Karg-Heft Nr. 9: Das Drehtürmodell in der schulischen Begabtenförderung
Studienergebnisse und Praxiseinblicke aus Nordrhein-Westfalen
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menden und ihre Aktivitäten während des Drehtürprogramms<br />
weitere Diagnostik 8 betrieben, um über e<strong>in</strong>e Teilnahme<br />
an fortschreitenden weiterführenden Angeboten zu<br />
entscheiden. <strong>Das</strong> zentrale Anliegen Renzullis, Begabung aus<br />
vielen Perspektiven zu verstehen und dadurch auch zu entwickeln,<br />
zieht sich wie e<strong>in</strong> roter Faden durch se<strong>in</strong>e Forschungen<br />
h<strong>in</strong>durch. Dabei s<strong>in</strong>d die Komponenten se<strong>in</strong>es<br />
Drei-R<strong>in</strong>ge-Modells zentral: Fragen zur Kreativität, <strong>der</strong>en<br />
Entwicklung und zu dem Zusammenhang zwischen Kreativität<br />
und Aufgabenbearbeitung bis h<strong>in</strong> zu Problemlösestrategien<br />
führen zu e<strong>in</strong>er immer differenzierteren Ausgestaltung<br />
se<strong>in</strong>es Enrichmentprogramms.<br />
DAS SCHOOLWIDE ENRICHMENT MODEL<br />
(SEM) ZUR POTENZIALENTDECKUNG UND<br />
FÖRDERUNG KOGNITIVER FÄHIGKEITEN<br />
Die Erfolgsgeschichte des <strong>Drehtürmodell</strong>s geht weiter, <strong>in</strong>dem<br />
Joseph Renzulli und Sally Reis das Triad Enrichment<br />
Model und das Revolv<strong>in</strong>g Door Identification Model zunächst<br />
zum Triad/Revolv<strong>in</strong>g Door Program zusammenführen<br />
und es zum Zentrum e<strong>in</strong>es umfangreichen begabungsför<strong>der</strong>nden<br />
Schulentwicklungskonzepts machen (RENZULLI/<br />
REIS 1985, 19, 45; RENZULLI 2003, 4FF.; REIS/RENZULLI 2003, 333F.). Dieses<br />
Schoolwide Enrichment Model (SEM) 9 stellt e<strong>in</strong>e Weiterentwicklung<br />
dar und wird erstmalig 1985 <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es<br />
Handbuches publiziert, das sowohl überarbeitete und erweiterte<br />
Instrumente bietet als auch die Rolle <strong>der</strong> Lehrpersonen<br />
deutlicher beschreibt und Schulentwicklung vielfältig<br />
thematisiert. <strong>Das</strong> Konzept ist gereift, was sich <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
klaren Glie<strong>der</strong>ung und den detailreichen Ausführungen<br />
beispielsweise zu den Organisationskomponenten, <strong>der</strong> Rolle<br />
<strong>der</strong> Koord<strong>in</strong>atoren des SEM, den curricularen Beispielen,<br />
aber vor allem zu den Enrichmenttypen dokumentiert.<br />
<strong>Das</strong> Schoolwide Enrichment Model basiert auf e<strong>in</strong>er theoretischen<br />
Grundlage zur För<strong>der</strong>ung von Begabungen und<br />
explizit auch Hochbegabungen und konturiert e<strong>in</strong>en organisatorischen<br />
und pädagogischen Rahmen. Es sieht drei<br />
Komponenten vor (RENZULLI 2003, 6F.; 2012, 20):<br />
stärkenorientierte Portfolios, die über das Fortschreiten<br />
akademischer Leistungen, über Interessengebiete,<br />
Lernstile und Präsentationsformen Auskunft geben<br />
e<strong>in</strong> verdichtetes Curriculum und e<strong>in</strong> systematisches<br />
Verfahren zur Modifikation des Lehrplans für Hochleister<strong>in</strong>nen<br />
und Hochleister<br />
Lernen und Lehren im S<strong>in</strong>ne des Enrichments, orientiert<br />
am Enrichment Triad Model.<br />
<strong>Das</strong> SEM fokussiert auf die Entwicklung akademischer<br />
und kreativ-produktiver Hochbegabung. Dies gel<strong>in</strong>gt nach<br />
Renzulli am besten durch Lernsituationen, <strong>in</strong> denen <strong>der</strong><br />
Nutzen und die Anwendung von Informationen sowie von<br />
