Alpenüberquerung August 2020
In 3 Wochen alleine von Lenggries über die Alpen zum Gardasee. In 3 Wochen alleine von Lenggries über die Alpen zum Gardasee.
Ein Traum wird wahr -Alpenüberquerung von Lenggries zum Gardasee!Wir schreiben das Jahr 2020. Anfang August startete ich mein Vorhaben, einenganzen Monat zu Fuß über die Alpen zu wandern. Eigentlich war der FernwanderwegL1 seit über einem Jahr mit noch ein paar Leuten geplant, doch imZuge der Corona-Pandemie und der damit entstehenden Ungewissheit, musstenwir unser eigentliches Vorhaben canceln.Als unsere Familie dann im Mai noch ein harter Schicksalsschlag traf und ichmich für immer von meinem geliebten Petter (Patenonkel) und Kumpel verabschiedenmusste, wollte ich die Reise entgültig stornieren.Kurz vorher bekam ich zu meinem Geburtstag von ihm aber einen Gutscheinfür eine gemeinsame Wanderung und so entschied ich mich dann spontan,meine Alpenüberquerung doch zu machen. Ganz alleine, nur für mich und meinenPetter, jedoch auf einer etwas abgeänderten Route.Mal sehen was mich in den nächsten Tagen und Wochen alles erwarten wird.Der Weg beläuft sich auf etwa 400 km und misst im Auf- und Abstieg rund50.000 Höhenmeter.Zu mir:Ich heiße Maurice Jakob, bin 23 Jahre jung undein begeisteter Bergsteiger.Es wird ein Weg mit vielen, tollen Glücksmomenten,schönen und schlechten Erfahrungensowie manch heiklen Augenblicken werden.Es freut mich, dass ihr meinen Reiseberichtbzw. mein Tagebuch lest. Lasst euch inspirierenund wer weiß, vielleicht wandert ihr irgendwannauch mal über die Alpen.
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Ein Traum wird wahr -
Alpenüberquerung von Lenggries zum Gardasee!
Wir schreiben das Jahr 2020. Anfang August startete ich mein Vorhaben, einen
ganzen Monat zu Fuß über die Alpen zu wandern. Eigentlich war der Fernwanderweg
L1 seit über einem Jahr mit noch ein paar Leuten geplant, doch im
Zuge der Corona-Pandemie und der damit entstehenden Ungewissheit, mussten
wir unser eigentliches Vorhaben canceln.
Als unsere Familie dann im Mai noch ein harter Schicksalsschlag traf und ich
mich für immer von meinem geliebten Petter (Patenonkel) und Kumpel verabschieden
musste, wollte ich die Reise entgültig stornieren.
Kurz vorher bekam ich zu meinem Geburtstag von ihm aber einen Gutschein
für eine gemeinsame Wanderung und so entschied ich mich dann spontan,
meine Alpenüberquerung doch zu machen. Ganz alleine, nur für mich und meinen
Petter, jedoch auf einer etwas abgeänderten Route.
Mal sehen was mich in den nächsten Tagen und Wochen alles erwarten wird.
Der Weg beläuft sich auf etwa 400 km und misst im Auf- und Abstieg rund
50.000 Höhenmeter.
Zu mir:
Ich heiße Maurice Jakob, bin 23 Jahre jung und
ein begeisteter Bergsteiger.
Es wird ein Weg mit vielen, tollen Glücksmomenten,
schönen und schlechten Erfahrungen
sowie manch heiklen Augenblicken werden.
Es freut mich, dass ihr meinen Reisebericht
bzw. mein Tagebuch lest. Lasst euch inspirieren
und wer weiß, vielleicht wandert ihr irgendwann
auch mal über die Alpen.
Tag 1
Nach einer langen Anreise steigen wir sofort zur ersten Hütte auf.
Vorab, ich würde euch empfehlen, so früh wie möglich mit Auto, Bus oder Bahn
in die Alpen zu fahren.
Mein ICE ging um ca. 9.00 Uhr von Fulda nach München. Einmal umgestiegen,
dann mit der Regionalbahn nach Lenggries und schon ist man um 13.30 Uhr im
Alpengebiet.
Natürlich könnte man laut der Beschreibung auf www.alpenquerung.info auch
ab München loslaufen. Jedoch ersparte ich mir durch die Anreise nach Lenggries
ganze vier Tage im Alpenvorland. Nach gut ca. einer Stunde Wartezeit am
gegenüberliegenden Busbahnhof in Lenggries, fuhr ich dann mit dem Bergsteigerbus
über die deutsch-österreichische Landesgrenze zu den Hagelhütten.
Man bezahlt hier 9 Euro für den Bus und nochmal 90 Cent Mautgebühr. Meiner
Meinung nach ein guter Preis für diese Strecke.
Angekommen lauft ihr am Besten erstmal Richtung Plumsalm. Danach gibt es
zwei Möglichkeiten. Zum einen den Fahrweg für Autos und Mountainbikes, zum
anderen den Fußweg Nr. 233.
Insgesamt braucht man ungefähr 2,5 Stunden von den Hagelhütten bis zur
Plumsjochhütte. Die Hütte selbst liegt auf überschaubaren 1630 Meter und
ist klein und urig. Das Haus hat nur wenige Schlafplätze zur Verfügung, daher
bucht sie auf jeden Fall mehrere Tage im voraus. Essen und Trinken schmecken
super und deren Preise sind ebenfalls gerechtfertigt. Genießt bei trockenem Wetter
den wunderschönen Ausblick auf der Terrasse. Hier kann man weit blicken.
Abends lernte ich dann noch Rosa, Caro und Niklas kennen. Nach ein paar Kartenspielen
und interessanten Gesprächen über unsere einzelnen Vorhaben
freundeten wir uns schnell an. Die Drei kamen alle zusammen aus Ersrode, welches
nahe Kassel liegt. Gar nicht mal so weit weg von meiner Heimat.
Auf dem Weg zu den Haglhütten,
der Blick auf den Sylvensteinstausee.
Sonnenterrasse
Plumsjochhütte
Tag 2
Insgesamt ein schlechter Start, schlechte Wege und vor allem
schlechtes Wetter.
Am Abend und in der Nacht hatte es im Gebiet der Plumsjochhütte stark
geregnet. Demzufolge waren die Wege rutschig und teilweise schwierig zu begehen.
Aber bevor es losgeht wurde erstmal gefrühstückt. Das Hüttenteam hat ab
ca. 7.00 Uhr die Frühstückstheke geöffnet.
Nach dem Frühstück packte ich meinen Rucksack und ging erstmal den gleichen
Weg von gestern wieder zurück. Geht auf jeden Fall den Fahrweg bergab.
Auf der Höhe vom Parkplatz P9, am Großen Ahornboden, gibt es zwei Wege zur
Lamsenjochhütte. Zum einen kann man an der Straße entlang nach Eng laufen,
danach zur Binsalm aufsteigen und weiter oben gelangt man zum Schluss zur
Lamsenjochhütte. Der andere Weg geht auf dem Fahrweg, kurz vor dem Parkplatz,
ca. 100 Meter links hinein. Nach einem kurzen Stück sieht man auch endlich
einen Wegweiser. Ab hier wandert man lange durch einen Nadelwald bis zur
Faulen Eng. Von hier geht es über ein Geröllfeld auf eine große Kuhweide.
Wundert euch nicht, ab dem Geröllfeld ist der Weg schlecht oder gar nicht mehr
markiert. Laut dem Hüttenwirt von dem Alpengasthof Gramaialm, möchten die
örtlichen Jäger ihre Ruhe in diesem Gebiet. Die Wege wurden groß nicht mehr
von Hecken befreit und Wegmarkierungen nicht mehr erneuert. Schade eigentlich,
bei gutem Wetter ist diese Route sehr zu empfehlen.
Als ich dann auf der großen Kuhweide war, hatte es angefangen zu regnen. Erst
leicht, dann stärker bis hin zu einem Wolkenbruch. Wenn ihr die roten Wegpunkte
auf der großen Wiese nicht finden solltet, haltet euch links und steigt bergauf.
Allgemein empfiehlt es sich, ein GPS-Gerät oder GPS-fähiges Handy für die
Orientierung mit dabei zu haben. Auf dem Gramaisattel angekommen, steigt
am Besten hinab zur
Gramaialm. Die letzten
100 Meter vor der Hütte
bin ich mit letzter Kraft
und Ausdauer, den Berg
herunter gerannt.
Warum? Um dem strömenden
Regen zu entkommen.
Eigentlich völlig umsonst,
weil ich so oder so
schon komplett durchnässt
war. Daher hatte ich
auf der Gramaialm auch
meine erste große Rast
des Tages. Zum Glück
hatte sie auf und empfing
Touristen, wie Einheimische
gleichermaßen.
Blick von dem Geröllfeld auf den großen Ahornboden
Nach einem Kleiderwechsel und etwas Flüssignahrung in Form von Bier, ging es
nach dem Schauer weiter. Mein nächster Weg sollte eigentlich von hier auf das
Hahnkampl und runter zur Lamsenjochhütte gehen. Aber die Frau vom coolen
Hüttenwirt riet mir, unterhalb von dessen Spitze auf den 1903 Meter hohen Binssattel
zu gehen. Diese Empfehlung war bei diesem nassen Wetter Gold wert und
bedeutend besser, als mein Vorhaben. Laut den Schildern dauert der restliche
Weg noch gut 1,5 Stunden bis zur letzten Hütte. Der Regen und der rutschige
Weg bergab forderten nochmals sämtliche Konzentration. Man kommt oberhalb
der Binsalm heraus und wandert hangparallel bis leicht steigend zur Lamsenjochhütte.
Auf der Hütte angekommen strahlte ich vor Glück. Denn was gibt es
in den allermeisten DAV-Hütten? Einen Trockenraum! Und da ging es erstmal
hin. Danach noch der Check-In und ab in den Thekenraum. Die Preise für Bier
und Essen waren wie auf allen anderen DAV-Hütten fast gleich. Ich sag mal, für
30 € ein Drei-Gänge-Abendmenü und morgens noch das durchaus ausreichende
Karwendelfrühstück.
In Zeiten von Corona bekommt jeder Wanderer zwei Schlafplätze und diese
sind mit Holzbrettern von den anderen Matratzenlagern getrennt. Eigentlich geil.
Da kann man sich richtig schön breitmachen.
Tag 3
Das Wetter zwingt mich wieder einen anderen Weg einzuschlagen.
Die kräftigen Regenschauer von gestern hielten leider bis kurz vor 6.00 Uhr an.
Man war sich nicht sicher, ob der Klettersteig unterhalb der Lamsenspitze zum
Brudertunnel hin machbar sei. Ich bin diesen Teil der Route zwar letztes Jahr in
einer geführten Tour schon mitgelaufen, aber da hatten wir auch einen trockenen
Felsen. Unser Hüttenwirt war der Ansicht, dass der Klettersteig nicht das schwerste
Stück des vor uns liegenden Weges
sei. Problematischer wäre allerdings eher
der Weg Nr. 226, nach dem Klettersteig
zur Karwendelrast. Bei trockener Witterung
ist er schon knifflig, ausgesetzt und
schwer begehbar. Bei nassem Wetter und
rutschigem Fels eigentlich unmöglich und
waghalsig. Naja, dies bestätigte wenigstens
meine Unsicherheit und die einiger
anderer Wanderer auch.
Gut gefrühstückt machten wir Drei uns
also dann auf dem Fahrweg hinunter nach
Schwaz. Wir Drei? Ja, Kerstin und Martin
lernte ich am Abend zuvor noch kennen.
Wir hatten für heute den gleichen Weg
geplant. Die Beiden kommen gebürtig
aus der Nähe von Bayreuth, wohnen aber
in München und Regensburg, soweit ich
Unterhalb der Lamsenjochhütte fotografierte
mich Kerstin mit der beeindruckenden Bergwelt.
mich erinnern kann. Anfangs
dachte ich, die Beiden wären
ein Pärchen. Aber später fand
ich witziger Weise heraus,
dass sie Geschwister sind.
Nun denn. Der Fahrweg mit
der Nr. 227 ist anfangs doch
recht geröllig und Steinschlag
gefährdet. Uns wurde mit
Achtung auf den linksseitig
herrschenden Steinschlag mit
Die Karwendelrast
Schildern hingewiesen.
Wir Drei witzelten aber und dachten uns verschiedene Szenarien aus.
Wenn man bedenkt, dass da oben autogroße Brocken runter kommen,
hilft bestimmt auch der Klettersteighelm nicht mehr. Wettertechnisch
hatte es aufgehört zu regnen. Dafür wickelten sich aber die Regen- und Nebelwolken
wunderschön in die umliegenden Berghänge ein. Ich denke mal, der
vor uns liegende Weg ist für alle Wanderer perfekt, die noch nicht so erfahren
sind und kein Wissen im Klettersteiggehen besitzen. Aber mit gut 1.500 Abstiegsmetern
auch nicht zu unterschätzen. Ihr lauft am besten den Weg Nr. 227
an der Stallenalm vorbei zum Parkplatz Bärenrast.
Hier starb am 14. Mai 1898 der letzte Bär von Nordtirol. Von hier könnte man
auf einem erst roten und dann später schwarzen Weg zur wunderschön gelegenen
Waldhorbalm wandern. Oder man geht den Weg Nr. 227 kurz weiter, bis
rechts der Weg Nr. 6 ausgeschildert wird. Der Alpsteig, oder anders gesagt, der
Weg Nr. 6 geht bis zum Haus Rachkuchel. Nach diesem biegt man links ab zum
Öggel und wenig später erreicht man die Karwendelrast.
Noch eine kleine Info zur Waldhorbalm. Der Weg dorthin ist zwar nicht der einfachste,
jedoch lohnt der Ausblick und die guten Speisen und Getränke umso
mehr. Von Juni bis September hat diese urige, alte Hütte nur sonntags auf. Leider
zu meinem Pech, denn heute ist Montag. Nun gut. Vielleicht auch besser so.
Denn heute lief ich mehr, als ich vor hatte. Mein Weg war letzten Endes anders,
als ich ihn vorhin für Euch beschrieb.
Kerstin, Martin und ich sind also nach dem geschichtsträchtigen Parkplatz
Bärenrast Richtung Schwarzbrunner Erlebnisbad und durch den Ort zum
Stamser Bahnhof gelaufen. Für die Beiden folgte ab hier die Heimreise mit dem
Zug nach Innsbruck. Ich entschied mich kurzerhand ein wenig zu schummeln
und eine Station mit ihnen mitzufahren. Eigentlich war der Plan, zusammen noch
irgendwo einen Happen zu essen und sich dann voneinander zu verabschieden.
Jedoch erreichten wir den Bahnhof nur wenige Minuten vor dem Eintreffen des
Zuges. Ich stieg dann also in Schwaz aus und suchte die unweit entfernte Postfiliale
auf. Hier lud ich mein zweites Paar unnötig mitgenommene Wanderschuhe
ab und schickte sie nach Hause. Somit wurde mein Rucksack spürbar zwei Kilogramm
leichter. Das merkt man sofort. Bedeutend entspannter lief ich danach
auf Asphaltstraßen nach Vomp, zum Vomper Berg und schlussendlich kam ich fix
und fertig an der Karwendelrast an. Ich bin heil froh, dass dieser Gasthof, welcher
nur samstags und sonntags offen hat, am Montag für mich öffnete. Schon
ungewöhnlich der einzige Gast zu sein. Klärt am besten telefonisch vorher ab,
ob sie für Euch während der Woche öffnen. Aber ich will euch hier auch keinen
Bären aufbinden. Ihr könnt ja auch ganz individuell in Stans, Schwaz oder Pill
übernachten. Zum Abendbrot bat ich die Besitzerin keinen großen Aufriss zu
machen. Schließlich bin ich hier ganz alleine.
Tag 4
Eine Mammut-Etappe mit österreichischem Monsunwetter
Also ich muss den Gasthof Karwendelrast für das durchaus große und reichhaltige
Frühstück echt loben. Nochmal vielen Dank. Man wird hier auf jeden Fall satt.
Lag vielleicht auch daran, dass ich der einzige Gast im Hause war. Laut Wetterbericht
sollte es zwar heute wieder den ganzen
Tag regnen, aber wenigstens ohne Sturm oder
Gewitter. Das wird schon schief gehen, dachte
ich mir. Regenjacke, Regenhose und ein
weiterer Poncho sind so oder so Pflicht. Die
Chefin des Gasthofs gab mir den Tipp, ein Teil
des heutigen Weges mit dem Bus zu fahren.
Zumal ich die Ortstaxe ja eh schon bezahlt
hätte. Mit dem Bus wäre ich dann südlich vom
Vomper Loch aus bis nach Sunnbichl gefahren.
Vorab will ich aber dazu sagen, die heutige
Etappe hat eine Länge von 24 km und
ca. 1400 Höhenmetern im Aufstieg. Laut meiner
Planung war ich eigentlich bei angenehmen
18 km, doch der Hüttenwirt der Weidener Hütte klärte mich dementsprechend
auf. Die Wege zur Hütte sucht man sich am besten selbst. Wie vor zwei Tagen
schon, am besten mit GPS-Gerät und einer Karte in der Hand. Hier führen halt
viele Wege nach Rom. Wenn euch die 24 km zu viel sind, teilt sie euch auf jeden
Fall auf. Ich selber bin insgesamt gut acht Stunden gewandert. Ab und zu mal
eine 2-3 minütige Verschnaufpause und dann halt wieder weiter. Bei diesem nass
kalten Regenwetter setzt man sich nur
ungern auf eine Bank. Insgesamt schätze
ich meine Pausenzeit auf gut einer halben
Stunde. So viel dazu.
