07.03.2021 Aufrufe

Aberglaube und Volksmedizin im Lande der Bibel. Hamburg: L. Friederichsen & CO., 1914.

Superstition and Folk Medicine in Palestine (the Land of the Bible)

Superstition and Folk Medicine in Palestine (the Land of the Bible)

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

)

:

27

Schlaf, der Mutter und Verwandte bezwingen kann, hat über die Taube keine

Macht; deshalb wagt sich die Karine nicht an ihr Opfer.

Nur König Salomo, der Fürst aller Geister, konnte diesen bösen Geist bezwingen. Er ritt

eines Tages auf „Flügeln des Windes“, begleitet von seinen Räten, den guten Geistern (dschinn

mu’minün), den Engeln, Vögeln und Winden, um über alle widerspenstige böse Geister strenges

Gericht zu halten und das von ihnen so geplagte Menschengeschlecht zu befreien. Alle Angeklagten

waren erschienen, nur die karine nicht; da ließ er sie von den gläubigen „dschinn“ aufsuchen und

vorfiihren. Nach einer anderen Erzählungsweise soll er sie auf dem Rückwege in der weiten Wüste

getroffen haben. Auf seine Fragen, wie sie heiße, wo sie wohne und was sie tue, antwortete sie

„Ich bin die karine, der menschenverfolgende Geist. Ich „lege“ mich auf das kleine Kind, so stirbt

es; auf ältere Kinder, so überfällt sie allerlei Übel, Krankheiten und Schmerzen; auf die schwangere

Frau, so stirbt ihre Frucht; auf die Menstruierende, so wird sie kinderlos; auf den reichen Kaufmann,

so verfolgt ihn Unglück. Überhaupt verursache ich alle Krankheiten. Am liebsten sind mir

Frauen und Kinder mit schwarzen Augen und rotem Gesicht. Ich verwüste die Paläste und fülle

die Friedhöfe mit meinen Opfern.“ Salomo schauderte es bei der Aufzählung all ihrer Bosheiten

und er verurteilte sie zu Gefängnisstrafe unter dem siebten Boden, in der siebten Schichte und

bestimmte, daß über und um sie Blei und Kupfer geschmolzen werden solle nach vorhergehender

strenger Peinigung. Sie bat jedoch den strengen Richter um Gnade und führte für sich an, daß

es ja einige Sprüche, Gebetsformeln und göttliche Siegel gebe, die den Menschen, wenn er

sie trage, vor körperlichem Schaden, Verlusten, Zauberei und Teufelsmacht schützen. Sie fügte

hinzu, es sei erforderlich, daß der Mann das Siegel am rechten Oberarm, die Frau aber an ihrem

Gürtel trage; bei einem neugebornen Kinde müsse es schnell an der Brust angebracht werden.

Der König Salomo nahm sein Urteil zurück und ließ sich von ihr versprechen, dem Träger eines

solchen Schutzmittels nichts anzutun. Während er noch redete, stürzte in Windeseile der Erzengel

Mikäijl (Michael) herbei und befragte die karine über ihr Wirken, worauf sie wie vorher antwortete.

Er ließ sie martern und verurteilte sie zur selben Strafe, wie es König Salomo schon

getan hatte. Da schwur sie bei Gott, dem Allmächtigen, den sieben Himmeln, bei den Erzengeln

Dschubräijl (Gabriel), Mikäijl (Michael), Israfäijl und ' Uzräijl (der Todesengel), bei allen anderen

Engeln, bei dem König Salomo, dem Erwählten Gottes, bei Abraham, dem Freunde Gottes, (chalil

allah), bei dem Propheten Moses, der mit Gott redete (kalim allali), bei Jesus (

c

Isa), Gottes Geist

(ruh allah

und bei Mohammed, dem gesegneten Propheten Gottes, daß sie dem Träger des Siegels

nichts antun wolle, weder bei Tag noch bei Nacht. Daraufhin bekam sie ihre Freiheit.

Die Hauptgedanken dieser Erzählung findet man auch in den Beschwörungen

(ralcuej gegen alle Krankheiten, die vom „bösen Blick“ verursacht werden (s. Behandl.

d. Krankli., die vom „bösen Blick“ verursacht werden).

Die meisten, von Müttern und Kindern getragenen Amulette, sind gegen

diesen bösen Geist, el-Karine.

Ein anderer Geist, welcher der Karine in seiner Wirkung ähnelt, ist „Umm

es-subijän“ = 1 Mutter der Knaben. Sie verfolgt, wie ihr Name schon anzeigt

kleine Knaben und tötet sie bald nach der Geburt. Andere Namen für sie sind

„7mm el-lel“ = die Mutter der Nacht (d. h. in der Nacht zumeist Erscheinende

und Wirkende) „ al-Iiurra_7.= die Freie.. Es wird erzählt, daß der König Salomo

ihr eines Tages begegnete, als er auf Windesflügeln über die Lande dahinsauste.

Er faßte einen mächtigen Abscheu vor diesem schrecklichen Würgegeist und

nahm ihr das Versprechen ab, keinem Menschen zu schaden, wenn er ein

Siegel trägt, das seinen Namen enthält. Dieses Siegel ist ein Schreiben, das

selbst wieder aus sieben solcher Siegel besteht, welche unter dem Namen „sab c

(ijhud seijedna Slemän“ = die sieben Versprechen unseres Herrn Salomo bekannt

sind.

1

In vielen Büchern wird der Ausdruck „ Umm es-subijän“ für eine besondere Art von Krämpfen

angewandt.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!