statement - HfMDK Frankfurt
statement - HfMDK Frankfurt
statement - HfMDK Frankfurt
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>Frankfurt</strong> in Takt 12/1 GELD und KUNST<br />
Immerhin: Als ein Techno Club Studierende für einen Event<br />
anheuerte, kamen Musiker in Rokoko-Kostümen und Schauspieler<br />
in Mönchs-Kutten auf die Bühne. „Solche Sonderwünsche kosten<br />
natürlich extra.“<br />
Erfahrungsgewinn auf mehreren Ebenen<br />
Die <strong>HfMDK</strong>-Künstlerbörse hat gleich mehrfachen Nutzen: Die<br />
Hochschule bringt ihre künstlerischen Ressourcen in die Gesell-<br />
schaft ein, während die Studierenden damit ihr Studium finanzie-<br />
ren. Doch nicht nur das: „Den pädagogischen Wert von Auftritten<br />
außerhalb der Hochschule, womöglich in exklusiven Kreisen,<br />
sollte man nicht unterschätzen“, weiß Daniela Kabs. Flexibilität<br />
der Künstler sei hier gefragt, die Wendigkeit, auf individuelle<br />
Wünsche der Auftraggeber einzugehen, die Bereitschaft, den<br />
eigenen musikalischen Anspruch hinter den Kundenwunsch nach<br />
einer rührseligen Salonnummer zurückzustellen. „Um überleben<br />
zu können, müssen die jungen Künstler lernen, Kompromisse<br />
zu machen“, bringt Daniela Kabs auf eine Formel. Auch das „get<br />
together“ nach dem Auftritt, wenn sich die Künstler unter die<br />
Feiernden mischen, um ihr Erscheinen kommunikativ abzurunden,<br />
kann für die Studierenden zu einer lehrreichen Herausforderung<br />
werden und ermöglicht ihnen, sich ein eigenes Netzwerk an<br />
Auftraggebern zu schaffen, das ihnen dann nach dem Studium<br />
den Weg in die Selbstständigkeit erleichtert.<br />
Edel-Mugge mit eigenem Chauffeur<br />
Während Daniela Kabs für die durchschnittliche „Hochzeits-Mugge“<br />
Auftraggeber und Ausführende durch wenige Anrufe zusammen-<br />
bringt und dann sich selbst überlässt, wird sie für hochkarätige<br />
Buchungen auch zur Inspizientin vor Ort. Unvergessen bleibt ihr die<br />
Filialeröffnung einer Bank in Mailand, zu der sie mit einem Streich-<br />
trio per Flugzeug anreiste, Übernachtung im Luxushotel und eigener<br />
Chauffeur inklusive. Oder das Jubiläum der DZ BANK im Großen<br />
Saal der der Alten Oper <strong>Frankfurt</strong>, das 60 Künstler der Hochschule<br />
künstlerisch gestalteten. Klar, dass solche Aufträge für die Künstler-<br />
börse zu einem logistischen Kraftakt werden.<br />
Nun gibt es sie aber doch, die Grenzen des guten Geschmacks, die<br />
sich die Künsterbörse in der Vermittlungsbereitschaft für mögliche<br />
und unmögliche Anlässe gesetzt hat: Bei ihr sind Sänger für Play-<br />
back-Auftritte nicht zu haben, und auch die zweifelhaft seriöse An-<br />
frage eines Nachtclubs lehnte die Künstlerbörse einmal dankend ab.<br />
Mangels Besetzung hätte Daniela Kabs vor<br />
wenigen Jahren die Anfrage für die musika-<br />
lische Umrahmung einer Beerdigung beinahe<br />
negativ bescheiden müssen – wäre sie in den<br />
Kreisen der Schulmusikstudierenden damals<br />
nicht doch noch fündig geworden. Und so<br />
lieferte sie, selbst über ihren Erfolg verwun-<br />