Nun zu meinem eigentlichem Weg. Man versucht
erstmal von seiner Unterkunft nach Pill
zu kommen. Egal ob mit dem Bus oder wie
bei mir zu Fuß. Ja zu Fuß! Wollte ja eigentlich
schummeln, war aber zu blöd den Busfahrplan
zu lesen und verpasste ihn um gut
fünf Minuten. Nicht schlimm. Sind ja nicht
zum Spaß hier. Gelaufen bin ich zuerst zum
Vomper Loch und dann nach Vomper Bach.
Am Ende des Gesteinswerks kommt man an
eine Hauptstraße, auf der man am besten
auch Richtung Pill bleibt. Wenn man viel Zeit mitbringt, kann man auch eine
besondere Attraktion mitnehmen. Mitten in dem Ort Vomperbach befindet sich
das „Haus steht Kopf“ – Projekt. Daneben befindet sich zusätzlich auch ein
großer Dinopark für Jung und Alt. In Pill selber geht man am besten in Richtung
des Piller Wasserfalls. Der Weg nach dem eigentlich winzigen Wasserfall, welcher
bei mir eher eine schlammige Sturzflut war, ist ziemlich steil und schmal. Macht
dort bei Nässe oder Regen bitte schön vorsichtig. Stockeinsatz empfiehlt sich
hier auf jeden Fall. Bei mir verwandelten die letzten drei Tage Regen alles in
Matsch, Schlamm und sehr rutschigen Untergrund.
Nach diesem steilen Stück kommt ihr oberhalb des Wasserfalls heraus und überquert
den Bach auf einer Holzbrücke zur anderen Seite. Wenig später kam ich
auf einen Forstweg, welcher sich kurz darauf in zwei Richtungen gabelt. Geradeaus
nach unten kommt man wieder nach Pill zurück und links steht nichts
ausgeschildert. Geht hier wenn möglich nach links hoch und folgt dem Weg bis
zum Ende. Zwar ist er am Anfang gut zugewachsen aber später lichtet sich dieser
wieder. Am Ende kommt man aus dem Wald heraus und läuft in Richtung Hauptstraße.
Checkpoint ist für uns hier oben das Dörfchen Weerberg.
Hier kann man, falls notwendig, noch seine Vorräte auffüllen und anschließend
auf den Astenweg abbiegen. Der Wanderweg Nr. 405, welcher uns nach Hausstatt
bringt, beginnt dort, wo der Astenweg endet. Später ging es für mich noch
auf den Wanderweg Nr. 20, er nennt sich auch Nonsweg. Irgendwann danach
schildert man uns einen Weg nach Acheraste/Mandlaste und zur Jausenstation
Innerst aus. Hier hätte ich gerne gerastet und mich aufgewärmt. Nur leider
ist montags und dienstags Ruhetag. Der Mafingweg oder auch Nr. 315 bringt
euch komplett von hier bis zur Weidener Hütte. Geht aber bitte bloß nicht die
ausgeschilderten Abkürzungen. Die erste mag vielleicht noch gehen aber die
zweite führte mich höher als ich eigentlich müsste. Hier dachte ich, Gott hätte
mich verlassen. Die eigentliche Abkürzung, welche auf einem Holzschild
stand, führte mich über eine durch und durch vermatschte Kuhweide. Mit den
Schuhen tief im Matsch eingesunken und dann in frische, große Kuhfladen getreten,
das war das „I - Tüpfelchen“ des heutigen Tages.
Am Ende habe ich aber durch diese Aktion herausgefunden, dass die Goretex
Membrane von meinen Bergstiefeln undicht sind. Mit gefluteten Schuhen und
triefenden Socken kam ich
letzten Endes doch noch
völlig fertig auf der Weidener
Hütte an. Diese DAV-Hütte
brachte mich nach dem
Check-In voll zum Staunen.
Die Inneneinrichtung ist sehr
neu und luxuriös. Egal ob
Betten, Waschräume oder
Aufenthaltsräume, alles ist
nigelnagelneu. Essen, Trinken
und Preise sind wie gewohnt
top. Eines weiß ich aber jetzt
schon: Das war nicht das
letzte Mal, dass ich hier war.
Tag 5
Eine entspannte Etappe in das Lizumer Sperrgebiet mit einem
besonderen Highlight
Das Frühstück auf der Weidener Hütte hätte besser gar nicht sein können.
Das große reichhaltige Buffet hat mich echt überrascht. Es gab sehr leckeres
Birchermüsli, dicke knusprige Brotscheiben, lauwarme Brötchen und jede Menge
Belag. Sehr gut gefrühstückt und bei
gutem Wetter mit dementsprechend
super Laune geht’s zur Lizumer Hütte.
Einziger Mangel waren die noch nicht
trockenen Schuhe von gestern. Gut, dass
ich ein zweites Paar Socken dabei hatte.
Die Regenfront der letzten drei Tage
sind zum Glück Schnee von gestern und
die Schneegrenze ist auch noch einmal
angestiegen. Blauer Himmel und kühle
Bergluft lassen auf einen guten Wandertag
hoffen. Nach kurzer Fotosession mit
den wunderschön aussehenden Bergen,
welche alle eine schneegepuderte Spitze
hatten, brach ich auf. Also die heutige
Etappe solltet ihr auf jeden Fall schaffen.
Technisch einfach und konditionell bedeutend
leichter als die Tour von Bei gutem Wetter, Blick in Richtung Pill
gestern.
Bevor ihr los geht, müsst ihr Euch aber noch im Lizumer Speergebiet nach den
Schießzeiten mit scharfer Munition erkundigen. Das österreichische Militär hält
täglich an verschiedenen Stationen ihre Übungen ab. Die Telefonnummer findet
man auf der Website der Lizumer Hütte. Bei Bedarf kann man auch freundlich
Bester Blick am Morgen
von der Weidener Hütte.
Hier wurde es mir mulmig,
man hörte schon die Schießübungen.
den Hüttenwirt fragen. Nun zu dem Weg: Man läuft von der Weidener Hütte
auf dem Weg Nr. 319 zur Grafenser Sennerhütte und danach auf dem Inntaler
Höhenweg 2000 hoch zum 2450 m hohen Krovensjoch. Auf dem Weg Nr. 319
geht es durchgehend abwärts zur Lizumer Hütte. Man kann sich hier kaum verlaufen,
es gibt nur einen einzigen Weg.
Auf halber Strecke bin ich noch Murmeltieren begegnet. Normalerweise hätten
sie mich sehen, besser noch riechen müssen. Ich duftete schließlich wie ein altes
Nilpferd, welches sich jenseits von Gut und Böse befindet. Lag vielleicht auch an
der passenden Windrichtung. Als ich sie sah versuchte ich mit Dreistigkeit mein
Glück. Wie eine Wildkatze pirschte ich mich langsam an den Erdbau der kleinen
Tierchen. Bis gut einen Meter ging ich an eines der Erdlöcher heran und stand
dann regungslos da. Nach einiger Zeit verloren die Murmeltiere die Scheu
und kamen langsam heraus. Und siehe da, die Jungen zuerst. Da sag ich mal
„Jugend voran“. Sie liefen zu zweit vor meinen Füßen hin und her, putzten und
sonnten sich auf der Wiese, als hätten sie Urlaub. Ich glaube ich stand dort
mindestens eine halbe Stunde still auf der Stelle und bewunderte das Schauspiel.
So etwas wird einem im Leben wohl nur selten geboten. Klar, man kann
sich das auch im Fernsehen anschauen, aber in Wirklichkeit und hautnah die
pure Natur zu erleben, ist doch durch nichts zu toppen. Die Lizumer Hütte selbst
liegt wie schon gesagt im militärischen Sperrgebiet, diese ist aber überhaupt
nicht von der Außenwelt abgeschnitten.
Murmeltiere auf Erkundungstour
Das Lizumer Speergebiet. Sennerei - linkes Haus.
Ganz rechts die Kasernengebäude.
Gut durchstrukturiert und mit dem richtigen Personal ausgerüstet, servieren sie
leckeres Essen zu immer noch günstigen Preisen. Am Abend lernte ich noch
Joachim, Moritz und Franziskus kennen. Drei lustige und liebenswerte Weggefährten
für den morgigen Tag.
Tag 6
Zu viert auf dem Weg zum Tuxer-Joch-Haus durch eine
faszinierende Landschaft
In der Lizumer Hütte gab es ebenfalls ein super Frühstück. Etwas hat mich hier
sogar sehr gefreut. Der Käse, den es hier gab, kam nicht aus dem Tal, sondern
aus der gegenüberliegenden Sennerei. Diese wollte ich mir eigentlich gestern
noch anschauen und etwas kaufen. Aber zu meiner Überraschung hatte sie
geschlossen und der Käse
wurde nur über Selbstbedienung
verkauft. Die Preise
standen auf dem Käse und
in der Tür des Kühlschrankes
war Wechselgeld.
Ich esse ja für mein Leben
gerne Bergkäse und nahm
ein kleines Stückchen mit, als
Proviant für schlechte Zeiten.
Dumm nur, dass das kleinste
Stück knapp 400 Gramm auf
die Waage brachte. Ein Teil
wurde morgen verputzt und
den Rest gab es in Sterzing.
Mit meinen drei neuen Kumpanen sind wir früh gestartet, um hinten heraus
mehr Zeit zu haben. Erst ging es durch das dortige Tal auf dem Weg Nr. 323 bis
der Wegweiser uns den Berg Geier ausschilderte. Ab hier geht es steil steigend
hinauf bis kurz unterhalb des Sattels. Je nach Jahreszeit und Wetter der letzten
Tage kann es die übrigen 100 Meter auf Schneefeldern weitergehen. Dies war in
unserem Fall sehr Kräfte raubend und nicht zu unterschätzen. Oben angekommen
kann man noch, je nach Lust und Laune, in gut 15 Minuten hoch auf den
Blick vom Sattel. Abstieg in das linke Tal.
Eine besondere Alternative zum Gipfelkreuz.
2857 Meter hohen Geier steigen. Wir Jungspunde Franziskus, Moritz und ich
wollten Gipfelglück und nahmen auch diesen noch zum Spaß mit. Joachim wollte
lieber unten bleiben und sich nach diesem schweren Aufstieg erstmal erholen. Er
bekam solange von uns den Auftrag, auf unser Hab und Gut aufzupassen.
Der folgende Abstieg auf dem Weg Nr. 323 ist zum Teil etwas schwierig. Aber
auf der Ebene angekommen, zeigt sich erst einem die weite, grüne Wiesenlandschaft.
Links sieht man den Junssee, in welchem gerade ein paar Experten das
viel zu kühle Nass genießen. Die Berglandschaft hier oben erinnerte mich sehr, an
Szenen aus der „Herr der Ringe“-Trilogie. Als ob in jedem Augenblick eine
Gruppe Elben oder Orks kommen könnten. Faszinierend!
Erst hangparallel und später dann wieder steigend zum Geschützspitzsattel, läuft
man den weiteren Weg zügig bergauf. Die letzten paar Meter vor dem Sattel
fordern nochmal volle Kraft und Konzentration.
Oben angekommen bietet sich bei gutem Wetter eine klasse Panoramasicht.
Ich würde hier oben bei Bedarf, auf jeden Fall noch ein Päuschen machen,
bevor es lange nervig die Serpentinen herunter geht. Am Anfang hatte es mir
noch Spaß gemacht, weil Joachim und ich regelrecht runter getänzelt sind.
Doch nach gut der Hälfte des Abstieges, legte sich die Langeweile breit und
technisch anspruchslos liefen wir vier Bergziegen bergab.
Das Einzige, was man hier braucht, ist ein hohes Pensum an Kondition und
Nerven. Im Tal endlich angekommen, kann man den großen Wasserfall bewundern
und noch etwas verweilen. Der Weg Nr. 326 führt kurz noch auf einem
Fahrweg mit später kommenden Abkürzungen zum Tuxer-Joch-Haus.
Tag 7
Ein lohnender Umweg auf den kleinen Kaserer mit 3093 Metern Höhe
Nach einem abgezählten, kleinen Frühstück habe ich Stefan und Xenia getroffen,
welche ebenfalls heute zur Geraer Hütte wollen. Also wenn ihr eine Ausweichunterkunft
zum Tuxer-Joch-Haus haben solltet, nehmt sie. Ich selber will diese
Hütte nicht schlecht reden, aber sie ist bisher eine der schlechtesten Hütten, in
denen ich übernachtete. Nun Schluss mit der scharfen Kritik.
Ich musste mich heute leider von Joachim, Moritz und Franziskus verabschieden.
Wir schworen uns aber weiterhin in Kontakt zu bleiben und sich über die nächsten
Jahre mal wieder zu treffen.
Mit Stefan und Xenia habe ich mich aber auch schnell angefreundet. Die Beiden
waren konditionell schwer zu knacken, ab und zu mussten sie auch mal auf mich
warten.
Für Stefan war es heute ein besonderer Tag. Er wollte noch versuchen, seinen
ersten 3000er, den kleinen Kaserer, zu besteigen. Aber um dorthin zu kommen,
sind wir erstmal auf dem Weg Nr. 527 Richtung Geraer Hütte gelaufen. An der
Abbiegung zum Gipfel war Xenia überhaupt nicht mehr für den Aufstieg zu
begeistern und blieb mit unseren Rucksäcken unten. Stefan, welcher hier wahrscheinlich
jedes Risiko in Kauf genommen hätte, war von dem vor uns liegenden
Kraftakt mehr als begeistert. Ich entschloss mich, ihn aus Vernunft zu begleiten.
Alleine sollte man nicht dort hoch gehen. Wenn da etwas passiert, war es das.
Für mich war es auch der bis dato
höchste Berg, aber schon der zweite
3000er. Wir einigten uns darauf,
die ersten schweren 500 Höhenmeter
hochzugehen und nachfolgend
zu entscheiden, ob die letzten
noch schwereren 190 Höhenmeter
machbar seien.
Bis auf den 2905 m hohen Vorberg
des Kleinen Kaserer ging es
ohne Probleme. Oben angekommen,
muss man sich halt entscheiden,
ob man das letzte Stück
direkt am Grat langläuft oder schon
hier stoppt. Dieser Teil bedarf
genauerer Überlegung. Nicht nur,
ob man es sich selber zutraut,
sondern ob es die Wetterverhältnisse
auch zulassen. Bei
uns war die nordwestliche Gratseite
noch immer mit einem
Altschneefeld bedeckt, welches uns schlecht in die Karten spielte. Doch
strahlend blauer Himmel, trockenes Wetter und mäßiger Wind, begünstigte
unser Tun. Mit eisernem Willen, alpiner Erfahrung und sehr hoher Kondition
stiegen wir dennoch bis hoch auf das Gipfelkreuz. Oben angekommen muss man
natürlich erstmal Fotos schießen, sich ins Gipfelbuch eintragen und ein paar
Snacks für den Abstieg zu sich nehmen.
Überraschender Weise bedankte sich Stefan noch bei mir, dass ich ihn bis hoch
begleitet habe. Eigentlich selbstverständlich! Ich könnte es mir wahrscheinlich
nicht verzeihen, wenn ihm was passiert
wäre, wenn ich nicht mit ihm gegangen
wäre. Zu zweit ist es halt immer sicherer.
Kurz noch die Aussicht genießen und danach
wieder runter. Der Abstieg selbst
ging mega flott. Hier wendete sich das
Blatt und ich konnte mich regelrecht
frei entfalten. Bergauf war Stefan sehr
zügig, bergab war ich es. Wie schon erwähnt,
„tänzel“ ich gerne jeden Abstieg
schnell herab.
Zum Erschrecken kamen uns kurz vor
Ende des Abstieges eine große Gruppe
älterer Damen und Herren entgegen.
Schon gewagt, dachten wir uns. Aber
zum Glück gingen sie mithilfe zweier
Bergführer hier bergauf.
Der weitere Wegverlauf zur Geraer Hütte ist sehr abwechslungsreich. Zuerst
geht man entspannt auf breiten, später auf schmalen Wegen. Der kleine Abstieg
und der danach kommende Aufstieg, setzten mir aber trotz der eigentlich leichten
Wege schwer zu. Ich merkte, wie die meiste Kraft mich nach der Gipfeltour
schnell verlies. Letzten Endes konnte ich das Tempo von den anderen Beiden
nicht mehr mithalten. Ich bat sie, von nun an keine Rücksicht mehr auf mich zu
nehmen und ihren Schritt beizubehalten. Anfangs taten sie es auch, doch oben
auf einem Sattel angekommen, warteten sie auf mich. Die danach kommenden
Block- und Geröllfelder, über die wir noch steigen mussten gefielen mir auf
Anhieb gleich besser. Hier flossen auch mehrere Gletscherbäche ins Tal. Dort
löschte ich auch meinen großen Durst, welcher mich schon etwas länger quälte.
Nach einer kleinen Pause mit entsprechender Brotzeit, machten wir uns auf das
letzte Stück zur Geraer Hütte.
Ab hier blieben wir wieder zusammen. Letzte Hürde war nur noch ein mit Drahtseilen
gesicherter Felshang, welcher eigentlich ohne Probleme zu meistern ist.
Nach diesem erreicht man kurze Zeit später auch die heutige Hütte.
Diese liegt auf 2324 Meter und ist eine sehr schöne DAV-Schutzhütte.
Von außen wunderschön verschindelt und mit einer tollen Aussichtsund
Sonnenterrasse, ist sie Teil der Sektion Landshut. Ausgestattet mit einem
separaten Lagerschlafhaus, mehreren Duschen und einer hochmodernen Küche,
liefert sie ein super Essen.
