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GLASWELT Sonderheft Montagepraxis 2019

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<strong>Montagepraxis</strong><br />

Planung<br />

Im IntervIew mIt DIrk Sommer<br />

„Niemand will ellenlange<br />

Mängellisten schreiben“<br />

Dirk Sommer ist bei Hilzinger Leiter des Projektmanagements und Mitglied<br />

der erweiterten Geschäftsführung. Wir haben mit ihm über die jüngsten<br />

Vorstöße gesprochen, die Montagezarge salonfähig zu machen. Dazu hatte<br />

sich unter der Ägide des ift eine Gruppe zusammengefunden, an der unter<br />

anderem auch die Fensterhersteller Hilzinger und Meeth beteiligt sind.<br />

Foto: Hilzinger<br />

Glaswelt – Herr Sommer, Hilzinger ist durch<br />

Sie in der ift-Gruppe zum Thema Montagezarge<br />

vertreten. Was ist ihr Anliegen bei diesem Thema?<br />

Dirk sommer – Wir – und ich glaube hierbei<br />

sogar für die Mehrheit der deutschen Fensterbranche<br />

sprechen zu können – wissen, dass die<br />

„echte“ Montagezarge eine überaus sinnvolle Sache<br />

ist. Es ist über Jahrzehnte leider nicht gelungen,<br />

diese Montageart in Deutschland zu etablieren.<br />

Wir wollen trotzdem diese erneute Initiative<br />

beim ift unterstützen, da wir unverändert von<br />

den Vorteilen überzeugt sind.<br />

Unterm Strich müssen sich alle<br />

Bauschaffenden in Deutschland<br />

mal fragen, warum die Montagezarge<br />

in Österreich, der Schweiz<br />

und Südtirol kein Exot ist.<br />

Glaswelt – Mit Fenstern werden die ersten<br />

Endprodukte in den Rohbau eingesetzt. Aber<br />

nach der Fenstermontage fallen viele Rohbauarbeiten<br />

an, die wiederum dafür sorgen können,<br />

dass die Bauelemente während dieser Phase in<br />

Mitleidenschaft gezogen werden. Ist eine Montagezarge<br />

das geeignete Mittel, diesen Bauablauf<br />

zu korrigieren, damit Fenster erst dann auf<br />

die Baustelle kommen, wenn alles fertig ist?<br />

sommer – Ja, das ist aus unserer Sicht eine der<br />

Hauptvorteile der Montagezarge. Wir müssen akzeptieren,<br />

dass sich der Anspruch von Bauherren<br />

und Nutzern zur Oberflächenbeschaffenheit von<br />

Fenstern und Außentüren deutlich erhöht hat.<br />

Das hat zur Folge, dass jegliches Nachretuschieren<br />

von Schäden an den Elementen vor der Abnahme<br />

sehr problematisch ist. Nicht selten sind<br />

Rahmen und Verglasungen deshalb komplett<br />

auszutauschen. Wir können diese in der Bauphase<br />

schlichtweg nicht in ausreichendem Maße<br />

schützen, was vereinzelt zu enormen Schadenssummen<br />

führt. Bezahlen muss das stets<br />

der Schadensverursacher, aber den müssen sie<br />

erst einmal dingfest machen können! Ein zeitlich<br />

späterer Einbau der Fenster mit Hilfe der Zargen<br />

könnte folglich viele Probleme lösen.<br />

Glaswelt – Müssen wir nicht deutlich in zwei<br />

Arten von Montagezargen differenzieren: Jene,<br />

die es ermöglichen, dass Fenster-/Türelemente<br />

später montiert werden als zum üblichen Zeitpunkt<br />

und jene Vorwandmontagezargen, die<br />

eine Fenstermontage in der Ebene des Wärmedämmputzes<br />

ermöglichen?<br />

sommer – Natürlich, denn die Systeme verfolgen<br />

unterschiedliche Ansätze. Die Vorwandmontage<br />

gibt es aus bauphysikalischen Gründen.<br />

Hier geht es um Wärmebrückenreduzierung,<br />

verringerte Laibungsverschattungen und<br />

eine Vergrößerung der Nutzflächen. Die „echte“<br />

Montagezarge hat primär die Schadensvermeidung<br />

und Nachhaltigkeit im Sinne einer Modulbauweise<br />

im Fokus, dabei kann sie die positiven<br />

Effekte der Vorwandmontagezarge gleich noch<br />

mit erfüllen.<br />

Glaswelt – Es gibt Regionen, in denen die<br />

„echten“ Montagezargen weit verbreitet sind. In<br />

Deutschland hat sich das Konzept (noch) nicht<br />

durchgesetzt. Woran liegt das, wenn die Vorteile<br />

doch nicht von der Hand zu weisen sind?<br />

sommer – Unserer Erfahrung nach ist für<br />

Deutschland ganz trivial die Aussage „zu teuer“<br />

zu nennen. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass<br />

die Einbausituationen der Fenster mittlerweile<br />

sehr speziell geworden sind. Die „echten“ Montagezargen<br />

müssen heutzutage auf großformatige,<br />

bodentiefe Fenster ausgelegt werden, die<br />

Dirk Sommer ist bei Hilzinger als Leiter des Projektmanagements<br />

quasi der Technikchef. Dazu wurde er<br />

2014 als Mitglied in die erweiterte Geschäftsführung<br />

berufen. Sommer hatte nach seiner Ausbildung und<br />

Praxis zum/als Tischlermeister in der Fensterindustrie<br />

gearbeitet. 1998 machte er sich selbstständig und erstellte<br />

als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger<br />

Gerichts­ und Privatgutachten.<br />

teilweise mehrfach mit Verbreiterungsprofilen<br />

versehen sind. Dabei sind Profilunterbauten mit<br />

45 cm Höhe keine Seltenheit. Das Ganze in Verbindung<br />

mit Rollladen oder Raffstore und Absturzsicherung,<br />

also final noch mit statischem<br />

Nachweis. Diese Anforderungen treffen uns nicht<br />

nur im Objektgeschäft, sondern zunehmend<br />

auch beim privaten Einfamilienhaus. All das wird<br />

auch in der ift-Gruppe zum Thema werden.<br />

Glaswelt – Die Montagezargen haben einen<br />

besonders nachhaltigen Aspekt: Der Kunde wird<br />

bei einer Nachrüstung sicher wieder auf den<br />

Erstausrüster zugehen. Wird in der deutschen<br />

Fensterbranche einfach nicht weit genug in die<br />

Zukunft gedacht?<br />

sommer – Sie haben recht, wenn Sie für<br />

Deutschland einen unzureichenden Fokus auf<br />

das nachhaltige Bauen anprangern. Ansätze wie<br />

LEED und DGNB sind noch immer Randerscheinungen.<br />

Jedem Praktiker am Bau ist doch klar,<br />

32 glaswelt | <strong>Sonderheft</strong> <strong>Montagepraxis</strong>

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