Aberglaube und Volksmedizin im Lande der Bibel. Hamburg: L. Friederichsen & CO., 1914.
Superstition and Folk Medicine in Palestine (the Land of the Bible) Superstition and Folk Medicine in Palestine (the Land of the Bible)
l88Ein Stückchen Holz vom „wahren“ Kreuz Christi ist das wirk- und heilsamsteAmulett. Es bringt Wohlergehen, Glück und Gesundheit.„Kisclirit el-chamts “ besteht aus den Schalen von malilab mit klein geschnittenenPalmblättern. Letztere müssen am Palmsonntag mit in der Kirchegetragen und hier geweiht werden. Schalen und Blätter werden am Gründonnerstagin das Wasser getaucht, in welchem der griechische Patriarch dieFüße der Bischöfe gewaschen hat. Es wird dann an oder unter der Kanzel,von welcher aus das Evangelium verlesen wird, aufgehängt. Jede Familie bewahrtdieses Kleinod gut auf, um im Krankheitsfalle den Kranken damit auszuräuchern,und so die bösen Geister zu verscheuchen und die Wirkung des„bösen Blickes“ zu neutralisieren .1In der Nähe von Rammün wachsen beim ueli esch-schech RuJcbi eine Eicheund ein Johannisbrotbaum dicht nebeneinander. Legt man — hei Seitenschmerzen— ein Stücklein, das von einem dieser Bäume abgeschnitten und dreieckig zugerichtetist, auf die betreffende Stelle und betet dabei einige Koran-Sprüche,so vergehen die Schmerzen.Viele Kranke besuchen heilige Bäume und hl. Orte und hinterlassenund befestigen hier einige Fetzen ihrer Kleider. Die Sitte ist uralt. Ursprünglichhat man ganze Kleiderstücke und öfters Waffen hinterlegt, nach undnach begnügte man sich mit kleinen Fetzen. Der Pilger hofft, daß die UnterlassenenZeichen des Besuches den hier wohnenden Gott oder Heiligen veranlassenwerden, seiner immer gütigst zu gedenken. Auch aus Dankbarkeitsgefühlfür empfangene WoUtaten wallfahrtet der mohammedanische Palästinenser zusolchen Orten und bindet dort Lumpen an das Grab, an Fenster oder Bäumeoder irgendwo hin. 2Einige solcher Orte sind: nebi Mnsa, nebi Samuel,verschiedene Orte amTempelplatz, Imm escli-schardtit das Grab von Scheck Mohammad el-Iräni etc. etc.,Der Besucher aber hinterläßt nicht nur an diesen Orten etwas; sondernpflegt auch etwas mitzunehmen von den heiligen Reliquien und trägt es beständigbei sich, um immer etwas von dem betreffenden ueli dazuhaben, das schützendund glückbringend ist.Oft gehen kranke Mohammedaner und holen sich Fetzen,die an einem heiligen Baum oder dem Grab eines Propheten oder ueli hängen,3und legen es sich an. um zu genesen .Man glaubt, daß diese Petzen durch ihren langen Aufenthalt in einemHeiligtum und so durch den hier wohnenden Geist des Heiligen eine übernatürlicheKraft empfangen, weshalb sie heilbringend (barake )und heilkräftigend sind.ß)Heilige Steine, die als Amulette gelten, sind:1Manche lassen das Bündel mit „kisclirit el-chamls“ 3 Tage: Donnerstag, Freitag und Samstag2an der Kanzel hängen. Öfters findet man Alaunstücke damit gemischt.Vergl. auch „Das Wesen der mosl. Heiligtümer in Jerusalem“ von Dr. Kahle, P. J. VII, 116.3Sehr oft werden die Decken der tteZi-Gräber (störet oder ghatä el-ueli) auf den Kranken gelegt,z. B. legen einige Mohammedaner Jerusalems bei schwerer Geburt den „mandi von esch-schech el-Chalili“ auf die Gebärende (erzählt von esch-schech Nädschi el-Kazzäz). Esch-schech el-Chalüiist Mohammad hin Scharaf ecl-Din esch-Schäfi’i el-Chalüi, der in Hebron geboren ist und imJahre 1147 H. in Jerusalem starb. Er studierte in Kairo. Sein Grab liegt westl. von der Omar-Moschee in der alten Schule es-Sultänijc zwischen Bäh el-kattänin und Bäh el-malikame.
