Aberglaube und Volksmedizin im Lande der Bibel. Hamburg: L. Friederichsen & CO., 1914.
Superstition and Folk Medicine in Palestine (the Land of the Bible)
Superstition and Folk Medicine in Palestine (the Land of the Bible)
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dannen. Er murmeltBeschwör ungen vor sich hin, die er immerfort
wiederholt und betet ununterbrochen.“ 1
Solche „Beschwörungen“ und „Gebete“ bestehen gewöhnlich im Hcrplappern
von unverständlichen Worten, in häufigem Wiederholen von Gottes Namen und
im Murmeln von Zauberformeln. Der Mohammedaner ruft seinen Schöpfer in
den verschiedensten Variationen an, wie: ja Allah = O Gott!, ja rahim ja rahmän
— 0 du Allbarmherziger!, ja häfiz = 0 Beschützer! ja wäki = 0 Behüter! ja
hdris — 0 Wächter! und in anderen ähnlichen Wendungen. Oder er wiederholt
die „ fätiha “ 2 : bisweilen wählt er dazu auch einige Verse einer Sure aus
dem Koran. Niemals wird der Prophet vergessen: ja Muhammad =0 Mohammed!,^«
rasul allah = 0 Prophet Gottes!, oder ruft er ihn sonstwie an. Der
Christ dagegen wendet sich in einer solchen Lage an Jesus, Maria und den
Heiligen
:
ja c Adra nadscliina = Jungfrau errette uns
!
ja Chadr el-achdar = 0 St.
Georg, du Grüner! (d. h. Grünmachender, Fruchtbarkeitbringender), ja mär Elias
= 0 St. Elias etc. Das Kreuzschlagen spielt, wie wir schon in einer früheren
Stelle gesehen haben, eine große Rolle. Der Glaube ist ja allgemein verbreitet,
daß die bösen Geister von dem Zeichen des Kreuzes fliehen. Zur Bekräftigung
dieses Aberglaubens bekommt man allerlei Erzählungen zu hören, nach welchen
böse Geister Leute verfolgt haben und sie zu schädigen suchten, bis die Verfolgten
schließlich ein Kreuz schlugen, wodurch dann wirklich auch diese lästigen
Dämonen verscheucht wurden, (s. S. 8.)
b) Auch vom Tragen erprobter Amulette erhofft man eine schützende
Wirkung gegen die bösen Einflüsse der bösen Geister. Der Träger eines solchen
Stückes soll gegen allerlei Nervenkrankheiten gefeit sein. Diese Amulette tun
noch jetzt dieselben Dienste, die sie einst auch bei den alten Ägyptern taten.
Wichtig waren und sind sie vor allem gegen Dämonen, gegen alle die Übel,
Fährlichkeiten und Todesarten, mit denen diese die Gesundheit und das Leben
des Menschen bedrohen. Die Mutter hängt dieselben ihrem Kinde um den
Hals, an die Mütze, an die Hände, an die Füße, an einen Haarbüschel, ans
Ohr oder an den Finger. Wie bei den Alten, so trägt man auch jetzt manchmal
ein einziges Amulett, aber meistens ihrer viele. Das rührt davon her, daß der
Palästinenser es für geratener hält, lieber eine größere Zahl derartiger Stücke
bei sich zu tragen. Man kann dann hoffen, daß, weün das eine in seiner Kraft
versagt, ein anderes an seine Stelle treten würde .
. . Eine
derartige Häufung
sichert den Einfluß auf dämonische Mächte besser als nur ein Exemplar, ebenso
wie man überzeugt ist, daß die Erfüllung eines Gebetes um so gewisser eintreten
würde, je öfter man dessen formelhaft vorgeschriebene Worte selbst ausspricht
oder von anderen für sich aussprechen läßt. 3
1
Diese Beschreibung soll nach Lenormant auf die Chaldäer, und nach Blau auf die Hebräer
passen.
2
Die „fätiha“ lautet: „Im Namen des allbarmherzigen Gottes! Lob und Preis Gott, dem Weltenherrn,
dem Allerbarmer, der da herrscht am Tage des Gerichts. Dir wollen wir dienen, und zu
dir wollen wir flehen, auf daß du uns führest den rechten Weg, den Weg derer, die deiner
Gnade sich freuen, und nicht den Weg derer, über welche du zürnest, und nicht den der
Irrenden.“
(Übersetzung von Dr. Ullmann.)
3 Vergl. auch A. Wiedemann, „Die Amulette der Alten Ägypter“, D. A. 0. XII, 1.