Das Küchenteam zaubert allen Wanderern
sehr leckere Speisen. Geheimtipp
des Hauses sind hier die Spinatknödel.
In unserem Fall wurden wir vollkommen
überrascht. Vorspeise war eine komplett
selbst zubereitete Lasagne, die hervorragend
schmeckte. Übertroffen wurde
sie von Hirschgulasch mit Polenta und
Rotkraut. Als Dessert noch ein sehr
leckeres Tiramisu dazu, und das
Drei-Gänge-Menu war komplett. Das
man so etwas und vor allem so viel in
über 2000 Meter Höhe bekommt, war
mir neu. Das hatte echt gut geschmeckt.
Die Hütte bot als Absacker noch mehrere
selbst hergestellte Hausschnäpse an.
Manche tranken einen Heuschnaps, andere
wiederum blieben bei Fruchtlikören.
Ich hingegen freute mich auf einen
leckeren Fichtenschnaps. Spitzenreiter
bleibt allerdings, der oft auf Berghütten
Die Geraer Hütte
zu bekommende Zirbenschnaps.
Mensch, schmeckt der gut. Von der Terrasse aus, kann man bei gutem Wetter
den wundeschön untergehenden Sonnenuntergang genießen. Hier lässt es sich
aushalten. Glücklich und zufrieden geht man zu Bett.
Tag 8
Ein höllischer oder himmlischer Weg nach Italien? Wir werden sehen!
Heute stand ich ziemlich früh auf. Mein Wecker klingelte um kurz vor halb sechs.
Die Begeisterung ins Gesicht geschrieben, machte ich mich fertig. Zum Glück
war ich nicht der erste, der so früh aufstand. Denn andere wach machen, will
ich nur ungern. Es ist immer schlau, sich am Abend alle Sachen so zu packen,
dass man am Morgen so wenig wie möglich raschelt und Lärm verursacht. Vor
dem Frühstücken bemerkte ich übrigens, dass ich Symptome wie Husten und
Schnupfen über Nacht bekommen habe. Ich werde mich doch nicht mit Corona
infiziert haben? Ich durfte jetzt nicht unnötig auffallen und versuchte meine
leichten Wehwehchen zu unterdrücken. Wie sich aber ein paar Tage später
herausstellte, war nach gut einer Woche einfach nur mein Immunsystem stark
geschwächt. Im Nachhinein eigentlich witzig. Um in einem Lager mit anderen
Wanderern schlafen zu dürfen, müssen einige Regeln beachtet werden. Zum
einen die abgetrennten Schlafplätze, der eigene Sommerschlafsack und
aufgrund dessen eine durchgehende Belüftung. Die geöffneten Fenster sollten
uns vor Corona schützen, stattdessen heimste ich mir eine fette Erkältung ein.
Naja, erstmal frühstücken.
Am Tisch war ich übrigens alleine, war auch vorerst besser so. So reichhaltig wie
das Abendessen war, war auch das Frühstück. Ich finde es immer Klasse, wenn
man sich am Buffet frei bedienen und sich satt essen kann. Mein Motto: „Wer viel
erreichen will, muss viel essen.“
Auf dem ersten heutigen Wegweiser stand 8,5 Stunden bis zur Landshuter
Europahütte geschrieben. Kleiner Tipp: Geht am besten so früh wie möglich von
hier los, denn diese Zeit ist sehr sportlich angegeben.
Bei mir ging es um 7.00 Uhr
direkt nach dem Frühstück
los. Heute bin ich wieder
alleine unterwegs. Xenia und
Stefan schlafen noch.
Man steigt auf dem Weg
Nr. 502 und 528 über Felsbrocken
vorbei an einem
alten verfallenen Molybdänbergwerk
des NS-Regimes
auf die Alpeiner Scharte.
Eindrucksvoll sind die alten
Grundmauern von den Baracken
und den Produktionsstätten.
Zu sehen ist
Alte Grundmauern, Rest einer Stahlbrücke und ein ehem. Mundloch
außerdem ein Teil der alten
Stahlbrücke, die höchstwahrscheinlich zur Beförderung des Minerals gedacht
war. Viele verschlossene Mundlöcher im Berg sind Zeugnis des Dranges nach
Molybdän. In der Bergbausprache sind Mundlöcher gebaute Zutritte zum
Inneren des Berges. Damals in den ersten beiden Weltkriegen brauchte
Deutschland das Mineral zur Steigerung der Festigkeit von Werkstoffen und
Erhöhung der Korrosions- und Hitzebeständigkeit in der Rüstungsindustrie.
Soweit ich weiß, förderten sie aber keine einzige Tonne zu Tage. Viele Menschen
kamen aus den Konzentrationslagern und starben an Erschöpfung in der damaligen
Mine. Aber genug der Geschichte von vor 75 Jahren. Erwähnen wollte ich
es aber, denn vergessen sollte man die dort gestorbenen Kumpels nicht. Trotz
all dem, freute ich mich schon lange zuvor auf die Ruinen und den geschichtsträchtige
Bergbau. Beruflich bin ich nämlich selbst ein Bergmann. Eine andere
Sehenswürdigkeit, waren die sich hier wohlfühlenden Steinbockherden.
Beim Aufstieg bemerkte ich durch Zufall, dass wenige Meter rechts unterhalb
von mir, sich ein alter Steinbock am Berghang aufhielt. Er folgte seinen Artgenossen
in die entgegengesetzte Richtung. Es war eine Gruppe von ungefähr
sechs Tieren, vielleicht auch mehr. Sie tarnen sich umgeben von dem Felsgestein
ziemlich gut. Der Weg hoch zur Scharte ist nicht ganz der einfachste.
Es bedarf einer großen Portion Kondition und Trittsicherheit. Wenn man sich hier
unwohl fühlen sollte, würde ich schauen, ob andere Wanderer vorweglaufen.
Dann aber bitte genug Abstand halten, denn hier oben kann es mal schnell zu
Steinschlägen kommen. Läuft man wie in meinem Fall etwas früher los, hat man
den Vorteil, im Schatten der Berge zu wandern. Das wirkt sich nicht nur positiv
auf den Körper aus, sondern hält bei gutem Wetter auch eine Überraschung
parat. Erst die dunklen Schattenseiten des ehemaligen Bergwerkes und die kühle,
graue Atmosphäre des Berges und dann oben angekommen, der strahlende
Sonnenschein und die vor einem liegende atemberaubende Landschaft mit
einem wunderschönen Weitblick.
Wipptaler Höhenweg
Doch der nun kommende Abstieg von der Alpeiner Scharte, lies mich ein wenig
verzagen. Teilweise war er noch schwerer, als der vorhin gemeisterte Aufstieg.
Doch bevor ich hier abgestiegen bin, gab es erstmal ein kleines Päuschen, gefolgt
von einer zusätzlichen Schicht Sonnencreme. Für alle Anfänger unter euch,
die Schlüsselstelle ist hier der erste, steile Wegabschnitt zu den Blockfelsen hin.
Danach wurde der Weg sehr gut gekennzeichnet
und mehr als ausreichend
befestigt. Ehrlich gesagt geht man von
hier über das Pfitscher-Joch-Haus bishin
zur Landshuter Europahütte nur noch
auf eben diesen Wegen.
Entweder man hasst diese heutige Route
oder man liebt es, auf diesen Wegen
zu gehen. Ich jedenfalls genoss jeden
Meter. Natürlich ist er sehr lang und andauernd,
gerade wenn die Sonne von
oben herab brütet. Aber wenn man sich
von all dem nicht einschüchtern lässt
und es einfach mal als eine Herausforderung
sieht, kann es wirklich Spaß
machen. Ihr fragt euch sicherlich, warum
mir das so gefällt? Nun, ich wandere
gerne abwechslungsreich. Die Blockschuttlauferei
ist eben nicht so eintönig
wie das Laufen auf einer Kuhweide. Man muss hier immer vollkommen konzentriert
sein, um jedes mal den richtigen, festsitzenden Stein zu erwischen. Die
Passage unterhalb der Alpeiner Scharte meistert ihr am besten, wenn ihr euch
an den eigentlichen Weg haltet. Abkürzen würde ich hier nicht. Und die eigenen
Wanderstöcke bringen nur bedingt etwas. Im Fels- bzw. Blockgestein empfahl
ich jedem, den ich sah, sich die Wanderstöcke in den Rucksack zu packen. Wenn
man allerdings nicht genug Gleichgewicht mitbringt, kann man sie auch gerne
benutzen. Beachten sollte man aber auf jeden Fall, die Hände nicht in die
Schlaufen zu legen. Das kann im dümmsten Fall, einem auch mal schnell die
Handgelenke brechen. Und dann ist die Tour schneller vorbei, als man gedacht
hätte. Nach den Blocksteinen geht es neben vereinzelten Bachläufen bergab in
Richtung Tal.
Zu meiner Zeit führte der Weg weiter unten über ein mit Geröll bedecktes Schneefeld.
Hier kam ich schwer drauf und noch schwerer wieder runter.
Wichtig ist hier nur eines, dass ihr auf dem Wipptaler Höhenweg mit der Nr. 528
weitergeht. Hier oben auf knapp 2300 m Höhe läuft man gleichbleibend auf
Blockschutt bis zum Zamser Bach. Dann noch leichte 50 Tiefenmeter und man
erreicht das Pfitscher-Joch-Haus. Zudem übequert man auch die österreichischitalienische
Grenze. Erst wollte ich hier eigentlich eine Pause machen, aber
irgendwas in mir lies mich weiterlaufen.
Der Tiroler Höhenweg Nr. 3 führt laut
Wegweiser in gut 2,5 Stunden zur
2693 Meter hohen Landshuter Europahütte.
Vor mir sah ich zwei Frauen die
zügig in dieselbe Richtung gingen. Die
beiden hatten ein verdammt schnelles
Tempo drauf, und ich versuchte aus
Spaß heraus einige 100 Meter dahinter
Abendblick von der Europahütte
Grenzstein Österreich - Italien
Schritt zu halten und aufzuholen. Ich überholte also Gruppe für Gruppe. Doch
nach gut zwei Stunden verließ mich nun auch meine Kraft und der Abstand
wuchs. Ich muss aber auch dazu sagen, die Wegbeschaffenheit hier frisst einem
so manche Kraft. Aber nach ca. acht Stunden zügigen Schrittes bin ich endlich
an der heutigen Hütte angekommen.
Die Landshuter Europahütte liegt mächtig unterhalb der 2713 Meter hohen Friedrichshöhe,
umgeben von Blockschutt. Nach der heutigen Tour gab es für mich
nicht zuerst ein Bier, sondern einen frisch zubereiteten leckeren Kaiserschmarrn
mit Preiselbeeren.
Die Atmosphäre und der Ausblick von der Bergterrasse auf das umliegende Land
waren einfach sensationell. Noch mehr hatte mich aber das Motto und die Gastfreundschaft
hier oben inspiriert. Man spart sich hier, die Speisen und Getränke
der Gäste aufzuschreiben. Stattdessen bekommt jeder einen kleinen Zettel und
soll selbst auflisten und bezahlen, was er bestellt hatte. „Vertrauen gegen Vertrauen“.
Abends konnte man zwischen „a la Carte“ und dem Bergsteigeressen
wählen.
Tag 9
Ein hartes Stück Arbeit liegt vor uns. Heute wird es schwierig.
Auf der Landshuter Europahütte habe ich mir, wie überall eigentlich, zuerst mal
den Bauch vollgeschlagen. Danach ging es gleich um 8 Uhr, an einem Sonntag
wohlgemerkt, los. Für all diejenigen unter euch, die den letzten Tag schon
schwer und anstrengend fanden, denen empfehle ich heute eine andere Route
zu nehmen. Man könnte zum Beispiel nach Kematen absteigen und mit dem Weg
Nr. 4 zum Schlüsseljoch wieder aufsteigen. Dort treffen wir uns dann wieder.
Meine heutige Route hat mich anfangs echt ins Schwitzen gebracht und
schon sehr verunsichert. Habe aber dann schnell gemerkt, dass ich nun
auf italienischen Wegen laufe. Aber dazu später mehr. Für den Rest
von euch, welche sehr trittsicher und schwindelfrei sind, geht es nach
dem Frühstück am Landshuter Höhenweg entlang. Ausgeschildert und
markiert ist er zwar, aber dennoch sucht man zu Beginn schon den richtigen
Weg. Man bezwingt mannshohe Felsblöcke und die großen Brocken
versperren einem die Sicht auf die nächsten Wegpunkte. Ich kann diese Fiesheit
des Weges gar nicht in Worte fassen. Über solch ein Geröllfeld bin ich noch nie
gelaufen.
Das frühe Loslaufen und das fehlende Sonnenlicht hatten aber auch einen
kleinen Haken. Der Morgentau oder die Feuchtigkeit in Verbindung mit den
Flechten, welche auf dem nackten Stein wachsen, minderten erheblich meinen
Halt. Auf trockenem Fels läuft es sich tadellos, aber bei dieser nassen Witterung
zählt jeder Schritt. Einmal hab ich mich selber fast hingelegt. Die Aktion ist
nicht ganz ohne. Allerdings läuft man auch auf einem schwarz markierten
Weg. Es wird einem Felskletterei an Drahtseilen, Engpassagen zwischen Felsblöcken
und steile Weggrate geboten. Der Landshuter Höhenweg geht zuerst
direkt auf die Wildseespitze.
Dieser Weg ist nach wie vor so schwer, wie der bisherige. Kletterpassagen und
Felsblöcke wohin man nur guckt. Nach Erreichen der Spitze, belohnte mich das
Gipfelpanorama für den letzten Kraftakt. Schön!
Schaut man auf die Karte und den weiteren Weg, sieht man, dass man das
schwierigste gemeistert hat. Zuerst steigen wir aber wieder über die Felsbrocken
bergab auf einen breiten Gebirgsrücken. Auf diesen geht es bis zum nächsten
Wegweiser. Mal sehen, was der so sagt.
Gesucht, gefunden. Jetzt stand ich vor der Wahl. Entweder gehe ich auf diesem
Weg weiter und muss hoch auf den Wolfendorn, oder ich steige ab und umgehe
diesen Berg und gehe zum Flatschjoch. Der Aufstieg zum Wolfendorn versetzte
mich schon in ein gewisses Unbehagen, denn bisher war es schon stellenweise
schwierig. Zu zweit hätte ich das Unterfangen gewagt, doch alleine nicht. Daher
siegte bei mir die Vernunft vor dem Wahnsinn. Man muss ja auch nicht alles
mitnehmen. Hier entscheidet ihr für euch selbst. Die Aussicht von dort oben ist
bestimmt sensationell.
Mein Weg ging talabwärts auf dem Weg Nr. 5b und weiter den Weg Nr. 5 zum
Brennmäuerl, wo wir im Flatschjoch wieder auf den Landshuter Höhenweg treffen.
Umgehen können wir die 2566 Meter hohe Flatschspitze jedoch nicht. Ab dem
Joch geht es nun serpentinenmäßig bergauf. Oben angekommen findet man ein
schönes Holzkreuz, und wieder einmal die beste Aussicht bei perfektem Wetter.
Nach kurzem Boxenstopp geht es nun weiter zum Schlüsseljoch, wo wir auf all
Jene treffen, die auf Nummer sicher gehen wollten. Zu Recht, quälen muss man
sich ja nicht.
Auf dem Weg Nr. 4a kommt man nach gut 40 Minuten zum Rifugio Genziana.
Jawohl, richtig gehört. Seit gestern sind wir im italienischen Raum, genauer
gesagt in Südtirol. Die Enzianhütte selber wird sonntags von Früh bis Spät zum
Hotspot von Einheimischen und Wanderern. Da gefühlt jeder hier nur italienisch
spricht, war ich froh, dass das Hüttenteam wenigstens meine Muttersprache
fließend beherrschte. Glücklich machte mich der Kaiserschmarrn nach dieser
schwierigen Etappe sofort. Übernachtet habe ich natürlich auch hier. Abends
habe ich noch Manfred und Rudy kennengelernt, welche einen sehr sympathischen
Eindruck machten. Zwar liegen gut 40 Jahre zwischen uns, aber bei den
richtigen Getränken wie Bier und dem hauseigenen Enzian, wird es schnell lustig.
Die Beiden haben eine fünftägige Fahrradtour vor sich. Wir erzählten uns von
dem, was wir noch vor haben und was wir schon alles erlebt hatten. Anschließend
unterhielte ich mich noch lange bis in die Nacht hinein mit Johannes.
Er war zu dieser Zeit, der dortige Kellner. Wir beide unterhielten uns über sein
Leben, das Land, und die Leute. Er ist schon viel herumgekommen und wurde
bisher noch nie richtig sesshaft. Faszinierend fand ich seine sprachliche Gabe.
Er konnte direkt, am Dialekt den man sprach, herausfinden, aus welcher Region
man stammte. Geboren und aufgewachsen in Bayern, zog es ihn in die weite
Welt. Arbeitete mal in Neapel und dann wieder in Österreich. Aber nun ist er hier
und soweit ich es verstanden habe, will er auch hier bleiben. Über ihn erfahre
und lerne ich viel über die italienische Sprache. Ich hoffe er wird hier glücklich.
Tag 10
Der Weg wir einfacher. Auf nach Sterzing!
