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Aberglaube und Volksmedizin im Lande der Bibel. Hamburg: L. Friederichsen & CO., 1914.

Superstition and Folk Medicine in Palestine (the Land of the Bible)

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Ein Kranker darf einen Schwerkranken nicht besuchen, weil sich dadurch

der Zustand des Besuchten verschlimmert, und die Genesung infolgedessen in

die Länge gezogen wird. Diese böse Wirkung wird auch mit ,, kabse bezeichnet.

Sollte nun doch dieser Fall eintreten. so versucht man den Schwerkranken beim

Eintritt des Besuchers aus dem Hause zu führen und ihn nach einer Weile

wieder hinein zu bringen.

4. Abergläubische Ursachen. Es sollen hier noch einige weitere

Krankheitsursachen erwähnt werden. Es sind dies teils solche, die als schwere

Verstöße gegen die volkstümlichen Gesundheitsregeln vom hiesigen Volk bezeichnet

werden

1

,

teils solche, die auch auf abergläubischen Anschauungen beruhen,

aber sich nicht früher einreihen ließen. 2

Hebt jemand etwas Schweres auf, so kann er dadurch seinem Magen schaden (inmalcf =

teilweises Ausrenken), oder auch sich Urininkontinenz verursachen. Ein Mann kann dadurch seine

männliche Kraft verlieren, eine Frau den Uterus so schwächen, daß sie ihre Frucht vorzeitig verliert

und starke Rückenschmerzen bekommt. 3

Bei kleinen Kindern werden die meisten Krankheiten, die mit Erbrechen verbunden sind,

dadurch erklärt, daß sie einen zu großen Bissen gegessen haben, der noch in der Öffnung des

Mageneingangs steckt: „lukmi kffdi ' ala ras kalbu — ein Bissen sitzt ihm auf der Magenspitze.

Kehrt der Bräutigam nach der Trauung von der Kirche auf demselben Weg zurück, den er

hingegangen ist, so erkrankt er.

Hält der Feind des Bräutigams ein Messer halb offen und schließt es während des Trauaktes

zu, indem er dabei einige magische Versformeln murmelt, so „bindet“ er den Bräutigam. Er muß

dann kinderlos

bleiben.

Spielt ein Kind abends mit Feuer, so wird es sein Bett nässen. 4

Wer mit erhobener Hand die Sterne zählt, bekommt Warzen auf die Finger.

Werden zwei Kinder an ein und demselben Tag getauft oder zwei Brautpaare an ein und

demselben Tag getraut, so erkrankt eins von ihnen, und zwar ist es gewöhnlich das als zweites

getaufte Kind und das als zweites getraute Paar. 5

Ein Kind, welches bei der Taufe nicht schreit, wird bald sterben.

Trägt die Braut während des Trauaktes nicht Weizen und Gerste in der Tasche, so ist sie

in Gefahr, gebunden zu werden. 6

Legt man brennende Kohlen ins Blut einer Gebärenden, so wird sie kinderlos.

Kleine Kinder darf man nicht auf die Fußsohlen küssen, sonst sollen sie verkrüppeln. 7

Küßt man ein Kind am Nacken, so entwickelt sich ein jähzorniger Charakter. 7

Bittet ein Kind um einen Gegenstand, der ihm, trotz Weinens und Flehens, verweigert wird,

so erkrankt das Kind an „’aschme“. Die Eltern müssen nun sofort einen Teig mit feingehacktem

Fleisch und 4 Sorten Spezereien zubereiten, ihn durchbacken, zerschneiden und dem Kinde unter

die Nase halten; wobei die Mutter den Spruch: ,,jä ‘ aschmän chüd aschimtak“ hersagt. —

1

Einige dieser Angaben sind auch in „Volksleben im Lande der Bibel“ von L. Bauer, S. 195,

zu finden.

2

Bei einigen Redensarten ist es mir nicht gelungen, entscheidend zu beweisen, ob sie ihre Entstehung

alten, ausgestorbenen abergläubischen Sitten verdanken oder nicht, z. B. niest ein Kind,

so sagen die Anwesenden „nascliue“ = Weitergedeihen. Die alten Hebräer lehrten: „Seitdem

Himmel und Erde erschaffen waren, blieb kein Mensch am Leben, wenn er geniest hatte, bis

Jakob durch sein Gebet dieses Unheil abwendete (Jalkut zu Job 41 : 20 aus Pirke d. R. Eliezer —

Blau 146).

3

In den drei letzten Fällen heißt es „dahru maftüh“ — sein Rücken ist offen (d. h. die Nerven

im Rückenmark sind

schwach).

4

Die Feuer-Dämonen schlagen das Kind am Rücken, welches schwach wird (s. o.).

5

Nur eins vom Paare soll sterben, Braut oder Bräutigam.

6

Mir von einer in Jerusalem wohnenden Armenierin erzählt.

7

Erzählt von Imm Fachri, Frau v. Arif Junis, Tochter des Hasan es-Salahi.

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