)89Der heilige Stein im St. Georgs-Kloster (el-ChadrbeiBetdschälader jede Krankheit durch bloßes Berühren heilen soll. 1Von einigen verehrten Gräbern werden kleine Steine als Amulettegetragen, 2 besonders gern dann, wenn der dort ruhende Weli in seinem Lebenmehr oder weniger die Rolle eines Arztes gespielt hat. Schwarze Steinevon Nebi Musa, beschrieben und unbeschrieben, sind heilwirkend. Dieweißen Steine von der Milch -Grotte zu Bethlehem sollen aufgelöst getrunkeneiner Stillenden die Milch vermehren. Von dem Felsen werden kleineStücke weggebrochen und vielfach verwendet. Nach der frommen Erzählungist der Fels dadurch zu seiner Kraft gekommen, daß ein Tröpflein von derMuttermilch Marias, als sie das Jesus-Kind stillte, auf den Stein fiel. 3y)Heilige Brunnen, welche medizinische Wassei haben, sind:el-Käs zwischen der Omar-Moschee und der Aksa. Hat einer Fieber, sobraucht er nur dreimal um diesen herzulaufen. Eine genauere Beschreibungwird bei Fieberbehandlung gegeben werden.Das Wasser von Bir es-Sahar in der Nähe von ueli Schri eb wird bei Urinverhaltunggegeben, (s. S. 16 Quellen gegen Urinverhaltung.)4. D er Gedanke, daß man mit Angriffs- und Abwehrwaffen gegendas „Üble“ sich sichern kann, hat Anlaß dazu gegeben, daß man Waffen beiderleiArt in kleinem Maßstabe gefertigt hat, dabei ist zu beachten, daß als einfachstesAbwehrmittel alles Abstoßende in häufiger Verwendung ist.a) Amulette, die Angriffswaffen nach gebildet sind:Wir finden in einigen Ketten eine Anzahl von scharfschneidenden Instrumenten,z. B. Speere, Keulen, Äxte, Säbel, Scheren usw. (Tafel II, 3). Für das1Einem Mönche des St. Georgsklosters zu Betdschäla waren eines Tages beim Austeilen des Abendmahlesdurch Unvorsichtigkeit einige Tropfen des Weines verloren gegangen. Diese durchbohrtenseinen Fuß, sickerten durch den Teppich und zersprengten die Steiuplatte. Zur Strafe für seineNachlässigkeit erkrankte der Mönch und starb bald darauf. Der Stein aber hatte fortan eineübernatürliche Macht. Alle Kranken, die ihn berührten, fühlten einen Strom neuer Kraft undwurden gesund. Das Gerücht verbreitete sich mit Blitzesschnelle und von allen Landen strömtendie Kranken herbei. Bis zum Zaren drang die Wundergeschichte. Es dauerte nicht lang, so kamein Bischof im Aufträge des Zaren, um den Stein zu erwerben und nach St. Petersburg mitzubringen.Glücklich wurde derselbe bis Jaffa transportiert. Schon war er in der Barke, um anBord des Dampfers gebracht zu werden. Da plötzlich erschien der heilige Georg. Einen Fuß nocham Ufer, den anderen im Meer, trieb er die Barke mit seinem Speer zurück. Ein jeder sab, daßda nichts zu machen sei, und der Bischof fügte sich in sein Geschick. Der Stein kam wieder anseinen Ort zurück und soll heute noch wunderwirkend sein.2 Öfters geht man zu den Gräbern selbst und betastet die Steine, z. B. reibt man sich den Rückenbei Riickensehmerzen am Grabe von Schaddäd bin Aus, welches außerhalb der Stadtmauer und3zwischen Bäb er-rahme und Bob es sbät liegt (Vergl. Kahle, P. J. 1910). Dieser Schaddäd (derSohn von Aus bin Täbit bin el-Afundir el-Ansäri el-Chazradschi) gehörte zu den Genossen desPropheten (saliäbe). Er wohnte in Damaskus und starb während der Pest-Epidemie von ' Imuäsim Alter von 75 Jahren (und das 41. oder 58. J. n. d. H.).Auf dem Wege nach Jericho, kurz hinter dem Apostelbrunnen, befindet sich ein Fels(abu ed-dhür „Vater der Rücken“), der auch Riickensehmerzen heilt, wenn man sich an ihm reibt.Jahrhunderte hat bei Christen und Muselmännern der Glaube überdauert, daß eine Lösung vondem Kalkstein dieser Höhle den Frauen, ja selbst dem Vieh die Milch vermehre (vgl. Baedeker,Palästina).
