Aberglaube und Volksmedizin im Lande der Bibel. Hamburg: L. Friederichsen & CO., 1914.

Superstition and Folk Medicine in Palestine (the Land of the Bible) Superstition and Folk Medicine in Palestine (the Land of the Bible)

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84nimmt im jetzigen Amulettenglauben unter allen Metallen das Eisen die vornehmsteStelle ein. Es bricht im stärksten Maße Zauber, verhindert die Wirkungdes „bösen Blicks“ und der „bösen Seele“ und flößt den Gespenstern Furchtein. Es wird deshalb gegen den „bösen Blick“ in der Form der „ büläde “ und„liadide “ gegen Dämonen, welche Kinderkrankheiten verursachen, in der Form,von (i)hdschül (Eisenfußring) gebraucht (Fig. 28). Eine Mutter trägt gegen dieKarini eine „asuära min haduit faras asile “,d. h. einen Armring, der aus demHufeisen einer edlen Stute hergestellt ist (Fig. 1).Von den Edel- und Halbedelsteinen, sowie den Perlen ist eine große Zahlunter den Amuletten vertreten. Abraham soll einen Edelstein am Halse getragenhaben, der jeden Kranken, der ihn sah, heilte. 1 Die Perlen sollen die echten,aber schwer zu beschaffenden Edelsteine ersetzen. Für jede Krankheit kenntman einen Stein oder eine Perle, die für den Fall in Betracht kommt (s. u.).Der Orientale des frühesten Altertums hat aber auch menschlicheKörperteile mit den Planeten zusammengebracht, d. h. dem einzelnen PlanetenFig. 27. Stahl- Armring, vonFellachenfrauen gegen diekarini getragen.Fig. 28. Stahl-Fußring, vonFellachenkindern gegen diekarini getragen.einen bestimmten Körperteil zugewiesen, dessen Abbildung dann als Amulettdienen konnte. War im Altertum die Zusammenordnung der Planeten undmenschlichen Körperteile eine ziemlich allgemein anerkannte Anschauung, derwir bestimmt bei den Griechen und selbst im Mittelalter noch begegnen, so istheute noch wenigstens der Amulettwert der Abbildungen von Körperteilen unbestritten,wenn auch jene astrale Erklärung verloren gegangen und irgendeineoberflächliche Auskunft an deren Stelle getreten ist. so allgemein jene Anschauungeinst gewesen ist. Homrnel 2 gibt für Babylonier folgende Tabelle an:Sonne Mars Venus Nebo SaturnAuge Mund Hand Arm KopfBis zum heutigen Tage spielt die „Hand“ und das „Auge“ eine große Rolle.2. Wenden wir uns der rationellen Erklärung des Amulettenglaub ensseinem Ursprung nach zu! Interessant ist jedenfalls, daß viele dieser Erklärungenbei den Alten ihre fast genauen Anologien haben:1Toseftha Sabbath II, 17 (343, 27 ); n. Blan.2n. Benzinger, Hebräische Archäologie.

