Aberglaube und Volksmedizin im Lande der Bibel. Hamburg: L. Friederichsen & CO., 1914.
Superstition and Folk Medicine in Palestine (the Land of the Bible)
Superstition and Folk Medicine in Palestine (the Land of the Bible)
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Warum der Wolf diese Wunderkraft besitzt, wird nicht von den Hiesigen
beantwortet. Es steht ihnen einfach fest, daß er das einzige Tier sei, vor welchem
sich die Dämonen fürchten. 1
Sie erzählen sich darüber folgende Geschichte: Ein Mann, der sich im Wald beim Holzlianen
verspätet hatte, hörte plötzlich eine liebliche Frauenstimme, die ihn anrief. Er wandte sich um
und sah eine Frauengestalt von übernatürlicher Schönheit, die sich ihm näherte. Sie bat ihn:
„Komm, du Menschenkind, folge mir nach, du sollst in meinem Vaterhause leben, bei uns glücklich
und reich werden!“ Er konnte nicht anders als ihr folgen. Sie führte ihn in ein nettes
kleines Häuschen, mitten im Walde gelegen, wo er viele Geschöpfe fand, die ihm Menschen zu
sein schienen, und doch etwas Übernatürliches an sich hatten. Tagaus, tagein ging er mit ihr im
Wald herum; sie suchten Früchte und sammelten Blumen. Dieses Leben mit all seinem Beiz
wurde ihm am Ende doch unangenehm. Eines Nachmittags, da er sich wieder mit der Fee im
Wald befand, erblickten sie einen Wolf, der auf sie beide zulief. Seine Begleiterin erblaßte und
schrie voller Angst: „Rette mich, ich bin verloren, der Wolf wird mich auffressen! Wir dscliinn
haben keine Gewalt über diese Tiere.“ Der Holzhauer kletterte auf einen Baum und ehe er heruntersah,
war die dschinnije aufgefressen. Nachdem der Wolf sich entfernt hatte, kletterte er herunter
und suchte den Weg zu seinem Dorf zurück. Hier angekommen, merkten seine Verwandten,
daß er ein ganz anderer geworden war.
Die Hebräer des Talmudischen Zeitalters glaubten, daß der Zahn eines
lebendigen Fuchses 2 gegen Schläfrigkeit, der Zahn eines toten Fuchses gegen
Schlaflosigkeit hilft. Der Schwanz eines Fuchses rettet ein Pferd von der Wirkung
des bösen Blickes .
Die alten
3
Araber haben vom Wolf den Kopf (am Taubenschlag aufgehängt,
verhindert er alles Üble), das Blut (für Taubheit und Beulen), das Gehirn (in
öl aufgelöst gegen alle Hautkrankheiten) und das Fett (für Lupus) medizinisch
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verwertet .
2. Schutzmaßregeln gegen die Wirkung des „bösen Blickes“.
Da das „böse Auge“ eine ungemein wichtige Rolle im Leben des Palästinensers
spielt und er viele Krankheiten auf seine Wirkung zurückführt, so finden
wir, daß er fast nichts unversucht gelassen hat, was vielleicht diesen Einfluß aufheben
oder wenigstens vor ihm einigermaßen schützen könnte. Fast jedes Kind
trägt ein oder einige Schutzmittel gegen das „böse Auge“.
Schönheit und Zierde ziehen den „Blick“ sofoi’t an, deshalb glauben viele
dem „bösen Blick“ zu entgehen, wenn sie die natürliche Anmut ihrer Kinder zu
verdecken suchen. Da Reinlichkeit und Ordnung die Fundamente der Schön-
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Nach dem kanzu ’l-ichtisäs, S. 75, soll auch der weiße Hahn dem Hause Glück bringen. Durch
sein Krähen verscheucht er die Dämonen. Es ist ferner zir beme»ken, daß die Mohammedaner
Palästinas glauben, daß der Hahn das auserwählte aller Tiere sei. Er betet zu Gott täglich fünfmal,
genau den vorgeschriebenen Zeiten gemäß. Er soll der „muaddin“ (Ausrufer) der Tiere
sein. — Vgl. Dr. T. Canaan „Der Kalender des Pal. Fellachen“, Z. D. P. V. 1913, Oktoberheft,
und Jialätu 1-halaüdn el-kubrä von esch-schech Kamäl ed-din ed-Demiri Vol. I, S. 311: „elkadi
Husen, (u.) el-Mutaualli und er-Rdfüi erlauben es, sich auf das Krähen eines erprobten
Hahnes zu verlassen, um seine Gebete zu verrichten“.
2
Wie früher erwähnt wurde, sind die verschiedenen Teile (der jetzigen Amulette), die dem Wolf
entnommen sein sollen, vom Fuchs.
3
Jew. Encycl. „Amulets“.
4 Arab. Encycl. „Däiratu 'l-ma' drif“