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statement - HfMDK Frankfurt

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Ceterum censeo…<br />

Von Carola Schlüter, Lehrbeauftragte Gesang, Sprecherin der<br />

<strong>HfMDK</strong>-Lehrbeauftragten und Sprecherin der Bundeskonferenz der<br />

Lehrbeauftragten an Musikhochschulen<br />

Gibt es einen größeren Luxus als den, einen Beruf auszuüben,<br />

den man liebt? Selbstverwirklichung, Leidenschaft, Bestätigung,<br />

Rampenlicht, Gestaltungsfreiheit, Unabhängigkeit, Kreativität…<br />

Unweigerlich bilden sich schon früh gewisse hilfreiche Charakterei-<br />

genschaften heraus: Disziplin, Kritikvermögen, Selbstkontrolle,<br />

Geduld, Frustrationstoleranz. Wer das überlebt, hat gewonnen.<br />

Die Persönlichkeit jedenfalls. Manche schaffen es, hoch oder ganz<br />

hoch hinaus zu kommen. Manche aber nicht. So viele hervorra-<br />

gende Musiker braucht man nicht. Unschätzbar diese Freiheit,<br />

die sich daraus ergibt: nur spielen/singen, was einen interessiert.<br />

Sich spezialisieren, frei sein in der Wahl der Stile, Richtungen,<br />

Epochen, Partner. Muss man für dieses einzigartige Glück noch<br />

bezahlt werden?<br />

Besuchen wir ein Jazzkonzert: kleiner Keller, lockere Stimmung,<br />

lachende Musiker. Andere zahlen für solche Selbsterfahrungsses-<br />

sions. Und die Musiker bekommen ja unseren Eintritt. Als Gage.<br />

Elisabeth hat zusammen mit ihrer Flötistin einen Auftritt im<br />

Luxushotel, drei Stunden Programm, Pop-Standards, auch eigene<br />

Stücke sind dabei. Sie begleitet sich selbst auf dem Klavier.<br />

Zusammen erhalten sie 180 Euro. Kein Witz.<br />

Unsere Hochzeit soll feierlich sein, vielleicht mit Musik? 100 Menus<br />

und einmal Musik. Kann auch nicht mehr kosten als das Menu.<br />

Neue Musik, das Ensemble führt eine eigene Konzertreihe durch.<br />

Die bereichert das kulturelle Leben der Region, bietet die Gelegen-<br />

heit, unbekannte Stücke zu hören. Das Ensemble sorgt selbst<br />

(„Ehrenamt“) für Finanzierung, Management, künstlerisches Profil.<br />

Konzert-Honorar 350 Euro pro Person. Fahrtkosten inklusive.<br />

Lebensstandard? Zum Beispiel im Alter? Die Freude an der Musik<br />

wiegt alles auf. Die bleibt ja, auch wenn man sich sonst nichts<br />

leisten kann.<br />

Ich lerne ein Instrument, macht Spaß, ist mein Hobby. Mein Lehrer<br />

ist nett, ich habe ihn schon mal im Konzert gehört, cool! Keine<br />

Ahnung, ob er an der Musikschule fest angestellt ist, er hat immer<br />

gute Laune. Ich habe gehört, dass in Hessen extrem viele<br />

Musikschullehrer keine feste Stelle haben. Das kann bei meinem<br />

nicht sein, der kann echt was!<br />

Was nichts kostet, ist nichts.<br />

An der Musikhochschule studierte er bei Sigune Henrich. –<br />

Nein, nicht Prof. Henrich. Sie ist Lehrbeauftragte. – Ja, man kennt<br />

sie. Trotzdem. Wie, so ein Unterschied in der Bezahlung? Für die<br />

gleiche Arbeit? – Krass…<br />

ceterum censeo – Qualität ist anständig zu bezahlen!<br />

Fragen an<br />

Despina Apostolou<br />

Despina Apostolou ist freischaffende Pianistin, Klavierlehrerin<br />

und Absolventin des Studienganges Instrumentalund<br />

Gesangspädagogik an der <strong>HfMDK</strong> im Jahr 2006. Vorher<br />

absolvierte sie ein Studium der Künstlerischen Ausbildung<br />

im Fach Klavier mit Bachelor- und Masterabschlüssen an der<br />

Staatlichen Musik Akademie in Sofia (Bulgarien).<br />

Wie sehr hat die finanzielle Motivation die Wahl Ihres Berufs und<br />

Berufsstandes beeinflusst?<br />

In meiner Situation hat die finanzielle Sicherheit überhaupt keine<br />

Rolle gespielt. Ich dachte, ich kriege es irgendwie hin.<br />

Worin liegen aus Ihrer Sicht die Reize, Chancen, aber auch Gefahren<br />

in der Art Ihrer beruflichen Existenz?<br />

Im Laufe der Zeit hab ich festgestellt, dass der Stand der Freischaffenden<br />

für mich ideal ist, weil er Wachsamkeit und immer wieder<br />

neue Umstellungskraft verlangt und Entwicklungsmöglichkeiten<br />

sowie eine Mischung aus sehr interessanten Projekten bietet.<br />

Mit viel Arbeit und Geduld bietet sich so die Chance, sich selber<br />

jene Projekte auszusuchen und zu gestalten, die einem am<br />

meisten zusagen. Eine Gefahr habe ich in den Phasen des beruflichen<br />

Ausbaus und der beruflichen Vorbereitung direkt nach<br />

dem Studium gesehen: Einerseits arbeitet man noch stark an sich<br />

selbst, andererseits öffnet sich parallel dazu die Welt, und<br />

man kann nicht genau erkennen, wohin alles führt. Gefährlich ist<br />

es, darüber die eigene Vision zu verlieren.<br />

Könnten Sie sich aus heutiger Sicht einen anderen Status vorstellen,<br />

wenn ja, unter welchen Voraussetzungen?<br />

Eine feste Anstellung würde für mich nur dann in Frage kommen,<br />

wenn sie mir zeitlich Freiheiten für meine Projekte erlauben würde.

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