Karg-Heft Nr. 9: Das Drehtürmodell in der schulischen Begabtenförderung
Studienergebnisse und Praxiseinblicke aus Nordrhein-Westfalen
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kle<strong>in</strong>e Projekte handelt. Es ist zu empfehlen, die beteiligten<br />
Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler zu Beg<strong>in</strong>n ihrer Projektarbeit<br />
<strong>in</strong> entsprechende Arbeitstechniken e<strong>in</strong>zuführen und<br />
die Projektentwicklung bis h<strong>in</strong> zum Produkt auch zum<strong>in</strong>dest<br />
durch Beratungen, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Endphase auch durch Probepräsentationen<br />
o<strong>der</strong> durch Impulse zu Auszügen <strong>der</strong> Expertenarbeiten,<br />
zu unterstützen. E<strong>in</strong> öffentlicher Präsentationsabend<br />
kann zu e<strong>in</strong>em Schulevent mit Traditionscharakter<br />
und damit auch zur Werbeveranstaltung für <strong>Drehtürmodell</strong>e<br />
werden. E<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>ladung an die Schulgeme<strong>in</strong>de, die<br />
Planung von Präsentationen <strong>in</strong> verschiedenen Themenräumen<br />
o<strong>der</strong> auch Präsentationen im Plenum s<strong>in</strong>d mögliche<br />
Spielarten.<br />
Viele Schulen <strong>in</strong> NRW haben <strong>in</strong> <strong>der</strong> Konzeptentwicklung<br />
Begleitmaterialien erstellt. Dabei handelt es sich vorrangig<br />
um Informationsmaterialien zu den verschiedenen<br />
Drehtürangeboten und Formblätter für Verträge zwischen<br />
den Teilnehmenden und <strong>der</strong> Schule beziehungsweise den<br />
Mentoren, um Portfolioe<strong>in</strong>lagen, Logbücher o<strong>der</strong> Protokollvorlagen.<br />
E<strong>in</strong>ige Schulen stellen Materialien zu Lernund<br />
Arbeitstechniken bereit. Bei e<strong>in</strong>igen befragten Schulen<br />
wurde ersichtlich, dass diese Materialien bereits bei <strong>der</strong><br />
Implementierung vorlagen, an<strong>der</strong>e aber im Zuge <strong>der</strong> Erfahrungen<br />
mit dem Modell konzipiert wurden, was darauf h<strong>in</strong>weist,<br />
dass die Organisationsstrukturen sich etablierten,<br />
verän<strong>der</strong>ten o<strong>der</strong> dass mehr Transparenz gewünscht war.<br />
AUSWAHL DER SCHÜLER<br />
E<strong>in</strong> beson<strong>der</strong>es Augenmerk sollte auf dem Auswahlprozess<br />
für Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler liegen. Renzulli, Reis und<br />
Smith weisen darauf h<strong>in</strong>, dass es nicht ausreicht, sich bei<br />
<strong>der</strong> Nom<strong>in</strong>ierung für e<strong>in</strong> spezielles För<strong>der</strong>programm für<br />
Hochbegabte nur an Testergebnissen zu orientieren. Ihrem<br />
Modell liegt zugrunde, dass e<strong>in</strong> Fünftel bis e<strong>in</strong> Viertel e<strong>in</strong>es<br />
Jahrgangs potenziell als beson<strong>der</strong>s begabt angesehen werden<br />
müssen. Für die Konzeption e<strong>in</strong>es <strong>Drehtürmodell</strong>s<br />
wird es im Kollegium Diskussionen zur Diagnostik und Nom<strong>in</strong>ierung<br />
für e<strong>in</strong> För<strong>der</strong>programm geben. Aus <strong>der</strong> Studie<br />
<strong>in</strong> NRW lässt sich ableiten, dass die Klassenlehrer<strong>in</strong>nen und<br />
Klassenlehrer, vor allem aber die Koord<strong>in</strong>ator<strong>in</strong>nen bzw.<br />
Koord<strong>in</strong>atoren, hier e<strong>in</strong>e entscheidende Rolle spielen. Klassenlehrkräfte<br />
kennen die Klassen genauer und können aufgrund<br />
gesammelter Informationen Auskünfte über Schüler<strong>in</strong>nen<br />
und Schüler geben. Koord<strong>in</strong>ator<strong>in</strong>nen und Koord<strong>in</strong>atoren<br />
haben <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel mehr Wissen über die Maßnahmen<br />
und Verfahrensabläufe. Um die Auswahl <strong>der</strong> Teilnehmenden<br />
aber auch über die Leistungen h<strong>in</strong>aus vornehmen zu können,<br />
ist die Schärfung des Blicks <strong>der</strong> Kolleg<strong>in</strong>nen und Kollegen<br />
und e<strong>in</strong>e offene Diskussion über Entwicklungspotenziale<br />
