Karg-Heft Nr. 7: Hochbegabten- förderung in der Sekundarstufe
Ergebnisse der PULSS-Studie zur Untersuchung der gymnasialen Begabtenklassen in Bayern und Baden-Württemberg
Ergebnisse der PULSS-Studie zur Untersuchung der gymnasialen Begabtenklassen in Bayern und Baden-Württemberg
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ENRICHMENTMASSNAHMEN<br />
Neben <strong>der</strong> Akzeleration s<strong>in</strong>d für Hochbegabte <strong>in</strong>nerhalb<br />
<strong>der</strong> letzten Jahrzehnte e<strong>in</strong>e Reihe von Enrichmentmaßnahmen<br />
entwickelt worden. Enrichment umfasst die Anreicherung<br />
des Curriculums und die Bearbeitung vertiefen<strong>der</strong><br />
Lernmaterialien. Dies kann <strong>in</strong> unterschiedlichen<br />
För<strong>der</strong>kontexten erfolgen: <strong>in</strong>nerhalb des regulären Unterrichts<br />
im Rahmen <strong>in</strong>nerer Differenzierung, <strong>in</strong> mehrwöchigen<br />
Sommerkursen und Schülerakademien o<strong>der</strong> <strong>in</strong> vorübergehend<br />
separierenden (»pull-out«-)Maßnahmen, bei<br />
denen beson<strong>der</strong>s befähigte Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler aus<br />
dem Klassenverband herausgenommen werden, um anspruchsvolle<br />
Enrichmentkurse zu besuchen. Das Ziel aller<br />
dieser Maßnahmen besteht dar<strong>in</strong>, den regulären Unterricht<br />
durch <strong>in</strong>haltlich und didaktisch angereicherte Lernangebote<br />
zu ergänzen. In <strong>in</strong>ternationalen wie auch nationalen<br />
Studien zu Enrichmentprogrammen wird immer<br />
wie<strong>der</strong> erwähnt, dass es für den Erfolg <strong>der</strong> Maßnahmen<br />
entscheidend ist, wie gut die Lernangebote tatsächlich<br />
dazu geeignet s<strong>in</strong>d, die betroffenen Schüler<strong>in</strong>nen und<br />
Schüler <strong>in</strong> ihrer <strong>in</strong>tellektuellen und persönlichen Entwicklung<br />
zu för<strong>der</strong>n, und wie gut sie zu <strong>der</strong>en Lernbedürfnissen<br />
passen (PRECKEL/VOCK 2013).<br />
dass Schülerakademien und Sommerprogramme geeignete<br />
Maßnahmen zur För<strong>der</strong>ung beson<strong>der</strong>s begabter<br />
Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler darstellen, die sich nicht nur<br />
günstig auf die Leistungsentwicklung, son<strong>der</strong>n auch positiv<br />
auf die Lernmotivation und die sozio-emotionale Entwicklung<br />
auswirken.<br />
Befunde zum Frühstudium, e<strong>in</strong>er Pull-out-Maßnahme, die<br />
es Schülern ermöglicht, ausgewählte Veranstaltungen e<strong>in</strong>es<br />
Studienfachs <strong>der</strong> Universität zu besuchen, belegen ebenfalls<br />
überwie gend positive Effekte (SOLZBACHER 2008; STUMPF<br />
2011). Das Frühstudium wird <strong>in</strong> Deutschland mittlerweile<br />
von mehr als 50 Hochschulen angeboten und von durchschnittlich<br />
17- bis 18-jährigen Frühstudierenden mit hoher<br />
Zufriedenheit genutzt. Voraussetzung für die Teilnahme<br />
am Früh studium ist an den meisten Standorten e<strong>in</strong> sehr<br />
guter Notendurchschnitt, e<strong>in</strong>e gute Arbeitshaltung und<br />
die Fähigkeit zum selbstständigen Lernen. Es gel<strong>in</strong>gt den<br />
Frühstu die ren den <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel ausgesprochen gut, das<br />
schulische Leistungsniveau trotz <strong>der</strong> teilweise erheblichen<br />
Doppelbelastung stabil zu halten, und sie erzielen im universitären<br />
Bereich teilweise erstaunlich gute Ergebnisse<br />
