Karg-Heft Nr. 9: Das Drehtürmodell in der schulischen Begabtenförderung
Studienergebnisse und Praxiseinblicke aus Nordrhein-Westfalen
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men mit Ausnahme beim doppelten Fremdsprachenlernen,<br />
bei dem die Parallelisierung systembed<strong>in</strong>gt sowieso gegeben<br />
ist, überwiegend ke<strong>in</strong>e Stundenplanän<strong>der</strong>ung vor;<br />
hier werden <strong>in</strong>dividuelle Regelungen getroffen (9Gym). E<strong>in</strong><br />
Großteil <strong>der</strong> Grundschulen beschreibt mehr Aktivitäten<br />
zur Stundenplananpassung, <strong>in</strong>dem beispielsweise <strong>in</strong> allen<br />
Jahrgängen bestimme Fächer parallelisiert und damit die<br />
Drehtür nach oben <strong>in</strong> den gleichen Fächern wie <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Stammklasse genutzt werden kann. Drei Schulen geben<br />
an, dass Unterrichtsausfall, Vertretungsunterricht o<strong>der</strong><br />
zeitweise fehlende personelle Unterstützung je nach <strong>Drehtürmodell</strong><br />
zu Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ungen im Ablauf führen können<br />
(5Gym, 3GS).<br />
chiever o<strong>der</strong> Lernende mit spezifischen För<strong>der</strong>bedarfen<br />
werden nur von 4 Schulen als Zielgruppe genannt.<br />
Die Vorrangstellung des <strong>Drehtürmodell</strong>s als Organisationsstruktur<br />
ist aus Sicht <strong>der</strong> teilnehmenden<br />
Schulen klar beschrieben: Schüler<strong>in</strong>nen und<br />
Schüler verlassen den regulären Unterricht, um<br />
an e<strong>in</strong>er an<strong>der</strong>en För<strong>der</strong>ung teilzunehmen.<br />
Wie schon bei den Ausführungen zu den Koord<strong>in</strong>atoren angedeutet,<br />
ergeben sich gelegentlich Schwierigkeiten <strong>in</strong> Bezug<br />
auf die Kommunikation und Transparenz <strong>der</strong> Organisation.<br />
Dazu f<strong>in</strong>den sich E<strong>in</strong>zelaussagen: Räume und Zeiten,<br />
<strong>in</strong> denen Lehrkräfte und Schüler mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> arbeiten können,<br />
Term<strong>in</strong>ierung von Beratungszeiten, Absprachen zwischen<br />
Kollegen zu Klassenarbeiten, die trotz <strong>der</strong> Drehtürstunden<br />
von den Beteiligten mitgeschrieben werden sollen,<br />
<strong>in</strong>transparente Abläufe für Fachlehrer, Mentoren und Schüler<strong>in</strong>nen<br />
und Schüler. E<strong>in</strong>ige Koord<strong>in</strong>atoren beklagen auch<br />
die mangelnde E<strong>in</strong>sicht ihrer Kollegen zu För<strong>der</strong>maßnahmen<br />
für Begabte/Hochbegabte. Auf Seiten <strong>der</strong> Schülerschaft<br />
werden von wenigen Schulen die fehlende Diszipl<strong>in</strong><br />
und das Durchhaltevermögen e<strong>in</strong>iger Schüler<strong>in</strong>nen und<br />
Schüler angemahnt und auf teilweise hohe Belastungen<br />
durch das Nacharbeiten verpasster Inhalte h<strong>in</strong>gewiesen.<br />
ZUSAMMENFASSUNG UND FAZIT<br />
<strong>Das</strong> <strong>Drehtürmodell</strong> ist nach e<strong>in</strong>er Internetrecherche bundesweit<br />
am häufigsten <strong>in</strong> NRW (156 Schulen), mit großem<br />
Abstand gefolgt von Nie<strong>der</strong>sachsen (21) und Schleswig-<br />
Holste<strong>in</strong> (14) zu f<strong>in</strong>den. Es wurde <strong>in</strong> NRW Ende <strong>der</strong> 1990er-<br />
Jahre <strong>in</strong> wenigen Schulen implementiert und erreichte<br />
e<strong>in</strong>e Hochphase zwischen 2005 und 2008. Am meisten<br />
nutzen es Gymnasien, mit deutlich ger<strong>in</strong>geren Anteilen<br />
auch Grund-, Gesamtschulen und weitere Schulen <strong>der</strong> Sekundarstufe<br />
I.<br />
Bei dem <strong>Drehtürmodell</strong>, wie die Schulen <strong>in</strong> NRW es e<strong>in</strong>setzen,<br />
handelt es sich um e<strong>in</strong> Konzept für <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel wenige<br />
Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler. Der prozentuale Anteil an<br />
Teilnehmenden im Vergleich zur Schülerschaft <strong>der</strong> jeweiligen<br />
Schule liegt <strong>in</strong> Schulen <strong>der</strong> Sekundarstufen im Durchschnitt<br />
bei 1,68 %, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Grundschule bei 7 %. Vorrangig<br />
dient es <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung begabter, hochbegabter und leistungsstarker<br />
Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler. Die Zielformulierungen<br />
<strong>der</strong> Schulen kreisen um die För<strong>der</strong>ung von Begabungen,<br />
die Organisation, Lern- und Arbeitsstrategien und<br />
letztlich <strong>in</strong>dividuelle Persönlichkeitsentwicklung. Un<strong>der</strong>a-<br />
Die Vorrangstellung des <strong>Drehtürmodell</strong>s als Organisationsstruktur<br />
ist aus Sicht <strong>der</strong> teilnehmenden Schulen klar beschrieben:<br />
Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler verlassen den regulären<br />
Unterricht, um an e<strong>in</strong>er an<strong>der</strong>en För<strong>der</strong>ung teilzunehmen.<br />
Zu dieser Organisationsform konnten aus den Daten<br />
17 Drehtürtypen subsumiert <strong>in</strong> 6 Gruppen beschrieben<br />
werden (GREITEN 2016C). Am häufigsten f<strong>in</strong>den sich die Typen<br />
zur Beschulung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en Jahrgang, die Schüler-Uni,<br />
das doppelte Sprachenlernen und e<strong>in</strong>e eigenständige<br />
Projektarbeit. Die Querschnittanalyse ergab, dass es <strong>in</strong><br />
allen Jahrgängen möglich ist, m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>en Drehtürtyp<br />
zu <strong>in</strong>stallieren und liefert den Befund, dass die meisten<br />
Schulen zwei bis maximal fünf Konzepte anbieten. Die<br />
Vielfalt an Konzepten ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> Mittelstufe am höchsten.<br />
Es ist zu vermuten, dass e<strong>in</strong> Großteil <strong>der</strong> Konzepte zu den<br />
<strong>Drehtürmodell</strong>en auf Vere<strong>in</strong>zelung setzt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Form, dass<br />
Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler als E<strong>in</strong>zelne an an<strong>der</strong>en Lerngruppen<br />
teilnehmen o<strong>der</strong> <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er sozialen Gruppe<br />
e<strong>in</strong>zeln an Projekten o<strong>der</strong> Themen arbeiten. Zielgerichtet<br />
soziale Kontakte zu forcieren o<strong>der</strong> <strong>in</strong> direkten Kooperationsprozessen<br />
zu arbeiten, dürfte die Ausnahme se<strong>in</strong>. Die<br />
Verweildauer <strong>der</strong> Teilnehmenden ist vom gewählten Drehtürtyp<br />
abhängig.<br />
Die meisten Schulen haben für die jeweiligen Drehtürtypen<br />
Organisationselemente entwickelt: Der Weg <strong>in</strong>s <strong>Drehtürmodell</strong><br />
kann unterschiedlich se<strong>in</strong>, meist erfolgt <strong>der</strong> Anstoß<br />
über Lehrpersonen, aber auch durch Eigen<strong>in</strong>itiative<br />
und Eltern. Fast alle Schulen knüpfen an die Teilnahme<br />
die Bed<strong>in</strong>gung, verpasste Unterrichts<strong>in</strong>halte nachzuarbeiten.<br />
Weitere Bed<strong>in</strong>gungen werden <strong>in</strong> den Schulen unterschiedlich<br />
geregelt. Je nach Drehtürtyp und Schulform<br />
bieten e<strong>in</strong>ige Schulen noch Begleitkonzepte wie Beratungen<br />
o<strong>der</strong> Präsentationen an und auch Formblätter für Verfahrensabläufe.<br />
Aus den Daten ließen sich drei bedeutsame Initiierungsimpulse<br />
für das <strong>Drehtürmodell</strong> herausarbeiten: die Beauftragung<br />
zur Konzeptentwicklung, Fortbildungen und die Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung<br />
mit e<strong>in</strong>zelnen Schülern. Der Auftrag zur<br />
Konzeptentwicklung, beispielsweise für <strong>in</strong>dividuelle Förde-