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Karg-Heft Nr. 7: Hochbegabten- förderung in der Sekundarstufe

Ergebnisse der PULSS-Studie zur Untersuchung der gymnasialen Begabtenklassen in Bayern und Baden-Württemberg

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5. Die sozio-emotionale Entwicklung <strong>in</strong> den Begabtenklassen und ihren Parallelklassen<br />

59<br />

regulation nahmen über die Zeit <strong>in</strong> beiden Klassentypen<br />

signifikant ab (Anstrengungsbereitschaft <strong>in</strong> den Regelklassen<br />

von 4,17 auf 3,80 und <strong>in</strong> den Begabtenklassen von 4,20<br />

auf 3,86; Konzentrationsfähigkeit <strong>in</strong> den Regelklassen von<br />

3,61 auf 3,46 und <strong>in</strong> den Begabtenklassen von 3,83 auf<br />

3,63; Fähigkeit zur Zielverfolgung <strong>in</strong> den Regelklassen von<br />

3,79 auf 3,61 und <strong>in</strong> den Begabtenklassen von 4,05 auf<br />

3,85). Im Durchschnitt gab es jedoch bedeutsame Unterschiede<br />

zwischen den Klassentypen: Die Schüler<strong>in</strong>nen<br />

und Schüler <strong>in</strong> den Begabtenklassen zeichneten sich<br />

durch e<strong>in</strong>e größere Anstrengungsbereitschaft, höhere<br />

Konzentrationsfähigkeit sowie größere Fähigkeit zur Zielverfolgung<br />

aus (alle Unterschiede waren signifikant). Darüber<br />

h<strong>in</strong>aus zeigte sich, dass die Fähigkeit zur Zielverfolgung<br />

<strong>in</strong> den Regelklassen signifikant abnahm, während sie<br />

<strong>in</strong> den Begabtenklassen relativ stabil blieb. Diese Unterschiede<br />

zeigten sich aber nur im Vergleich <strong>der</strong> Klassentypen<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Gesamtstichprobe. Für die parallelisierte<br />

Stichprobe, also im Vergleich <strong>der</strong> überdurchschnittlich<br />

<strong>in</strong>telligenten Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler <strong>in</strong> beiden Klassentypen,<br />

fanden sich ke<strong>in</strong>e signifikanten Unterschiede mehr.<br />

Die Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler <strong>in</strong> den Begabtenklassen<br />

zeichneten sich durch e<strong>in</strong>e größere<br />

Anstrengungsbereitschaft, höhere Konzentrationsfähigkeit<br />

sowie größere Fähigkeit zur<br />

Zielverfolgung aus.<br />

SCHUL- UND KLASSENKLIMA<br />

Nur wenige Studien haben die Beurteilung des Schul- und<br />

Klassenklimas durch hochbegabte Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler<br />

<strong>in</strong> Begabtenklassen und durch solche <strong>in</strong> Regelklassen<br />

systematisch untersucht (ZEIDNER/SCHLEYER 1999A; ZEIDNER/<br />

SCHLEYER 1999B). E<strong>in</strong> gutes Klassenklima trägt zu besseren<br />

Schulleistungen, e<strong>in</strong>er positiveren E<strong>in</strong>stellung gegenüber<br />

<strong>der</strong> Schule, e<strong>in</strong>er erhöhten Beteiligung im Unterricht sowie<br />

ger<strong>in</strong>gerem Störverhalten bei. Demgegenüber kann<br />

e<strong>in</strong> stark wettbewerbsorientiertes Schulklima Stress bei<br />

den Schüler<strong>in</strong>nen und Schülern verursachen (AMES 1992).<br />

Gute Beziehungen zu Mitschülern sowie Akzeptanz <strong>in</strong>nerhalb<br />

<strong>der</strong> Klasse gehen mit e<strong>in</strong>er positiven E<strong>in</strong>stellung zur<br />

Schule, guten Leistungen und Schulerfolg e<strong>in</strong>her (PATRICK/<br />

ANDERMAN/RYAN 2002). In PULSS haben wir vier verschiedene<br />

Bereiche des Klassenklimas sowie e<strong>in</strong>en Gesamtklimawert<br />

erfasst. Bei <strong>der</strong>en Beschreibung orientieren wir uns eng<br />

am Handbuch des e<strong>in</strong>gesetzten L<strong>in</strong>zer Fragebogens zum<br />

