Aberglaube und Volksmedizin im Lande der Bibel. Hamburg: L. Friederichsen & CO., 1914.
Superstition and Folk Medicine in Palestine (the Land of the Bible)
Superstition and Folk Medicine in Palestine (the Land of the Bible)
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Schlaf, der Mutter und Verwandte bezwingen kann, hat über die Taube keine
Macht; deshalb wagt sich die Karine nicht an ihr Opfer.
Nur König Salomo, der Fürst aller Geister, konnte diesen bösen Geist bezwingen. Er ritt
eines Tages auf „Flügeln des Windes“, begleitet von seinen Räten, den guten Geistern (dschinn
mu’minün), den Engeln, Vögeln und Winden, um über alle widerspenstige böse Geister strenges
Gericht zu halten und das von ihnen so geplagte Menschengeschlecht zu befreien. Alle Angeklagten
waren erschienen, nur die karine nicht; da ließ er sie von den gläubigen „dschinn“ aufsuchen und
vorfiihren. Nach einer anderen Erzählungsweise soll er sie auf dem Rückwege in der weiten Wüste
getroffen haben. Auf seine Fragen, wie sie heiße, wo sie wohne und was sie tue, antwortete sie
„Ich bin die karine, der menschenverfolgende Geist. Ich „lege“ mich auf das kleine Kind, so stirbt
es; auf ältere Kinder, so überfällt sie allerlei Übel, Krankheiten und Schmerzen; auf die schwangere
Frau, so stirbt ihre Frucht; auf die Menstruierende, so wird sie kinderlos; auf den reichen Kaufmann,
so verfolgt ihn Unglück. Überhaupt verursache ich alle Krankheiten. Am liebsten sind mir
Frauen und Kinder mit schwarzen Augen und rotem Gesicht. Ich verwüste die Paläste und fülle
die Friedhöfe mit meinen Opfern.“ Salomo schauderte es bei der Aufzählung all ihrer Bosheiten
und er verurteilte sie zu Gefängnisstrafe unter dem siebten Boden, in der siebten Schichte und
bestimmte, daß über und um sie Blei und Kupfer geschmolzen werden solle nach vorhergehender
strenger Peinigung. Sie bat jedoch den strengen Richter um Gnade und führte für sich an, daß
es ja einige Sprüche, Gebetsformeln und göttliche Siegel gebe, die den Menschen, wenn er
sie trage, vor körperlichem Schaden, Verlusten, Zauberei und Teufelsmacht schützen. Sie fügte
hinzu, es sei erforderlich, daß der Mann das Siegel am rechten Oberarm, die Frau aber an ihrem
Gürtel trage; bei einem neugebornen Kinde müsse es schnell an der Brust angebracht werden.
Der König Salomo nahm sein Urteil zurück und ließ sich von ihr versprechen, dem Träger eines
solchen Schutzmittels nichts anzutun. Während er noch redete, stürzte in Windeseile der Erzengel
Mikäijl (Michael) herbei und befragte die karine über ihr Wirken, worauf sie wie vorher antwortete.
Er ließ sie martern und verurteilte sie zur selben Strafe, wie es König Salomo schon
getan hatte. Da schwur sie bei Gott, dem Allmächtigen, den sieben Himmeln, bei den Erzengeln
Dschubräijl (Gabriel), Mikäijl (Michael), Israfäijl und ' Uzräijl (der Todesengel), bei allen anderen
Engeln, bei dem König Salomo, dem Erwählten Gottes, bei Abraham, dem Freunde Gottes, (chalil
allah), bei dem Propheten Moses, der mit Gott redete (kalim allali), bei Jesus (
c
Isa), Gottes Geist
(ruh allah
und bei Mohammed, dem gesegneten Propheten Gottes, daß sie dem Träger des Siegels
nichts antun wolle, weder bei Tag noch bei Nacht. Daraufhin bekam sie ihre Freiheit.
Die Hauptgedanken dieser Erzählung findet man auch in den Beschwörungen
(ralcuej gegen alle Krankheiten, die vom „bösen Blick“ verursacht werden (s. Behandl.
d. Krankli., die vom „bösen Blick“ verursacht werden).
Die meisten, von Müttern und Kindern getragenen Amulette, sind gegen
diesen bösen Geist, el-Karine.
Ein anderer Geist, welcher der Karine in seiner Wirkung ähnelt, ist „Umm
es-subijän“ = 1 Mutter der Knaben. Sie verfolgt, wie ihr Name schon anzeigt
kleine Knaben und tötet sie bald nach der Geburt. Andere Namen für sie sind
„7mm el-lel“ = die Mutter der Nacht (d. h. in der Nacht zumeist Erscheinende
und Wirkende) „ al-Iiurra_7.= die Freie.. Es wird erzählt, daß der König Salomo
ihr eines Tages begegnete, als er auf Windesflügeln über die Lande dahinsauste.
Er faßte einen mächtigen Abscheu vor diesem schrecklichen Würgegeist und
nahm ihr das Versprechen ab, keinem Menschen zu schaden, wenn er ein
Siegel trägt, das seinen Namen enthält. Dieses Siegel ist ein Schreiben, das
selbst wieder aus sieben solcher Siegel besteht, welche unter dem Namen „sab c
(ijhud seijedna Slemän“ = die sieben Versprechen unseres Herrn Salomo bekannt
sind.
1
In vielen Büchern wird der Ausdruck „ Umm es-subijän“ für eine besondere Art von Krämpfen
angewandt.