<strong>der</strong> Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler notwendig, wie sie durch<br />
Fortbildungen, aber auch <strong>in</strong> Konferenzen erreicht werden<br />
kann. Um Informationen über Lernende zu erhalten, schlagen<br />
Renzulli, Reis und Smith e<strong>in</strong> »careful monitor<strong>in</strong>g« vor,<br />
<strong>in</strong>dem Informationen zum E<strong>in</strong>- und Austritt <strong>in</strong> Programme<br />
des <strong>Drehtürmodell</strong>s genutzt werden, um zu entscheiden,<br />
ob die Teilnehmenden sich h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Programmidee,<br />
<strong>der</strong> Verbesserung <strong>der</strong> Stärken und des Engagements <strong>in</strong> Enrichmentaktivitäten<br />
entwickelt haben (RENZULLI/REIS/SMITH<br />
1981, 10F., 149).<br />
Die Auswahl <strong>der</strong> Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler ist mit <strong>der</strong> Konzeptentwicklung<br />
eng verbunden: Renzulli und se<strong>in</strong> Team<br />
beschreiben für diesen Zusammenhang das Problem, dass<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Konzepten die Idee, e<strong>in</strong>e def<strong>in</strong>ierte Gruppe mit<br />
e<strong>in</strong>em regulären Curriculum <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Programm zu för<strong>der</strong>n,<br />
wi<strong>der</strong>sprüchlich ist. Sie plädieren für e<strong>in</strong>e größere<br />
Offenheit gegenüber den ausgewählten Personen, aber<br />
mehr noch für e<strong>in</strong> frei zu gestaltendes Programm, das aber<br />
von Lehrpersonen, die für e<strong>in</strong> solches Programm auch ausgebildet<br />
s<strong>in</strong>d, begleitet wird (RENZULLI/REIS/SMITH 1981, 10FF., 149).<br />
Mit Blick auf die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Studie zum <strong>Drehtürmodell</strong> rekonstruierten<br />
Typen ist dieses Problem beson<strong>der</strong>s zu berücksichtigen,<br />
da die Typen unterschiedliche Inhalte und Organisationsstrukturen<br />
umfassen und <strong>in</strong>folgedessen auch verschiedene<br />
Voraussetzungen zur Teilnahme mit sich br<strong>in</strong>gen.<br />
KONZEPTUMSETZUNG<br />
Wenn sich e<strong>in</strong> Kollegium für die E<strong>in</strong>führung e<strong>in</strong>es Konzeptes<br />
entscheidet, hängen das Gel<strong>in</strong>gen und die Überw<strong>in</strong>dung<br />
<strong>der</strong> Startschwierigkeiten von Informationen und offenen<br />
Kommunikationsstrukturen im Kollegium ab. E<strong>in</strong>e Information<br />
für die Fach- und Klassenlehrkräfte zu dem<br />
Modell und e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>führung und Erprobung diagnostischer<br />
Zugänge wie Beobachtungsbögen s<strong>in</strong>d wichtig, weil sonst<br />
zu wenige Informationen über Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler<br />
zusammengetragen werden, die Aufmerksamkeit sich mehr<br />
auf Leistungen statt möglicher Begabungen richtet und<br />
K<strong>in</strong><strong>der</strong> dadurch dann nicht empfohlen werden, obwohl sie<br />
geeignet wären. Von daher sollte bei E<strong>in</strong>führung des Modells<br />
e<strong>in</strong> Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g für Lehrkräfte <strong>in</strong>tegraler Bestandteil<br />
se<strong>in</strong>, um die hohen Ziele und den Anspruch des Enrichments<br />
auch verfolgen und Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler zur<br />
Teilnahme motivieren zu können (RENZULLI/REIS/SMITH 1981, 11;<br />
RENZULLI 2003, 7).<br />
Für die Konzeptentwicklung und -umsetzung greifen sowohl<br />
Überlegungen zur Fortbildung von Koord<strong>in</strong>atoren,<br />
aber auch des Kollegiums, die Entwicklung konkreter Maßnahmen<br />
und die Konzeption transparenter Organisationsstrukturen<br />
<strong>in</strong>e<strong>in</strong>an<strong>der</strong>. Für e<strong>in</strong>en gel<strong>in</strong>genden Schulentwicklungsprozess<br />
sollte sich das Kollegium entsprechend<br />
Zeit nehmen, die Kommunikation im Kollegium forcieren<br />
und sich auf e<strong>in</strong>e flexible Suche nach Lösungen e<strong>in</strong>stellen.