Aberglaube und Volksmedizin im Lande der Bibel. Hamburg: L. Friederichsen & CO., 1914.
Superstition and Folk Medicine in Palestine (the Land of the Bible)
Superstition and Folk Medicine in Palestine (the Land of the Bible)
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Ein Kameltreiber wanderte mit mehreren sehwerbeladenen Kamelen von seinem Dorf znr
Stadt. Unterwegs traf er eine Gesellschaft Männer, unter denen sich einer befand, der mit seinem
„bösen Auge“ viel Unheil anricliten konnte. Dieser nun bewunderte die Kamele und stieß folgenden
neidischen Seufzer aus: „Ach, wie fett seid ihr!“ Alle Kamele, mit Ausnahme des besten, glitten
an einer glatten Felsplatte aus und brachen sich die Beine. Der Besitzer, der gezwungen war, sofort
die Tiere zu schlachten und das Fleisch zu verkaufen, fand zu seinem großen Erstaunen, daß
das unverletzte Kamel zwischen den Zehen einen Pfirsichkern hatte, während man bei den gefallenen
keinen fand. Damit galt der Pfirsichstein als erprobtes Amulett gegen den „bösen Blick“ und zugleich
zur Wahrung des Tier- wie des Menschenlebens. (Erzählt von einer Ramallah-Frau.)
Die reiche Phantasie des Palästinensers, die für jede
Kleinigkeit nach einer Erklärung sucht und sicher eine
herausfindet, hat eine Menge von Gegenständen als
bezeichnet, weil dieselben unwesentliche Zeichen
Amulette
aufweisen,
die ihnen bedeutungsvoll und von Gott zum Heil der
Menschen angebracht scheinen.
Die dünne, schwarze Haut der Kerne einer Melonensortc
wird beim Trocknen rissig. Diese Risse, welche unsymmetrisch
und ungleichartig sind, aber schön aussehen,
sollen Gottes Handschrift sein. Ihre Kraft gegen die bösen
Geister ist damit gegeben. Mehrere Muscheln, welche
runde Kreise auf der Außenseite haben, werden als Amulette
getragen, da diese Kreise von Gott gemalte Augen sind.
Dieselbe Gestalt verschafft manchen Steinsorten die Ehre
von Amuletten.
Wenn man Teile von Tierkörpern
oder von Pflanzen,
die sich als Amulette empfehlen, nur schwer bekommen
kann, so begnügt man sich auch mit einer Nachbildung aus
irgendwelchem Material oder mit einer Zeichnung davon.
Anstatt der trockenen Kamelsaugen hängt man sich
eine Nachahmung derselben aus Glas an. (Taf. III, 1.)
Die Abbildung der Schlange, — anstatt eines Stückes derselben
— findet man in mehreren Talismanen. (Taf.V, 3 und 4.)
Eine aus Silber hergestellte Nachahmung der Schildkröte
wirkt wie diese schützend. (Taf. IV, Fig. 2, d.)
Fi ff.
31. Tilecherne beduinische
Halskette mit 3
Kapseln (chiäraj.
hergestellt
3. Herkunft der Amulette.
Der größte Teil der Amulette wird im Lande selbst
oder gefunden; nur einen unbedeutenden Bruchteil
liefert das Ausland. Folgende Amulette sind palästinensischen Ursprungs:
Die meisten Glasarbeiten (Glas-Augen. Hände, verschiedene Sorten
Perlen, Ringe usw.) werden in größeren Quantitäten in Hebron angefertigt. Von
dort aus werden sie nach ganz Palästina und Syrien verschickt.
In Damaskus werden die meisten Schreckbecher (pl. tasät er-radschfe)
gearbeitet und nach Mekka gesandt; von hier kommen sie durch den frommen
Pilger als „echte (asli) Becher“ in alle Islamländer. — Viele mäskät (pl. v. mäske )
haben ebenfalls ihren Ursprung in Damaskus. Zu einem kleinen Teil werden sie
auch in Jerusalem und Nablus hergestellt.