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Karg-Heft Nr. 7: Hochbegabten- förderung in der Sekundarstufe

Ergebnisse der PULSS-Studie zur Untersuchung der gymnasialen Begabtenklassen in Bayern und Baden-Württemberg

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Lerngeme<strong>in</strong>schaft<br />

Die Dimension »Lerngeme<strong>in</strong>schaft« bezieht sich darauf, <strong>in</strong><br />

welchem Ausmaß <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Klasse e<strong>in</strong>e gute und am Lernen<br />

orientierte Klassengeme<strong>in</strong>schaft existiert. In e<strong>in</strong>er Klasse<br />

mit ausgeprägter Lerngeme<strong>in</strong>schaft bestehen emotional<br />

positive Beziehungen zwischen den Schüler<strong>in</strong>nen und<br />

Schülern und zugleich e<strong>in</strong>e an Lernen und Leistung orientierte<br />

Grundhaltung. In e<strong>in</strong>er solchen Lernumwelt s<strong>in</strong>d die<br />

Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler mit <strong>der</strong> Schule zufriedener,<br />

beteiligen sich stärker um Unterricht und entwickeln e<strong>in</strong><br />

positives Selbstkonzept, vor allem im sozialen Bereich.<br />

Rivalität und Störung<br />

Die Dimension »Rivalität und Störung« bezieht sich auf<br />

das Ausmaß an konkurrierenden und konflikthaften Beziehungen<br />

<strong>der</strong> Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler untere<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />

sowie auf das Ausmaß an Unterrichtsstörungen. In e<strong>in</strong>er<br />

durch Rivalität und Störung gekennzeichneten Klasse<br />

bestehen häufig negative Beziehungen zwischen den<br />

Schüler<strong>in</strong>nen und Schülern und e<strong>in</strong>e lernfe<strong>in</strong>dliche Grundhaltung.<br />

In e<strong>in</strong>er <strong>der</strong>artigen Klassenumwelt haben die<br />

Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler schlechtere Noten, leiden stärker<br />

unter Stress, beteiligen sich weniger am Unterricht<br />

und erleiden e<strong>in</strong>e Bee<strong>in</strong>trächtigung ihres Fähigkeitsselbstkonzepts<br />

und ihres Selbstwertgefühls.<br />

Gesamtklima<br />

Das Gesamtklima setzt sich aus den vier zuvor beschriebenen<br />

Dimensionen zusammen. Damit werden relevante<br />

Merkmale des Beziehungs- und Interaktionsgeschehens <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Schule beschrieben, wie sie von Schüler<strong>in</strong>nen und<br />

Schülern wahrgenommen werden, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e die Beziehung<br />

zwischen Lehrkräften und Schüler<strong>in</strong>nen und Schülern,<br />

<strong>der</strong>en Beziehung untere<strong>in</strong>an<strong>der</strong>, die Qualität des<br />

Unterrichts und die kollektiven Lernhaltungen <strong>der</strong> Schüler<strong>in</strong>nen<br />

und Schüler.<br />

Die Klimavariablen wurden <strong>in</strong> PULSS zweimal, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Mitte<br />

<strong>der</strong> 5. und <strong>der</strong> Mitte <strong>der</strong> 6. Klasse, erfasst. Im Verlauf über<br />

die Zeit nahm <strong>der</strong> wahrgenommene Sozial- und Leistungsdruck<br />

signifikant ab (<strong>in</strong> den Regelklassen von 97,25 auf<br />

95,23 und <strong>in</strong> den Begabtenklassen von 95,84 auf 94,27).<br />

E<strong>in</strong>e signifikante Verbesserung <strong>der</strong> Werte zeigte sich für<br />

die wahrgenommene Schülerzentriertheit (<strong>in</strong> den Regelklassen<br />

von 95,42 auf 97,68 und <strong>in</strong> den Begabtenklassen<br />

von 98,58 auf 100,10) und auch für den Zusammenhalt<br />

<strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Lerngeme<strong>in</strong>schaft (<strong>in</strong> den Regelklassen von<br />

