Karg-Heft Nr. 9: Das Drehtürmodell in der schulischen Begabtenförderung
Studienergebnisse und Praxiseinblicke aus Nordrhein-Westfalen
Studienergebnisse und Praxiseinblicke aus Nordrhein-Westfalen
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
47<br />
SILVIA GREITEN<br />
Interview mit<br />
Prof. Dr. Christian Fischer<br />
In <strong>der</strong> Studie zum <strong>Drehtürmodell</strong> kristallisierte sich heraus,<br />
dass viele Schulen mit e<strong>in</strong>er Variation des For<strong>der</strong>-<br />
För<strong>der</strong>-Projektes arbeiten, das Christian Fischer auf <strong>der</strong><br />
Basis des Enrichmentkonzepts von Renzulli entwickelte.<br />
Da Christian Fischer auch die Entwicklungen <strong>der</strong> <strong>schulischen</strong><br />
Begabungs- und Begabtenför<strong>der</strong>ung <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-<br />
Westfalen gut kennt, bot es sich an, e<strong>in</strong> Interview mit ihm<br />
zum <strong>Drehtürmodell</strong> zu führen. <strong>Das</strong> Interview wurde im<br />
Juni 2015 geführt und wird hier <strong>in</strong> gekürzter und überarbeiteter<br />
Fassung wie<strong>der</strong>gegeben.<br />
GREITEN: Ende <strong>der</strong> 1990er-Jahre taucht das <strong>Drehtürmodell</strong><br />
<strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen auf. Wie ist das <strong>Drehtürmodell</strong><br />
nach Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen gekommen?<br />
wo dies <strong>in</strong> den Neunzigerjahren e<strong>in</strong>geführt wurde. Die Frage<br />
ist aber, wie <strong>in</strong>terpretiert man das, was jetzt als <strong>Drehtürmodell</strong><br />
bezeichnet wird? Zum Beispiel das Lernen von zwei<br />
Sprachen gleichzeitig, ist das wirklich e<strong>in</strong> <strong>Drehtürmodell</strong>?<br />
Im eigentlichen S<strong>in</strong>ne besagt dieses Revolv<strong>in</strong>g Door Model,<br />
dass die K<strong>in</strong><strong>der</strong> sich quasi aus dem regulären Unterricht<br />
herausbewegen, drehen können, wenn sie me<strong>in</strong>en, dass sie<br />
die Unterrichts<strong>in</strong>halte beherrschen und sich stattdessen<br />
lieber mit selbstgewählten Themen ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzen<br />
möchten. Was ja die ursprüngliche Idee ist. Deswegen kann<br />
man die Frage stellen: Wenn man sagt, man lernt zwei<br />
Sprachen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Zeitfenster – ist das dann das orig<strong>in</strong>äre<br />
<strong>Drehtürmodell</strong>? Renzulli ist da sehr offen, sodass er wahrsche<strong>in</strong>lich<br />
auch diesem zustimmen würde.<br />
Die Frage ist aber, wie <strong>in</strong>terpretiert man das, was<br />
jetzt als <strong>Drehtürmodell</strong> bezeichnet wird?<br />
FISCHER: <strong>Das</strong> <strong>Drehtürmodell</strong> an sich stammt von Joe Renzulli<br />
und gibt es <strong>in</strong> den USA schon ziemlich lange. In Europa<br />
waren es die Nie<strong>der</strong>lande, die es zuerst e<strong>in</strong>führten. Renzulli<br />
war dort <strong>in</strong> den Achtzigerjahren das erste Mal, und<br />
dabei gab es Verb<strong>in</strong>dungen über Franz Mönks, den Leiter<br />
des CBO (Anm. d. Autor<strong>in</strong>: Centrum für Begabungsforschung)<br />
<strong>in</strong> Nijmegen, zum Städtischen Gymnasium <strong>in</strong> Nijmegen,<br />
GREITEN: Viele Schulen, die das <strong>Drehtürmodell</strong> e<strong>in</strong>geführt<br />
haben, kennen das Konzept von Renzulli nicht.<br />
FISCHER: Ja. Offensichtlich wird da flexibler mit Zeit umgegangen,<br />
o<strong>der</strong> es bleibt die Idee, dass man sagt, Schüler<strong>in</strong>nen<br />
und Schüler, die beson<strong>der</strong>e Herausfor<strong>der</strong>ungen brauchen,<br />
können <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Zeitfenster zwei Sachen gleichzeitig<br />
machen und das selbst organisieren. Damals waren vor<br />
allem auch die Bezirksregierungen <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen<br />
sehr engagiert. Es gab ja diese erste Generation <strong>der</strong> Begabungsför<strong>der</strong>er<br />
<strong>in</strong> den Bezirksregierungen, die sich sehr<br />
stark dafür e<strong>in</strong>gesetzt haben, dass das Thema Begabtenför<strong>der</strong>ung<br />
<strong>in</strong> den Neunzigerjahren auf Bezirksregierungsebene<br />
ganz nach vorne kam. Gerade die Dezernenten haben