Aberglaube und Volksmedizin im Lande der Bibel. Hamburg: L. Friederichsen & CO., 1914.
Superstition and Folk Medicine in Palestine (the Land of the Bible)
Superstition and Folk Medicine in Palestine (the Land of the Bible)
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Als
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Fuße etc.) = im Namen des Allbarmherzigen, Gütigen! verlasse, o, Dämon, ihren Kopf., etc
Daraufhin nahm er seinen Stock und legte ihn in horizontaler Richtung auf die Patientin, als ob
er etwas verscheuchen wollte und rief in befehlendem Ton : „ uchrudsch uchrudsch!“ =
, fahr hinaus
fahr hinaus !
der böse Geist nun vom Körper hinausgejagt war, nahm er einen seiner Schuhe
und machte damit dieselben Bewegungen über dem Kopf der Patientin. Das soll, wie es mir von
anderer Seite erklärt wurde, das sicherste Mittel sein, böse Geister auszutreiben. Während dieser
ganzen Prozedur, die im geschlossenen, halbdunklen Zimmer vollbracht wurde, brannte zu beiden
Seiten des Jdettes Weihrauch, gemischt mit besonderen Spezereien, die einen eigentümlichen Wohlgeruch
aussfrömten. Er setzte nun die Patientin auf einen Strohstuhl, dessen Geflecht nicht dicht
gearbeitet Var, wickelte sie bis zum Halse in eine wollene Decke und räucherte sie mit Feuer,
das unter den Stuhl gestellt wurde, in welches er einen geschriebenen Talisman warf. Als sie
anfing zu schwitzen, befahl er, sie ins Bett zu tragen
;
dann ließ er sie noch einen iu warmen
Wasser aufgelösten, heiligen Talisman trinken. Beim Verlassen des Hauses schied er mit der bestimmten
Versicherung, daß sie schwitzen und damit die Temperatur fallen werde.
Wenn das Fieber zurückkommen sollte, was gewöhnlich der Fall ist, so
erklärt eben der schech das für eine besondere Schwierigkeit des Falles, die
durch eine ausgesprochene Bosheit des betreffenden Dämons hervorgerufen sei.
Er wiederholt dann die Prozedur des vorigen Tages mit größerer Energie und
Umständlichkeit, hängt um und an den Kranken Amulette und heilige Reliquien,
legt an das Kopfende eine heilige Schrift oder ein Beschwörungsbuch, plappert
seine Formeln in einem schnelleren Tempo und, anstatt die Organe zu
betasten und
zu beklopfen, schlägt er den Patienten. Er spuckt dann den Kranken an. Manchmal
zerkaut er auch einen Talisman im Mund und besjmckt den Kranken mit
diesem Brei. Der Kranke wird oftmals gehörig massiert und zwar mit Öl oder
'
irgendeinem anderen Fett (manchmal auch Wasser), mit welchem die heilige
Inschrift eines Tellers, Holzstückes etc. abgelöst wurde. Eine Hauptbedingung
für die Wirksamkeit dieser Salbe ist, daß sie unter Herleiern von Gebeten angefertigt
und unter den Sternenhimmel gestellt worden ist. Der Kranke bekommt nur
die genau vorgeschriebenen Speisen, darf keinen Besuch, besonders nicht von Frauen
empfangen und muß eine Medizin einnehmen, die undefinierbarer Mischmasch ist.
Der schech darf in den meisten Fällen solche heilige Kuren nur dann beginnen,
wenn er sich rituell gewaschen, sich des Verkehrs mit Frauen, ja selbst
des Gesprächs mit solchen enthalten hat. In ganz schweren Fällen soll er zuvor
fasten oder nur vorgeschriebene Speisen zu sich nehmen. Öfters findet man ihn
nachts wachen und Talismane schreiben, die er von den Sternen bescheinen läßt
Es ist sehr interessant zu beobachten, daß die Zahl der Wiederholung irgendeiner
Formel, eines jeden Gebetes, einer jeden Bewegung eine der Heiligen, d. h.
3, 5 und 7 oder eine Potenz derselben ist. Die Zahl sieben spielt die Hauptrolle.
Der leitende Gedanke bei all diesen komplizierten Zeremonien ist'der, den
Dämonen durch Rauch, Feuer, Schlagen, Schreien, durch allerhand Hantierung
zu erschrecken und zu vertreiben. Freilich will der schech dadurch die Feierlichkeit,
das Mysteriöse und Geheimnisvolle aufs äußerste steigern, um auf diese
Weise seine Zuschauer zu magnetisieren und für sich und seine Kunst zu gewinnen.
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Sahl bin Sad erzählt, daß C AU entzündete Augen hatte, welche nur dadurch geheilt wurden, daß
der Prophet in dieselben spuckte und zugleich für ihn betete. (at-tibbu ’n-nabaui — bihämisch
(am Rande) — tashili ’l-manaß von Ibrahim el-Azrak.)