97,71 auf 99,62 und <strong>in</strong> den Begabtenklassen von 99,50 auf<br />

101,80). H<strong>in</strong>sichtlich Rivalität und Störungen gab es ke<strong>in</strong>e<br />

bedeutsamen Verän<strong>der</strong>ungen über die Zeit (<strong>in</strong> den Regelklassen<br />

von 97,03 auf 97,16 und <strong>in</strong> den Begabtenklassen<br />

von 97,27 auf 95,90). Diese Befunde gelten gleichermaßen<br />

für die Gesamtstichprobe wie für die parallelisierte Stichprobe.<br />

Im Vergleich <strong>der</strong> Klassentypen zeigte sich, dass<br />

Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler <strong>der</strong> Begabtenklassen e<strong>in</strong>e signifikant<br />

größere Schülerzentriertheit sowie signifikant<br />

mehr Zusammenhalt <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Lerngeme<strong>in</strong>schaft erlebten<br />

als diejenigen <strong>der</strong> Regelklassen. Für die überdurchschnittlich<br />

<strong>in</strong>telligenten Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler bei<strong>der</strong><br />

Klassentypen fand sich dieser signifikante Unterschied<br />

zugunsten <strong>der</strong> Begabtenklassen nur noch für die Schülerzentriertheit:<br />

Die Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler aus den Begabtenklassen<br />

erlebten e<strong>in</strong>e größere Schülerzentriertheit<br />

als vergleichbar Intelligente aus den Regelklassen ( ABB. 3).<br />

Zusammengefasst zeigte sich für das Gesamtklima damit<br />

<strong>in</strong> beiden Klassentypen e<strong>in</strong>e signifikante Verbesserung<br />

von <strong>der</strong> Mitte <strong>der</strong> 5. Klasse bis zur Mitte <strong>der</strong> 6. Klasse (<strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Gesamtstichprobe <strong>in</strong> den Regelklassen von 99,97 auf<br />

102,70 und <strong>in</strong> den Begabtenklassen von 102,00 auf 105,10).<br />

Dabei lagen die Werte für die Begabtenklassen stets über<br />

denen <strong>der</strong> Regelklassen. In <strong>der</strong> Gesamtstichprobe war<br />

dieser Unterschied statistisch hoch bedeutsam, <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

parallelisierten Stichprobe verfehlte er das statistische<br />

Signifikanzniveau (p < .05) nur knapp.<br />

ZUSAMMENFASSUNG UND<br />

SCHLUSSFOLGERUNGEN<br />

Sozio-emotionale Merkmale wie e<strong>in</strong>e positive Selbste<strong>in</strong>schätzung<br />

eigener akademischer und sozialer Fähigkeiten<br />

o<strong>der</strong> schulisches Wohlbef<strong>in</strong>den s<strong>in</strong>d Erziehungsziele von<br />

Schule und zugleich Motor für e<strong>in</strong>e positive Gesamt- und<br />

Leistungsentwicklung. Die umfangreichen Befunde zu den<br />

sozio-emotionalen Schülermerkmalen <strong>in</strong> PULSS sollen <strong>in</strong><br />

diesem Abschnitt nun unter drei Leitfragen abschließend<br />

erörtert werden: »Wie sehen sich die Schüler<strong>in</strong>nen und<br />

Schüler selbst?«, »Was bewegt die Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler?«<br />

und »Wie geht es den Schüler<strong>in</strong>nen und Schülern <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Schule?«. Damit s<strong>in</strong>d mit den Bereichen Selbstkonzept,<br />

Motivation und Wohlbef<strong>in</strong>den zentrale Aspekte sozioemotionaler<br />

Schulerfahrungen abgebildet.<br />

Wie sehen sich die Schüler<strong>in</strong>nen<br />

und Schüler selbst?<br />

Auch <strong>in</strong> PULSS fanden wir den für die <strong>Sekundarstufe</strong> I typischen<br />

Befund, dass sich die Selbste<strong>in</strong>schätzungen <strong>der</strong><br />

Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler etwas verschlechterten. So fiel<br />

<strong>der</strong> allgeme<strong>in</strong>e Selbstwert über die Zeit leicht ab, die Werte<br />

blieben jedoch <strong>in</strong>sgesamt im oberen Bereich und die<br />

Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler bei<strong>der</strong> Klassentypen berichteten<br />

<strong>in</strong>sgesamt e<strong>in</strong> hohes Selbstwertgefühl. Es zeigten sich

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