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Pirouette No. 09/2020 November

Skate America: Der Grand Prix ohne Publikum Trotz Pandemie beschloss der US-Eislaufverband USFSA, den Grand Prix abzuhalten, ohne Zuschauer und mit viel strengeren Einschränkungen als die DEU bei der Nebelhorn Trophy. Ebenfalls stattgefunden haben die Budapest Trophy und der Ice Star in Minsk. … Topthemen: · Skate America · Budapest Trophy · Ice Star Minsk Weiteres aus dem Inhalt: · Interview: Valtter Virtanen · Corona: Wettbewerbsabsagen · Interview: Nathan Chen · Neues aus aller Welt · Homo-Diskriminierung im Eiskunstlauf · Budapest Trophy · Zwingerpokal · Regionalmeisterschaften von Japan · »Gran Premio« von Italien · Wettbewerbe in Russland · Neues aus Russland · Grand Prix: Skate America · Westfalen-Cup 2020 · Portrait: Dorotea Leitgeb · Ice Star Minsk · Portrait: Albena Denkova & Maxim Staviski · Eislaufgeschichte: Listing & Baertling Titelbild: Mariah Bell, Siegerin bei Skate America 2020, Foto: Robin Ritoss Auch als Printversion erhältlich unter: www.pirouette-online.de/nr-9-november-2020.html (Erscheinungstermin 17.11.2020)

Skate America: Der Grand Prix ohne Publikum

Trotz Pandemie beschloss der US-Eislaufverband USFSA, den Grand Prix abzuhalten, ohne Zuschauer und mit viel strengeren Einschränkungen als die DEU bei der Nebelhorn Trophy. Ebenfalls stattgefunden haben die Budapest Trophy und der Ice Star in Minsk. …

Topthemen:
· Skate America
· Budapest Trophy
· Ice Star Minsk

Weiteres aus dem Inhalt:
· Interview: Valtter Virtanen
· Corona: Wettbewerbsabsagen
· Interview: Nathan Chen
· Neues aus aller Welt
· Homo-Diskriminierung im Eiskunstlauf
· Budapest Trophy
· Zwingerpokal
· Regionalmeisterschaften von Japan
· »Gran Premio« von Italien
· Wettbewerbe in Russland
· Neues aus Russland
· Grand Prix: Skate America
· Westfalen-Cup 2020
· Portrait: Dorotea Leitgeb
· Ice Star Minsk
· Portrait: Albena Denkova & Maxim Staviski
· Eislaufgeschichte: Listing & Baertling

Titelbild:
Mariah Bell, Siegerin bei Skate America 2020, Foto: Robin Ritoss

Auch als Printversion erhältlich unter: www.pirouette-online.de/nr-9-november-2020.html (Erscheinungstermin 17.11.2020)

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<strong>Pirouette</strong> Nr. 9 | <strong>No</strong>vember <strong>2020</strong> Internationales Eiskunstlauf-Magazin | 53. Jahrgang | www.pirouette-online.de<br />

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Mariah Bell<br />

Skate America<br />

Budapest Trophy · Ice Star Minsk


Impressum<br />

Verlags- und Redaktionsanschrift:<br />

STS·Verlag+Werbung<br />

Stefan Schulze<br />

Am Stutz 14<br />

97993 Creglingen<br />

Fon 07933-700-191<br />

Fax 07933-700-192<br />

E-Mail: info@pirouette-online.de<br />

Webshop www.pirouette-online.de<br />

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Verlagsleitung: Stefan Schulze<br />

