Karg-Heft Nr. 9: Das Drehtürmodell in der schulischen Begabtenförderung
Studienergebnisse und Praxiseinblicke aus Nordrhein-Westfalen
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Wie das <strong>Drehtürmodell</strong> an unsere Schule kam und dort weiterentwickelt wurde<br />
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BESUCH EINER PARALLELEN LERNGRUPPE<br />
DER EIGENEN JAHRGANGSSTUFE<br />
Dies geschieht z. B. beim parallelen Belegen von zwei<br />
Fremdsprachen (<strong>in</strong> Jahrgang sechs) o<strong>der</strong> von zwei Differenzierungsangeboten<br />
(<strong>in</strong> Jahrgang acht).<br />
BEISPIEL: DOPPELBELEGEN VON ZWEI<br />
FREMDSPRACHEN IN JAHRGANG SECHS<br />
Wenn sich ke<strong>in</strong>e geeigneten bereits <strong>in</strong>stitutionalisierten<br />
För<strong>der</strong>projekte f<strong>in</strong>den, jedoch e<strong>in</strong> För<strong>der</strong>bedarf<br />
besteht, s<strong>in</strong>d manchmal auch kreative<br />
Lösungen gefragt. So gibt es z. B. die Möglichkeit,<br />
Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler mit gleichen Interessen<br />
zusammenzuführen und sie geme<strong>in</strong>sam und<br />
parallel zum Unterricht an Themen ihrer Wahl arbeiten<br />
zu lassen.<br />
Milena besucht die Klasse 5, ist e<strong>in</strong>e leistungsstarke und<br />
motivierte Schüler<strong>in</strong> und kann sich nicht entscheiden, ob<br />
sie Französisch o<strong>der</strong> doch lieber Late<strong>in</strong> wählen soll. Sie<br />
möchte später gerne Journalist<strong>in</strong> werden. Dazu benötigt<br />
sie gute Fremdsprachenkenntnisse, für das Studium wird<br />
jedoch für e<strong>in</strong>ige Studiengänge immer noch Late<strong>in</strong> gefor<strong>der</strong>t.<br />
Es ist nicht sicher, ob <strong>in</strong> Jahrgang acht noch e<strong>in</strong> neuer<br />
Late<strong>in</strong>kurs zustande kommen wird – das hängt immer<br />
von den jährlichen Wahlen ab. Als sie am Informationsabend<br />
für Fremdsprachen von <strong>der</strong> Möglichkeit erfährt,<br />
zwei Sprachen gleichzeitig zu belegen, fragt sie sich, ob sie<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage wäre, diese Herausfor<strong>der</strong>ung zu bewältigen<br />
und nimmt e<strong>in</strong> Beratungsangebot <strong>in</strong> Anspruch. Danach<br />
s<strong>in</strong>d ihr die Anfor<strong>der</strong>ungen klar: Sie wird im Wechsel den<br />
Unterricht <strong>in</strong> beiden Sprachen besuchen, sich regelmäßig<br />
mündlich e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen müssen, Hausaufgaben anfertigen<br />
und <strong>in</strong> beiden Fächern die Kursarbeiten mitschreiben. E<strong>in</strong>e<br />
Arbeit wird immer zeitnah nachgeschrieben. Die Lehrer<strong>in</strong>nen<br />
und Lehrer unterstützen Milena <strong>in</strong> ihrer Entscheidung<br />
und raten ihr dazu, die Herausfor<strong>der</strong>ung anzunehmen.<br />
Milena entscheidet sich für Französisch als Erstwahl und<br />
Late<strong>in</strong> als Zweitwahl. Die Erstwahl ist versetzungsrelevant.<br />
Noten bekommt sie aber <strong>in</strong> beiden Fächern. Zu Schuljahresbeg<strong>in</strong>n<br />
unterstützen Lehrpersonen sie bei <strong>der</strong> Organisation.<br />
Sie bekommt die Schulbücher und e<strong>in</strong>en Plan, <strong>der</strong><br />
festlegt, wann sie welche Unterrichtsstunde besucht. Zwei<br />
Infopaten <strong>in</strong> beiden Fächern unterschreiben e<strong>in</strong>en Infopatenvertrag<br />
und verständigen sich darüber, welche Informationen<br />
aus dem verpassten Unterricht weitergegeben werden<br />
müssen. Am Anfang hat Milena regelmäßig kle<strong>in</strong>ere<br />
Fragen. Es steht e<strong>in</strong>e Lehrkraft als Ansprechpartner zur<br />
