Aberglaube und Volksmedizin im Lande der Bibel. Hamburg: L. Friederichsen & CO., 1914.
Superstition and Folk Medicine in Palestine (the Land of the Bible)
Superstition and Folk Medicine in Palestine (the Land of the Bible)
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arabische ahl el-ard (Bewohner der Erde) beweisen dieses.“
Dieser
Glaube
über die Herkunft der Dämonen aus der Unterwelt hat sich bis zum heutigen
Tage erhalten, deshalb trifft man als Benennung für sie auch folgenden Namen:
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„ al-aruäli el-ardije“ — 2 die irdischen Geister, oder „ al-aruäh es-sufiije = “ die
untei’en Dämonen (im Gegensatz zu „al-aruäh el-alauije = “ die oberen Geister),
oder al-aruäh ed-dschahannamije“ —
tl
die höllischen Dämonen (oder Geister). Von der Unterwelt kommen sie auf die Erde, und man findet sie meistens, —
wie wir später sehen werden — an solchen Plätzen oder sie haften an solchen
Gegenständen, die eine direkte Verbindung mit der Unterwelt darstellen, an Bäumen,
die in der Unterwelt wurzeln, Quellen und Höhlen, die mit derselben in direktem
Zusammenhang stehen. „Deshalb ist die Verehrung heiliger Bäume im ganzen
Umkreis der semitischen Völker verbreitet .“ Eine Grotte mit Quelle oder
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Brunnen fehlte selten bei den Heiligtümern der Alten . Die meisten Märchen
erzählen von dem Hervorkommen der Geister aus der Erde. Dies
kann uns folgende Geschichte illustrieren
Ein vermögender Kaufmann hatte einen Sohn, der für seinen täglichen Unterhalt 500 Piaster
bekam. An einem Frühlingstag kam der Sohn zu früher Stunde nach Hause zurück und führte
einen Alfen mit sich, den er gekauft hatte. Der Vater hielt ihm mit ernster Miene vor, er solle
sein Geld in nötigeren Sachen anlegen. Folgenden Tages kommt der Sohn zu später Stunde nach
dem Elternhause zurück und auf die Fragen des Vaters, was er mit seinem Gelde angefangen
habe, erzählt der Zurückgekommene: „Auf meinem Gang zur Stadt traf ich einen Leichenzug, dem
ich nach dem Kirchhof folgte. Am Grabe angelangt, bemerkte ich, daß einer den Toten prügelte.
Ich fragte, was der Grund dieser Schändung sei und erhielt die Antwort von dem Mann, daß der
Tote ihm noch 500 Piaster schuldig geblieben sei. Hierauf zog ich das Geld aus der Tasche und
übergab es dem Mann.“ „Sehr gut gehandelt, mein Sohn,“ sagte der Vater, „hilf deinem Mitmenschen
auch noch im Tod!“
Der Sohn sah ein, daß er sein faules Leben ohne jegliche Beschäftigung nicht weiterführen
konnte, und da er viele seiner Altersgenossen in die Fremde ziehen sah, erbat er sich von seinem
Vater 41 Kamelsladungen Vanille, um damit in die Fremde zu ziehen und sein Glück zu versuchen.
Dem Drängenden gab der Vater nach rrnd veranstaltete ihm ein Abschiedsessen, zu dem
der Sohn seine Freunde einladen sollte. Ein fürstliches Mahl und ein bürgerliches Essen stand
den Gästen zur Wahl. Beachtung fand jedoch nur das erstere. Nur ein stattlicher, junger
Mann setzte sich an das Linsengericht des bürgerlichen Tisches. Der Vater bemerkte dies und
wandte sich an ihn mit den Worten: „Wohin? Willst du auch in die Ferne? dann nimm meinen
Sohn in
Schutz!“
Die beiden Jünglinge traten ihre Reise an, und vergaßen nicht den Affen mitzunehmen.
Ermüdet kamen sie nach mehrtägiger Reise in ein Dörflein, das als einzige Herberge nur einen
,,chän“ b hatte. Seine Tore waren verriegelt. Die Dorfbewohner erzählten den Reisenden, daß
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Smith, „Leetures on tlie Religions of the Semites.“
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Der Artikel „al“ wird sehr oft in „el“ verwandelt.
3 Einige Götter der alten Semiten haben sich verschiedene Bäume angeeignet : Istar die Palme,
Tammuz den Granatbaum, Baal die Eiche etc.
Die heiligen Haine, die gewöhnlich in der Nähe von „ueli“ Gräbern sich befinden, sollen von
den Geistern dieser gestorbenen und hier begrabenen Heiligen bewohnt und bewacht sein.
Fast alle „bewohnte Orte“ des jetzigen Palästinensers sind mit einer Quelle, einem Brunnen, einer
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Höhle oder einem Baume verbunden.
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„chän“ ist ein (gewöhnlich viereckiger) offener Hof mit Zimmern an den vier Seiten. Der Hof
dient als Herberge für die Tiere, während die Zimmer für die Reisenden zur Verfügung stehen.
Die unterste Etage des Komplexes um den Hof sind Ställe, wo die Tiere im Winter untergebracht
werden. Vor Zeiten war ein „chän“ die einzige Herberge für Reisende.