Chefredakteur: Klaus-Reinhold Kany<br />

Stellvertreterin: Tatjana Flade<br />

Mitarbeiter: Manuela Buyny, Albert-René Kolb<br />

(Schweiz), Katrin Flaschka (Österreich), Hella Höppner<br />

Grafik: Stefan Schulze, Andreas Münch<br />

Anzeigen: Stefan Schulze<br />

Kundenbetreuung: Angelika Manicone<br />

Für unverlangt eingesandte Manuskripte<br />

und Bildzuschriften haftet der Verlag nicht.<br />

Beiträge, die mit Namen oder Initialen des Verfassers<br />

gezeichnet sind, stellen nicht unbedingt die Meinung<br />

der Redaktion oder des Herausgebers dar. Für die<br />

Richtigkeit der Mitteilungen und Berichte zeichnen<br />

die Clubs verantwortlich. Zuschriften können von uns,<br />

falls kein ausdrücklicher Vor behalt gemacht wird, im<br />

Wortlaut oder aus zugs weise veröffentlicht werden.<br />

Erscheinungsweise: 10 mal im Jahr, Mai/Juni und<br />

Juli/August sind Doppelausgaben, sonst monatlich.<br />

Bestellungen im Webshop: www.pirouette-online.de<br />

Einzelheft: 6,50 EUR zzgl. Versandkosten<br />

Jahresabonnement:<br />

Deutschland: 65 EUR, EU: 68 EUR inkl. Versand<br />

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USt.-ID DE 178391062<br />

Anzeigen: Standard-Formate zum vergünstigten<br />

Festpreis in unserer Preisliste, z.B. 1/8 Seite<br />

105,- EUR. Download unter www.pirouette-online.de/<br />

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Copyright für alle Beiträge bei: STS·Verlag+Werbung.<br />