Verfügung. Mit <strong>der</strong> Zeit wird Milena immer selbstständiger.<br />
Der Besuch bei<strong>der</strong> Lerngruppen wird für sie und die Lehrer<br />
e<strong>in</strong>e Selbstverständlichkeit.<br />
BESUCH EINER ZUSÄTZLICH<br />
EINGERICHTETEN LERNGRUPPE<br />
Am Annette-Gymnasium gibt es die sogenannten Erweiterungsprojekte<br />
<strong>in</strong> den Fächern Mathematik, Englisch und<br />
Deutsch. Interessierte Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler arbeiten<br />
parallel zum regulären Unterricht an herausfor<strong>der</strong>nden Inhalten<br />
des jeweiligen Faches. Neben den Erweiterungsprojekten<br />
wird im zweiten Halbjahr <strong>der</strong> sechsten Jahrgangsstufe<br />
auch das For<strong>der</strong>-För<strong>der</strong>-Projekt <strong>in</strong> Kooperation mit <strong>der</strong><br />
Universität Münster durchgeführt. Bei diesem Projekt schreiben<br />
die Teilnehmenden zu e<strong>in</strong>em Thema ihrer Wahl e<strong>in</strong>e<br />
Arbeit und halten dazu e<strong>in</strong>en Vortrag. Teil des Projektes ist<br />
auch <strong>der</strong> E<strong>in</strong>satz von Methoden wie Lernstrategien, Zeitmanagement,<br />
Schreibstrategien, Präsentationstechniken. Studierende<br />
<strong>der</strong> Universität begleiten <strong>in</strong> Zusammenarbeit mit<br />
e<strong>in</strong>er Lehrkraft zwei Gruppen von jeweils sieben Schüler<strong>in</strong>nen<br />
und Schülern. <strong>Das</strong> For<strong>der</strong>-För<strong>der</strong>-Projekt f<strong>in</strong>det se<strong>in</strong>e<br />
Fortsetzung <strong>in</strong> den Jahrgängen acht und neun durch das<br />
FFP Advanced. Hier arbeiten die Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler<br />
noch <strong>in</strong>tensiver an wissenschaftlichen Fragestellungen.<br />
Wenn sich ke<strong>in</strong>e geeigneten bereits <strong>in</strong>stitutionalisierten<br />
För<strong>der</strong>projekte f<strong>in</strong>den, jedoch e<strong>in</strong> För<strong>der</strong>bedarf besteht,<br />
s<strong>in</strong>d manchmal auch kreative Lösungen gefragt. So gibt es<br />
z. B. die Möglichkeit, Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler mit gleichen<br />
Interessen zusammenzuführen und sie geme<strong>in</strong>sam<br />
und parallel zum Unterricht an Themen ihrer Wahl arbeiten<br />
zu lassen. Dies kann <strong>in</strong> Begleitung von Lehrkräften o<strong>der</strong><br />
auch <strong>in</strong>teressierten Studierenden geschehen.<br />
BEISPIEL: MATHE-ERWEITERUNGSPROJEKT<br />
Julius besucht seit e<strong>in</strong>em halben Jahr das Annette-Gymnasium.<br />
Am Ende des ersten Schulhalbjahres kommt e<strong>in</strong>e Mathematiklehrer<strong>in</strong><br />
<strong>in</strong> die Klasse und berichtet von e<strong>in</strong>em<br />
spannenden Projekt, dem Mathe-Erweiterungsprojekt, <strong>in</strong><br />
dem Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler, die Mathe gerne mögen<br />
und auch gut können, an Knobelaufgaben arbeiten. <strong>Das</strong> Beson<strong>der</strong>e<br />
an dem Projekt ist, dass es parallel zum Mathematikunterricht<br />
liegt. Julius f<strong>in</strong>det das spannend und geht <strong>in</strong><br />
die erste Schnupperstunde. Zusammen mit Schüler<strong>in</strong>nen<br />
und Schülern aus den Parallelklassen knobelt er an mathematischen<br />
Herausfor<strong>der</strong>ungen. Alle an<strong>der</strong>en Schüler<strong>in</strong>nen<br />
und Schüler aus den fünften Klassen besuchen währenddessen<br />
den »normalen« Mathematikunterricht. Nach zwei<br />
Schnupperstunden ist für Julius klar: Er möchte bis zum<br />
Ende des Schuljahres weitermachen. An<strong>der</strong>e Schüler entscheiden,<br />
doch lieber im regulären Unterricht zu bleiben.