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Karg-Heft Nr. 7: Hochbegabten- förderung in der Sekundarstufe

Ergebnisse der PULSS-Studie zur Untersuchung der gymnasialen Begabtenklassen in Bayern und Baden-Württemberg

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14<br />

ENRICHMENTMASSNAHMEN<br />

Neben <strong>der</strong> Akzeleration s<strong>in</strong>d für Hochbegabte <strong>in</strong>nerhalb<br />

<strong>der</strong> letzten Jahrzehnte e<strong>in</strong>e Reihe von Enrichmentmaßnahmen<br />

entwickelt worden. Enrichment umfasst die Anreicherung<br />

des Curriculums und die Bearbeitung vertiefen<strong>der</strong><br />

Lernmaterialien. Dies kann <strong>in</strong> unterschiedlichen<br />

För<strong>der</strong>kontexten erfolgen: <strong>in</strong>nerhalb des regulären Unterrichts<br />

im Rahmen <strong>in</strong>nerer Differenzierung, <strong>in</strong> mehrwöchigen<br />

Sommerkursen und Schülerakademien o<strong>der</strong> <strong>in</strong> vorübergehend<br />

separierenden (»pull-out«-)Maßnahmen, bei<br />

denen beson<strong>der</strong>s befähigte Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler aus<br />

dem Klassenverband herausgenommen werden, um anspruchsvolle<br />

Enrichmentkurse zu besuchen. Das Ziel aller<br />

dieser Maßnahmen besteht dar<strong>in</strong>, den regulären Unterricht<br />

durch <strong>in</strong>haltlich und didaktisch angereicherte Lernangebote<br />

zu ergänzen. In <strong>in</strong>ternationalen wie auch nationalen<br />

Studien zu Enrichmentprogrammen wird immer<br />

wie<strong>der</strong> erwähnt, dass es für den Erfolg <strong>der</strong> Maßnahmen<br />

entscheidend ist, wie gut die Lernangebote tatsächlich<br />

dazu geeignet s<strong>in</strong>d, die betroffenen Schüler<strong>in</strong>nen und<br />

Schüler <strong>in</strong> ihrer <strong>in</strong>tellektuellen und persönlichen Entwicklung<br />

zu för<strong>der</strong>n, und wie gut sie zu <strong>der</strong>en Lernbedürfnissen<br />

passen (PRECKEL/VOCK 2013).<br />

dass Schülerakademien und Sommerprogramme geeignete<br />

Maßnahmen zur För<strong>der</strong>ung beson<strong>der</strong>s begabter<br />

Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler darstellen, die sich nicht nur<br />

günstig auf die Leistungsentwicklung, son<strong>der</strong>n auch positiv<br />

auf die Lernmotivation und die sozio-emotionale Entwicklung<br />

auswirken.<br />

Befunde zum Frühstudium, e<strong>in</strong>er Pull-out-Maßnahme, die<br />

es Schülern ermöglicht, ausgewählte Veranstaltungen e<strong>in</strong>es<br />

Studienfachs <strong>der</strong> Universität zu besuchen, belegen ebenfalls<br />

überwie gend positive Effekte (SOLZBACHER 2008; STUMPF<br />

2011). Das Frühstudium wird <strong>in</strong> Deutschland mittlerweile<br />

von mehr als 50 Hochschulen angeboten und von durchschnittlich<br />

17- bis 18-jährigen Frühstudierenden mit hoher<br />

Zufriedenheit genutzt. Voraussetzung für die Teilnahme<br />

am Früh studium ist an den meisten Standorten e<strong>in</strong> sehr<br />

guter Notendurchschnitt, e<strong>in</strong>e gute Arbeitshaltung und<br />

die Fähigkeit zum selbstständigen Lernen. Es gel<strong>in</strong>gt den<br />

Frühstu die ren den <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel ausgesprochen gut, das<br />

schulische Leistungsniveau trotz <strong>der</strong> teilweise erheblichen<br />