Nachdruck in Wort und Bild, auch auszugsweise,<br />

nur mit schriftlicher Ge neh migung des Verlags.<br />

Gerichtsstand: Bad Mergentheim<br />

Eiskunstlauf-Termine<br />

von Mitte <strong>No</strong>vember bis Ende Dezember<br />

(mit großem Vorbehalt)<br />

12.11. – 15.11. Warschau Cup (Polen)<br />

19.11. – 22.11. Skate Celje (Slowenien),<br />

verschoben<br />

20.11. – 22.11. Grand Prix: Cup of Russia<br />

in Moskau<br />

21.11. – 22.11. Großer Preis von Italien,<br />

Etappe 2 in Turin<br />

23.11. – 30.11. Inge Solar Trophy in<br />

Innsbruck, abgesagt<br />

26.11. – 29.11. NRW Autumn Trophy in<br />

Dortmund<br />

26.11. – 29.11. Santa Claus Cup in Budapest<br />

(Ungarn)<br />

27.11. – 29.11. Grand Prix: NHK Trophy<br />

in Osaka (Japan)<br />

28.11. – 29.11. Großer Preis von Italien<br />

Etappe 3 in Egna<br />

02.12. – 05.12. Golden Spin in Zagreb<br />

(Kroatien)<br />

04.12. – 05.12. Großer Preis von Italien<br />

Etappe 4 in Trient<br />

10.12. – 12.12. Österreichische Staatsmeisterschaften<br />

in Linz<br />

10.12. – 13.12. Christmas Magic Cup in<br />

Bukarest (Rumänien)<br />

11.12. – 13.12. Latvian Trophy in Marupo<br />

(Lettland)<br />

11.12. – 13.12. Deutsche Nachwuchsmeisterschaften<br />

in Dortmund<br />

11.12. – 13.12. Italienische Meisterschaften<br />

in Egna/Neumarkt<br />

12.12. – 13.12. Schweizer Elitemeisterschaften<br />

in Luzern<br />

17.12. – 19.12. Französische Meisterschaften<br />

in Cergy-Pontoise<br />

(Region Paris)<br />

18.12. – 19.12. Deutsche Meisterschaften<br />

in Hamburg<br />

18.12. – 20.12. Sarajevo Trophy<br />

(Bosnien-Hercegowina)<br />

22.12. – 27.12. Russische Meisterschaften<br />

in Tcheljabinsk<br />

23.12. – 27.12. Japanische Meisterschaften<br />

in Nagano<br />

Synchronwettbewerbe:<br />

04.12. – 06.12. Riga Amber Cup (Lettland)<br />

10.12. – 13.12. Lumière Cup in Eindhoven<br />

(Niederlande)<br />

17.12. – 19.12. Hevelius Cup in Danzig<br />

(Polen)<br />

Interview mit Valtter Virtanen auf Seite 4, Foto: Flade<br />

Inhalt<br />

Interview: Valtter Virtanen 4<br />

Corona: Wettbewerbsabsagen 5<br />

Interview: Nathan Chen 6<br />

Neues aus aller Welt 7<br />

Homo-Diskriminierung im Eiskunstlauf 9<br />

Budapest Trophy 10<br />

Zwingerpokal12<br />

Regionalmeisterschaften von Japan 14<br />

»Gran Premio« von Italien 15<br />

Wettbewerbe in Russland 16<br />

Neues aus Russland 17<br />

Grand Prix: Skate America 18<br />

Westfalen-Cup <strong>2020</strong> 24<br />

Portrait: Dorotea Leitgeb 25<br />

Ice Star Minsk 26<br />

3<br />

Inhalt & Termine<br />

Kündigung sind bis acht Wochen vor Ablauf des<br />

Abon ne ments möglich, sonst erfolgt Verlängerung um<br />

ein weiteres Jahr. Eine Kündigung bedarf der<br />

Schriftform.<br />

Die vollständigen AGB sind nachzulesen im Internet:<br />

www.pirouette-online.de/info/<br />

allgemeine-geschaeftsbedingungen<br />

Titelbild:<br />

Mariah Bell, Siegerin bei<br />

Skate America <strong>2020</strong><br />

Foto: Robin Ritoss<br />

Portrait: Albena Denkova & Maxim Staviski 28<br />

Eislaufgeschichte: Listing & Baertling 30<br />

Die <strong>Pirouette</strong> auf<br />

Instagramm<br />

Scan<br />

mich!<br />

Erscheinungstermin<br />

der nächsten <strong>Pirouette</strong>:<br />

15. Dezember <strong>2020</strong><br />

<strong>Pirouette</strong>-Online


4<br />

Valtter Virtanen<br />

Interview<br />

Valtter Virtanen<br />

»Manche halten mich für verrückt«<br />

Valtter Virtanen (33) ist nicht nur mehrmaliger Finnischer Meister und bei EM und WM<br />

gestartet, sondern er ist auch Arzt von Beruf und arbeitete nach seinem Studium sogar<br />

zeitweise im Krankenhaus an seinem Trainingsort Oberstdorf. Der Finne ist mit der ehemaligen<br />

