Karg-Heft Nr. 9: Das Drehtürmodell in der schulischen Begabtenförderung
Studienergebnisse und Praxiseinblicke aus Nordrhein-Westfalen
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SILVIA GREITEN<br />
<strong>Das</strong> <strong>Drehtürmodell</strong><br />
aus Sicht von Schüler<strong>in</strong>nen<br />
und Schülern<br />
<strong>Das</strong> <strong>Drehtürmodell</strong> gilt als e<strong>in</strong>e geeignete För<strong>der</strong>maßnahme<br />
für begabte und hochbegabte Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler.<br />
Nach den Befunden e<strong>in</strong>er Fragebogenstudie zum <strong>Drehtürmodell</strong><br />
<strong>in</strong> NRW ist die Teilnahme überwiegend an gute<br />
und sehr gute Leistungen gebunden sowie u. a. auch an<br />
hohe Motivation, geeignetes Lern- und Arbeitsverhalten,<br />
Leistungs- und Anstrengungsbereitschaft und die Fähigkeit<br />
zur Selbstorganisation (GREITEN 2016A, 36). Lehrpersonen, die<br />
e<strong>in</strong>e Empfehlung zur Teilnahme aussprechen sollen, h<strong>in</strong>terfragen<br />
oftmals, neben den Leistungsaspekten, auch die<br />
Belastung <strong>der</strong> Teilnehmenden, da die Arbeit im <strong>Drehtürmodell</strong><br />
immer als Zusatz zu unterrichtlichen Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
geleistet werden muss. Mögliche Bedenken richten sich<br />
an zeitliche Belastungen, das eventuell auftretende Abs<strong>in</strong>ken<br />
von Leistungen durch nicht besuchten Unterricht <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>igen Fächern o<strong>der</strong> auch Auswirkungen unterbrochener<br />
Arbeitsprozesse durch unvollständiges Nacharbeiten versäumter<br />
Unterrichts<strong>in</strong>halte. Von Lehrpersonen geäußerte<br />
Bedenken zeugen e<strong>in</strong>erseits von Verantwortung für die<br />
Entwicklung <strong>der</strong> Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler, aber gelegentlich<br />
auch von wenig Empathie o<strong>der</strong> fehlendem Vorstellungsvermögen<br />
zu den Beweggründen und subjektiv erlebten<br />
Profiten <strong>der</strong> Teilnehmenden.<br />
Im Folgenden kommen Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler zu Wort,<br />
die an verschiedenen Typen von <strong>Drehtürmodell</strong>en (GREITEN<br />
2016C) teilnahmen.<br />
Die Erfahrungsberichte dokumentieren, dass die Schüler<strong>in</strong>nen<br />
und Schüler die mit den Drehtüraktivitäten verbundene<br />
zusätzliche Arbeit sehr wohl wahrnehmen, aber h<strong>in</strong>sichtlich<br />
e<strong>in</strong>er subjektiv empfundenen Belastung unterschiedlich<br />
<strong>in</strong>terpretieren. Als Belastungsmomente werden<br />
zeitliche Schwierigkeiten wie dichte Term<strong>in</strong>e durch Klassenarbeiten<br />
bzw. Klausuren und Fahrten zur Schüler-Uni<br />
genannt. Die Arbeit <strong>in</strong> den <strong>Drehtürmodell</strong>en als solches<br />
empf<strong>in</strong>den die Teilnehmenden überwiegend nicht als Belastung.<br />
Im Gegenteil, die Freude an den gewählten Themen,<br />
die die Projektarbeiten ermöglichen, die Neugier und<br />
Erfahrungen an e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en Lernort wie die Schüler-<br />
Uni o<strong>der</strong> die Kontakte zu Kooperationspartnern des eigenen<br />
Forschungsprojektes erleben sie als befriedigende,<br />
reizvolle, motivierende Elemente. Die Herausfor<strong>der</strong>ungen,<br />
sich durch die Arbeit im <strong>Drehtürmodell</strong> selbst zu organisieren,<br />
sich e<strong>in</strong>em hohen Leistungsanspruch zu stellen, Projekte<br />
zu bearbeiten, zu präsentieren und damit auch Kompetenzentwicklung<br />
zu erleben, sche<strong>in</strong>en <strong>in</strong> allen Fällen<br />
entscheidende Motivationsfaktoren zu se<strong>in</strong>, die so hoch<br />
s<strong>in</strong>d, dass mit dem <strong>Drehtürmodell</strong> verbundene Belastungen<br />
<strong>in</strong> Kauf genommen werden. Die Schülerberichte entkräften<br />
die von Lehrpersonen häufig geäußerten Bedenken,<br />
dass durch die Teilnahme am <strong>Drehtürmodell</strong> Unterrichts<strong>in</strong>halte<br />
versäumt und diese von den Schüler<strong>in</strong>nen und Schülern<br />
nicht nachgearbeitet werden o<strong>der</strong> werden können. Die<br />
Teilnehmenden nehmen aus ihrer Sicht das Nacharbeiten<br />
kaum als Problem wahr und erleben vor allem überwiegend<br />
ke<strong>in</strong>en Leistungsabfall.