FRANKREICH LO I R E Boulay „SIBYLLE“ SANCERRE, ROSÉ 2019 Kraftvoller Rosé aus Pinot Noir FLO070419 „Sibylle“ Sancerre, rosé 2019 PK 13,5% Vol. 26,53 €/l 19,90 € 93 Punkte VINOUS Wenn ein Wein aus Sancerre rot ist, dann weil Pinot Noir in ihm steckt. Neben dem Sauvignon Blanc gedeihen hier auf den kalkhaltigen Lagen mit Lehm geniale Pinot Noirs, die vor einigen Jahrzehnten noch speziell in kühlen Jahren als eher „flachbrüstig“ beschrieben wurden, im Zuge der Klimaerwärmung aber richtig aufblühen, sodass sich immer mehr Spitzenwinzer dieser Rebsorte widmen. Altmeister Gérard Boulay keltert jedenfalls schon seit Jahren einen herrlichen Rosé aus seiner südöstlich orientierten Parzelle in Chavignol. Sie umfasst lediglich ein Dreiviertelhektar, umso seltener findet man diese Preziose im Ausland. Wir sind stolz diesen Wein nun anbieten zu können. Die handgelesenen Pinot-Noir-Trauben reifen nach kurzer Mazeration einige Monate in cuves (Betontanks) und dann anschließend für kurze Zeit in gebrauchten Barriques. Das Ergebnis ist ein glänzend apricotfarbener Sancerre-Rosé. Er duftet angenehm frisch und gletschrig kühl aus dem Glas. Man findet etwas Himbeeren, auch Johannisbeeren. Insgesamt bleibt der Rosé aber eher zurückhaltend, um sich dann ganz am Gaumen zu entfalten. Denn hier zeigt er sich aromatisch und kraftvoll. Reife Pampelmusen, eingelegte Herzkirschen und Himbeeren bilden den Fruchtdreiklang neben einem Hauch Anis, dabei von wunderbar seidiger Textur. Das ist ein durchaus seriöser, tiefgründiger Wein (die Pool- Partys sollen andere übernehmen), der viel vom Terroir Sancerres widerspiegelt und dabei als genialer Essensbegleiter für Frühlingssalate (natürlich mit Crottin de Chavignol, dem Ziegenweichkäse aus demselben Ort), leichte Fischgerichte oder Ratatouille-Tartes. Boulays Sancerre-Rosé „Sibylle“ trinkt sich – gut gekühlt – wunderbar über 2–3 Jahre. „TRADITION“ SANCERRE, BLANC 2019 Einstieg in die faszinierende Welt der Weine von Gérard Boulay aus Chavignol. FLO070119 „Tradition“ Sancerre, blanc 2019 13,5% Vol. 31,33 €/l 23,50 € Weine wie der Sancerre „Tradition“ von Gérard Boulay gehören zu den großen Errungenschaften der Weinkultur. Boulay steht wie kaum ein anderer für einen Weinstil, der einen unvergleichlichen Höhenflug erlebt hat. Noch in den frühen 1960er-Jahren gab es gerade einmal sechs Winzer in der gesamten Region, die ihre Weine über die Region Paris hinaus verkauften. Doch irgendwann explodierte dann die Nachfrage nach diesen Sancerres, die Winzer von einem Kaliber eines Gérard Boulays in beeindruckender Form verfeinert haben. Das Zentrum dieses Geschehens, so glauben die meisten, müsse Sancerre sein – zumindest heißt die Appellation ja so. Doch das wahre Zentrum ist Chavignol. Von dort kommt nicht nur der gleichnamige Ziegenkäse her (ein Grund, weshalb der Wein nicht nach dem Ort benannt ist – die Verwechslungsgefahr scheint zu groß), hier finden sich auch einige der besten Weinberge. Dazu gehört nicht zuletzt „Les Monts Damnés“, einer der berühmtesten der gesamten Loire und einer der wenigen, bei dem man tatsächlich von „Berg“ sprechen kann. Gérard Boulays „Tradition“ stammt von rund 30 unterschiedlichen Parzellen, die mit mindestens 35 Jahre alten Sauvignon-Blanc-Reben bestockt sind. Sie wurzeln in einem besonderen weißen Muschelkalk, den terres blanches sowie in den caillottes, lehmigen und mit Kalkschotter durchsetzten Böden, die dort ebenso zu finden sind. Neben recht flachen Lagen werden auch ein paar jüngere Parzellen in „Les Monts Damnés“ sowie aus Les Culs de Beaujeu verwendet. Bei Gérard Boulay werden die Weine langsam mit einer pneumatischen Presse abgepresst und dann spontan vergoren – in diesem Fall im Edelstahl. Dort wird der Wein auch zu 90 % ausgebaut. Rund 10 % kommen ins neutrale gebrauchte Holzfass. Was wir bei Boulays Gutswein – wenn man ihn denn so nennen will – beobachten können, ist eine besondere Art von Finesse und Textur sowie steinige, erdige und salzige Mineralität. Sie hat diesen bescheidenen Winzer zu einem der angesehensten in ganz Frankreich gemacht. Die intensiven Aromen von Limette, Zitronenschalen und -kernen, weißen Blumen und reifem Steinobst stehen für sich und sind am Gaumen mit ihrer Struktur, Säure und cremigen Textur eigentlich nur mit sehr guten Nahe-Rieslingen zu vergleichen – auch wenn die Aromatik natürlich eine andere ist. Hier findet man viel mehr Kräuter, weißen Johannisbeeren und auch Stachelbeeren in einer reifen und niemals lauten Art. Aber nachhaltig ist der „Tradition“ am Gaumen: lang und durchdrungen von dieser (wir lieben das!) einzigartig kreidig-staubigen und gleichzeitig salzigen Mineralität. Ein famoser Einstieg in Boulays Welt – ungezwungen und heiter und dabei doch so komplex und tiefgründig. Dieser Sancerre ist jetzt bis mindestens 2027 zu genießen. 64 PINWAND °<strong>320</strong> | März 2021
Boulay LOIRE FRANKREICH 65