07.03.2021 Aufrufe

Aberglaube und Volksmedizin im Lande der Bibel. Hamburg: L. Friederichsen & CO., 1914.

Superstition and Folk Medicine in Palestine (the Land of the Bible)

Superstition and Folk Medicine in Palestine (the Land of the Bible)

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

!

117

merkwürdige Erscheinung, daß wohl die meisten „religiös“ Vorgehen, d. h. Koranund

Bibelsprüche und Gebete herleiern mit oder ohne Begleitung von Räucherzeremonien,

daß es aber auch solche Priester und schiüch gibt, die sich den

Erfolg durch Herplappern von geheimnisvollen, unverständlichen Zauberformeln

sichern wollen.

Die Zauberei wird wohl auch von Männern, doch meistens von Frauen

betrieben. (Vergl. 2 Mose 22, 18,* 1 Sam. 28, 7; Apostelgesch. 16, 16.)

Ruft man einen schech zu einem schwer Erkrankten, so 1 tritt er mit

selbstbewußtem Gefühl ins Krankenzimmer ein, nachdem er über das Honorar

mit den Verwandten sich geeinigt und es sich gewöhnlich im voraus gesichert

hat. Er setzt sich neben den Kranken, betastet seine Stirne, beobachtet seine

Bewegungen, richtet einige Fragen an ihn und erkundigt sich besonders, wo und

mit wem er vor seiner Erkrankung zusammen war und was er trieb. Er unterläßt

es selbstverständlich nicht, sein Haupt von Zeit zu Zeit zu schütteln, seine

Stirne zu falten und unverständliche Worte zu plappern. Nach dieser kurzen,

aber alle Anwesenden fesselnden Untersuchung stellt er seine Diagnose, die er

fast immer düster malt. Die Ursache zu der Krankheit findet er meistens in

einem nebensächlichen Umstand der ihm in der

Krankengeschichte aufgelallen ist: kleiner Schreck,

Neid anderer, das Schreien in der Nähe einer

Zisterne (nachts), an der Schwelle oder in einer

Höhle und ähnliches. Er hebt die Wichtigkeit

dieser Ursache hervor und setzt alle Möglichkeiten

auseinander. Beim Abschied versichert er aber,

daß es seiner Kunst gelingen werde, den Kranken

zu heilen. Er erinnert noch an das Sprichwort:

el-^aijä bijnzcd bilkanätir u bijtlaf bil-rnatälcU - -

die Krankheit kommt plötzlich zentnerschwer und

vergeht nur langsam „grammweise“ weg. Der

scliech verspricht das Nötige zu beschaffen, wieder

vorzusprechen und empfiehlt sich.

Um eine solche „Kur“ mit möglichster Anschaulichkeit

darzustellen, beschreibe ich eine,

welche von esch-schech en-Nübäni an einer mir

bekannten Person, die an typhösem Fieber

erkrankt war,

vorgenommen wurde.

Dis neunzehnjährige Patientin phantasierte im Fieber.

Der schech behauptete natürlich, dieser Wirrwarr im Sprechen

Fici. 50. Beschriebene Holztafel.

sei die Wirkung eines bösen Geistes. Er näherte sich der

Patientin, plapperte unverständliche Worte, welche heilige

“ .

und kräftige Beschwörungsformeln sein sollten, betastete

die verschiedenen Teile des Körpers und sagte dabei: „ htsmi ’llalü ’r-rahmäni ’r-rahim

(Name des Körperteils, den er betastest . . „räslia Kopf, „ idscherlia

uchrudscli ja dsclünn min . .

1

Die

meisten lassen sich den Glauben durch nichts erschüttern, daß dasjenige, was der schech

ihnen gibt und die Formeln, die er ihnen vorplappert, wirksam und heilkräftig sind. Sie folgen

dem JRat des Sprichwortes; chdd min ‘ abd allah u itkill ' ala allah = Nimm von Gottes Knecht

und vertrau auf Gott

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!