Aberglaube und Volksmedizin im Lande der Bibel. Hamburg: L. Friederichsen & CO., 1914.
Superstition and Folk Medicine in Palestine (the Land of the Bible)
Superstition and Folk Medicine in Palestine (the Land of the Bible)
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a) Ich neige zu der Annahm e, daß derName für manche Gegenstände
der Anlaß wurde, daß sie als Amulette Verwendung fanden, sofern nämlich
dieser auf Gesundheit, Wohlergehen, Leben und Lebenskraft hinzuweisen schien.
Sie glauben, daß Gott — denn alles ist von Gott — nicht ohne besondere Absicht
solche Namen diesen Gegenständen erteilt habe. Er wußte schon von jeher,
daß sie heilbringend seien. Dieses ist wieder keine neue Erfindung, denn
der Name, den wir als etwas mehr oder weniger Zufälliges zu betrachten pflegen,
ist nach der Anschauung der Alten ein wesentlicher Bestandteil sowohl der
lebenden Wesen, als auch der leblosen Gegenstände. Im Namen offenbart sich
der innere Kern und der Charakter von Dingen und Personen.
Von den jetzt gebräuchlichen Amuletten sind in diesem Zusammenhang
folgende zu nennen
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Cesch ist einer der Namen für Weizenkörner und bedeutet auch „Leben“.
Die Weizenkörner werden deshalb als „Lebenserhalter“ gebraucht (besonders
südlich von Betdschdla und Bethlehem).
Die Schlange heißt haije, welches mit haiäh „Leben“ verwandt ist, und
deshalb wird der Schlangenkopf der Sitz des Lebens — als Lebenserhalter gebraucht.
Das Erdhuhn schunnär ist wegen der Schnelligkeit seines Laufes sprichwörtlich
geworden. Es heißt deshalb in vulgärer Sprache von einem Kinde,
das schnell anfängt zu laufen : bärak allnh binutt mitl esch-schunnär = Gottes
Segen, es hüpft (d. h. läuft schnell) wie ein Rebhuhn. Man näht den Kopf des
Rebhuhns deshalb auf die Mütze kleiner Kinder und glaubt dadurch sie schnellfüßig
zu machen.
b) Genau wie der Homöopath daran glaubt, daß die Gifte, welche eine
Krankheit verursachen, sie auch heilen können, so hält der heutige
Palästinenser an einer gleichartigen, allerdings etwas gröber geformten Anschauung
fest. So finden wir, daß man bei einigen Krankheiten solche Amulette
näht, die etwas Ähnliches mit der Ursache der Krankheit oder mit der Krankheit
selbst gemein haben, in der äußeren Erscheinung, in der Form, in der
Farbe, in der Stimme oder in etwas Anderem.
Der Keuchhusten soll mit dem Bellen eines Wolfes verwandt sein,
deshalb nennt man ihn ,,
kahh.it (od. sa c lit )
ed-dibe “ = Wolfs- (eigentlich Wölfin-)
Husten. Und die Gurgel — das Organ der Stimme dieses Tieres — dschözet
(von vielen nur C czrnet) ed-dibe soll dagegen helfen. In Wirklichkeit hängt man
sich nicht die Kehle, sondern einen Knochen der Wirbelsäule an. (Fig. 7, 1 u. m.)
Gegen das „böse Auge“ wird das getrocknete Auge eines Kamels, oder
irgend eine Nachgestaltung eines Auges getragen. (Tafel III, 1.)
Ein paar Frösche werden für Krankheiten unter der Zunge, „ dufdada
= Frosch genannt, als Amulett angehängt (Fig. 7, g und Tafel II, 3), besonders,
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Der Knabenname 'äijsch „der Lebende“ — und der der Mädchen „’äijsche“ (die Lebende) werden
von einer Mutter ihrem Sohn oder ihrer Tochter gegeben, wenn dieselbe schon mehrere Kinder
verloren hat. Diese Namen sollen gegen den Tod schützen.
Im talmudischen Zeitalter hat man oft gut in Leder gewickelte Weizenkörner als Amulette
getragen (Jew. Encycl., Amulets).