Karg-Heft Nr. 8: Psychologische Beratung im Feld Hochbegabung
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
24<br />
Information der Klienten<br />
Die hohe Popu larität des Themas <strong>Hochbegabung</strong> führte<br />
zu einer Fülle von Publikationen, deren Inhalte nicht <strong>im</strong>mer<br />
wis sen schaftlichen Standards entsprechen und in<br />
einigen Fällen un begründete Sorgen oder über zo gene<br />
Forderungen auslösen. In solchen <strong>Beratung</strong>ssituationen<br />
kann eine fachlich fun dierte In formationsvermittlung für<br />
Abhilfe sorgen.<br />
Klärung von Erwartungen<br />
Einen wichtigen Eckpunkt des in diesem Artikel dargestellten<br />
<strong>Beratung</strong>skonzeptes n<strong>im</strong>mt auch die Klä rung der<br />
Erwartungen von Eltern und anderen wichtigen Bezugspersonen<br />
des Kindes in Be zug auf dessen Hoch begabung<br />
ein. Sind beispielsweise hohe Leistungserwartungen festzu<br />
stellen, die ein Kind trotz seines weit überdurchschnittlichen<br />
intellektuellen Potenzials über fordern kön nen?<br />
Besteht möglicherweise die Hoffnung, dass ein Kind den<br />
Studienabschluss oder die berufliche Position erreicht, die<br />
einem Elternteil verwehrt blieb? Wenn derartige Punkte<br />
in einem <strong>Beratung</strong>sgespräch bearbeitet werden sollen, ist<br />
der Aufbau eines tragfähigen Rapports <strong>im</strong> Vorfeld unabdingbar.<br />
An dieser Stelle könnte sich die Notwendigkeit struktureller<br />
Inter ventionen ergeben (bei spielsweise: Wie kann die<br />
Elternrolle so verdeutlicht werden, dass sie für hochbegabte<br />
Kinder sichtbar und akzeptierbar ist?). Zugleich<br />
könnte es in manchen Fa milien angezeigt sein, die Rolle<br />
weiterer Geschwister zu stärken, um die Ausgewogenheit<br />
in nerhalb des Geschwistersubystems (wieder) herzustellen.<br />
Damit Eltern innerhalb ihrer Fa mi lie in dieser Weise agieren<br />
können, ist es möglicherweise erforderlich, sie in ihrem<br />
Selbst ver ständnis zu bestärken und bestehende Unsicherheiten<br />
aufzugreifen und zu klären.<br />
Kooperation mit spezialisierten<br />
<strong>Beratung</strong>sstellen<br />
Eine Kooperation mit spezialisierten <strong>Beratung</strong>sstellen<br />
könnte dann angezeigt sein, wenn es um spezifische Fragestellungen<br />
bezüglich der Schullaufbahn (beispielsweise<br />
vor zei ti ge Einschulung, das Überspringen einer Klasse<br />
oder der Wechsel in eine spezielle Hochbegabtenförderklasse)<br />
geht, sofern hierfür noch keine oder wenig Erfahrungen<br />
vorliegen. Wenn eine solche Zusammenarbeit<br />
nicht möglich ist, könnten Fortbildungen durch erfahrene<br />
Fach kräfte oder entsprechende Fach literatur (BSPW. WITT-<br />
MANN/HOLLING 2004) für Ab hilfe sor gen.<br />
Rollenklärungen in der Familie<br />
Für manche Eltern hochbegabter Kinder scheint es schwierig<br />
zu sein, übliche Rollenverteilun gen umzusetzen. Neben<br />
der Klärung, welchen Part Eltern und Kinder <strong>im</strong> Familiensystem<br />
ein nehmen, ist in manchen Fällen die Rolle der<br />
<strong>Hochbegabung</strong> zu explorieren. Auch wenn die ser Aspekt<br />
be<strong>im</strong> Lesen Schmunzeln auslösen mag, hat er in manchen<br />
Familien einen erns ten Hintergrund. Wenn der <strong>Hochbegabung</strong><br />
die Rolle eines eigenständigen Familienmitglieds<br />
zu geschrieben wird, kann es in <strong>Beratung</strong>en angezeigt sein,<br />
dessen Beziehung zu den übrigen Fami lienmitgliedern zu<br />
untersuchen (Wo gibt es beispielsweise »Koalitionen« mit<br />
der <strong>Hochbegabung</strong>?).<br />
Eine Kooperation mit spezialisierten <strong>Beratung</strong>sstellen<br />
könnte dann angezeigt sein, wenn es<br />
um spezifische Fragestellungen bezüglich der<br />
Schullaufbahn (beispielsweise vor zei ti ge Einschulung,<br />
das Überspringen einer Klasse oder<br />
der Wechsel in eine spezielle Hochbegabtenförderklasse)<br />
geht.<br />
Erfahrungen aus dem Berliner Projekt<br />
(VGL. AUCH MORCHE/JACOB 2010)<br />
Der Berliner Arbeitskreis »Erziehungsberatung bei Familien<br />
mit hochbegabten Kindern« wur de Anfang 2008 mit<br />
dem Ziel gegründet, ein landesweit qualitativ hochwertiges<br />
und stabiles Be ratungsangebot zu etablieren, indem<br />
mindestens ein Mitarbeiter der kommunalen oder frei en<br />
Erziehungsberatungsstellen pro Berliner Bezirk gewonnen<br />
wurde, sich fachlich zu qualifizieren sowie sich mit den<br />
bezirklichen und überbezirklichen Ange boten und Institutionen<br />
zu vernetzen. Das Projekt wurde in den Jahren<br />
2009 bis 2010 finanziell und logistisch maßgeblich durch<br />
die <strong>Karg</strong>-Stiftung gefördert und durch die zu ständige Senatsverwaltung<br />
für Bildung, Wissenschaft und Forschung<br />
unterstützt.<br />
Die Qualifizierung der Mitglieder des Arbeitskreises erfolgte<br />
durch acht ganztägige Fortbildungen <strong>im</strong> Rahmen<br />
eines abgest<strong>im</strong>mten spezifischen Curriculums zu hochbega<br />
bungsspezifischen Themen. Des Weiteren wurden in<br />
dem Arbeitskreis, der sich dre<strong>im</strong>al <strong>im</strong> Jahr neben den<br />
Fortbildungstagen zu je dreistündigen Arbeitstreffen verabredete,<br />
Qualitäts- und Verfahrensstandards zur Befunderhebung<br />
diskutiert, entwickelt und etabliert.