Schul- und Klassenklima (EDER/MAYR 2000).<br />

Sozial- und Leistungsdruck<br />

Die Dimension »Sozial- und Leistungsdruck« umfasst die<br />

von den Lehrkräften und vom Schulsystem ausgehenden<br />

e<strong>in</strong>schränkenden, hemmenden, belastenden Faktoren <strong>der</strong><br />

schulischen Umwelt, die auf die Realisierung <strong>in</strong>stitutioneller<br />

(Leistungs-)Erwartungen und die persönliche Durchsetzung<br />

gegenüber den Schüler<strong>in</strong>nen und Schülern ausgerichtet<br />

s<strong>in</strong>d und von diesen vor allem Anpassung und<br />

Unterordnung erfor<strong>der</strong>n. Hohe Werte beschreiben e<strong>in</strong>e<br />

Umwelt, die charakterisierbar ist durch hohe quantitative<br />

Leistungsanfor<strong>der</strong>ungen, e<strong>in</strong> zu hohes Vermittlungstempo<br />

im Unterricht, fehlende Mitsprache und daraus resultierende<br />

Ohnmachtsgefühle, Bevorzugung beziehungsweise<br />

Benachteiligung bei <strong>der</strong> Leistungsbeurteilung und häufige<br />

konkurrenzför<strong>der</strong>nde Vergleiche zwischen den Schüler<strong>in</strong>nen<br />

und Schülern. E<strong>in</strong>e so beschaffene Lernumwelt <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Schule wirkt sich ungünstig auf das Leistungs- und Arbeitsverhalten<br />

aus, führt zu e<strong>in</strong>em nicht kooperativen<br />

Mitarbeitsverhalten im Unterricht, verursacht <strong>in</strong> hohem<br />

Ausmaß psychische Belastungen (Schulangst, Schulstress,<br />

depressive Verstimmungen, psychovegetative Beschwerden)<br />

und führt zu e<strong>in</strong>er massiven Bee<strong>in</strong>trächtigung <strong>der</strong><br />

Zufriedenheit mit <strong>der</strong> Schule.<br />

Schülerzentriertheit<br />

Die Dimension »Schülerzentriertheit« bündelt die von<br />

den Lehrkräften ausgehenden för<strong>der</strong>nden und die Schüler<strong>in</strong>nen<br />

und Schüler <strong>in</strong> den schulischen Interaktionsprozess<br />

e<strong>in</strong>beziehenden Elemente <strong>der</strong> schulischen Umwelt. Sie<br />

betreffen vor allem die Qualität <strong>der</strong> persönlichen und <strong>der</strong><br />

unterrichtlichen Kommunikation zwischen Schüler<strong>in</strong>nen<br />

und Schülern und Lehrkräften. E<strong>in</strong> hohes Ausmaß charakterisiert<br />

e<strong>in</strong>e hoch lernför<strong>der</strong>liche schulische Umwelt, die<br />

vor allem durch die positiven Beziehungen zwischen<br />

Lehrkräften und Schüler<strong>in</strong>nen und Schülern und durch<br />

Lernprozesse gekennzeichnet ist, die nicht primär an <strong>der</strong><br />

(bloßen) Vermittlung, son<strong>der</strong>n am Aneignungs- und Verarbeitungsprozess<br />

<strong>der</strong> Adressaten orientiert s<strong>in</strong>d. E<strong>in</strong>e so<br />

beschaffene Lernumwelt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Klasse wirkt sich <strong>in</strong> vielen<br />

Bereichen positiv auf das Erleben, das Verhalten und die<br />

Entwicklung <strong>der</strong> Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler aus: Sie för<strong>der</strong>t<br />

die Leistung, begünstigt die Beteiligung im Unterricht,<br />

führt zu hoher Zufriedenheit mit <strong>der</strong> Schule und zur Aufrechterhaltung<br />

schultypischer Interessen. Längerfristig<br />

s<strong>in</strong>d auch E<strong>in</strong>flüsse auf die Entwicklung e<strong>in</strong>es positiven<br />

Selbstkonzepts nachweisbar. Hohe Schülerzentriertheit<br />

kann – aufgrund des damit verbundenen verstärkten<br />

Engagements im Unterricht – allerd<strong>in</strong>gs auch mit Belastungen<br />

für die Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler verbunden se<strong>in</strong>.

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