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Karg-Heft Nr. 9: Das Drehtürmodell in der schulischen Begabtenförderung

Studienergebnisse und Praxiseinblicke aus Nordrhein-Westfalen

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Mit <strong>der</strong> Bildung des Talentpools und umfangreichen<br />

Informationen über Schüler<strong>in</strong>nen und<br />

Schüler zur Nom<strong>in</strong>ation für das Enrichmentprogramm<br />

stellten sich Renzulli und se<strong>in</strong>e Kolleg<strong>in</strong>nen<br />

gegen die <strong>in</strong> dieser Zeit übliche Auswahl<br />

durch e<strong>in</strong>en Intelligenz- und/o<strong>der</strong> Leistungstest.<br />

e<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung, geme<strong>in</strong>same Lernprozesse sowie das<br />

Lernen an sich und dessen Ergebnisse <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gruppe vorstellen<br />

zu können, unterstützen sowohl das Lernverhalten<br />

als auch die kognitive Weiterentwicklung bis h<strong>in</strong> zu positiven<br />

Auswirkungen auf das Selbstkonzept.<br />

Renzulli, Reis und Smith konzipierten das Modell zu e<strong>in</strong>er<br />

Zeit, als man über e<strong>in</strong>en Intelligenztest e<strong>in</strong>e bestimmte<br />

Prozentzahl, ca. 5 %, an Schüler<strong>in</strong>nen und Schülern (IQ ab<br />

>125), für e<strong>in</strong> spezielles Programm zuließ, das diese dann<br />

längere Zeit, zum Teil bis zu e<strong>in</strong>em Jahr, besuchten. Für<br />

diese Zeit konnten sie e<strong>in</strong>en Ressourcenraum zur Arbeit <strong>in</strong><br />

den Programmen nutzen. <strong>Das</strong> <strong>Drehtürmodell</strong> sieht nun die<br />

Bildung e<strong>in</strong>es Talentpools vor, <strong>der</strong> 15 bis 25 % des Jahrgangs<br />

umfassen soll, nicht als feste Gruppe an e<strong>in</strong>em Programm<br />

teilnimmt, son<strong>der</strong>n <strong>in</strong>dividuelle und im unregelmäßigen<br />

Wechsel verschiedene Zeitfenster anbietet, <strong>in</strong> denen<br />

die Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler an e<strong>in</strong>em Thema arbeiten<br />

können. In dem Talentpool zu se<strong>in</strong> bedeutet, dass <strong>der</strong> Ressourcenraum<br />

und <strong>der</strong> dort angebotene Service zur Verfügung<br />

stehen. Teilnehmende nutzen den Ressourcenraum<br />

so lange, bis ihr Projekt beendet ist, und machen dann<br />

Platz für e<strong>in</strong>en an<strong>der</strong>en Interessenten. Haben sie aber e<strong>in</strong>e<br />

weitere kreative Idee für e<strong>in</strong> neues Projekt o<strong>der</strong> wollen sie<br />

das abgeschlossene Thema mit weiteren Studien vertiefen,<br />

müssen zur erneuten Nutzung neue Vere<strong>in</strong>barungen getroffen<br />

werden. Dieses Vorgehen hat den entscheidenden<br />

Vorteil, dass <strong>in</strong> diesem Raum für das För<strong>der</strong>programm zuständige<br />

Lehrpersonen im Laufe des Jahres mehr Schüler<strong>in</strong>nen<br />

und Schüler betreuen können, als es <strong>in</strong> dem sonst<br />

üblichen Programm möglich wäre. Zudem können die Erfahrungen<br />

des Enrichments durch den häufigeren Wechsel<br />

von Schüler<strong>in</strong>nen und Schülern und aufgrund <strong>der</strong> Erfahrungen<br />

<strong>der</strong> Lehrer im Ressourcenraum auch <strong>in</strong> den Unterricht<br />

im Klassenraum E<strong>in</strong>gang f<strong>in</strong>den (RENZULLI/REIS/SMITH<br />

1981, 6F., 71; REIS/RENZULLI 2003, 344).<br />

Mit <strong>der</strong> Bildung des Talentpools und umfangreichen Informationen<br />

über Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler zur Nom<strong>in</strong>ation<br />

für das Enrichmentprogramm stellten sich Renzulli<br />

und se<strong>in</strong>e Kolleg<strong>in</strong>nen gegen die <strong>in</strong> dieser Zeit übliche<br />

Auswahl durch e<strong>in</strong>en Intelligenz- und/o<strong>der</strong> Leistungstest.<br />

