Hochgefühle 01 2021
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Seite 22<br />
HOCHGEFÜHLE – DAS MAGAZIN DES KLAGENFURTER ALPENVEREINS<br />
Faszination Weitwandern mit Harald Krassnitzer<br />
Vom Großglockner ans Meer<br />
Als Teil der Filmcrew für eine „Land der Berge“-Dokumentation mit Harald Krassnitzer habe ich zahlreiche<br />
Einblicke und Eindrücke aus einer mir bis dahin verborgenen und faszinierenden Welt des Weitwanderns gewonnen,<br />
die ich gerne mit unseren Lesern teile.<br />
Wie alles begann …<br />
Im Spätsommer 2020 erhalte ich das unerwartete<br />
Angebot, an einer österreichischen Filmproduktion<br />
mitzuarbeiten. Ein Filmteam begleitet einen der wohl<br />
erfolgreichsten Schauspieler Österreichs vom Großglockner<br />
bis ans Meer. So kam es, dass ich mich zwei<br />
Wochen später nicht nur das erste Mal oberhalb der<br />
Pasterze des Großglockners, auf der Franz-Josef-Höhe<br />
wiederfand, sondern auch als Produktionsleiterin<br />
mitten am Set zu den Dreharbeiten einer zweiteiligen<br />
Filmdokumentation – und somit auf dem Ausgangspunkt<br />
eines der wohl schönsten Weitwanderwege<br />
Europas, dem Alpen-Adria-Trail.<br />
„Zwei Bitten habe ich, wenn‘s euch nix ausmacht:<br />
Drehbeginn ganz in der Früh wäre mir lieb und wir<br />
drehen bei jedem Wetter, damit es auch real ist - so<br />
wie es eben auch all jene erleben, die sich auf den<br />
Weg machen“, so Harald, der als Host durch die Dokumentation<br />
führt und mit uns in die faszinierende<br />
Welt des Weitwanderns eintaucht. Am letzten Montag<br />
im August um 7.00 Uhr startet unser Filmtross in Heiligenblut<br />
bei leichtem Nieselregen zum ersten Drehort<br />
Richtung Franz-Josef-Höhe.<br />
8.30 Uhr: Drehbeginn auf 2.369 Höhenmeter. Es<br />
regnet und hat gefühlte Null Grad. Das Wetter kann<br />
man sich nicht aussuchen. Beim Wandern nicht und<br />
beim Filmen erst recht nicht. Harald Krassnitzer sitzt<br />
auf einer Bank, im Hintergrund ist der Großglockner<br />
zu sehen. Er bindet die Wanderschuhe zu, schultert<br />
den Rucksack und geht ein paar Stufen hinunter<br />
zur Pasterze, dem Startpunkt des Trails: „Ferien in<br />
der Ferne oder Ferien in der Nähe? Berge, Flüsse,<br />
Wälder, Seen, verträumte Ortschaften und schließlich<br />
das Meer, all das kann man verbinden mit Wandern.<br />
Oder genauer gesagt, mit Weitwandern.“ So die erste<br />
Szene am 750 Kilometer langen grenzüberschreitenden<br />
Weitwanderweg, den wir die nächsten 7 Tage mit<br />
schwerem Equipment bewältigen sollten.<br />
Faszination Weitwandern<br />
Wir wollen in den beiden Filmen nicht nur den Weg<br />
an sich und die sich stetig verändernde Landschaft<br />
zeigen, sondern auch der Frage nachgehen, warum<br />
Weitwandern für so viele Menschen eine immer wichtigere<br />
Art der sportlichen Betätigung und des Urlaubes<br />
ist. 750 Kilometer sind ein ordentlicher „Brocken“.<br />
Was ist daran so faszinierend? Wie also muss<br />
ich mich darauf vorbereiten? Warum tue ich mir das<br />
an? Welche Möglichkeiten habe ich auf dem Weg?<br />
Was macht Weitwandern mit den Menschen? Um das<br />
herauszufinden, machen auch wir uns auf den Weg.<br />
Unterwegs treffen wir immer wieder auf Weitwanderer<br />
und auch Wanderführer wie Annemarie Höfferer<br />
aus Klagenfurt, die Harald und unser Kamerateam<br />
ein Stück des Weges begleiten. Bereitwillig erzählen<br />
sie uns von ihren Eindrücken und Abenteuern, was<br />
sie motiviert und am Weitwandern fasziniert: Die<br />
Gründe, warum sich jemand auf den Weg macht,<br />
sind individuell. Allen gemeinsam jedoch sind erlebte<br />
„Entschleunigung“ und eine besondere Achtsamkeit<br />
für das, was gerade ist. Es entsteht ein Flow, der es<br />
zulässt, die Natur besonders intensiv wahrzunehmen.<br />
Die Entdeckungen am Weg<br />
Der grenzüberschreitende Weitwanderweg verbindet<br />
nicht nur die drei Regionen Kärnten, Slowenien und<br />
Friaul-Julisch Venetien, sondern auch die Menschen<br />
und deren Kulturen. Er vereint die Freude an der guten<br />
Küche und edlen Tropfen mit einer üppigen, vielseitigen<br />
und einladenden Natur sowie einer tausendjährigen<br />
Geschichte, einer Vielzahl von Sprachen und<br />
Traditionen und ist Heimat bedeutender Kunstschätze.<br />
Je länger unser Weg dauert, umso tiefer tauchen<br />
wir ein in eine Welt fernab des hektischen Alltags.<br />
In einer Region, in der es möglich ist, innerhalb von<br />
wenigen Tagen von der Bewunderung majestätischer<br />
Gipfel und den wohl schönsten Seen und Flüssen<br />
Europas zum sanften Panorama der endlosen, weich<br />
geschwungenen, mit Weinbergen bedeckten Hügel,<br />
zur Betrachtung des Meereshorizontes zu wechseln.<br />
Auch wir kommen in einen Flow, genießen die Arbeit<br />
in einer atemberaubenden, sich ständig ändernden<br />
Landschaft mit ihren reichen Naturschätzen und die<br />
Gastfreundschaft der Menschen. Die Ursprünglichkeit<br />
und die Achtung ihrer Wurzeln sind der Stolz der BewohnerInnen<br />
dieser Regionen und ihr größter Schatz.<br />
Das dürfen auch wir mit großer Dankbarkeit entdecken<br />
und mit der Kamera „einfangen“.<br />
Schließlich sind wir am Ziel, im Küstengebiet von<br />
Triest, angelangt. Während wir den Duft des Mittelmeers<br />
inhalieren, genießen wir einen Cappuccino in<br />
einem der zahlreichen kleinen Cafés der Hafenstadt<br />
Muggia, der letzten Etappe. Hier enden der Film und<br />
gemeinsame Weg mit Harald Krassnitzer, einer der<br />
wohl außergewöhnlichsten und bescheidensten Persönlichkeiten,<br />
die ich je kennenlernen durfte.<br />
Bericht und Fotos: Sandra Pollak<br />
Land der Berge<br />
Sendetermine: 21. und 28. April <strong>2021</strong><br />
ORF III