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Der heilige Stein im St. Georgs-Kloster (el-Chadr
bei
Betdschäla
der jede Krankheit durch bloßes Berühren heilen soll. 1
Von einigen verehrten Gräbern werden kleine Steine als Amulette
getragen, 2 besonders gern dann, wenn der dort ruhende Weli in seinem Leben
mehr oder weniger die Rolle eines Arztes gespielt hat. Schwarze Steine
von Nebi Musa, beschrieben und unbeschrieben, sind heilwirkend. Die
weißen Steine von der Milch -Grotte zu Bethlehem sollen aufgelöst getrunken
einer Stillenden die Milch vermehren. Von dem Felsen werden kleine
Stücke weggebrochen und vielfach verwendet. Nach der frommen Erzählung
ist der Fels dadurch zu seiner Kraft gekommen, daß ein Tröpflein von der
Muttermilch Marias, als sie das Jesus-Kind stillte, auf den Stein fiel. 3
y)
Heilige Brunnen, welche medizinische Wassei haben, sind:
el-Käs zwischen der Omar-Moschee und der Aksa. Hat einer Fieber, so
braucht er nur dreimal um diesen herzulaufen. Eine genauere Beschreibung
wird bei Fieberbehandlung gegeben werden.
Das Wasser von Bir es-Sahar in der Nähe von ueli Schri eb wird bei Urinverhaltung
gegeben, (s. S. 16 Quellen gegen Urinverhaltung.)
4. D er Gedanke, daß man mit Angriffs- und Abwehrwaffen gegen
das „Üble“ sich sichern kann, hat Anlaß dazu gegeben, daß man Waffen beiderlei
Art in kleinem Maßstabe gefertigt hat, dabei ist zu beachten, daß als einfachstes
Abwehrmittel alles Abstoßende in häufiger Verwendung ist.
a) Amulette, die Angriffswaffen nach gebildet sind:
Wir finden in einigen Ketten eine Anzahl von scharfschneidenden Instrumenten,
z. B. Speere, Keulen, Äxte, Säbel, Scheren usw. (Tafel II, 3). Für das
1
Einem Mönche des St. Georgsklosters zu Betdschäla waren eines Tages beim Austeilen des Abendmahles
durch Unvorsichtigkeit einige Tropfen des Weines verloren gegangen. Diese durchbohrten
seinen Fuß, sickerten durch den Teppich und zersprengten die Steiuplatte. Zur Strafe für seine
Nachlässigkeit erkrankte der Mönch und starb bald darauf. Der Stein aber hatte fortan eine
übernatürliche Macht. Alle Kranken, die ihn berührten, fühlten einen Strom neuer Kraft und
wurden gesund. Das Gerücht verbreitete sich mit Blitzesschnelle und von allen Landen strömten
die Kranken herbei. Bis zum Zaren drang die Wundergeschichte. Es dauerte nicht lang, so kam
ein Bischof im Aufträge des Zaren, um den Stein zu erwerben und nach St. Petersburg mitzubringen.
Glücklich wurde derselbe bis Jaffa transportiert. Schon war er in der Barke, um an
Bord des Dampfers gebracht zu werden. Da plötzlich erschien der heilige Georg. Einen Fuß noch
am Ufer, den anderen im Meer, trieb er die Barke mit seinem Speer zurück. Ein jeder sab, daß
da nichts zu machen sei, und der Bischof fügte sich in sein Geschick. Der Stein kam wieder an
seinen Ort zurück und soll heute noch wunderwirkend sein.
2 Öfters geht man zu den Gräbern selbst und betastet die Steine, z. B. reibt man sich den Rücken
bei Riickensehmerzen am Grabe von Schaddäd bin Aus, welches außerhalb der Stadtmauer und
3
zwischen Bäb er-rahme und Bob es sbät liegt (Vergl. Kahle, P. J. 1910). Dieser Schaddäd (der
Sohn von Aus bin Täbit bin el-Afundir el-Ansäri el-Chazradschi) gehörte zu den Genossen des
Propheten (saliäbe). Er wohnte in Damaskus und starb während der Pest-Epidemie von ' Imuäs
im Alter von 75 Jahren (und das 41. oder 58. J. n. d. H.).
Auf dem Wege nach Jericho, kurz hinter dem Apostelbrunnen, befindet sich ein Fels
(abu ed-dhür „Vater der Rücken“), der auch Riickensehmerzen heilt, wenn man sich an ihm reibt.
Jahrhunderte hat bei Christen und Muselmännern der Glaube überdauert, daß eine Lösung von
dem Kalkstein dieser Höhle den Frauen, ja selbst dem Vieh die Milch vermehre (vgl. Baedeker,
Palästina).