Ich muss euch zu dieser Route vorab einiges erzählen. Ich habe die ganze Tour
mit der kostenlosen Version von www.outdooractive.com selbst erstellt. An sich
ging es sehr flott und bequem, doch die zur Verfügung gestellten Onlinekarten
beinhalten nicht alle Informationen einer KOMPASS-Wanderkarte.
Nach der Planung habe ich mir ebenfalls kostenlos die GPX-Dateien heruntergeladen
und in meinem Handy gespeichert. Um die Daten zu öffnen, kaufte
ich mir die Vollversion von der App Ape@map und die in der App zu kaufende
KOMPASS-Karte „Komplett“. Diese beinhaltet ganz Deutschland, Österreich und
Norditalien, sprich Südtirol.
Umgerechnet bezahlt man für App und Karten insgesamt einmalig 50 Euro,
eigentlich günstig. Dieses Konzept habe ich mir von einem der Bergführer
abgeguckt und es klappt perfekt. Ein Handy mit GPS und starkem Akku ersetzen
somit das GPS-Gerät. Mit diesen genauen GPX-Dateien und den sehr übersichtlichen
und informationsreichen Karten, kann man gut arbeiten und vor Ort
besser planen als von zuhause aus.
Um möglichst schnell durch die Alpen zu kommen, nimmt man logischerweise
den vermeintlich sichtbar kürzesten Weg. Für heute hatte ich auf Outdooractive
geplant, von der Enzianhütte wieder hoch auf das Schlüsseljoch und über
Rollspitz 2800 m, Weißspitze 2714 m und Riedspitze 2490 m zu gehen. Denn der
Weg Nr. 3 geht komplett bis nach Sterzing. Auf den Onlinekarten schien es bei
gutem Wetter machbar zu sein. Klar, die einzelnen Gipfelbesteigungen nacheinander
sind schon eine Hürde, daran hatte ich aber vorher nicht gedacht. Doch bei
genauerem Hinschauen, liegt hier im ersten Aufstieg und den noch kommenden
Steigen eine besondere Herausforderung. Wettertechnisch war es auch nicht die
Welt. Strahlend blauer Himmel und die brennende Sonne von oben. Lust hätte
ich schon, aber im schlimmsten Falle würde mir dort oben bei dieser Hitze ein
Sonnenstich drohen. Sicherheitshalber suchte ich mir deshalb den passenden
Umweg für heute. Später fand ich sogar heraus, dass der Umweg eigentlich eine
Abkürzung ist, und ich noch schneller als gedacht im Tal ankomme.
Aber bevor es losgeht, ihr wisst: Frühstücken am Buffet. Die Hütte bietet genug
Essen an, um satt zu werden. Wer alle gebrachten Teller restlos verputzt hat,
kann sich noch bedingungslos am Müslibuffet bedienen - oder schon vorher. Ihr
macht das schon. Eigentlich könnte ich auch einen Essensbericht von der Tour
schreiben, so oft wie ich hier das Essen von den Hütten beschreibe.
Gesättigt und nach bezahlter Rechnung machte ich mich auf den heutigen
Umweg. Ihr könnt es euch aussuchen, wie ihr hier geht. Empfehlen würde ich
aber logischerweise meinen Weg. Man geht heute zuerst zur Zirogalm, welche
übrigens leider keine Übernachtungsmöglichkeiten bietet, sondern nur einen
Almausschank. Das kann sich aber bald ändern. Ein großes Bauprojekt steht an.
Schön auf den Plänen anzusehen, auch wenn sie die alten urigen Bauernhütten
nicht übertreffen können.
Im Tal sieht man Sterzing.
Auf dem Ziroger Höhenweg kommt man recht zügig bis zur Hühnerspielhütte.
Aber aufgepasst, am Anfang ist er schlecht markiert und ein wenig zugewachsen.
Dieser Weg endet und beginnt neu mit einem Schotterweg. Der Weg Nr. 11
geht bis kurz nach der Prantneralm. Danach kann man links auf dem Weg Nr. 3
abbiegen, welcher einen bis nach Sterzing bringt.
Altstadt von Sterzing
In Sterzing selbst kann man in
der Altstadt seine Vorräte wieder
ordentlich auffüllen. Es gibt dort
viele Läden mit regionalen Produkten,
welche ich euch auch ans
Herz legen würde, zu kaufen. Im
Eurospar-Supermarkt südlich von
Sterzing kauft man sich am besten
die Riegel, Snacks, Vitamine
und Dopingprodukte für die nächsten
Tage. Dort deckte ich mich erst
einmal mit Vitamintabletten von
A-Z ein. Wie vorher schon gesagt,
verschnupfte ich mich zwischenzeitlich
wegen einem zu schwachem
Immunsystem. Der Grund
liegt ganz klar auf der Hand. Wenn
man innerhalb von gut drei Wochen
fast jeden Tag Höchstleistung bringt
und sämtliche Kalorien, Mineralien
und Vitamine verbraucht, welche
man nicht zu 100 Prozent wieder
auffüllen kann, wird man anfällig
für Krankheiten.
Um dem vorzubeugen, gab es für die nächsten Tage täglich frühs eine Tablette
Magnesium und einen Vitamincocktail. Und siehe da, es half. Keine Schwäche,
Muskelkater oder Krankheiten behinderten mein weiteres Vorhaben. Allerdings,
was mir hilft, muss nicht zwangsläufig euch helfen.
Als Übernachtung wählte ich in Sterzing das Hotel Brenner. Preiswert, gutes
Frühstück und mit schönen Zimmern ausgestattet, liegt es aber leider direkt an
dem Grenzrastplatz. Nachteil ist folglich zum einen der Lärm der ganzen Autos
und LKW, zum anderen die Entfernung zur Stadtmitte. Man kommt aber über
die drei Straßen, welche vor dem Ortskern liegen, gut hinüber. Oder besser
gesagt darunter durch. Der Weg ist ausgeschildert und gut begehbar.
Tag 11
Erster Ruhetag
Viel muss ich hierzu eigentlich nicht sagen. Für mich gab es heute nur Eines:
Faulenzen, Ausschlafen, Chillen und etwas Planung für die nächsten Tage.
In Sterzing könnte man sich im Schwimmbad, welches wegen Corona leider
geschlossen hatte, prima erholen. Planungsmäßig habe ich mithilfe meiner
Eltern die nächsten Hütten, Gasthöfe und Hotels gebucht.
Die Route wurde aufgrund der noch zur Verfügung stehenden, freien Hotelzimmern
wieder angepasst, welches aber auch nicht schlimm war. Mehr dazu
aber später. Diesen Ruhetag habe ich mir nach zehn abenteuerlichen Tagen
freilich verdient!
Tag 12
Sofort wieder voller Körpereinsatz. Heute geht es fast nur bergauf.
Für heute war bei mir eigentlich gutes Wetter vorhergesagt. Ab dem Nachmittag
sollte es dann aber anfangen zu regnen. Ich selbst bin um 9 Uhr wieder auf
die Wege. Westlich vom Hotel Brenner geht die Hauptstraße an einem Reifenprofi
vorbei. Weiter vorne steht auf der rechten Seite der Wegweiser, wo das
Mandlseitejoch und der 2422 Meter hohe Zinseler ausgeschildert werden. Man
folgt dem Weg Nr. 14 komplett. Nehmt am besten immer den Wanderweg.
Dieser ist kürzer als der daneben führende Forstweg. Serpentinen kann man
leicht abkürzen.
Oben auf dem Zinseler angekommen, bietet sich eine traumhafte Landschaft.
Eigentlich ist es ja egal, wo man steht. Auf einem Gipfel zu stehen, welcher noch
dazu von einem Kreuz geschmückt wird, ist es immer schön.
Rückblick auf Sterzing
Altes Gipfelkreuz auf dem Zinseler
Weiter südlich kann man das Penser Joch schon sehen. Der Alpenrosenhof ist
nun in greifbarer Nähe. Auf dem Sarntaler Höhenweg Nr. 15 gelangen wir
problemlos hinunter. Empfehlenswert ist es, über die Straße zu gehen und wieder
dem Weg Nr. 14 bis zur Tageszielhütte zu folgen. Man könnte auch auf der Teerstraße
das letzte Stück gehen, aber bei diesem Verkehr muss das nicht sein.
Die Passstraße zum Penser Joch ist heiß begehrt. Hier fahren viele Motorräder,
Autos und ein paar verrückte Fahrradfahrer gerne hoch. Wobei ich ehrlich gesagt
nicht viel besser bin. Ende September bin ich selber mit meinem Mountainbike in
vier Tagen durch die komplette Schweiz zum Lago Maggiore gefahren.
Zurück zum Wichtigen. Der Alpenrosenhof
ist ein nettes Hüttchen. Speisen
und Preise für Kost und Logie sind
in Ordnung. Das Duschen ist im Preis
mit inbegriffen und die Räumlichkeiten
sind auch nicht von schlechten Eltern.
Ich selbst bin hier im Großen und
Ganzen voll zufrieden. Beim Essen
kann man sich auch nicht beschweren.
Für die große Auswahl an „a la Carte“-
Gerichten und die mächtigen Portionen
gibt es einen zusätzliche Pluspunkt.
Die Gastgeber könnten für solche
leckere Gerichte sogar ein paar Euro
mehr verlangen. Als kleine Vorspeise
hatte ich einen Kaiserschmarrn und zum
Hauptgang eine Bolognese mit Speck,
Erbsen, Parmesan und weiteren guten Zutaten. Angerichtet in einer Pfanne war
ich wunschlos glücklich und vor allem ganz wichtig, SATT.
Die Nacht allerdings war kurz. Daher habe ich mich auch früher als gewohnt in
die Waagerechte gelegt.
Tag 13
Der frühe Vogel fängt den Wurm. Der Wecker klingelte
schon um 4.30 Uhr!
Ich hatte gestern mit der Chefin des Hauses
ausgemacht, am Morgen bereits um 6.00 Uhr,
ohne Frühstück loszugehen.
Dies wusste ich bereits seit vorgestern und
hatte mich dementsprechend mit zusätzlichem
Proviant eingedeckt.
Laut dem eigentlichem Bericht auf alpenquerung.info
sind es zwei Etappen von dem
Alpenrosenhof zur Flaggerschartenhütte und
dann zum Latzfonser Kreuz. Es hieß,
man läuft in insgesamt gut neun Stunden
zwei Etappentage, welches mir doch sehr
suspekt erschien. Daher beschloss ich, alles an einem langen Tag durchzuziehen.
Ist zwar ganz schön viel, lohnt sich aber, wenn man schon früh losgeht. Nicht nur,
dass man im Osten die ersten aufgehenden Sonnenstrahlen beobachten kann,
sondern sich mit all dem noch einen Tag sparen kann. Diesen einen Tag kann
man zum Beispiel mehr am Gardasee verbringen.
Man geht heute vom Penser Joch auf den
Wegen Nr. 14b später 13a und zuletzt
Nr. 13 bis zur Flaggerschartenhütte.
Diese Hütte wird von einem vier köpfigen
Team geleitet. Zu meiner Zeit waren
aber nur Jonas und Tanja im Hause.
Von hier aus steigt man erst kurz
Richtung Durnholz ab. Danach schildert
man uns die Fortschellscharte auf
2299 m Höhe und das anschließende
Latzfonser Kreuz aus.
Rast auf der Flaggerschartenhütte
Schutzhütte Latzfonser Kreuz mit Wallfahrtskapelle
Die Schutzhütte Latzfonser Kreuz liegt
auf 2305 m und ist der höchste Wallfahrtsort
von Europa. Man sieht erst die
kleine süße Kapelle und weiter rechts
dann die dazugehörige Unterkunft. Das
hört sich jetzt vielleicht nach einem
netten Spaziergang an, ist es aber nicht.
Mit Geröllfeldern, kleinen Kletterstellen
und vor allem mit einem langen zerrenden
Weg haben wir es heute zu tun.
Man kann zeitweise den vor uns liegenden Weg lange betrachten. Dies führte
dazu, dass ich des Öfteren eine Pause einlegte und mich fragte, wann ich nun
endlich ankommen würde. Kennt ihr das Gefühl? Ach, was ich vielleicht noch
sagen müsste. Man geht heute lange Zeit auf dem Hufeisenweg entlang. Dieser
ist bekannt dafür, dass hier viele private Pferde grasen.
Auf dieser gesamten Tour habe ich alles gesehen, was die Alpenfauna hergab.
Pferde, Scharfe, Ziegen, Steinböcke, Kühe und die kleinen süßen Murmeltiere.
Fast wie auf einem Bauernhof. Auf der Hütte war es heute bei mir sehr überschaubar.
Sieben Personen sind es heute, die hier übernachten und allesamt Deutsche.
Das wird vorerst das letzte Mal sein, dass ich mich auf deutsch mit anderen unterhalte
oder gar deutsche Touristen sehe.
Sehr imposant ist der Blick von der Terrasse auf die westlichen Dolomiten. Die
Landschaft hier in den Sarntaler Alpen ist einfach unbeschreiblich schön. Nun
zum wichtigsten Teil des heutigen Abends. Ihr könnt es euch sicherlich schon
fast denken. Richtig, das Abendessen! Und hier erwartete mich eine große Überraschung,
gepaart mit einer noch größeren Gastfreundschaft. Das Abendessen
war anfangs für mich schon etwas zu wenig.
Es gab ein Süppchen und danach Bratkartoffeln mit Ei und Speck. Also für uns
Ganz-Tages-Läufer, war dies meiner Meinung nach etwas zu wenig. Zumal sind
wir heute auch ganze neun, wenn nicht sogar zehn Stunden, unterwegs gewesen.
Aber beschweren würde ich mich hier natürlich nicht. Man kann schließlich froh
sein, überhaupt etwas zu bekommen.
In DAV-Hütten kann man soweit ich weiß, immer nach einem „kostenlosen“
Nachschlag fragen, doch wir sind hier in Italien. Hier übernachten wir in privaten
Hütten. Nach dem Abräumen des Hauptganges fragte der Hüttenwirt namens
Rene, ob es allen geschmeckt habe und ob jeder satt geworden sei. Nun, da antwortete
ich: „Naja, Hunger hätte ich noch.“ Daraufhin er: „Warte, ich mach dir
noch was.“ Danach verging etwas Zeit und das Ende vom Lied war, es gab noch
eine große Portion Bolognese a la Südtirol.
Ihr erinnert euch vielleicht noch an die Bolognese in der Pfanne vom Penser
Joch? Diese hier war ungelogen genauso groß, schmeckte aber viel besser. Ich
hatte ja eigentlich mit einer zweiten Portion Bratkartoffeln gerechnet, doch stattdessen
kam ein völlig anderes Gericht als Nachschlag. Eine Bedingung gab es
aber! Rene wollte seinen Teller wieder leer zurück haben! Löffel für Löffel genoss
ich meinen mit Abstand besten Nachschlag. Ach ja und einen Nachtisch gab es
ja auch noch. Danke dir Rene. Irgendwann
komme ich mal wieder. Bombensatt
und glücklich gab es dann noch
das ein oder andere Bierchen, bevor ich
mich auf den Dachboden zum Schlafen
legte. Kurz darauf brach dann auch das
erwartete Gewitter über uns ein.
Mann, das hat über mir beziehungsweise
dem Dach gekracht. Einfach Klasse.
Tag 14
Die große und nasse Überraschung an einem trockenen Tag
Nach einer sehr erholsamen Nacht, bin ich wieder mit hungrigem Magen aufgestanden.
Manchmal glaube ich, ich hätte einen Bandwurm in mir, der alles vor
mir verschlingt. Die Riesenportion von gestern hätte eigentlich noch sättigen
müssen. Das Frühstück selbst enttäuschte mich ebenfalls nicht. Gut gestärkt
und voller Tatendrang brach ich schließlich auf. Der Weg heute ist eigentlich keine
große Hürde. Einzig und allein der letzte Abstieg nach Sarnthein, könnte mit
seinen 1500 Abstiegsmetern Schwierigkeiten machen.
Man geht von dem Latzfonser Kreuz zuerst auf dem Weg Nr. 1 lange gerade
aus. Sowohl gestern, als auch die Tage zuvor, hatte es hier lange stark geregnet.
Die weite Wiesenlandschaft, welche wir hier durchqueren, wurde
zu einer riesen großen Morastpfütze. Zum Glück läuft man hier überwiegend
auf Brettern und Holzpfaden. Entweder verdanken wir dieses Geschenk den ansässigen
Bauern oder des zuständigen Wegebaus.
So wie es schien, ist dieses Feuchtgebiet hier keine Seltenheit. Schon gar nicht
nach diesen Regenfällen.
Aber trotz der Bretter musste ich des Öfteren auch mit meinen noch trockenen
Schuhen durch diese mit Wasser vollgesaugten Moosteppiche stiefeln. Meine
Schuhe sahen vielleicht aus! Aber dafür sind sie ja da. Ich betete zwischenzeitlich
zu Gott, er möge mir doch mein Paar Stiefel diesmal trocken halten. Denn
seit der vierten Etappe weiß ich, dass mein linker Schuh undicht ist. Ich hoffe
mal, euch passiert solches Pech nicht.
Bei trockenem Untergrund zählt dieser Weg mit der umliegenden, wunderschönen
Landschaft zu einer der schönsten Strecken. Man glaubt zeitweise gar nicht,
dass man mitten in den Alpen läuft. Warum? Naja, dieses Gebiet hier dehnt und
streckt sich über weite Kilometer zu einem großen Hochplateau.
