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Aberglaube und Volksmedizin im Lande der Bibel. Hamburg: L. Friederichsen & CO., 1914.

Superstition and Folk Medicine in Palestine (the Land of the Bible)

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einer unsichtbaren Kraft festgehalten wurde. Mit Mühe gelang es ihr, den Eimer loszureißen, und

da er leer heraufkam, schleuderte sie ihn mit voller Macht wieder hinunter. Aber sofort saust

der Eimer wie ein Pfeil hinauf und trifft sie ins Gesicht. Sie fällt ohnmächtig um. Erwacht,

kehrt sie als Irrsinnige in die Wohnräume zurück. Eine Frau, die tagsüber in dieser Kammer

Linsen für die Familie Rasas zu sieben und auszulesen hatte, sah nun einmal eine Frauengestalt

aus demselben Brunnen heraufsteigen. Diese richtete zur Hälfte anscheinend an die arbeitende

Frau mit schrecklicher Gebärde die Frage :

„Wo

ist die Tochter von Muhammad Rasas die meine

Kinder mit <jlem Eimer geschlagen hat?“ Die Frau zitterte vor Angst, wurde leichenblaß und

konnte kein Wort über die Lippen bringen. „Fürchte dich nicht“ ,

sagte nun die dschinnije

(fern, von dschinn), „ich tue dir kein Leid! Sage nur, wo das Mädchen zu finden ist!“ Sie faßte

Mut und stotterte: „Sie ist nach Hebron abgereist.“ Mit den grimmigen Worten: „Sie kann an

den entferntesten Ecken der Welt sich verbergen, ich werde sie dennoch finden und meine Kinder

rächen“, verschwand der böse Geist. Seitdem wurde das arme Mädchen von einem Dorf ins

andere geschleppt, damit die dschinnije sie nicht finden sollte. 1

Da die Nacht immer für gefährlicher gilt als der Tag,

so bemühen sich

die Frauen, ihren Wasserbedarf tagsüber zu holen. Sind sie aber genötigt, abends

oder nachts dies zu tun, so unterlassen sie nicht, während des ganzen Geschäftes

den Namen Gottes oder emes Heiligen auszusprechen. Nicht nur der Glaube

an das Bewohntsein des Brunnens durch einen Geist erfüllt sie mit Furcht,

sondern auch die feste Überzeugung, daß die Geister abends und nachts die

Luft durch schwirren und ihren Pflichten nachgehen — so auch dem Wasserschöpfen.

Man könnte sich auf diese Weise leicht mit dem Geist am Brunnen

treffen, der sicher jedem etwas zu leide tun würde. 2

Einst ging dem Mustafa Ahmad Farhdn von Mälha ein Maultier verloren.

Er machte sich noch abends auf, es zu suchen. Nach langem vergeblichen

Suchen kam er in die Nähe von Sir el-Siär

:

einem Brunnen mit zwei Öffnungen.

Durch die eine führte eine Treppe in denselben, während die andere das Schöpfloch

war. Von weitem bemerkte er einen Schein und beeilte sich, an das

Schöpfloch zu kommen. Er schaute hinein, ohne Gottes Namen anzurufen und

oh, weh! er fühlte einen harten Schlag, der ihn ohnmächtig hinfallen läßt. Nachdem

er wieder zur Besinnung kam, bemerkte er, daß die Hälfte seines Gesichts

vom Schlag gelähmt war. Er erkannte die Ursache und begab sich deshalb zu

einem Scheck

,

der ihn auch wirklich durch Ablesen von magischen Versen und

durch das Schlagen mit einem Schuh auf die kranke Stelle bald heilen konnte. 3

Die D äm o n en s t ämm e werden von Fürsten regiert. Es sind sieben

H auptfürsten, welche wie die genannten sieben guten Geister die sieben

Tage der Woche regieren. Sie heißen: Murrah, Madhab, el-Ahmar, Barkän, Scliamliürisch

,

el-Abiad und el-Meimün. Außer diesen Hauptfürsten gibt es eine Menge

anderer, die in zweiter Reihe stehen. Es ist merkwürdig, daß die alten Semiten

auch Dämonenfürsten hatten; so wissen wir, daß in der hebräischen Dämonologie

der König Aschmudai 4 mit der Königin Lilitli die Geister regierte und „Agrat

bat Mahlat“ 5 hatte ein Reich von 18 Myriaden - Geistern. Der König Duma 5

1

Erzählt von Dschirijs Saläme von Kamallah. Er will die Geschichte von Moh. Rasäs selbst gehört

haben.

2

Diesen Glauben ist mir in Ret-dschäla begegnet.

3

Erzählt von "Ode Sälim von Mälha.

4

Targ Eccl. I, 13. Pes 110a. Nach der alten Haggadah war Samael der König der Geister, s. Jew.

Encycl. Dämonologie V.

5 Vergl. oben (S. 13.)

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