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Aberglaube und Volksmedizin im Lande der Bibel. Hamburg: L. Friederichsen & CO., 1914.

Superstition and Folk Medicine in Palestine (the Land of the Bible)

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bewohnt sein soll. Diese Geister erscheinen auf verschiedene Weise. Eine Frau wachte nachts

auf, da ihr Kind, das in der Wiege neben ihr schlief, laut weinte. Als sie das Kind zu sich

nehmen wollte, bemerkte sie, wie es süß und ruhig schlief. Sie nimmt dessenungeachtet das

Kind, um es zu tränken, und siehe, da fing die Wiege an, von selbst zu schaukeln. Des Morgens

fand sie ihr Kind tot.

Viele haben an der Zisternenöffnung zu verschiedenen Zeiten gelauscht und meinten ein unverständliches

Murmeln und dazwischenliinein Musik zu hören. Mitten im Winter sah ein Mann

an einem Nachmittag einen Schwarzen die Treppe herunterkommen, mit einer Traube (in der Hand.

Als er einige Schritte von ihm entfernt war, verschwand er. 1

Oft sind diese Geister an sich selbst gar nicht bösartig,

aber tiefe Beleidigung

durch den Hausbewohner kann sie aufhetzen, worauf sie jede Gelegenheit benützen,

um sich zu rächen. Ein Mohammedaner Jerusalems baute in seinem

weit von der Stadtmauer entferntliegenden Grundstück ein schönes Haus. Bei

den Grundlegungsarbeiten stieß er auf eine Höhle, die mit Menschenknochen

angefüllt war. Diese Höhle wurde, nachdem er oberflächlich die Knochen entfernt

hatte, teilweise als Stall, teilweise als Abort gebraucht. Durch diese Verunreinigung

ihrer Ruhestätte wurden die Geister der Toten gereizt. Sie empörten

sich,

verfolgten die Familie und straften sie mit Krankheit, Irrsinn und Todesfällen.

Die Türschwelle ist von jeher als eine gefürchtete und geweihte Stelle

angesehen worden (Zeph. I, 9).

Die Priester Dagons traten nicht auf die Tempelschwelle (1. Sam. 5, 4 u. 5).

Die Israeliten hatten besondere Torhüter (Hüter an der Schwelle) für den Tempel

(2. Kön. 23, 4, I. Chr. 9, 22, II. Chr. 23, 4). Die im Altertum verbreitete und

bis jetzt erhaltene Sitte, Opfer an der Türschwelle darzubringen, beruht wohl

auf dem Glauben, daß die Türschwellen „bewohnt“ sind. Herodot (II, 48) berichtet,

daß diese Opfer auch in Ägypten üblich waren. Alle vier Seiten des

neugebauten Hauseingangs werden noch von vielen Fellachen mit dem Blute

eines Schafes bespritzt, eine Sitte, die am Aussterben ist. 2 Oft wird unter der

Türschwelle eine Silbermünze und ein grüner Zweig eingebaut. 3 Nicht selten

sieht man in den Städten und bei einigen Bauern folgende Zusammenstellung:

Knoblauch, Alaun und eine große blaue Perle, wozu manchmal eine Eischale

kommt, werden an der neugebauten Türe aufgehängt. 4 In Hebron trifft mau

den Schädel eines Kamels 5 (oder auch einen Teil desselben) an der äußeren

Türe. Um die bösen Geister vom Hause zu bannen, hängen die Mohammedaner

Jerusalems an die innere Seite des Haus- oder Zimmereingangs eine Kaktusart.

Da sie nicht wie andere Pflanzen leicht und schnell verwelkt und austrocknet,

so muß sie eine übernatürliche Kraft in sich bergen.

Der Glaube, daß die Haus- und Türschwellen Sitz der bösen und auch

1

2

Erzählt von Frau Antun Nazzäl gebornen esch-Scham eile.

Vergl. die Geschichte des Auszugs der Kinder Israel aus Ägypten, 2. Mos. 12, Ebr. 11, 28. Eine

sehr verbreitete Sitte in den Dörfern ist, das Schlachtopfer (s. Gelübde) an der Türsclivvelle des

Heiligtums darzubringen.

3 Als Symbol des Glückes und Segens. Alles soll im Hause grünen (wie der grüne Zweig) und

4

hell (fidcla = Silber bringt fadä = Licht) sein (s. Erkl. von Träumen).

Dasselbe wird auch über ein Doppelfenster gehängt. Es soll das Haus vor dem bösen Blick

schützen.

5

Gegen den bösen Blick.

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