Nachdem wir auf den letzten Holzpfaden den Morast überqueren und über
das letzte Zaungatter klettern, folgen wir dem Weg Nr. 6. Dieser bringt uns
an der Pfroder Alm vorbei und bergauf zum Totenkirchl. Das Totenkirchl ist eine
kleine Kapelle unterhalb des Totensees. Den Namen hat sie von der toten, kargen
Landschaft die sie umgibt. Hier oben auf rund 2200 Metern gab es für mich
die erst kleine Pause.
Das Panorama hier oben ist phänomenal. Und siehe da, schwere Wolken zeigen
sich und laden auf einen weiteren Regenguss ein. Als ich das sah, zog ich die
passende Kleidung vorsorglich sofort an. Glücklicherweise kam die Wolkenfront
aber nicht vollständig bis zu uns.
Das Eisacktal, welches sich weiter südöstlich befindet, hatte es dagegen voll abbekommen.
Man sah von hier, wie und wann sich die Wolken öffneten und es zu
einem Wolkenbruch kam. Nochmal Glück gehabt, dachte ich mir während dem
Laufen. Und kurz darauf hatte ich mich schon wieder leicht verlaufen.
Auf dem Weg Nr. 2a geht man am Totensee
rechts ab. Ich Dummerchen bin natürlich
links und erstmal einige hundert
Meter in die falsche Richtung! Glücklicherweise
schau ich regelmäßig auf mein
Handy um meinen genauen Standort zu
ermitteln. Naja, halb so wild dachte ich mir
und gehe wieder den Teil zurück.
Hätte ich Zeit übrig gehabt, hätte ich die
schönen Sonnenliegen am See für eine
weitere Rast genutzt.
Der Weg Nr. 2a führt mit leicht machbaren
Serpentinen rauf auf den 2509 Meter
hohen Villandersberg. Übrigens, die beiden
Gipfelkreuze hier, und weiter hinten auf der
Sarner Scharte sind jeweils schöne Fotomotive.
Am Ende des Weges geht es noch hinab in das Schartl, wo man bei Unwetter im
Sarner-Scharten-Biwak Unterschlupf findet. Der vor uns liegende Abstieg hat es
schwer in sich. Der Weg Nr. 3 führt uns bis nach Sarnthein hinein und lässt uns
ab und zu noch ein bisschen Geschichte schnuppern. Ich hatte es in meinem
Fall ab hier aber sehr eilig. Aufgrund von Schlechtwetter fotografierte ich die
Infotafeln und Sehenswürdigkeiten nur schnell ab. Ich hörte aus der Ferne schon
das Grollen des Donners. Trotzdem muss man aber die Ruhe und Trittsicherheit
bewahren. Die Trittsicherheit hat aber ab und an doch mal nachgelassen. Und
wer hätte es gedacht, einmal kurz unkonzentriert und an die Folgen eines Gewitters
in den Bergen gedacht, da lag ich mit vollem Gepäck auf dem Hosenboden.
Auch ein Profi macht mal ein Fehler, witzelte ich und rappelte mich wieder auf.
Hier kann mir das gerne passieren, aber auf einem schmalen schweren Gratweg
bitte nicht. Naja, weiter geht’s. Ist ja nichts passiert.
Man kommt weiter unten am Almschank Tengler und einem eigens errichtetem
Fischzuchtteich vorbei. Laut meiner Planung, wollte ich hier eigentlich übernachten,
doch wie der Name schon sagt, gibt es hier nur Speisen und Getränke.
Irgendwann kam ich vor lauter Unruhe vom Wege ab und musste ein steiles
Stück Waldgebiet querfeldein hinuntersteigen. Ohne zu wissen, was mich weiter
unten erwarten würde.
Ich hoffte, dass ich nicht unten in einer Sackgasse stecken bleibe und den
ganzen Weg wieder rauf müsste. Doch glücklicherweise kam ich auf dem eigentlichen
Weg wieder raus und hatte somit eine Abkürzung genommen. Versucht
aber bitte nicht meinen Spuren zu folgen und dies so waghalsig nachzumachen.
Mal geht es gut und eben mal wiederum nicht.
Regen, Blitz und Donner läuteten witzigerweise meine Ankunft in Sarntal ein.
Und meine Beine, ja die meldeten sich jetzt auch noch zu Wort. Klar ein Abstieg
von gut 1500 Metern bleibt erstmal nicht unbemerkt. Gerade dann, wenn dieser
zum Schluss kommt. Untergebracht war ich für heute in dem vornehmen Hotel
Olympia. Dieses kann ich euch auch nur wärmstens empfehlen. Als ich ankam,
traute ich mich gar nicht mit meinem Hab und Gut einzutreten. Ich war von oben
bis unten dreckig und an meinen Schuhen klebte der Schmutz vom Allerfeinsten.
Weil ich mich nicht traute, zog ich meine Schuhe sogar noch extra vor dem Eingang
aus. Schätze, das hat den Chef dann doch neugierig auf mich gemacht.
Nach einem sehr freundlichem Check-In, habe ich mich meiner Sachen entledigt
und bin sofort ab in die Sauna. Der Wellnessbereich ist übrigens sehr schön
hergerichtet. Man kann hier zwischen einer Dampf- und einer heißen Sauna
wählen. Zwischenzeitlich war ich so fix und fertig, dass aus einer halben Stunde
Saunapause schnell mal eine ganze Stunde wurde. Da habe ich wohl ein kleines
Nickerchen gemacht. Auf diesen Liegebänken konnte man aber auch gut
schlafen. Hier fühlte ich mich nach den Saunagängen wie ein neugeborener
Mensch.
Das Abendessen war auch in Ordnung. Ich selber bin aber kein Fan von einem
Vier-Gänge-Menü. Ich werde da irgendwie nie satt, aber wahrscheinlich geht es
nur mir so. Aber wichtiger als das Abendbrot ist für mich natürlich das Frühstück.
Und das war mit Abstand bisher das Beste.
Tag 15
Der Weg wird einfacher.
Letzte Nacht habe ich so richtig gut geschlafen. Mein Bett war aber auch sehr
bequem. Ich wäre am liebsten gar nicht mehr aufgestanden. Doch es muss
weiter gehen. Nach einem sehr großen und reichhaltigem Frühstücksbuffet, mit
allerlei köstlichen Speisen und regionalen Produkten, war ich bereit in den Tag zu
starten. Ich ging ich an der für Maria Himmelfahrt festlich geschmückten Kirche
vorbei, in Richtung des Gemeindehauses.
Am Ende der Straße, ging es endlich wieder auf den Wanderweg mit der Nr. 5.
Gute 700 Höhenmeter warten von nun an auf uns, bis wir zur ersten Hütte dem
Putzer Kreuz, kommen. Am Gasthof angekommen ging ein Weg geradeaus, und
der andere scheinbar direkt in den Hof. Nach mehrmaligem Verlaufen, nahm ich
den letzteren und gelang zur Jenesier-Jöchl-Alm. Da hier heute Sonn- und Feiertag
war, kamen mir auch viele Spaziergänger entgegen.
Viele freuten sich über die so zahlreich vorhandenen, an den Wegen wachsenden
Heidelbeerpflanzen. Und ja, sie schmeckten sehr lecker. Auf der Jenesier-Jöch-
Alm kann man bei Bedarf auch eine schöne Rast machen. Ansonsten geht der
Weg weiter nach Egger. Egger ist eine kleine bäuerliche Häusergruppe, schön
anzusehen und in ruhiger Lage gelegen.
Auf Asphalt geht es in Richtung der Hauptstraße auf einen großen Parkplatz.
Ab hier ist unser heutiges Ziel Langfenn gut ausgeschildert. In gut 20 Minuten
erreicht man dann auch diesen Gasthof. Er liegt in idyllischer Lage direkt neben
einer alten Kirche am Fernwanderweg E5. Witziger Weise erfuhr ich von den Besitzern
des Gasthofes, dass der Schutzpatron der Kapelle der Heilige St. Jakob
sei. Dann hab ich ja alles richtig gemacht, dachte ich mir so. Die Kirche ist von
außen leider verschlossen, daher konnte ich sie mir nicht von innen anschauen.
Trotzdem schön! Einen Blick durch das Schlüsselloch erhaschte ich mir aber
dennoch. Der Gasthof Langfenn bietet viele frische leckere Gerichte, welche
teilweise sogar vom eigenen Bauernhof stammen. Früher, als noch viele
E5-Wanderer hier vorbei kamen, bot die Familie ihre Zimmer zur Nächtigung an.
Doch mittlerweile sind sie auf den Gastrobetrieb für Tagesgäste umgestiegen.
Also falls ihr hier übernachten wollt, sagt bitte rechtzeitig Bescheid. Ich denke
mal, sie freuen sich auf euch. Der Grund für das Ausbleiben der Fernwanderer
sind wohl die Bergschulen. Ihr E5 geht nur von Oberstdorf bis nach Meran, ein
Bruchteil vom eigentlichen Weg. Mit vielen Transfers und Bergbahnen schummelt
man sich durch die Täler und reist so von A nach B in gut acht Tagen. Ich selbst
habe an so einer Tour auch schon teilgenommen.
Die Originalroute, welche eindeutig mit 3200 km zu lang ist, führt von der
Atlantikküste Frankreichs, durch die Bretagne über die Alpen nach Verona. Jetzt
aber genug der vielen Infos, es dreht sich hier schließlich um eine andere Alpenüberquerung.
Heute war ich wieder mal der einzige Übernachtungsgast. Aufgrund dessen, konnte
ich mir auch aus der Speisekarte etwas aussuchen. Geschmacklich waren die
Spinatknödel mit Parmesan und Olivenöl einfach sensationell.
Tag 16
Abstieg bei sonnigem Wetter nach Andrian
Der einzige Übernachtungsgast zu sein, hatte morgens am Tisch, einen großen
Vorteil. Ich hatte das Gefühl, mehr als gewöhnlich zu bekommen. Daher ist der
Gasthof Langfenn auch einer meiner persönlichen Geheimtipps. Nicht nur wegen
dem Essen, sondern auch in Bezug auf die idyllische Lage, war es einfach ein
purer Genuss hier zu rasten. Das beweist wahrscheinlich auch die hohe Anzahl
an Tagesgästen.
Wir laufen heute, wie gestern auch, auf
Teilen des Fernweges E5. Ein breiter
Weg, welcher links und rechts mit hölzernen
Weidezäunen abgegrenzt ist, führt
uns auf dem Weg Nr. 1 erstmal nur in eine
Richtung. Haltet hier die Augen stets
offen, denn hier und da sind kleine Kunstwerke
am Boden oder in den Bäumen
versteckt.
So wurde zum Beispiel auch das Gesicht
von Jesus Christus in einen Baum geschnitzt.
Auf einem Wegweiser geht es dann rechts
ab, Richtung Gschnoferstall auf den Weg
Nr. 7a. Hier wurde es für ganz kurze Zeit
nochmal knifflig. Nein, nicht der Weg
sondern die vielen Kühe, welche auf dem
ganzen Weg standen. Also Arschbacken zusammen kneifen und weiter. Vom
Gschnoferstall geht es zum Wieserhof und mehrere Meter unterhalb des Gasthofes
kann man die Geschichte der Erdpyramiden bewundern.
Sieht echt phänomenal aus, wie diese
großen Felsen auf den Erdspitzen thronen.
Da fragt man sich doch wieder, wie
Mutter Natur das wohl hinbekommen
hat. Sie ist halt ein echter Künstler.
Oder war es vielleicht doch wie in der
Sage, der Sohn des Bauernhofes? Wer
weiß das schon.
Nach dieser geschichtsträchtigen Rast,
ging es auf einer Teerstraße, rechts ab
nach unten. Nach langem Folgen kommen
wir schließlich bei den Nobler Höfen
an. Wenn man auf die Karten schaut,
sieht man, dass unser Wanderweg
Nr. 8, weiter südlich am unteren Waldanfang
beginnt. Dieser Weg geht anfangs
leicht und später steil abwärts.
Und dennoch läuft es sich sehr amüsant. In meinem Fall war er gespickt mit so
manchen kleinen Hindernissen. Mal war der Weg von Geröll übersät oder es lagen
eins bis zwei Bäume komplett quer. Am Ende kommen wir an sehr alten, teilweise
schon heruntergekommenen Höfen vorbei. Hier stand auch so manch alter
vergreister Obstbaum.
Witziger Weise hingen
diese, wie so oft auch
zum Brechen voll.
Der nun folgende Weg
geht in leichten Serpentinen
durch einen
sehr alten, urig ausschauenden
Wald. Hier
ist so wie es scheint,
schon lange keiner
mehr mit dem Auto
durchgefahren. Hier
ragen die Brombeersträucher
und andere
Hecken quer auf die
Straße.
Ein bisschen wie in einem Urwald, dachte ich mir so. Die weiteren kleinen
Dörfchen, welche übrigens nicht einmal mehr bei Google Maps zu finden sind,
sind erst Montigl und dann Holzmannen. Von Letzterem kann man auch den Burgenweg
Nr. 3 nehmen. Man kommt hier direkt an der eindrucksvollen Burgruine
„Maultasch“, oder auch „Einhaus“ genannt, vorbei. Ich habe mir bestimmt eine
halbe Stunde oder länger das Innere der Ruine angeschaut.
Mich selber interessiert ja das Mittelalter mit seiner Geschichte und den vielen
verschieden aufgebauten Burgen besonders. Kleiner Tipp! Es gibt hier einen
einzigartigen Höhlenzugang zu den burginneren Räumen. Man zahlt hier keinen
Eintritt. Die Ruine ist jederzeit zugänglich. Was will man mehr. Auf einer einzementierten,
metallenen Platte, kurz nach dem ersten Tor, ist ein grober
Bauplan der Burg zu sehen. Man kann zum Beispiel die Überreste des Bergfriedes,
Wärterhauses, Zwingers, der Kapelle und des Palastes bewundern. Wenn
man genau hinschaut,
kann man im Bergfried
selbst die ehemaligen
Treppen und
die mehreren Etagen
entdecken. Hier kann
man die Geschichte
noch fühlen. Unterhalb
der Burgruine geht
unser Weg in zwei
Richtungen weiter. Ich
hoffe, dass der linke
Weg für euch wieder
freigegeben ist. Ich
musste den anderen
Weg nach Terlan, mit
Blick auf Terlan
gut 30 Minuten Verlängerung nehmen. Abgesperrt ist halt abgesperrt. In Terlan
angekommen ging es für mich durch die Weinfelder und entlang der Hauptstraße
nach Andrian zum Stamser Hof. Rückblickend würde ich euch hier einen stetigen
Blick auf das GPS-Gerät oder die Landkarte raten. Wir biegen oft ab und man
kann sich auch schön verlaufen. Ihr müsst für euch selbst entscheiden, wo ihr
heute nächtigen wollt. Aber vorab, wir müssen morgen so oder so nach Andrian
gehen, um nach Kaltern zu gelangen. Also dachte ich mir, ich suche mir gleich
etwas in dem idyllisch, kleinen Örtchen. Der Stamser Hof bot mir ein einfaches
geräumiges Doppelzimmer mit Abendessen und Frühstück an. Lecker gegessen
und glücklich vom Tag, fiel ich schlussendlich nur noch in mein großes Bett.
Für das heutige Kino sorgte noch ein starkes, trockenes Gewitter. Herrlich.
Tag 17
Entlang vieler Burgen geht es heute endlich nach Kaltern.
In Andrian geht man gut gestärkt vom
Hotel in Richtung Steinbruch. Dieser
liegt westlich der oberen Bushaltestelle.
Der Hocheppaner Weg Nr. 2 führt
an einem alten Kreideturm vorbei, Richtung
Burg „Hocheppan“.
Hier kann man wenn nötig, die erste
Pause einlegen. Kinder und all jene, die
gerne mit Pfeil und Bogen schießen,
können im burglich gestalteten Bogenparcour
ihre Künste unter Beweis stellen.
Hätte ich mehr Zeit gehabt und
wäre mit Gleichgesinnten unterwegs
gewesen, hätte ich bestimmt unseren
eigenen kleinen Wettkampf gestartet.
Aber für mich ging es ohne Päuschen
zur Ruine „Boymont“ und über den Weg
Nr. 8a, mit regelrecht schwerem Treppensteigen,
auf die Hauptstraße.
Äußerst krumm gewachsene Bäume
Die Burgen werden übrigens hier oben täglich bewirtschaftet. Aber so, dass
montags beispielsweise die Burg „Hocheppan“ und dienstags dann „Boymont“
für die Besucher öffnet. Weiter südlich nahm ich noch den Weg Nr. 8 und 8b. Man
kann auch von „Hocheppan“ aus, einen bedeutend leichteren Weg nach Pichler
und später nach Steinegger nehmen. Hierzu geht man den Weg Nr. 14 und später
die Nr. 8 parallel zur Straße.
Als ich zu Hause noch die Tour plante, wollte ich ab Steinegger auf den Mendelpass
und in Mendel übernachten. Doch da ich für heute so gut wie keine Übernachtung
finden konnte, musste ich runter nach Kaltern. Und nach langem Hin
und Her, entschied ich mich, den zweiten Ruhetag ebenfalls in Kaltern zu verbringen.
Was ehrlich gesagt die beste Entscheidung war. Aber dazu später mehr.
Weinberge soweit das Auge reicht
Nun geht es erstmal weiter.
Vom Steinegger laufen wir
auf dem Weg Nr. 7a zu einem
geologisch- und wettertechnischen
Hotspot. Am Fuße
des Gandberges findet sich
auf gut 500 Meter Höhe das
Biotop „Eislöcher“, welches
eine trockene, natürliche
Abkühlung an einem heißen
Sommertag bietet. In einer
rund 200 Meter langen Mulde
wird es, wenn man absteigt,
plötzlich eisig kalt. Und das
sogar dann, wenn der Tag
30° C Sommerhitze bietet.