Sie kritisierten zudem, dass häufig Status<strong>in</strong>formationen<br />

vor dem E<strong>in</strong>tritt <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Programm erhoben wurden und<br />

dann zur Teilnahme berechtigten (RENZULLI/REIS/SMITH 1981,<br />

IX, 6F.). Nach dem Konzept von Renzulli, Reis und Smith<br />

wird die Nom<strong>in</strong>ation für den Talentpool über zwei Wege<br />

vorgenommen: Basiskriterien und alternative Wege (REN-<br />

ZULLI/REIS/SMITH 1981, 50FF.). E<strong>in</strong> Basiskriterium bilden Nom<strong>in</strong>ationen<br />

von Lehrpersonen zu den Bereichen Lernen,<br />

Motivation, Kreativität, Führungsverhalten o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>em<br />

von ihnen frei zu wählenden Bereich. E<strong>in</strong> weiteres Kriterium<br />

wird durch die Ergebnisse von Fähigkeitstests erfüllt.<br />

Daneben gibt es auch alternative Wege wie die Nom<strong>in</strong>ation<br />

durch an<strong>der</strong>e o<strong>der</strong> sich selbst, spezielle Eignungstests<br />

o<strong>der</strong> beson<strong>der</strong>e Produkte aus Arbeitsprozessen. Diese e<strong>in</strong>zelnen<br />

Nom<strong>in</strong>ationszugänge s<strong>in</strong>d nicht additiv, was zur<br />

Folge hat, dass Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler über viele Zugänge<br />

und eben nicht nur Testergebnisse <strong>in</strong> die För<strong>der</strong>maßnahme<br />

gelangen können. Wird e<strong>in</strong> Lernen<strong>der</strong> nun<br />

über e<strong>in</strong> Basiskriterium nom<strong>in</strong>iert, ist er automatisch im<br />

Talentpool. Geschieht dies über den alternativen Weg,<br />

entscheidet e<strong>in</strong>e Kommission über die Teilnahme. Um<br />

die ganze Klasse <strong>in</strong> den Blick zu nehmen, füllen die Lehrpersonen<br />

e<strong>in</strong>e an diesen Kriterien orientierte Klassentabelle<br />

5 aus. Für die dann nom<strong>in</strong>ierten Personen wird e<strong>in</strong><br />

weiteres Formblatt 6 verwendet, das umfangreichere Informationen<br />

auch zu den Leistungen und Interessen umfasst.<br />

Von <strong>der</strong> Idee e<strong>in</strong>er re<strong>in</strong>en Status<strong>in</strong>formation weichen<br />

Renzulli und se<strong>in</strong> Team ab, da sie mehrere Informationen<br />

e<strong>in</strong>fließen lassen. Vielfältige Informationen aus<br />

psychometrischen Verfahren, zur Entwicklung, zur Performanz<br />

<strong>der</strong> jeweiligen Arbeitsprozesse und auch soziometrische<br />

Daten gehen <strong>in</strong> die Diagnostik 7 e<strong>in</strong> (RENZULLI/REIS/<br />

SMITH 1981, 32; VGL. ABB. 1).<br />

Die Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler verlassen dann<br />

für e<strong>in</strong> def<strong>in</strong>iertes Zeitfenster den regulären Unterricht<br />

und gehen »<strong>in</strong> action«; »resource room<br />

teacher« begleiteten sie dabei und sammeln<br />

während <strong>der</strong> Arbeit an e<strong>in</strong>er gewählten Thematik,<br />

e<strong>in</strong>em Problem o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>er kreativen Ausdrucksform<br />

»action <strong>in</strong>formations«.<br />

<br />

5 Dokumentvorlage »Class Survey Sheet« (RENZULLI/REIS/SMITH<br />

1981, 52; 67).<br />

6 Dokumentvorlage »Nom<strong>in</strong>ation form for the revolv<strong>in</strong>g door program«<br />

(RENZULLI/REIS/SMITH 1981, 54).<br />

7 Zu <strong>der</strong> beschriebenen Diagnostik bieten Renzulli, Reis und Smith<br />

mehrere Übersichten an, <strong>in</strong> denen <strong>der</strong> Zusammenhang zwischen<br />

den drei Clustern aus dem Drei-R<strong>in</strong>ge-Modell und den vier genannten<br />

diagnostischen Bereichen dargestellt ist. Die Übersichten zeigen<br />

sehr deutlich die Komplexität dieses Verfahrens (RENZULLI/<br />

REIS/SMITH 1981, 32–35).

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