtdem Licht ausgesetzt wird, wenn anders sie ihre Wirkung behalten soll.Die Heilkraft dieses Gefäßes rührt von den „Heiligen Suren“ desKorans, den Talismanen und Gestirnbildern, die darauf eingraviert sind, her:Sobald Wasser in Berührung mit diesen kommt, erhält es Wunderkraft.Uber den Ursprung einer solchen Schale weiß eine Sage, daß die guten„ dschinn “ beim Baden das Gefäß benutzen und es vor Zeiten am Wasser vergaßen.Menschenkinder hätten es dann aufgefunden. Dieses Gefäß habe alsMuster gedient und viele seien ihm nachgemacht worden.Merkwürdigerweise glauben auch viele Christen an die vorbeugende Kraftdieser „ täsit er-radsclife u .Die Mohammedaner Jerusalems führen den Erschrockenen an das Wasserbassinmit Springbrunnen, das in der Nähe des Mohammed-Olivenbaumes,zwischen der Omarmoschee und der Aksa liegt. Es wird einfach el-käsoder „ dschurn “, „Bassin“ genannt. Um denselben wird dreimal herumgegangenund zwar während des Mittagsgebetes am Freitag. Nach dem letzten Rundgangbegibt man sich ohne zurückzuschauen direkt nach Haus. Während der ganzenProzedur werden Süßigkeiten auf den Boden geworfen. Es wurde mir von einerFrau erzählt, daß sie diese Prozedur für ihr seit Wochen fieberndes Kind angewandthabe mit dem Erfolg sofortiger Heilung.Eine in Jerusalem schon erloschene Gewohnheit ist die, daß die Muttermit ihrem erschrockenen Kinde zu dem „hadschar el-mansi “, „dem vergessenenStein“, auf den Berg Zion geht, und dort dem Kinde Gesicht, Händeund Füße wäscht. Auf dem Heimwege müssen Süßigkeiten gestreut werden, unddabei dürfen weder sie noch das Kind zurückschauen. Der „vergessene Stein“5 *1Auch der Fiebernde bekommt davon zu trinken, da das Fieber als Folge von Schreck angesehenwird.
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(Tafel I, Fig. 3 u. 4). Diese Zeichen sollen derjenige Teil des oben genannten
Verses sein, der aus Raummangel nicht in das Innere der Schale selbst geschrieben
werden konnte. Es gibt jedoch Schalen, die mit schöner Schrift und
sehr geschmackvoll beschrieben sind; ja man findet solche, die auf der inneren
sowie auf der äußeren Seite gezeichnet sind. Manchmal befinden sich neben
verschiedenen Sprüchen auch Talismane, Siegel und G e s t i r nb i 1 d e r.
Tafel I, Fig. 1 zeigt einen solchen Teller, auf dessen Rand die zwölf Bilder
der Gestirne dargcstellt sind. Der Gedanke ist ein uralter, nämlich der, daß
das Schicksal jedes Menschen vom Gestirnbild, in dessen Monat er geboren ist,
beherrscht wird. Niemand kann aber mit Sicherheit sagen, in welchem er geboren
ist, weshalb der Erschrockene 1 aus der Schale mit den zwölf Sternbildern,
unter welchen sich auch sein Stern finden muß, trinkt.
Die Mohammedaner verehren dieses Gefäß sehr und rühren es nicht an,
wenn sie nicht rituell rein sind. Wird es dringend gebraucht, so daß man keine
Zeit hat, die Prozedur der Reinigung vorzunehmen, so legt man ein reines Tuch
auf die Hand und stellt die Schale darauf. Glücklich ist die Familie, die eine
solche Wunderschale besitzt; besonders dann, wenn sie alt ist und schon im
Besitz der Großeltern war. Im Notfälle wird sie von einer Familie an die
andere gegen ein Pfand verliehen. Viele halten streng darauf, daß sie nicht
dem Licht ausgesetzt wird, wenn anders sie ihre Wirkung behalten soll.
Die Heilkraft dieses Gefäßes rührt von den „Heiligen Suren“ des
Korans, den Talismanen und Gestirnbildern, die darauf eingraviert sind, her:
Sobald Wasser in Berührung mit diesen kommt, erhält es Wunderkraft.
Uber den Ursprung einer solchen Schale weiß eine Sage, daß die guten
„ dschinn “ beim Baden das Gefäß benutzen und es vor Zeiten am Wasser vergaßen.
Menschenkinder hätten es dann aufgefunden. Dieses Gefäß habe als
Muster gedient und viele seien ihm nachgemacht worden.
Merkwürdigerweise glauben auch viele Christen an die vorbeugende Kraft
dieser „ täsit er-radsclife u .
Die Mohammedaner Jerusalems führen den Erschrockenen an das Wasserbassin
mit Springbrunnen, das in der Nähe des Mohammed-Olivenbaumes,
zwischen der Omarmoschee und der Aksa liegt. Es wird einfach el-käs
oder „ dschurn “, „Bassin“ genannt. Um denselben wird dreimal herumgegangen
und zwar während des Mittagsgebetes am Freitag. Nach dem letzten Rundgang
begibt man sich ohne zurückzuschauen direkt nach Haus. Während der ganzen
Prozedur werden Süßigkeiten auf den Boden geworfen. Es wurde mir von einer
Frau erzählt, daß sie diese Prozedur für ihr seit Wochen fieberndes Kind angewandt
habe mit dem Erfolg sofortiger Heilung.
Eine in Jerusalem schon erloschene Gewohnheit ist die, daß die Mutter
mit ihrem erschrockenen Kinde zu dem „hadschar el-mansi “, „dem vergessenen
Stein“, auf den Berg Zion geht, und dort dem Kinde Gesicht, Hände
und Füße wäscht. Auf dem Heimwege müssen Süßigkeiten gestreut werden, und
dabei dürfen weder sie noch das Kind zurückschauen. Der „vergessene Stein“
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Auch der Fiebernde bekommt davon zu trinken, da das Fieber als Folge von Schreck angesehen
wird.