Hier herrscht immer die
gleiche Temperatur von
ca. 0–9° C.
Dieses Naturphänomen kann physikalisch ganz einfach als eine Windröhre
erklärt werden. Warme Luft steigt von oben durch Porphyrblöcke nach unten,
kühlt sich ab und entweicht aus den sogenannten Eislöchern in die Mulde. Diese
kalte Luft bildet dann einen gut fünf Meter hohen Kaltluftsee. Steigen wir Richtung
Kaltern auf dem Weg wieder auf, tauchen wir aus dem See aus und es wird
wieder angenehm warm. Am Ende kommen wir am nördlichsten Ortsteil von
Kaltern heraus. Leider muss ich von hier bis zu meinem Vier-Sterne-Hotel noch
einen gut einstündigen Fußmarsch auf Asphalt meistern. Doch das nehme ich
gerne in Kauf. Der Goldene Stern klingt wie ein gut bürgerlicher Gasthof. Von
außen sah er auch danach aus. Aber von Innen, ach du Heiliger!
Die Inneneinrichtung, der
Empfang, die Zimmer, alles
so luxuriös. Wo bin ich denn
hier gelandet?
Ich kann den Luxus ehrlich
gesagt gar nicht in Worte
fassen. Liegt vielleicht auch
daran, dass ich vom Land
komme.
Nach dem Hörensagen, ist
die eigene Pizzeria des Hotels,
eine der Besten der
Stadt. Diesen Tipp bekam
ich von Jonas, welchen ich
doch auf der Flaggerschartenhütte
traf.
Diesem werde ich morgen Abend auch
nachgehen. Heute ging es in die Kalterer
Weinstube.
Hauptattraktion ist aber natürlich der
Kalterer See. Es gibt eigentlich viel zu
viel um hier alles aufzuzählen. Das waren
eigentlich nur die Sachen, die ich mir
angeschaut habe. Ach und bevor ich es
vergesse: Der Kalterer Bahnhof wurde zu
einem Kino umgebaut. Bei gutem Wetter
kann man raus in das Open-Air Kino und
bei schlechtem Wetter schaut man sich
drinnen die Blockbuster an. Zum Glück
spielten sie heute Abend Star Wars:
Der Aufstieg Skywalkers ab. Da ich im Hotel bewusst nur Frühstück mit dazu
gebucht habe, gab es nach einer Pizza noch einen Kinohit.
Satt, müde und vor allem glücklich ging es in meinem „Luxuszimmer“ zu Bett.
Tag 18
Mein zweiter Ruhetag. Der hat sich voll gelohnt.
Richtig Ruhe hatte ich glaube ich, erst ab zirka 12 Uhr. Nach einem
bombastischen Frühstück habe ich zuerst einen meiner Hotelgutscheine
eingelöst. Da gab es frühs schon den ersten Aperol Spritz. Damit kann man auf
jeden Fall gut in den Tag starten.
Zuerst habe ich danach den vollen
Dienstagsmarkt besucht. Ich war auf der
Suche nach bestimmten Gewürzen, welche
ich für zu Hause noch brauchte. Leider
fand ich sie nicht, aber dafür eine sehr
lecker Eisdiele. Diese befindet sich auf
dem Marktplatz links hinter dem Gasthof
des Weißen Rößl. Danach suchte und fand
ich noch den passenden Bankautomaten
und eine Postfiliale. Muss ja schließlich
auch mal meine Postkarten verschicken,
welche ich seit gut sechs Tagen schon
mit mir mitschleppe. Anschließend ging
es zum Kalterer See zum Baden und zum
Seele baumeln lassen.
Ab hier fand ich Ruhe. Um ca. 15.30 Uhr
habe ich mich in die sogenannte Wein-
Schmiede gesetzt. Diese Weinbar befindet
sich direkt gegenüber von meinem Hotel. Sie wird von Früh bis Spät gut besucht
und bietet allerhand regionalen Wein an. Zu jedem Glas Wein bekommt man
eine Kleinigkeit zu naschen. Das Ambiente und die Weinauswahl können sich
echt sehen lassen. Hier fand ich auch zwei für mich sehr leckere Weine. Einen
Gewürztraminer und einen Goldmuskateller. Beide direkt aus der Umgebung von
Kaltern. Das nenne ich mal Wellness für den Gaumen!
Gegen sieben oder halb acht Uhr folgte ich dem Tipp noch, in der Pizzeria des
Goldenen Sternes zu Abend zu Essen. Wichtig für Euch. Reserviert euch auf
jeden Fall einen der heiß begehrten Plätze. Wenn die Pizzeria schon einmal
öffnet, und das tut sie nicht die ganze Woche über, wird es proppe voll. Kennt
ihr eine Ufopizza? Ich zumindest nicht. Einen Grund mehr sie mir mal näher anzuschauen.
Im Prinzip eine normale Pizza, über welche noch ein weiterer Boden
kommt. Am Ende bläht sie sich so sehr aus, dass man meinen könnte, man hat
ein kleines außerirdisches Raumschiff vor sich. Witzig! Schade, dass ich kein Bild
gemacht habe. Vergessen werde ich es aber ohnehin nicht. Nach diesen vielen
Erlebnissen wird es erstmal Zeit alles zu verarbeiten und die letzten Stunden
ausklingen zu lassen. Das war der beste Ruhetag der Tour.
Tag 19
Weiter geht es! Heute wird mit der Mendelbahn etwas geschummelt!
Ehrlich gesagt, hatte ich heute überhaupt keine Lust, wieder los zu müssen.
Schließlich war es hier in Kaltern sehr angenehm. Ich hatte mir sogar mehr
Zeit gelassen, als ich eigentlich sollte. Das Wetter war heute echt super, ehrlich
gesagt schon ein bisschen zu sonnig. Nun denn, meckern hilft mir auch nicht
weiter. Das hab ich mir ja schließlich alles selber eingebrockt. In den letzten
beiden Tagen dachte ich oft
an heute, denn es gibt zwei
verschiedene Arten auf den
Mendelpass zu gelangen.
Einmal ganz klassisch mit Muskelkraft
und Ausdauer oder
eben mit der Mendelbahn.
Auf der anderen Seite ist Sightseeing
doch kein Schummeln.
Oder?
Letzten Endes bin ich mit der
längsten und am steilsten
durchgehenden Standseilbahn
Europas gefahren. Wohlgemerkt
auf einer Steigung von
gut 64 Prozent. Da musste ich
einfach mitfahren. Und ganz
ehrlich, bei der Hitze und dem
Sonnenschein, wäre der Auf-
stieg die Hölle gewesen. Mir ist nach Sterzing schon der Unterschied zwischen
dem durchlaufen und einem Tag Pause aufgefallen. Es fiel mir nach einem Ruhetag
witziger Weise schwerer, das Gelände und die Strecke zu meistern, als wenn
ich durchlaufen würde. Aber Pause muss eben sein. So war ich heute auch heil
froh, am Anfang des Tages die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Denn
der Weg nach der Seilbahn, wird alles andere als einfach.
Nach 850 gefahrenen Höhenmeter
kommen wir oben auf 1364 Metern an.
Oberhalb der Station führt eine Treppe
auf einen nach links gehenden, geteerten
Weg. Dieser kennzeichnet sich
mit der Nr. 500 und führt an vielen
Berghütten vorbei. Angefangen von
der Enzianhütte, der Baita Mexiko, der
Halbweghütte und der Rifugio Malga di
Roméno. Der Weg geht bis hierhin eigentlich
durchweg auf einem Forstweg.
Mal knifflig, mal steil hoch und runter,
aber immer gut zu laufen. Ab der
Rifugio Malga di Roméno gibt es zwei
mögliche Wege zu gehen. Einen leichten
und einen echt schwer üblen, der
nur was für Profis ist. Ihr könnt euch
sicher denken, welchen ich gegangen
bin. Ja, den Letzteren! Auf den Karten
sehen die Wege immer anders aus, als
Nichts für schwache Nerven
sie eigentlich sind.
Ich werde euch hier schnell erst den vermutlich leichteren Weg und nachfolgend
meine Route beschreiben. Entscheiden müsst ihr dann aber selber. Also, von
dem Wegscheidepunkt der letzten Hütte geht man den Weg Nr. 500 einfach
weiter in Richtung Monte Roen. Auf 2116 Meter hat man sicherlich einen klasse
Panoramablick. Der weitere Weg führt auf den Berg Schwarzer Kopf und zur
Bocca di Val Calana, einer Scharte. Hier kreuzen wir das Ende des viel schwereren,
zweiten Weges. Übrigens, auf der Kompasskarte ist der erste Weg noch
mit einer grünen Linie hinterlegt. Das heißt, dass man hier auch mit dem Bike
unterwegs sein darf. Ich nehme mal stark an, dass der Weg von der Mendelbahnstation
ausgehend, sich bis hier hin nicht viel verändert. Also geht man
diesen recht gemütlich. Mein Weg Nr. 560 führte von der letzten Hütte zur
Überetscher Hütte. Italienisch auch Rifugio Oltradige. Will man ab hier diesen
Weg weitergehen, wird man auf die Gefahr und dessen Schwierigkeit mithilfe
eines roten Warnschildes hingewiesen. Wenn bei euch der Weg, beziehungsweise
die Standsicherungen defekt oder gar nicht mehr vorhanden sind, seid ihr berechtigt
dies einer der nächsten Hütten zu melden. Soweit ich weiß, kümmert
man sich hier sehr, die Wegsicherungen im Schuss zu halten. Man kann an
der Überetscher Hütte oder direkt vor der Schlüsselstelle des Weges, sein
Klettersteigset anziehen. Klar, auf den Karten wird es nur als „seilgesichert“
beschrieben und nicht als Klettersteig. Doch ich war sehr froh, es angezogen
zu haben. Denn hier läuft man sehr nah am Abgrund und es geht tief runter.
Deswegen sollte man hier nur entlang gehen, wenn man es sich auch wirklich
zutraut und der Gefahr ins Auge sehen kann. Hört sich vielleicht geschwollen an,
ist aber wirklich so. Nach erfolgreichem Bezwingen des Gemsensteiges wird der
Weg nicht viel besser. Er ist schwer begehbar, unwegsam und teilweise echt zugewachsen.
Die vielen hinein gewachsenen Nadelbüsche ließen so manch einen
Fluch aus mir heraus. Aber zum Glück kommt man dann bald auch am Wetterkreuz
Croce del Tempo an. Und somit unterhalb auch an der Scharte des ersten
Weges. Hier strahlt man wieder vor Freude, auf einem breiten, gut ausgebauten
Weg zu stehen. Nach dieser Tortur, gab es erstmal ein kleines Päuschen.
Kalterer See
Wetterkreuz vom Croce del Tempo
Von hier aus geht man jetzt zur nächsten Hütte, zur Malga Vecchia di Coredo.
Diese Hütte ist nicht bewirtschaftet und dient ausschließlich als Biwakunterschlupf.
Ich finde allgemein, dass es im Alpengebiet zu wenige Biwakstände gibt.
Der Nutzen, bei plötzlich herannahendem Gewitter auf einem Berg zu campieren
oder notdürftig zu übernachten ist sehr hoch. Apropos Übernachtung! Empfehlen
würde ich euch in Sfruz oder in Smavano zu übernachten. Hier würde man dem
Weg Nr. 501 dauerhaft folgen. Ich selbst wäre gerne hier lang gelaufen. Aber
die Umstände in Bezug auf die Übernachtungsmöglichkeiten schränkten mich
schwer ein. Letzten Endes musste ich im Rifugio Predaia die Nacht verbringen.
Vorab will ich aber euch noch die Geschichte zu dieser Hütte erzählen. Ich hatte
vor einigen Tagen per Email erst auf deutsch und später auf englisch dort unverbindlich
für eine Nacht angefragt. Der Hüttenwirt wollte unglaubliche 100 Euro
für einmal Übernachten mit Halbpension. Ich versuchte, auf Englisch ihm klar zu
machen, dass ich nicht soviel bezahlen möchte und lieber nach etwas Anderem
Ausschau halte. Der Chef des Gasthofes ließ allerdings nicht locker und wollte
allen Ernstes wissen, wie viel ich denn zahlen würde. Erst dachte ich, das wäre
ein Spaß, aber er meinte das so, wie er es geschrieben hatte. Ich schrieb ihm,
70 Euro und er war einverstanden. Wahrscheinlich wäre er auch mit weniger zufrieden
gewesen. Ehrlich gesagt ist es mir neu, dass eigentlich feststehende
Preise noch gefeilscht werden können. Aber eines habe ich nachfolgend gelernt:
Englisch ist im Inland von Italien eine Sprache für sich. Die wenigsten sprechen
sie, aber es hat geklappt, für heute hatte ich meinen Schlafplatz gesichert.
Vom letzten Checkpunkt geht man den Weg Nr. 530 bis zur Hütte Nuova di Coredo.
Diese Hütte wird im großen Stil bewirtschaftet und war gut besucht. Hier
waren drei bis vier Familien mit Kind und Kegel als Gruppe gewesen.
Witzig fand ich, die ganzen Flaschen mit Hochprozentigem, die hier bestellt
wurden. Die Leute hatten wohl sicher großen Durst und ließen nichts übrig.
Da sah ich mit meinem kleinen Radler wie ein Witz aus. Aber für mich geht es
natürlich auch weiter. Mit dem folgendem Weg Nr. 503 kam ich meinem Ziel
immer näher. Also wenn man vom Weg her, den Gemsensteig außen vor lässt,
kann man die Schwierigkeit als leicht bis mittelschwer einordnen.
Ohne große Probleme kommen wir somit an der Berghütte Predaia an. Soweit
ich weiß, hat die Hütte hier den Status eines Hotels. Allerdings bezweifele ich das
bis heute doch recht sehr. Zu meiner Zeit waren hier viele Wespen unterwegs.
Und sobald ich nur ein Radler oder Bier bestellte, wollten sie ebenfalls einen Teil
von dem kühlen Blonden. Die waren regelrecht bierdurstig. Zu meinem Pech
übersah ich einen von diesen kleinen Insekten und schluckte eine Wespe fast mit
hinunter. Geschadet hätte es nicht, aber sie wollte leben. Stattdessen stach sie
mich Naturliebhaber in meine Zunge. Oh, was habe ich schon wieder geflucht.
Ist das euch auch schon mal passiert? Mir zumindest jetzt zum ersten Mal und
das soll auch schön so bleiben. Das einzige, was mich hier glücklich stimmt,
war nicht das Essen, sondern die bisher geschaffte Leistung und der noch vor
mir liegende Weg. Denn den konnte ich bei dieser supertollen Aussicht gut
beobachten.
Der weite Blick in das vor uns liegende Tal lässt aber ein paar Fragen offen.
Wie viele Kilometer sind es von hier bis zum nächst gelegenen Berg? Und
ist dies an einem Tag zu meistern? Diese Fragen kann ich euch Morgen sehr
gut beantworten. Denn da geht es Morgen lang. Und das wird garantiert kein
Zuckerschlecken. Aber zuerst essen wir unser Abendessen leer. Hier gab es ein
Vier-Gänge-Menü, welches mich nicht wirklich überzeugte. Man konnte aber
aus verschiedenen Gängen auswählen, also war ich irgendwo auch selber dran
schuld. Eigentlich könnte ich doch als Restauranttester durchgehen. Zumindest
fühle ich mich langsam so. Zusammengefasst wurde ich voll und ganz satt, aber
geschmeckt hat nur die Hälfte.
Mein Zimmer war für den Standard eines Hotels auch nicht die Welt. Glaubt mir,
ich will nichts und niemanden schlecht machen, aber Kritik muss eben schon
mal sein. Vielleicht bin ich auch einfach nur verwöhnt, aber für die eigentlichen
100 Euro, die ich hätte zahlen sollen, hätte ich mich schwer geärgert. Das einzig
witzigste an meinem Zimmer war mein Bett. Das wurde wohl extra nur für die
kleinen Italiener angefertigt. Für einen Großgewachsenen wie mich hingegen,
langte es hinten und vorne nicht. Stattdessen versuchte ich mich, diagonal mit
meinem Schlafsack in diese „Wiege“ zu legen. Warum mit Schlafsack? Nun ja,
ich hatte halt einfach Angst, mir etwas einzufangen. In Italien ist es wohl üblich,
Hund, Katze und Maus mit in sein Zimmer zu nehmen. Da will ich nicht wissen,
was vorher alles hier so ruhte. Mein Zimmer hielt aber auch Dusche und WC
parat. Das heißt, kostenlos und unbegrenzt Duschen. Spitze!
Tag 20
Die wohl schwerste Etappe der ganzen Tour.
Hier ist Wille und Ausdauer gefragt!
Ja richtig gelesen! Die wahrscheinlich schwerste Etappe misst satte 900 Höhenmeter
im Abstieg und satte 1600 Meter im Aufstieg. Und da haben wir noch nicht
die vielen anfallenden Streckenkilometer zusammen gezählt. Deswegen heißt es
heute, früh aufstehen und pünktlich um 8 Uhr frühstücken. Den Rucksack packt
man am besten schon am Vorabend, um nicht unnötig viel Zeit zu verlieren.
Das Frühstück selber war einfach perfekt. Hier konnte die Hütte nochmal richtig
gepunkten. Sie macht das meiner Meinung nach schlechte Abendessen von gestern
schon fast wieder wett. Was mich allerdings ganz schön störte, waren die
Hunde im Speiseraum. Ich meine, wo in Deutschland wird so etwas geduldet.
