Aberglaube und Volksmedizin im Lande der Bibel. Hamburg: L. Friederichsen & CO., 1914.
Superstition and Folk Medicine in Palestine (the Land of the Bible)
Superstition and Folk Medicine in Palestine (the Land of the Bible)
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
:
120
der durch
E. Die Behandlung
„bösen Blick“ verursachten Krankheiten.
Es gibt kaum eine Krankheit, die kleine Kinder befällt, welche man
nicht in erster Linie durch die schlimme Einwirkung des „bösen Blickes“ zu
erklären sucht. Die Behandlung, welche fast immer in der Hand von alten
Frauen liegt, besteht gewöhnlich in Räuchern mit oder ohne das Herplappern
von Koransprüchen und Beschwörungsformeln. Ein jedes Dorf beobachtet beim
Räuchern seine ihm eigenen von anderen mehr oder weniger verschiedenen
,
Besonderheiten, welche unmöglich hier wiedergegeben werden können. In der
Hauptsache aber, in den Bestandteilen des Räuchermaterials, im Sinn der Beschwörungssprüche
und in den Hauptzügen der ganzen Vornahme stimmen alle
überein. Einige der Formeln mit den begleitenden Zeremonien mögen hier angeführt
sein.
Eine alte Frau nimmt ein Stück Alaun, das der Patient dreimal anspucken
muß. Ist der Kranke ein Kind und kann nicht spucken, so nimmt man von
seinem Speichel 1 und bestreicht das Alaunstück dreimal, worauf es mit etwas
Mehl und Salz ins Feuer geworfen wird. Die Alte sagt, sobald dieses Gemisch
anfängt zu zischen, den Spruch
milli u c üd (i)lfen el-hasüd
milli u dklk (i)b c en el-habib uis-sdik
milli u när (i)b'en ed-dschär.
Salz und ein Holzstückchen im Auge des Neiders.
Salz und Mehl im Auge des Geliebten und des Freundes.
Salz und Feuer im Auge des Nachbars.
Das Feuer wird ausgelöscht. Die aus dem geschmolzenen Alaun entstandene
Figur stellt den Übeltäter und dessen „böse Augen“ dar, die dem Kranken
schadeten. Das Alaunstück soll stellvertretend für den Feind mit der Ferse des
Kranken zerdrückt und dann an einem Kreuzweg 2 zerstreut werden. Sobald
der Übeltäter diesen Weg passiert und das geringste Stäubchen des Alauns berührt,
erkrankt er und der. dem er den Schaden zugefügt hat, ist gerächt.
Ein gelbes grobes Stück Packpapier — uarak kadsch genannt -— wird mit
einer Nadel durchlocht, während man dabei „bachzuk c en el-aduui “ = ich durchloche
das Auge des Feindes oder „inchizki ja en el- ( aduw = werde durchlocht,
du Feindesauge! sagt. Sodann wird es ins Feuer geworfen. Wie man das
Papier durchsticht und es vernichtet, so erkrankt der Feind, den es darstellt,
ja er kann sogar sterben (s. Ähnlichkeits-Magie).
Honigwachs wird am Feuer zum Schmelzen gebracht, worauf eine Stecknadel
in dasselbe getaucht und mit ihr ein Stück Papier durchlocht wird. Alles
weitere vollzieht sich wie im letztgenannten Beispiel.
1
Der Speichel hat nicht nur eine magische Kraft, sondern wirkt auch oft heilend (vergl. Mark. 7,
33; 8, 23; Joh. 9, 6). Mehrere Hautkrankheiten (z. B. die Jerichoheule = habbet driha, Tinea
trichophytina = hazäze )
sollen durch „Speichel“ (in vielen Fällen nur der „nüchterne“) geheilt
werden.
2
Einige stellen ein Vierweg, andere einen Dreiweg als Bedingung. Die Fran (Frau M. Danaf,
Tochter von schech Schhdde ed-Danaf), welche mir obiges erzählte, hielt an letzterem fest.