Doppelbelastung stabil zu halten, und sie erzielen im universitären<br />

Bereich teilweise erstaunlich gute Ergebnisse<br />

(STUMPF/SCHNEIDER 2008).<br />

In Studien zu Enrichmentprogrammen wird<br />

immer wie<strong>der</strong> erwähnt, dass es für den Erfolg<br />

<strong>der</strong> Maßnahmen entscheidend ist, wie gut die<br />

Lernangebote dazu geeignet s<strong>in</strong>d, die betroffenen<br />

Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler <strong>in</strong> ihrer <strong>in</strong>tellektuellen<br />

und persönlichen Entwicklung zu<br />

för<strong>der</strong>n, und wie gut sie zu <strong>der</strong>en Lernbedürfnissen<br />

passen.<br />

Obwohl schulische För<strong>der</strong>programme für Hochbegabte<br />

häufig auf expliziten Enrichmentmodellen basieren, ist<br />

die Anzahl systematischer und methodisch angemessener<br />

Evaluationsstudien <strong>in</strong>sgesamt ger<strong>in</strong>ger als die zu Effekten<br />

von Akzelerationsmaßnahmen. Aufgrund <strong>der</strong> Vielzahl an<br />

angebotenen Programmen fällt es auch nicht leicht, zu<br />

e<strong>in</strong>er abschließenden Bewertung zu kommen. Die schon<br />

erwähnte Metaanalyse von HATTIE (2009) gibt für Enrichmentprogramme<br />

im Vergleich zu Akzelerationsmaßnahmen<br />

e<strong>in</strong>e deutlich niedrigere Effektstärke an (d = .39).<br />

Dennoch überwiegen die positiven Befunde für schulische<br />

Leistungen im H<strong>in</strong>blick auf die sozio-emotionale Entwicklung,<br />

und dies sowohl <strong>in</strong> <strong>in</strong>ternationalen als auch nationalen<br />

Studien (VOCK/PRECKEL/HOLLING 2007). Aufgrund <strong>der</strong><br />

vorliegenden Ergebnisse kann davon ausgegangen werden,<br />

KOMBINIERTE AKZELERATIONS- UND<br />

ENRICHMENTMASSNAHMEN:<br />

DAS KONZEPT DER BEGABTENKLASSEN<br />

Integration versus Segregation<br />

Im Kontext <strong>der</strong> <strong>Hochbegabten</strong><strong>för<strong>der</strong>ung</strong> ist mit Integration<br />

e<strong>in</strong>e schulische Ausbildung Hochbegabter <strong>in</strong>nerhalb<br />

des regulären und damit fähigkeitsheterogenen Klassenverbands<br />

geme<strong>in</strong>t. Unter Segregation werden demgegenüber<br />

unterschiedliche Maßnahmen zusammengefasst,<br />

bei denen Hochbegabte <strong>in</strong> fähigkeitshomogeneren Gruppen<br />

unterrichtet werden. Dies kann zum Beispiel zu Beg<strong>in</strong>n<br />

<strong>der</strong> Gymnasialstufe <strong>in</strong> Form von För<strong>der</strong>- bzw. Modellklassen<br />

erfolgen. Da sich die vorgelegte Studie mit den<br />

Ergebnissen <strong>der</strong> Evaluation e<strong>in</strong>es solchen Modellversuchs<br />

ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzt, wird diese Thematik beson<strong>der</strong>s ausführlich<br />

dargestellt.<br />

Während im Grundschulbereich überwiegend Enrichmentmaßnahmen<br />

im S<strong>in</strong>ne <strong>in</strong>tegrativer För<strong>der</strong>ung im Klassenverband<br />

beobachtet werden, f<strong>in</strong>den sich Fähigkeits gruppierungen<br />

im S<strong>in</strong>ne von För<strong>der</strong>klassen für Hoch begabte<br />

zumeist am Gymnasium (BUCH/SPARFELDT/ROST 2014). Unter<br />

Fähigkeitsgruppierung fallen alle Maßnahmen, bei denen<br />

Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler <strong>in</strong> fähigkeitshomogeneren<br />

Gruppen unterrichtet werden, die sich deutlich <strong>in</strong> den für<br />

das schulische Lernen relevanten Charakteristika unterscheiden<br />

(KULIK/KULIK 1997). Diese Unterschiede be<strong>in</strong>halten<br />

zum Beispiel Stoff<strong>in</strong>halt und -menge, Instruktionstempo,

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