Ach stimmt ja, wir sind ja in Italien. Hier ist es wohl Gang und Gäbe. Zum Frühstück
kann ich nur sagen: Büfett - ihr wisst ja, was das heißt.
Zu dem vor uns liegenden Weg gibt es Einiges zu sagen, beziehungsweise zu
schreiben. Von Sfruz oder Smarano sucht man sich selber einen Weg nach Coredo,
Tassulo und Tuenno. Keine Sorge, wir treffen uns in Tuenno mit meinem
nun folgenden Weg wieder. Dieser geht auf dem Weg Nr. 503 zuerst nach Tres
und später nach Taio. Im Endeffekt laufen wir nur weiter südlich in die gleiche
Richtung. Ab und zu die Karten zur Orientierung zur Hand zu nehmen, hilft uns
heute, nicht vom Weg abzukommen. Man muss ab Taio versuchen, in Richtung
Segno zu kommen. Auf ca. halbem Wege, geht an der Bundesstraße ein unauffälliger
Weg rechts hinein. Dieser, und ich weiß, er ist schwer zu finden, ist sehr
wichtig. Er bringt uns zu einer Brücke. Das ganze Tal in diesem Gebiet wird von
einem Nord-Süd-Fluss geteilt und ist nur mithilfe von drei Brücken passierbar.
Eine hier unten und zwei weiter nördlich. Wichtig heute, sind zwei Checkpunkte.
Einmal, eine von den drei Brücken zu überqueren und zweitens sich am Ende in
Tuenno wieder zu finden. Wie wir nun dort hin kommen, ob zu Fuß oder per Taxi,
umständlich oder völlig schmerzfrei, ist vollkommen egal. Ich selbst bin von der
südlichsten Brücke die Teerstraße bergauf nach Portolo und später weiter nach
Nanno gelaufen. Leider ging es durchweg auf einer Hauptstraße nach Tuenno.
Was war ich froh, kurz vor dem Ortskern auf einen Trinkwasserbrunnen zu
stoßen.
Bei wahrscheinlich 30° C war ich gedanklich schon kurz vor dem Austrocknen.
Diese Hitze und der doch so drückende Sonnenschein setzten mir schwer zu.
Gerade dann, wenn man auf diesen ekligen Teerstraßen unterwegs ist. Meine
Schuhe freuten sich genauso sehr wie ich, diesen Weg endlich in Tuenno verlassen
zu dürfen. Im Ortskern selber suchte ich mir das schattigste Plätzchen und
fand sogar noch eine Eisdiele. Sie befindet sich nahe der Kirche in einem Gasthof.
Diese kann ich nur wärmsten empfehlen. Es gab für mich fünf Kugeln, welche
mich bei diesen heißen Temperaturen schnell abkühlten. Der Chef der Eisdiele
fragte mich noch, ob ich seine neueste Kreation probieren würde. Sie wäre bei
diesen Temperaturen erfrischender als Zitrone oder Fruchteis. Das Wundereis
bestand aus Apfel und Sellerie. Eher skeptisch und doch neugierig, probierte ich
das Unbekannte. Es war richtig lecker. Einfach super erfrischend. Diese Italiener
verstehen einfach ihr Handwerk.
Gestärkt, abgekühlt und bereit für den weiteren Aufstieg machte ich mich an
die weitere Arbeit. Ja richtig gehört! Tuenno ist nicht unser heutiges Ziel. Nur
der letzte Knotenpunkt. Sucht auf euren Karten schon mal das Rifugio Peller auf
2.020 Meter Höhe. Denn da müssen wir noch hin. Es ist auf jeden Fall machbar,
aber wirklich anstrengend. Die nun folgende Wegschilderung ist alles andere
als genau. Aber wenn man wie ich auf die Kompasskarten schaut, dann gibt es
nur einen Weg. Dieser geht zuerst durch eine Obstplantage, welche links neben
Tuenno liegt. Könnte sein, dass sie sich Casetta nennt. Hier geht vom Anfang
des Feldes ein geteerter Weg senkrecht bis hoch. Oben kommt man an einem
Sendemast vorbei. Zu diesem müssen wir auf jeden Fall. An dem Sendemast
führt oberhalb eine Straße entlang. Folgt man dieser nach links, kommt man zu
einem Parkplatz. Der Weg scheint erst einmal in eine Sackgasse zu gehen, aber
das tut er in unserem Fall nicht. Denn kurz vor dem Ende geht rechts ein nicht
gekennzeichneter Pfad in das grüne Dickicht. Diesem Pfad folgen wir regelrecht
blind. Und wenn der Weg sich abbiegt
und einen zweiten Weg ausschildert,
laufen wir immer in die uns unbekannte
Richtung. Vertraut mir. Laut Karte
kommen wir somit auf einer weiten
Wiese heraus, auf welcher ein Bergkreuz
steht. Jetzt könnte vielleicht etwas
Verwirrung herrschen, weil man
auf Anhieb den restlichen Weg nicht
findet. Aber oberhalb der Wiese führt
unser eigentlicher Weg auf einer
Forststraße nach oben. Diese ganze
Aktion diente nur einer einzigen Sache!
Wir nahmen eine Riesen-Abkürzung.
Der Forstweg ist zugleich auch ein MTB-
Weg, welcher sich mit der Nr. 1438
kennzeichnet. Sehr langweilig und oft
nur auf Betonwegen unterwegs, macht
es wenig Spaß hier zu laufen. Die einzige Schwierigkeit ist das hohe Pensum an
benötigter Kondition. Aber anders kommt man hier halt nicht hoch. Die vielen
Autos, die hier hoch fuhren, enttäuschten mich noch einmal mehr. Ehrlich gesagt
hätte ich jetzt auch gerne eines gehabt. Doch wir bleiben zäh wie Leder. Auf
dem Weg Nr. 313 geht es noch zum Schluss Richtung hauseigenem Parkplatz
und schlussendlich zum Rifugio Peller,
einer Berghütte in der Brenta. Diese ist
mit Abstand eine der schönsten in ganz
Italien, in denen ich bisher war. Ich bekam
heute ein ganzes 6er-Zimmer für
mich alleine. Und nun zum Abendessen.
Dieses übertraf alle bisher da gewesenen
italienische Hütten. Wirklich! Man
konnte zwischen zwei Vorspeisen, vier
Hauptgängen und ich glaube fünf Nachspeisen
frei wählen. Ich entschied mich
zuerst für Spinatgnocchi, welche außergewöhnlich
gut waren. Sehr lecker! Als
kleine Zugabe, servierte man noch ein
kleines Schälchen geriebenen Parmesankäse.
Dieses sollte eigentlich nur als
Gewürz dienen. Aber bei den tausendfach
verbrauchten Kilokalorien aß ich
Achtung vor wilden Bären!
alles, was man mir hinstellte. Schließlich
bringen leere Teller doch gutes Wetter. Oder nicht? Mein Hauptgang war,
zumindest für italienische Verhältnisse, sehr ungewöhnlich. Es gab Schweinshaxe
mit Sauerkraut. Ich war gespannt und doch etwas skeptisch, weil es eben
Italiener sind. Wurde aber voll aus den
Socken gehauen. Die Haxe war auf den
Punkt genau gegart. Der Knochen ließ
sich perfekt lösen und die Soße war einfach
nur himmlisch. Rosmarin verlieh
dem Ganzen noch den letzten Schliff.
Und das Sauerkraut war ebenfalls göttlich.
Man hätte meinen können, ein bayrischer
Spitzenkoch zieht hinten in der
Küche seine Fäden. Zum Nachtisch gab
es noch kalten Apfelstrudel und das Trio
war komplett. Lachen musste ich, als
ein kräftig gebauter Mann, wahrscheinlich
der Senior des Hauses, mit eins bis
zwei Flaschen Schnaps durch die Reihen
ging. Von Tisch zu Tisch schank er aus
und unterhielt sich lange mit seinen
Gästen. So kam er auch zu mir. Ohne
zu fragen gab er mir einen Feuergeist und unterhielt sich mit mir auf Italienisch.
Nur schade, dass ich kein italienisch konnte. Er verstand dafür sofort, dass ich
ein Deutscher bin. Er bat eine Frau ihm alles zu übersetzen. Sie war eine alte,
eingesessene Südtirolerin, welche von Haus aus deutsch und italienisch sprach.
Überaus satt und sehr zufrieden bedankte ich mich natürlich für dieses super
Abendessen.
Zum Abschluss noch einen Hopfenblütentee und der Tag neigt sich dem Ende.
Wir können auf unsere heutige Leistung wahrhaftig stolz sein. Respekt dafür!
Tag 21
Drei Wochen sind es schon!
Heute geht es zur vorletzten Hütte, zum Rifugio G. Graffer.
Guten Morgen im Rifugio Peller. Cool fand ich heute die Frühstückszeiten. Man
kann hier zu jeder Zeit frühstücken. Bei mir war es gegen 7.30 Uhr. Ich war
schon ganz gespannt, wie viel und was es alles Schönes zum Essen gibt. Auf
meinem Tisch stand sehr viel Fruchtmarmelade, Honig und Butter. Keine Wurst
und keinen Käse. Sehr enttäuscht war ich von der Unterlage. Es gab lediglich nur
ein etwas größeres Brötchen, welches vier- bis fünfmal aufgeschnitten und wieder
zusammengeklappt wurde. Das reicht hinten und vorne nicht. Gerade das
Frühstück ist am wichtigsten. Vielleicht sehen es die Italiener anders. Nun denn.
Bis auf den letzten Krümel habe ich alles aufgegessen, ich hätte am liebsten
noch den Teller mit verputzt, so einen Hunger hatte ich. Hierzu muss ich aber
noch etwas sagen. Wenn ihr schon die Zeit zum Frühstücken bestimmen könnt,
dann am Besten so früh wie möglich. Denn die heutige Etappe wird wie die
Letzte, knallhart und anstrengend. Nicht nur konditionell, sondern auch
technisch. Wir müssen sogar über einen Klettersteig und danach ungesicherte
Abhänge überqueren. Wem das allerdings jetzt schon vom Hörensagen zu
gefährlich beziehungsweise zu anstrengend ist, sollte sich entweder aus dem Tal
sein zusätzlichen Proviant mitnehmen oder noch früher von hier losziehen. In
meinem Fall, bin ich um 9 Uhr gestartet, zehn Stunden gelaufen und um 19 Uhr
erst an der Hütte angekommen.
Nur damit ihr mich versteht, das alles gehen wir nicht auf Forstwegen! Richtige
Bergwege, Kletterstellen, Geröllfelder erwarten uns heute. Um dies alles zu
meistern, habe ich meinen Weg wieder etwas umgeschrieben. Ich habe bewusst
den zeitlich schnellsten, aber nicht allerschwersten Weg genommen.
Aber genug erstmal der Hysterie. Wir
laufen zuerst unschwierig den Weg von
gestern zurück zum Parkplatz. Von hier
geht ein Betonweg später Schotterweg
zur Malga Tasullo. Ab dem Bauernhof
wird es allerdings schwierig. Das Problem
ist Folgendes: Der Weg Nr. 311 ist zwar
ausgeschildert, jedoch nicht ausreichend
markiert. Zirka 700 Meter südwestlich
der Hütte gibt es einen kleinen Tümpel.
Ab hier wird unser Weg markiert, vorher
nicht! Also müssen wir auf jeden Fall erstmal
dorthin gelangen. Gesucht, gefunden
und auf ebendiesem Weg gehen wir
lange bis zur nächsten Hütte. Mal geht
es steil bergab, mal mit Geröll und wieder
mal waage am Hang lang. Manchmal
auch etwas zugewachsen aber durchweg
abwechslungsreich. Man merkt noch immer des Öfteren, dass wir in Italien und
nicht in Österreich sind. Trauriger Weise hat sich, vermutlich vor einem Tag, ein
Reh hier totgestürzt. Es lag mitten im Geröllfeld auf dem Weg. So ist halt die
Natur.
In der Berghütte Malga Tueno angekommen, gab es pünktlich um 12 Uhr Mittagessen
für mich. Ehrlich gesagt hätte ich auch nicht mehr weiterlaufen können.
Bei dem Frühstück, eigentlich logisch. Bis mich aber die Einheimischen verstanden
haben, verging viel Zeit. Die Verständigung, wenn keiner die jeweils andere
Sprache spricht, ist schon sehr interessant. Da kann man froh sein, wenn die
gleichaltrigen Einheimischen ein paar Brocken Englisch können. Aber nach gut
einer viertel Stunde war das Rätsel gelöst und es gab etwas zu futtern. Das
Mittagessen hat gemundet und gut gesättigt. Mit dieser Grundlage gehen wir
nun von 1740 auf 2051 Meter Höhe. Die Wege mit der Nr. 310 und 380 bringen
uns auf grünen saftigen Wiesen bis vor unsere heutigen zwei Schlüsselstellen.
Wir erreichen hier einen steinernen, nicht umgehbaren Bergkessel. Der Weg
an die Flanken des Kessels, ist über ein paar Hügel noch machbar. Aber an den
felsigen Berghängen angekommen, geht der Weg steil bergauf und ist an der
linken Seite stark geröllig. Hier kann man schnell wegrutschen und sich vielleicht
noch wehtun. Falls ihr nicht genug Grip bekommen solltet, nehmt die Stöcke als
Stütze, das hilft.
Oben angekommen, dachte ich erst, das Schlimmste wäre geschafft, aber falsch
gedacht. Da warnt uns wieder ein rotes Schild vor dem vor uns liegenden
Klettersteig. Auf den Kompass-Karten ist er nur als seilgesicherte Passage
gekennzeichnet. Meiner Meinung nach misst der Steig weiter unten, eine
Schwierigkeit von C. Das heißt, von Anfang an ist hier die nötige Erfahrung,
Trittsicherheit und Ausrüstung von Nöten. Wer diese nicht besitzt oder sich dies
einfach nicht zutraut, dem erkläre ich später noch eine einfachere aber längere
Alternative. Eine gute Nachricht gibt es aber. Die Drahtseile, Tritte und Sicherungen
im Fels sind sehr gut im Schuss und ziemlich neu. Unten angekommen,
freute ich mich schon auf das eben Geschaffte und wurde schnell wieder gefasst.
Denn das war es noch nicht. Jetzt kommt erst der schwierige Teil. Nun steht uns
die ungesicherte Passage bevor. Das hättet ihr sehen müssen. Der Weg war einfach
kein Weg mehr. Zumindest nicht eindeutig. Man sieht zwar wo man gefahrlos
langgehen muss, aber dorthin zu kommen bedarf es einer ordentlichen Portion
Mut und stahlharten Nerven. Jeder Tritt muss sitzen und der geplante Weg muss
bestens bedacht sein. Man muss regelrecht fünf oder sechs Schritte voraus denken.
Denn wie gesagt, wir sind ungesichert. Da ist kein Seil, das uns hält. Und
es geht tief runter. Man kann diese Schlüsselstelle nur schwer beschreiben. Die
Natur ändert sich und der Wegebau gleich mit. Aber eines ist sicher. Ungenügende
Konzentration und Angst können hier schnell für den sicheren Tod sorgen.
Nach Erreichen eines großen Geröllfeldes und der nachfolgenden Graslandschaft
hat man das Schlimmste, beziehungsweise Schwerste geschafft.
Nun schildert uns ein Wegweiser unseren restlichen Weg mit der Nr. 306 aus.
Nicht weiter schwierig geht es von hier zum Rifugio Stoppani al Groste. Diese auf
2437 Meter gelegene Hütte ist leider keine Übernachtungshütte. Sonst hätte ich
hier schon mein Lager aufgeschlagen. Stattdessen laufen wir in gut einer halben
Stunde noch runter bis auf 2261 Meter zum Rifugio G. Graffer. Ein gerölliger
Schotterweg lädt für den letzten heutigen Abstieg nochmal ein. Diese Berghütte
ist sehr modern und das leckere Drei-Gänge-Menü macht schnell satt. Große
Portionen zum fairen Preis. Das Duschen ist zwar mit fünf Euro schon sehr teuer,
aber nach einer schweißtreibenden Zehn-Stunden-Schicht, durchaus sinnvoll.
Nun zum deutlich leichteren Weg. Dieser
startet ebenfalls ab der Malga
Tuena. Auf anfangs gleichem Wege,
laufen wir auf dem Weg Nr. 310 und
380 nach oben. Auf knapp 1920 Meter
Höhe kommt ein Wegweiser, welcher
euch hoffentlich die Malga Dena ausschildert.
Ab hier müsst ihr absteigen
und nicht mehr dem ersten Weg folgen.
An der kommenden Hütte angelangt
geht man nach links auf den Weg
Nr. 312 und gelangt auf einen Fahrweg.
Diesen, mit der Nr. 314, steigen wir südlich
leicht bergauf und gelangen nach
gut 1,5 Stunden zur nächsten Weggabelung.
Nach rechts winkt uns der
Weg mit der Nr. 334 für einen erneuten
Aufstieg. Dieser endet an der Weggabelung
des Weges Nr. 306. Da sind wir nun wieder. Im Grunde genommen haben wir
mit diesem Umweg gut sechs Kilometer und 1100 Meter im Auf- und Abstieg mehr
auf dem Konto. Wie viel Zeit man dafür benötigt kann man nur raten. Ich rechne
immer im Aufstieg mit ungefähr 300 bis 400 Höhenmeter pro Stunde. Im Abstieg
sind logischerweise mehr Höhenmeter
möglich. Den ganzen heutigen Weg
habe ich mit einer gesamten Gehzeit
von ca. neun Stunden absolviert. Aber
welchen Weg ihr einschlagt, das müsst
ihr ganz für euch selbst entscheiden.