(STUMPF/SCHNEIDER 2008).<br />
In Studien zu Enrichmentprogrammen wird<br />
immer wie<strong>der</strong> erwähnt, dass es für den Erfolg<br />
<strong>der</strong> Maßnahmen entscheidend ist, wie gut die<br />
Lernangebote dazu geeignet s<strong>in</strong>d, die betroffenen<br />
Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler <strong>in</strong> ihrer <strong>in</strong>tellektuellen<br />
und persönlichen Entwicklung zu<br />
för<strong>der</strong>n, und wie gut sie zu <strong>der</strong>en Lernbedürfnissen<br />
passen.<br />
Obwohl schulische För<strong>der</strong>programme für Hochbegabte<br />
häufig auf expliziten Enrichmentmodellen basieren, ist<br />
die Anzahl systematischer und methodisch angemessener<br />
Evaluationsstudien <strong>in</strong>sgesamt ger<strong>in</strong>ger als die zu Effekten<br />
von Akzelerationsmaßnahmen. Aufgrund <strong>der</strong> Vielzahl an<br />
angebotenen Programmen fällt es auch nicht leicht, zu<br />
e<strong>in</strong>er abschließenden Bewertung zu kommen. Die schon<br />
erwähnte Metaanalyse von HATTIE (2009) gibt für Enrichmentprogramme<br />
im Vergleich zu Akzelerationsmaßnahmen<br />
e<strong>in</strong>e deutlich niedrigere Effektstärke an (d = .39).<br />
Dennoch überwiegen die positiven Befunde für schulische<br />
Leistungen im H<strong>in</strong>blick auf die sozio-emotionale Entwicklung,<br />
und dies sowohl <strong>in</strong> <strong>in</strong>ternationalen als auch nationalen<br />
Studien (VOCK/PRECKEL/HOLLING 2007). Aufgrund <strong>der</strong><br />
vorliegenden Ergebnisse kann davon ausgegangen werden,<br />
KOMBINIERTE AKZELERATIONS- UND<br />
ENRICHMENTMASSNAHMEN:<br />
DAS KONZEPT DER BEGABTENKLASSEN<br />
Integration versus Segregation<br />
Im Kontext <strong>der</strong> <strong>Hochbegabten</strong><strong>för<strong>der</strong>ung</strong> ist mit Integration<br />
e<strong>in</strong>e schulische Ausbildung Hochbegabter <strong>in</strong>nerhalb<br />
des regulären und damit fähigkeitsheterogenen Klassenverbands<br />
geme<strong>in</strong>t. Unter Segregation werden demgegenüber<br />
unterschiedliche Maßnahmen zusammengefasst,<br />
bei denen Hochbegabte <strong>in</strong> fähigkeitshomogeneren Gruppen<br />
unterrichtet werden. Dies kann zum Beispiel zu Beg<strong>in</strong>n<br />
<strong>der</strong> Gymnasialstufe <strong>in</strong> Form von För<strong>der</strong>- bzw. Modellklassen<br />
erfolgen. Da sich die vorgelegte Studie mit den<br />
Ergebnissen <strong>der</strong> Evaluation e<strong>in</strong>es solchen Modellversuchs<br />
ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzt, wird diese Thematik beson<strong>der</strong>s ausführlich<br />
dargestellt.<br />
Während im Grundschulbereich überwiegend Enrichmentmaßnahmen<br />
im S<strong>in</strong>ne <strong>in</strong>tegrativer För<strong>der</strong>ung im Klassenverband<br />
beobachtet werden, f<strong>in</strong>den sich Fähigkeits gruppierungen<br />
im S<strong>in</strong>ne von För<strong>der</strong>klassen für Hoch begabte<br />
zumeist am Gymnasium (BUCH/SPARFELDT/ROST 2014). Unter<br />
Fähigkeitsgruppierung fallen alle Maßnahmen, bei denen<br />
Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler <strong>in</strong> fähigkeitshomogeneren<br />
Gruppen unterrichtet werden, die sich deutlich <strong>in</strong> den für<br />
das schulische Lernen relevanten Charakteristika unterscheiden<br />
(KULIK/KULIK 1997). Diese Unterschiede be<strong>in</strong>halten<br />
zum Beispiel Stoff<strong>in</strong>halt und -menge, Instruktionstempo,