Denkfähigkeiten für die Bearbeitung e<strong>in</strong>es reales Problems<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>duktiv vorgehenden Art und Weise erfahren werden<br />
kann (RENZULLI, 2003, 5; 2012, 21). Die kreativ-produktive<br />
Hochbegabung befähigt <strong>in</strong> beson<strong>der</strong>em Maße für die Arbeit<br />
an Themen mit persönlicher Relevanz und kann sie<br />
zu hohen kreativen und <strong>in</strong>vestigativen Leistungen führen<br />
(RENZULLI 2003; 2012, 20). Dieser Ansatz ist bereits im Triad<br />
Enrichment Model und im Revolv<strong>in</strong>g Door Identification<br />
Model grundgelegt, erfährt <strong>in</strong> dem SEM aber e<strong>in</strong>e weitere<br />
Systematisierung.<br />
Die Forschung zum SEM ist vielfältig und stützt die Effektivität<br />
des Konzepts <strong>in</strong> mehrfacher H<strong>in</strong>sicht (VGL. ÜBERSICHT<br />
IN RENZULLI 1994), wenngleich Renzulli e<strong>in</strong>grenzend äußert,<br />
dass es sich bei vielen Studien um nicht experimentelle,<br />
deskriptive, qualitative Studien handelt und deswegen<br />
Kausalzusammenhänge nur bed<strong>in</strong>gt hergestellt o<strong>der</strong> generalisiert<br />
werden können. In <strong>der</strong> Zusammenschau <strong>der</strong><br />
Forschungsbefunde können aber Effekte angenommen<br />
werden (RENZULLI 1994, 18F.): Zum e<strong>in</strong>en zeigen sich positive<br />
Entwicklungen <strong>der</strong> Teilnehmenden <strong>in</strong> Bezug auf Leistungen<br />
und Lernverhalten, Entwicklung von Kreativität, Zuwendung<br />
zu Aufgaben, Reduktion von Un<strong>der</strong>achievement<br />
und positive Wirkung auf das Selbstkonzept. Zum an<strong>der</strong>en<br />
wirkt das SEM auf die Lehrpersonen <strong>in</strong>sofern, als sich<br />
ihre Handlungspraxis <strong>in</strong> Bezug auf Instruktionen und begabungsför<strong>der</strong>nde<br />
E<strong>in</strong>stellungen positiv verän<strong>der</strong>n. Durch<br />
die Interaktionen zwischen Lehrpersonen und Lernenden<br />
und die E<strong>in</strong>führung des SEM <strong>in</strong> das Schulsystem wird letztlich<br />
e<strong>in</strong>e Schulentwicklung <strong>in</strong>itiiert (RENZULLI 1994, 18).<br />
Durch die Interaktionen zwischen Lehrpersonen<br />
und Lernenden und die E<strong>in</strong>führung des SEM <strong>in</strong><br />
das Schulsystem wird letztlich e<strong>in</strong>e Schulentwicklung<br />
<strong>in</strong>itiiert.<br />
<strong>Das</strong> Anliegen des SEM ist, und dar<strong>in</strong> spiegeln sich die Vorläuferkonzepte<br />
wi<strong>der</strong>, dass Begabungen durch diese Konzeption<br />
vielfältig sichtbar werden, Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler<br />
sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Systematik und mit den Grundsätzen des<br />
Modells weiterbilden und sich vor allem kognitiv weiterentwickeln<br />
können (KIRSCHENBAUM/RENZULLI 1995, 71). Kirschenbaum<br />
und Renzulli sehen e<strong>in</strong>en Zusammenhang zwischen<br />
<strong>der</strong> vermittelten Lernerfahrung, dem Begabungsverständnis,<br />
das dem SEM zugrunde liegt, und <strong>der</strong> Modifizierbarkeit<br />
kognitiver Prozesse (KIRSCHENBAUM/RENZULLI 1995, 71). Dazu<br />
ziehen sie Vergleiche zu Fortschritten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zone <strong>der</strong><br />
nächsten proximalen Entwicklung (KIRSCHENBAUM/RENZULLI<br />
1995, 73) und <strong>der</strong> Theorie <strong>der</strong> kognitiven Modifizierbarkeit<br />
nach Feuerste<strong>in</strong> (VERWEIS AUF FEUERSTEIN 1980 IN KIRSCHENBAUM/<br />
RENZULLI 1995, 78). Denkstrukturen auszubilden und dadurch