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Aberglaube und Volksmedizin im Lande der Bibel. Hamburg: L. Friederichsen & CO., 1914.

Superstition and Folk Medicine in Palestine (the Land of the Bible)

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II.

Krankheitsursachen (Ätiologie).

A. Die »übernatürlichen Kräfte«.

Worauf leitet nun der Fellache die Krankheiten zurück? Wo meint er die

Ursachen zu linden, wenn er kein Auge für die krankheiterregenden Mißstände

seines häuslichen Lebens und des Zusammenlebens hat? Die Beantwortung dieser

Frage deckt uns den Zusammenhang der populären Medizin des heutigen Palästina

mit den Grundanschauungen der alten semitischen Völker auf. Je weniger

Sinn für die natürlichen Quellen des Krankheitsübels da ist, um so mehr wird

auf eine übernatürliche Erklärung zurückgegriffen, die vielleicht vor Zeiten entstanden

ist als die populäre Einkleidung einer einfachen natürlichen Erfahrungstatsache

und einen Wahrheitskern in sich schließt. Die Einsicht in den natürlichen

Hergang ist verloren gegangen; die übernatürliche Erklärung ist geblieben

und wirkt nun wie ein Hindernis, über das der Fellache nicht mehr wegkommt,

um einen freien Blick für die Ursache und Wirkung sich zu verschaffen. Das

Denken hört auf im „Glauben“. Diese Studie wird notwendig ein Stück Religionsgeschichte.

Die Ansichten des Fellachen über die Krankheitsursachen sind

aufs engste verknüpft mit seinen Anschauungen über die Weltentstehung und

Welterhaltung, über den Aufbau der geschaffenen Welt (s. S. 2 und 3), mit

seinem Aberglauben.

Unter den Krankheitsursachen, die der Palästinenser annimmt, lassen sich

zwei Gruppen unterscheiden; 1. die „übernatürlichen Kräfte“, 2. die „äußeren

Einflüsse“.

Der prähistorische Mensch vermutete in jeder Naturerscheinung eine übernatürliche,

unerklärbare Kraft. Er glaubte die Wirkung irgendeiner solchen

Kraft im Lauf der Gestirne und den Wundern des Himmels, in der ganzen

leblosen Natur, in Donner und Blitz, in den Winden, in den W r asserfällen annehmen

zu müssen. Tier- und Pflanzenleben glaubt er von ihnen durchwaltet.

Besonders mysteriös waren ihm alle Vorgänge, die sein tägliches Leben angingen.

Da fühlte er sich abhängig von unfaßbaren Mächten. Er kam sich ihnen ausgeliefert

vor. Diese Abhängigkeit von diesen dunklen Kräften und zugleich

deren Undurchdringlichkeit führte ihn dazu, sie als Götter, Halbgötter, Geister

oder Dämonen zu verehren. Sie lenkten für sein Denken das Weltall nach

Laune und Willkür. —

Diese Theorie hat sich Jahrtausende hindurch erhalten, und man findet sie

im großen und ganzen bis zum heutigen Tage bei dem einfachen Orientalen, dem

die europäische Zivilisation unbekannt geblieben ist.

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