:“85a) Ich neige zu der Annahm e, daß derName für manche Gegenständeder Anlaß wurde, daß sie als Amulette Verwendung fanden, sofern nämlichdieser auf Gesundheit, Wohlergehen, Leben und Lebenskraft hinzuweisen schien.Sie glauben, daß Gott — denn alles ist von Gott — nicht ohne besondere Absichtsolche Namen diesen Gegenständen erteilt habe. Er wußte schon von jeher,daß sie heilbringend seien. Dieses ist wieder keine neue Erfindung, dennder Name, den wir als etwas mehr oder weniger Zufälliges zu betrachten pflegen,ist nach der Anschauung der Alten ein wesentlicher Bestandteil sowohl derlebenden Wesen, als auch der leblosen Gegenstände. Im Namen offenbart sichder innere Kern und der Charakter von Dingen und Personen.Von den jetzt gebräuchlichen Amuletten sind in diesem Zusammenhangfolgende zu nennen1Cesch ist einer der Namen für Weizenkörner und bedeutet auch „Leben“.Die Weizenkörner werden deshalb als „Lebenserhalter“ gebraucht (besonderssüdlich von Betdschdla und Bethlehem).Die Schlange heißt haije, welches mit haiäh „Leben“ verwandt ist, unddeshalb wird der Schlangenkopf der Sitz des Lebens — als Lebenserhalter gebraucht.Das Erdhuhn schunnär ist wegen der Schnelligkeit seines Laufes sprichwörtlichgeworden. Es heißt deshalb in vulgärer Sprache von einem Kinde,das schnell anfängt zu laufen : bärak allnh binutt mitl esch-schunnär = GottesSegen, es hüpft (d. h. läuft schnell) wie ein Rebhuhn. Man näht den Kopf desRebhuhns deshalb auf die Mütze kleiner Kinder und glaubt dadurch sie schnellfüßigzu machen.b) Genau wie der Homöopath daran glaubt, daß die Gifte, welche eineKrankheit verursachen, sie auch heilen können, so hält der heutigePalästinenser an einer gleichartigen, allerdings etwas gröber geformten Anschauungfest. So finden wir, daß man bei einigen Krankheiten solche Amulettenäht, die etwas Ähnliches mit der Ursache der Krankheit oder mit der Krankheitselbst gemein haben, in der äußeren Erscheinung, in der Form, in derFarbe, in der Stimme oder in etwas Anderem.Der Keuchhusten soll mit dem Bellen eines Wolfes verwandt sein,deshalb nennt man ihn ,,kahh.it (od. sa c lit )ed-dibe “ = Wolfs- (eigentlich Wölfin-)Husten. Und die Gurgel — das Organ der Stimme dieses Tieres — dschözet(von vielen nur C czrnet) ed-dibe soll dagegen helfen. In Wirklichkeit hängt mansich nicht die Kehle, sondern einen Knochen der Wirbelsäule an. (Fig. 7, 1 u. m.)Gegen das „böse Auge“ wird das getrocknete Auge eines Kamels, oderirgend eine Nachgestaltung eines Auges getragen. (Tafel III, 1.)Ein paar Frösche werden für Krankheiten unter der Zunge, „ dufdada= Frosch genannt, als Amulett angehängt (Fig. 7, g und Tafel II, 3), besonders,1Der Knabenname 'äijsch „der Lebende“ — und der der Mädchen „’äijsche“ (die Lebende) werdenvon einer Mutter ihrem Sohn oder ihrer Tochter gegeben, wenn dieselbe schon mehrere Kinderverloren hat. Diese Namen sollen gegen den Tod schützen.Im talmudischen Zeitalter hat man oft gut in Leder gewickelte Weizenkörner als Amulettegetragen (Jew. Encycl., Amulets).

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nimmt im jetzigen Amulettenglauben unter allen Metallen das Eisen die vornehmste

Stelle ein. Es bricht im stärksten Maße Zauber, verhindert die Wirkung

des „bösen Blicks“ und der „bösen Seele“ und flößt den Gespenstern Furcht

ein. Es wird deshalb gegen den „bösen Blick“ in der Form der „ büläde “ und

„liadide “ gegen Dämonen, welche Kinderkrankheiten verursachen, in der Form

,

von (i)hdschül (Eisenfußring) gebraucht (Fig. 28). Eine Mutter trägt gegen die

Karini eine „asuära min haduit faras asile “

,

d. h. einen Armring, der aus dem

Hufeisen einer edlen Stute hergestellt ist (Fig. 1).

Von den Edel- und Halbedelsteinen, sowie den Perlen ist eine große Zahl

unter den Amuletten vertreten. Abraham soll einen Edelstein am Halse getragen

haben, der jeden Kranken, der ihn sah, heilte. 1 Die Perlen sollen die echten,

aber schwer zu beschaffenden Edelsteine ersetzen. Für jede Krankheit kennt

man einen Stein oder eine Perle, die für den Fall in Betracht kommt (s. u.).

Der Orientale des frühesten Altertums hat aber auch menschliche

Körperteile mit den Planeten zusammengebracht, d. h. dem einzelnen Planeten

Fig. 27. Stahl- Armring, von

Fellachenfrauen gegen die

karini getragen.

Fig. 28. Stahl-Fußring, von

Fellachenkindern gegen die

karini getragen.

einen bestimmten Körperteil zugewiesen, dessen Abbildung dann als Amulett

dienen konnte. War im Altertum die Zusammenordnung der Planeten und

menschlichen Körperteile eine ziemlich allgemein anerkannte Anschauung, der

wir bestimmt bei den Griechen und selbst im Mittelalter noch begegnen, so ist

heute noch wenigstens der Amulettwert der Abbildungen von Körperteilen unbestritten,

wenn auch jene astrale Erklärung verloren gegangen und irgendeine

oberflächliche Auskunft an deren Stelle getreten ist. so allgemein jene Anschauung

einst gewesen ist. Homrnel 2 gibt für Babylonier folgende Tabelle an:

Sonne Mars Venus Nebo Saturn

Auge Mund Hand Arm Kopf

Bis zum heutigen Tage spielt die „Hand“ und das „Auge“ eine große Rolle.

2. Wenden wir uns der rationellen Erklärung des Amulettenglaub ens

seinem Ursprung nach zu! Interessant ist jedenfalls, daß viele dieser Erklärungen

bei den Alten ihre fast genauen Anologien haben:

1

Toseftha Sabbath II, 17 (343, 27 ); n. Blan.

2

n. Benzinger, Hebräische Archäologie.

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