dert, prompt das Gewünschte: ein Trio<br />
mit Geige, Trompete und Trauer-Jodler. bjh<br />
Gergö Nagy, gebürtiger Ungar,<br />
studiert Bassposaune<br />
bei Prof. Hans Rückert im<br />
8. Semester.<br />
Welche Rolle spielt(e) Geld in<br />
Ihrem Studium?<br />
Als ich nach Deutschland kam,<br />
konnten meine Eltern mich<br />
finanziell nicht viel unterstützen.<br />
Ich habe von Freunden<br />
(Studienkollegen) ziemlich früh<br />
Unterrichtsmöglichkeiten<br />
bekommen, außerdem habe ich<br />
auch Wohnungen geputzt, was<br />
nicht so gut bezahlt war. Aber<br />
ich glaube, wenn man arbeiten<br />
will, um ein Ziel zu erreichen,<br />
kann man immer etwas finden.<br />
Außerdem unterrichte ich<br />
immer noch, was viel Zeit<br />
kostet. Aber ich bin dankbar,<br />
dass ich fast ohne Unterstützung<br />
mein Leben finanzieren<br />
kann. Ich habe im Laufe der Zeit<br />
immer mehr Freunde und<br />
Bekannte kennengelert und<br />
damit auch mehr Möglichkeiten<br />
bekommen, mit anderen zu<br />
musizieren. Für mehrere Stipendien<br />
der Hochschule bin ich<br />
sehr dankbar. Die größte Unterstützung<br />
aber bekomme ich<br />
von meinem Posaunenlehrer<br />
Prof. Hans Rückert: und zwar<br />
nicht finanziell, sondern<br />
menschlich und beruflich. Wenn<br />
ich irgendwelche Probleme<br />
habe, versucht er er immer zu<br />
helfen.<br />
15<br />
S T A T E M E N T<br />
Wann und wie ist das Bewusstsein<br />
gewachsen, finanziell von<br />
dem leben zu müssen, was Sie<br />
künstlerisch oder pädagogisch<br />
tun?<br />
Bevor ich mein Studium in<br />
Deutschland begann, hatte ich<br />
ein Jahr lang in der Gastronomie<br />
als Barkeeper gearbeitet.<br />
Am Ende der Schulzeit wollte<br />
ich immer selbstständiger sein,<br />
möglichst alleine meine Ziele<br />
erreichen und von meinem<br />
eigenen Geld leben, womit ich<br />
hoffentlich meine Eltern stark<br />
entlastet habe. Das Leben hier<br />
in <strong>Frankfurt</strong> für mich als<br />
Freischaffender neben meinem<br />
Studium ist nicht immer<br />
einfach. Aber angesichts so<br />
vieler Möglichkeiten, die ich von<br />
der Hochschule, den Professoren<br />
und Freunden bekomme,<br />
kann ich gut leben. Man muss<br />
immer kämpfen, und ich glaube,<br />
dass nicht immer das Ziel das<br />
Wichtigste ist, sondern der<br />
Weg, der mich zum Ziel führt.<br />
Welche Kompromisse sind Sie<br />
bereit einzugehen, um sich<br />
existenziell abzusichern? Welche<br />
wären für Sie undenkbar?<br />
Für mich war der größte<br />
Kompromiss bis jetzt, dass ich<br />
meine Heimat, Familie und<br />
Freunde zurückgelassen habe.<br />
Wenn ich an meine Zukunft<br />
denke, ist mein Ziel, Orchestermusiker<br />
zu sein. Ein Kompromiss<br />
wäre für mich, hier in<br />
Deutschland als Freischaffender<br />
oder Lehrer zu bleiben. Somit<br />
hätte ich immer noch bessere<br />
Möglichkeiten, als wenn ich in<br />
meiner Heimat Ungarn leben<br />
würde. Ich bin sehr glücklich<br />
hier und hoffe, dass ich von der<br />
vielfältigen Hilfe, die ich hier<br />
erfahren habe, einiges zurückgeben<br />
kann.