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Aberglaube und Volksmedizin im Lande der Bibel. Hamburg: L. Friederichsen & CO., 1914.

Superstition and Folk Medicine in Palestine (the Land of the Bible)

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dieser chan von bösartigen Darnonen bewohnt sei. Die beiden Jünglinge wurden jedoch dadurch

nicht eingeschüchtert. Sie ließen sich die Tore öfl'nen und führten ihre Kamele hinein. Der

Kaufmannssohn, erschöpft durch die Keise, legte sich sofort auf sein Ruhelager und überließ es

seinem Begleiter, die Lasttiere zu besorgen. Nach beendeter Arbeit suchte auch dieser sein Lager

auf. Ehe er sich zur Kühe legte, verrichtete er ein Gebet. Bald darauf hörte er folgendes Zwiegespräch

:

„Bist du der Affe, dessen Blut die Blindheit heilt?“ „Ja, Schlange, und bist du die

Schlange, deren Fett die Lepra heilt?“ „Ja, Affe!“ Kurzentschlossen hieb der Begleiter dem

Affen den Kopf ab und der Schlange das siebenköpfige Haupt. Das Blut des Affen sowie das

Fett der Schlange sammelte er sorgfältig tropfenweise je in eine Flasche.

Sie setzten ihre Keise fort bis zu dem nächsten Dorf, wo sie auch die Nachtstunden in

einem chdn veibringen mußten. Vor dem Schlafengehen nahm der Begleiter sein Gebetbuch zur

Hand, da bemerkte er, wie aus der Öffnung- des Brunnens, der im Vorhofe lag, ein Dämon nach

dem anderen herarrstrat. Er ließ die Öffnung nimmer aus dem Auge, paßte den Geistern auf und

schlug ihnen, wie sie hervortraten, den Kopf ab. Am folgenden Tag setzten sie miteinander ihre

Reise fort und kamen nun in der Hauptstadt an. Ihr Weg führte sie an dem Königsschlosse

vorbei, dessen Giebel mit Schädeln umsäumt war. Auf ihre Nachfrage, was dies für eine Bedeutung

habe, hörten sie, daß des Königs Tochter am Aussatz leide. Alle Ärzte, die sich zur

Behandlung anböten, jedoch die Heilung nicht erzielen könnten, würden geköpft. Der Begleiter

unseres Jünglings bot dem König seine Kunst an. Er nahm sein Schlangengift zu Hilfe und die

Tochter wurde bald von ihrem Leiden geheilt.

Auf der Rückreise wandte sich der Begleiter an seinen Freund und verriet ihm seine

nächtlichen Erlebnisse. Er forderte ihn auf, schnell in die Heimat zu den Eltern zu eilen, da

diese durch das viele Weinen erblindet wären. „Hier hast du eine Flasche gefüllt mit dem Blute

deines Affen; bestreiche den Eltern die Augen damit und sie sollen wieder sehend werden! Ich

war nicht dein irdischer Begleiter, sondern dein Schutzengel und bin die Seele des Toten, für

den du am Grabe mit 500 Piastern eingesprungen bist.“ 1

Der Glaube, daß sowohl die Luft als das Innere der Erde wie ihre

Oberfläche mit einer Unzahl von Geistern erfüllt sind, hat sich von ältester

Zeit bis heute erhalten. Sie sind so zahlreich, daß „eine Nadel, die vom Himmel

fallen könnte, sie zweifellos berühren würde/' Da der ungebildete Mensch in

diesen unsichtbaren Geschöpfen nicht nur die Ursachen von all den Naturerscheinungen,

sondern auch die über sein ganzes Geschick bestimmenden Mächte

gesehen hat, haben ihm diese Mächte ebenso sehr Furcht wie Ergebenheit eingeflößt.

So legte und legt sich noch der Mensch, um einerseits ihren Zorn zu

beseitigen, anderseits um ihr Wohlwollen zu gewinnen, freiwillig Entsagungen

auf: er weiht ihnen das Beste, das er besitzt; behängt sich mit allerlei Amuletten

oder umgibt sich mit solchen, um sich gegen die schädlichen Einwirkungen

der Geister zu schützen. Diese Vorbeugungs- und Schutzmittel sind unzählbar

und sollen noch ausführlich besprochen werden.

Über den Ursprung der Dämonen geben uns die jetzigen Zauberer, alte

Frauen, Schechs usw. genauen Aufschluß, der beim Volk Glauben findet und

für zutreffend gehalten wird. Nach ihm zerfallen die Dämonen in 3 Hauptgruppen

a. Die Feuerdämonen. Die Römer wehrten sich gegen dieselben mit

ihrem „arse verse“. Die Mischna 2 glaubt ebenfalls an diese Dämonenart und

lehrt, daß es erlaubt sei, am Sabbath aus Furcht vor Heiden, Räubern und

1

Erzählt von einer Ramallah-Frau.

2

Die Hebräer (Blau, „Das altjüdische Zauberwesen“) und die Bewohner einiger Teile Palästinas

g-lauben, daß die bösartig-en Nachtdämonen durch Anzünden von Feuer verscheucht würden.

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