Geht aber bitte kein zu hohes Risiko
ein, nur um früh genug da zu sein. Da
würde ich lieber, bei Unsicherheiten,
sehr früh starten und den Umweg und
die Höhenmeter mit in Kauf nehmen.
Wenn man morgens gegen 7 Uhr startet
hat man wirklich genügend Zeit. Falls
man dann trotzdem merkt, dass man
erst gegen 20 Uhr erst auf der Hütte
ankommt, einfach anrufen und Bescheid
geben. Die verstehen das schon.
Der Besitzer und das Personal sprechen
fließend Englisch.
Rifugio G. Graffer
Tag 22
Das letzte Mal in schwerem Gelände unterwegs.
Genießen wir es nochmal.
Ich habe mich im Vorfeld, wie so oft schon, sehr mit der heutigen Tour auseinandergesetzt.
Es führen viele Wege runter nach Molveno, doch die wenigsten sind
ohne größere Gefahren. Im Grunde führen uns heute insgesamt drei Wege zum
Rifugio Croz dell‘Altissimo. Eigentlich wollte ich bis nach Molveno direkt laufen,
was ich auch geschafft hätte. Aber
in Molveno zieht der starke Tourismus
die Übernachtungspreise wuchtig in die
Höhe. Das Berghüttenflair ist mir sowieso
viel lieber. Vom Rifugio Graffer
ging es zuerst einen Teil von gestern
zurück. Die Nr. 301 geht ab dem Passo
del Groste leicht fallend Richtung Malga
Spora. Ab ca. der Hälfte geht der Weg
Nr. 314 rechts ab und wird unübersichtlich.
Ausgeschildert, aber nur schwach
und dürftig markiert, sucht man sich ab
hier seinen Weg selbst. Das kennen wir
ja schon zu genüge. Die Landschaft hier
erinnert sehr an die des Mondes. Überall
Gestein über Gestein. Oben auf der
2443 Meter hohen Bocca del Vallazza angekommen,
gab es erstmal ein Atemberaubender Blick am Morgen
kleines
Päuschen. Ab hier geht es nun 1000 Meter steil bergab. Nur Geröll, Steine und
Felsen liegen schon im unübersichtlichen Weg. Der nicht markierte Weg befindet
sich fast immer in der Mitte des Feldabhanges. Wenn man es richtig anstellt,
kommt man ohne große Blessuren heil nach unten. Hier und da gibt es
nochmal die uns schon bekannte
Blockschuttkletterei. Aber unterhalb
der Geröllschlucht sieht man
schon eine kleine grüne Graslandschaft.
Nach dem Durchlaufen
dieser grünen Schönheit,
welche mit Hecken und Büschen
gesäumt ist, kommen wir laut
Karte an einen seilversicherten
Steig. Dieser ist diesmal auch
wirklich seilversichert. Es handelt
sich hier aber nicht um einen
Klettersteig. Das heißt, man
kann die Ausrüstung anziehen,
muss man aber nicht. Bei genauer
Obacht und Trittsicherheit
schafft man auch diese Passage
locker. Habe mich ehrlichgesagt
etwas geärgert, dass ich mein
ganzes Klettersteiggeschirr angezogen
habe. War einfacher
und kürzer als erwartet. Nach gut
30 Minuten bringt uns der Weg
Nr. 322 zur heutigen Zielhütte.
Wie gesagt, man kann ab hier
auch noch den Fahrweg runter
nach Molveno nehmen. Das ist
zeitlich drin.
Letzte Übernachtung in den Bergen in dem Rifugio Croz dell‘ Altissimo.
Tag 23
Mein letzter Tag dieses einmaligen Projektes.
Doch Schluss ist für mich noch lange nicht.
Ich bin mittlerweile der Meinung, dass man im italienischen Gebiet mehr Wert
auf das Abendessen legt, als auf das Frühstück. Gestern Abend konnte man
erneut unter mehreren Vor-, Haupt- und Nachspeisen wählen. Das Frühstück
hingegen ist für einen Vielfraß spärlich ausgestattet. Hier gibt es nicht viel zum
Beißen. Lediglich Weißbrot und viel von dem süßen Streichbelag. Das war nicht
meins. Nun denn, beginnen wir die letzte Etappe.
Man kann natürlich noch zwei bis drei weitere Tage hinten dran hängen und bis
zum Ufer des Gardasees wandern. Bei mir war aber in Vezzano Schluss. Dafür
werde ich aber den knallharten Abstieg nach Ciago niemals vergessen, aber
dazu später mehr.
Wir laufen von unserer Hütte erstmal auf den gestern schon genannten Fahrweg
mit der Nr. 319 bis nach Molveno. Meine Schuhe und ich waren von dem Betonund
Schotterweg mehr als begeistert. Aber was muss, das muss.
Molveno ist ein sehr
schickes, kleines Dörfchen.
Auch wenn der
Tourismus hier boomt,
geht es hier sehr gesittet
zu. Man sieht noch
nicht mal einen Krümel
Müll auf den Wegen.
Alles sehr sauber und
aufgeräumt. Auch super
sind die vielen wunderschön,
prunkvoll verzierten
Häuser.
Meiner Meinung nach ist
Molveno ein perfekter Ort
für Jeden, der die Berge
und das Baden liebt.
Gut zu erreichen liegt
dieses Örtchen abseits der Großstädte an einem wunderschönen See. Als
Wanderer und Radfahrer ist man schnell auf den Bergwegen und genauso schnell
wieder in der Zivilisation. Aber genug der Werbung.
Nächster Checkpoint ist das an der Hauptstraße gelegene Hotel „Alb Molveno“.
Man kommt auf der Hauptstraße oder am linken Seeweg dort hin. Sicherer ist
aber der Seeweg, denn hier herrscht doch ein reges Verkehrsaufkommen. Der
Wanderweg Nr. 612 geht ab dem Hotel hoch zum Passo di San Giovanni. Nicht
wundern, hier geht es
nochmal steil bergauf, aber
nicht wirklich schwierig.
Wir laufen halt lange durch
den Wald und sehen bei
gutem Wetter nur ab und
zu ein gutes Panorama.
Nach moderaten 900 Aufstiegsmetern
kommt man
endlich oben an. Ein leichter
Weg bringt uns noch in
gut 20 Minuten zum Bocca
di San Giovanni. Hier oben
stehen viele kleine private
Sommerhäuschen. Da
frag ich mich wohl, wie die
alles hier hoch gebracht
Im Hintergrund ist der Gardasee schon zu sehen.
haben.
Der kommende Fahrweg für den Abstieg, ist jedenfalls alles andere als intakt.
Wer fährt denn hier noch hoch, dachte ich mir so. Die müssen doch verrückt sein.
Und kurz darauf kam schon einer hoch gefahren. Dieser Weg, welcher übrigens
auch mit der Nr. 612 gekennzeichnet ist, ist bergab ein wahrer Knochenbrecher.
Es ließ sich so schwer hier herunter laufen, dass ich schwor, nie wieder über
Asphalt zu meckern. Dieser alte öffentliche Verkehrsweg ist mit dicken, meist
runden Steinen einbetoniert worden. Das heißt, die Oberfläche und das Laufen
selbst ist die Hölle. Diese Tortur hält für die nächsten 600 Tiefenmeter erst
einmal an. Hier löst sich witziger Weise, auf den letzten Metern, einer meiner
Wanderstockspitzen. Kaputt und abgenutzt waren sie nicht, nur gehalten haben
sie vorerst nicht mehr.
Nach diesem kräftezerrenden und fast schon schmerzhaften ersten Abstieg
kommen wir zu einem Wegweiser. Dieser weißt uns nach Ciago auf den nächsten
Weg Nr. 612b. Ciago selbst ist ebenfalls ein sehr schönes, kleines, uraltes Dörfchen.
Kleine urige Gassen und viel Geschichte nennt sie ihr Eigen. Man könnte
meinen, man wäre in einer von diesen Filmkulissen. Einfach geil.
Nach diesem grandiosen, super Abstieg voller Fluch und Hasskommentaren
nahm ich keinen Umweg mehr in Kauf. Wie gesagt, ich meckere nie wieder über
Asphalt. Denn dieser brachte mich von Ciago nach Vezzano. Eigentlich war er
voll gesperrt, doch warum? Ich sah keine Baustelle. Egal, es ging angenehm
durch die umliegenden Weinberge nach unten. Ab und zu konnte ich der Versuchung
nicht wiederstehen und naschte ein paar Weintrauben.
In Vezzano angekommen, suchte ich nach meiner heutigen Bleibe. Ich fand sie
nicht. Stattdessen fragte ich höflich die plötzlich vorbei fahrende Carabinieri. Die
Polizisten gaben mir die richtige Auskunft und ich fand das Hotel Vezzano, welches
am südlichen Ende der Altstadt liegt. Die hauseigene Pizzeria ist ein echter
Geheimtipp unter Einheimischen. Und wie ihr wisst, da wurde ich glücklich.
Nach drei Wochen knallharter Action, guten wie schlechten Tagen,
gab es eine Woche Wellness.
Am 24. August 2020 fuhr ich wie anfangs schon erwähnt mit dem Bus von
Vezzano nach Riva del Garda. Dort angekommen dauerte es erstmal lange
bis ich mein Hotel gefunden hatte. Der Plan für die nächsten sechs Tage war
folgender: Ich verbringe zwei Tage alleine in Riva und am 26. August traf ich
mich mit meiner nachgereisten Familie. Das Ticket nach Hause ist mir auf
jeden Fall sicher. Zwei Tage in Riva und vier Tage in Limone sollten die letzten
Wochen richtig ausklingen lassen. Allerdings muss ich schon sagen, der Trubel
und die Menschenmassen in Riva und Limone sind echt nicht meins. Vielleicht
bin ich es aber auch nicht mehr gewöhnt.
In Riva gibt es so viele Sachen zu bestaunen.
Das schafft man in zwei Tagen nicht wirklich.
Und selbst dann, könnte man am Ende meinen,
etwas vergessen zu haben. Damit meine ich
aber nicht nur die großen Touristenmagnete,
wie zum Beispiel den Varoner Wasserfall oder
den großen Seeplatz mit dem Aussichtsturm.
Viele kleine Gewürz-, Essens- und Trinkläden
verschiedenster Art schmückten die winkelige
Altstadt. Es gibt hier mehr Pizzerien, als ich
zählen kann und das Eis schmeckte an jeder
Ecke einfach nur lecker. Typisch Italien halt.
Empfehlen kann ich aber auch das „Taste of
India“, welches sich östlich von Riva in einem
großen Einkaufszentrum befindet. Hier war ich
gleich zweimal Indisch essen. Einheimische
Spezialitäten gibt es aber auch. So zum Beispiel
das Salzfleisch, auf italienisch „Carne Salada“. Dieses kann man roh oder gekocht
essen. In welchen Restaurants man das dann aber wiederum bekommt,
weiß ich beim besten Willen nicht. Da fragt mal lieber Professor Google.
Eingang zum Varoner Wasserfall
Über den Dächern von Riva del Garda
Übrigens, wer noch nicht genug vom Berg- und Klettersteigen hat, kann die Berge
westlich von Riva noch besteigen. Das tat ich am 25. August noch. Mit der Bergbahn
bin ich zur Bastion hochgefahren und auf dem Klettersteig mit dem Namen
„Via dell‘ Amicizia“ auf Leitern fast senkrecht hochgeklettert. Das war sehr aufregend.
Schaut euch mal die Bilder an. Wahnsinn! Bin dann noch bis hoch auf
den Cima SAT gegangen und rückseitig auf einem befestigten Weg wieder hinunter.
Das ist auch Wellness für mich.
Abends ging es in den Irish Pub „Pub all Orca“. Dieser ist so urig und mitten in
der Altstadt gelegen, dass man hier sein Guiness oder IPA richtig genießen kann.
Hier gehen Bier und Cocktails massenhaft über den Tresen. IPA ist für alle, die es
nicht wissen sollten, die Abkürzung für Indian Pale Ale. Ausgeschänkt wurde hier
Auf der Spitze des Cima SAT am Gardasee
das amerikanische Craft Beer „Goose Island IPA“. Einen Tag später ging es zum
Glück ohne Kopfschmerzen in den frischen Tag. Denn getrunken wurde gestern
wieder mal mehr, als eigentlich üblich. Es hat aber auch geschmeckt!
Um 11 Uhr stand ich dann nach einem langen Frühstück meiner Familie endlich
wieder gegenüber. Nach mehr als 3,5 Wochen wurde ich mit feuchten Augen und
offenen Armen herzlichst in Empfang genommen. Da war die Sehnsucht nach
mir wohl ziemlich groß.
Die nächsten vier Tage hatten sie jedenfalls genügend Zeit, sich wieder an mich
zu gewöhnen. Am 30. August ging es dann wieder nach Deutschland zurück. Wir
verließen Limone und Riva genau dann, als der erste Regen sich hier wieder breit
machte. Super Timing. Als ich dann wieder zu Hause war, vermisste ich schon
wieder die Berge. Das nächste Abenteuer ist aber schon geplant. Ich sag mal so,
es geht in die Schweiz auf die Gletscher und somit wieder hoch hinaus.
Uferpromenade in Riva del Garda
Blick auf die Stadt Arco, nördlich von Riva del Garda
Schlusswort
Die Alpenüberquerung von München zum Gardasee, oder wie bei mir ab Lenggrieß,
war eines der besten Erlebnisse der letzten zwei Jahrzehnte. Es war
regelrecht Balsam für Körper, Geist und Seele. Und ja, das wird nicht der einzige
Fernwanderweg bleiben. Irgendwann kommt vielleicht die passende Gelegenheit
den PCT zu wandern. Für die unter euch, die ihn vielleicht nicht kennen sollten,
der PCT ist ein amerikanischer Fernwanderweg. Dieser beläuft sich auf 4265 Kilometer
und dauert länger als nur drei Wochen! Für weitere Infos, googelt mal und
lest euch rein. Das ist dann die Königsklasse. Ich hoffe, dass sich bis dahin dann
aber auch ein paar Gleichgesinnte finden, die den Weg mitlaufen würden.
Für meine diesjährige Wanderung hatte ich ursprünglich zwei bis drei Begleiter,
aber daraus wurde wie gesagt leider nichts. Denn zusammen macht eine
solche Reise immer mehr Spaß. Nicht nur deswegen, sondern es bietet auch mehr
Sicherheit.
Wenn ich überlege, in wie vielen brenzlichen Situationen ich manchmal war
und sie alle unversehrt, alleine gemeistert habe, grenzt das schon fast an ein
Wunder. Oder vielleicht auch an Können? Wer weiß?
Auf einem Berg zu stehen und gemeinsam in die Ferne zu schauen und das Glück
gemeinsam zu genießen ist unbezahlbar.
Um aber dorthin zu kommen, hier noch ein paar Tipps und den ein oder anderen
Rat von mir. Am wichtigsten ist zuerst, dass ihr körperlich und geistig fit seid.
Und folglich ohne Probleme an einem Tag locker sieben bis acht Stunden laufen,
sprich wandern könnt. Auch wichtig sind zweitens die Navigation und das Planen
der Tour. Hier könnt ihr die aufkommenden Wege, Schwierigkeiten und Risiken
gut beeinflussen. Ob ihr das jetzt mit eurem Handy, einem Hightech-GPS-
Gerät oder der klassischen Wanderkarte gestaltet, ist euch überlassen. Funktionieren
tut alles gleichermaßen. Wenn ihr von meiner Routenführung überzeugt
oder einfach nur neugierig geworden seid, kann ich euch gerne die GPX-Dateien
schicken. Schreibt mich dazu einfach über Email an. Erreichen könnt ihr mich
unter mauricejakob@gmx.de.
Ich kann euch zwei verschiedene Routen geben. Einmal die, welche ich ursprünglich
erstellt habe und sich ziemlich genau an der Originalroute misst. Und dann
die andere, welche ich wirklich gelaufen bin.
In der Summe waren es bei mir 350 Kilometer, 21500 Höhenmeter und
22000 Tiefenmeter. Allgemein also etwas weniger als erst erwartet, aber durchaus
ausreichend. Der höchste Punkt war mit 3093 Metern Höhe der „Kleine Kaserer“.
Das waren die Daten und Tipps die erstmal wichtig sind. Natürlich hängt ein solches
Vorhaben nicht nur von der Fitness und der Navigation ab. Aber wichtig ist
halt wirklich, dass man sich und den Weg kennt. Die passende Ausrüstung und
das hoffentlich harmonierende Miteinander sind natürlich auch von Nöten.
Aber soviel dazu. Ich hoffe ihr wisst, was ich meine. Ebenfalls hoffe ich, euch hat
mein Bericht über die einzelnen Tage, die Wege und das Essen sehr gut gefallen.
Mich würde es freuen, wenn dieser Weg nun etwas bekannter wird und ihr ihn
vielleicht als euer nächstes Vorhaben wählt. Vielleicht sieht man sich ja mal
persönlich, dann kann ich eventuell eure aufkommenden Fragen beantworten.
Aber bis dahin wünsche ich euch alles Glück der Welt und bleibt stets trittsicher
und gesund. Habt Spaß und genießt die Welt und das Leben.
Maurice
Wie anfangs schon erwähnt, bin ich diese Alpenüberquerung auch für
einen ganz besonderen Menschen gelaufen. Mein Petter hat die Berge
so geliebt wie ich, und er wird mich auch in Zukunft auf allen meinen
Wegen begleiten. Danke für Alles!