Aberglaube und Volksmedizin im Lande der Bibel. Hamburg: L. Friederichsen & CO., 1914.
Superstition and Folk Medicine in Palestine (the Land of the Bible)
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merkwürdige Erscheinung, daß wohl die meisten „religiös“ Vorgehen, d. h. Koranund
Bibelsprüche und Gebete herleiern mit oder ohne Begleitung von Räucherzeremonien,
daß es aber auch solche Priester und schiüch gibt, die sich den
Erfolg durch Herplappern von geheimnisvollen, unverständlichen Zauberformeln
sichern wollen.
Die Zauberei wird wohl auch von Männern, doch meistens von Frauen
betrieben. (Vergl. 2 Mose 22, 18,* 1 Sam. 28, 7; Apostelgesch. 16, 16.)
Ruft man einen schech zu einem schwer Erkrankten, so 1 tritt er mit
selbstbewußtem Gefühl ins Krankenzimmer ein, nachdem er über das Honorar
mit den Verwandten sich geeinigt und es sich gewöhnlich im voraus gesichert
hat. Er setzt sich neben den Kranken, betastet seine Stirne, beobachtet seine
Bewegungen, richtet einige Fragen an ihn und erkundigt sich besonders, wo und
mit wem er vor seiner Erkrankung zusammen war und was er trieb. Er unterläßt
es selbstverständlich nicht, sein Haupt von Zeit zu Zeit zu schütteln, seine
Stirne zu falten und unverständliche Worte zu plappern. Nach dieser kurzen,
aber alle Anwesenden fesselnden Untersuchung stellt er seine Diagnose, die er
fast immer düster malt. Die Ursache zu der Krankheit findet er meistens in
einem nebensächlichen Umstand der ihm in der
Krankengeschichte aufgelallen ist: kleiner Schreck,
Neid anderer, das Schreien in der Nähe einer
Zisterne (nachts), an der Schwelle oder in einer
Höhle und ähnliches. Er hebt die Wichtigkeit
dieser Ursache hervor und setzt alle Möglichkeiten
auseinander. Beim Abschied versichert er aber,
daß es seiner Kunst gelingen werde, den Kranken
zu heilen. Er erinnert noch an das Sprichwort:
el-^aijä bijnzcd bilkanätir u bijtlaf bil-rnatälcU - -
die Krankheit kommt plötzlich zentnerschwer und
vergeht nur langsam „grammweise“ weg. Der
scliech verspricht das Nötige zu beschaffen, wieder
vorzusprechen und empfiehlt sich.
Um eine solche „Kur“ mit möglichster Anschaulichkeit
darzustellen, beschreibe ich eine,
welche von esch-schech en-Nübäni an einer mir
bekannten Person, die an typhösem Fieber
erkrankt war,
vorgenommen wurde.
Dis neunzehnjährige Patientin phantasierte im Fieber.
Der schech behauptete natürlich, dieser Wirrwarr im Sprechen
Fici. 50. Beschriebene Holztafel.
sei die Wirkung eines bösen Geistes. Er näherte sich der
Patientin, plapperte unverständliche Worte, welche heilige
“ .
und kräftige Beschwörungsformeln sein sollten, betastete
die verschiedenen Teile des Körpers und sagte dabei: „ htsmi ’llalü ’r-rahmäni ’r-rahim
(Name des Körperteils, den er betastest . . „räslia Kopf, „ idscherlia
uchrudscli ja dsclünn min . .
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Die
meisten lassen sich den Glauben durch nichts erschüttern, daß dasjenige, was der schech
ihnen gibt und die Formeln, die er ihnen vorplappert, wirksam und heilkräftig sind. Sie folgen
dem JRat des Sprichwortes; chdd min ‘ abd allah u itkill ' ala allah = Nimm von Gottes Knecht
und vertrau auf Gott