deutschen Läuferin Alina Meyer verheiratet und wird bald Vater.<br />

Foto: Flade<br />

<strong>Pirouette</strong>: Wie sind Sie damals zum Eiskunstlaufen<br />

gekommen?<br />

Valtter: Meine ältere Schwester ist auch Eis<br />

gelaufen. Ich sollte nur die Grundlagen lernen,<br />

aber ich habe ein bisschen mehr gelernt als nur<br />

vorwärts und rückwärts zu laufen. Und da bin<br />

ich einfach geblieben. Als ich klein war, habe<br />

ich auch Tennis gespielt, Fußball gespielt, Langlauf,<br />

Leichtathletik, habe parallel vieles gemacht.<br />

Ich habe gemerkt, dass ich für den Eiskunstlauf<br />

gut geeignet bin und ich wollte auch<br />

gut sein in dem, was ich mache.<br />

Sie sind bald an die nationale Spitze gekommen,<br />

aber Sie haben neben dem Hochleistungssport<br />

Medizin studiert. Wie haben Sie<br />

das geschafft?<br />

<strong>No</strong>rmalerweise dauert das Studium sechs Jahre.<br />

Ich habe siebeneinhalb Jahre gebraucht, das ist<br />

auch nicht schlecht. Die drei ersten Jahre waren<br />

die schlimmsten. Ich habe ganz normal studiert<br />

mit allen anderen. Da hatte ich nicht so viel<br />

Zeit für das Training. Nach dem dritten Jahr,<br />

2012, habe ich dann ein bisschen mehr Zeit in<br />

das Eislaufen investiert und bin nach Deutschland<br />

umgezogen. Das vierte Jahr habe ich in<br />

drei Jahren gemacht, in München als Gaststudent.<br />

Das ganze fünfte Jahr habe ich auch wieder<br />

als Gaststudent in München durch dieses<br />

Erasmus Programm absolviert. Das war leichter.<br />

Aber ich hatte das Problem, von Oberstdorf<br />

nach München zu kommen. Ich brauchte zweieinhalb<br />

Stunden für eine Strecke mit dem Zug<br />

und der U-Bahn. Da ist es gut, dass man in<br />

Oberstdorf eigentlich jederzeit trainieren kann.<br />

Wie haben Sie Ihre Praktika absolviert?<br />

Ein bis zweimal habe ich das hier in Oberstdorf<br />

in der Inneren Abteilung gemacht. Das war später<br />

meine Arbeitsstelle. Und ich war ein paar<br />

Monate in Finnland. Ich habe nebenbei den PhD<br />

(Doktorgrad) gemacht, das hat auch als Praktikum<br />

gezählt. Es war alles da ein bisschen und<br />

hier ein bisschen. Es war viel Aufwand.<br />

Wie hilft Ihnen Ihre medizinische Ausbildung,<br />

im Training Verletzungen zu vermeiden?<br />

Ich glaube, es ist anders herum. Der Sport hilft<br />

mir bei der Arbeit. Ich habe viel Erfahrung mit<br />

Verletzungen und verstehe etwas davon. Ich<br />

habe nicht das Gefühl, dass ich vom Studium so<br />

viele Vorteile für den Sport habe. Natürlich hat<br />

man ein Grundwissen, aber im eigenen Fall ist<br />

es immer schwierig. Auf diesem Niveau spürst<br />

du jede Woche irgendwas. Manchmal bleibt es<br />

eine Woche, zwei Wochen. Und man kann nicht<br />

jede Woche ins MRT rennen und schauen, was<br />

da ist. Ich bin eher der Typ, der abwartet. Einmal<br />

hatte ich beim dreifachen Axel einen Syndesmosebandriss<br />

im Schienbein hier in Oberstdorf.<br />

Und da habe ich das bei der Landung<br />

gleich gemerkt, so das war‘s. Weil das so eine<br />

besondere Stelle ist und die Schmerzen waren<br />

genau da. Da wusste ich eigentlich schon vor<br />

dem MRT, was kaputt ist.<br />

Nach Ihrem Abschluss haben Sie in Oberstdorf<br />

und in Finnland im Krankenhaus gearbeitet.<br />

Was machen Sie jetzt?<br />

Momentan arbeite ich in Jyväskylä in Finnland.<br />

Ich bin Allgemeinarzt und viel in der <strong>No</strong>taufnahme.<br />

Mich interessiert diese Akutmedizin und ich<br />

arbeite mit Akutfällen. Letzte Saison war es so,<br />

dass ich ungefähr zwei Wochen in Finnland war,<br />

habe dort 40 Stunden oder manchmal 50 Stunden<br />

in der Woche gearbeitet. Dann war ich zwei<br />

Wochen in Oberstdorf nur trainieren. Und dann<br />

bin ich wieder nach Finnland gefahren und zu<br />

Wettkämpfen. Es war eigentlich ziemlich anstrengend,<br />

aber ich konnte selber bestimmen,<br />

wann und wo ich arbeite. In der Klinik in der<br />

<strong>No</strong>taufnahme haben wir ein System, in dem wir<br />

online die Dienste buchen können. Außerdem arbeite<br />

ich noch, wo Bedarf ist, also privat. Wichtig<br />

ist momentan, dass das Eislaufen finanziell<br />

machbar ist - mit weniger Arbeit noch ein gutes<br />

Gehalt erzielen, so dass ich Eis laufen kann. In<br />

der Zeit als ich in Oberstdorf war, verdiente ich<br />

nicht so gut, hatte nur einen 50-Prozent-Vertrag,<br />

und das reicht eigentlich für gar nichts.<br />

Haben Sie auch mit Corona-Fällen zu tun?<br />

In der <strong>No</strong>taufnahme haben wir eine Infektionsabteilung<br />

und da kommen die allgemeinen Fälle<br />

zu uns. Die schweren Fälle gehen dann direkt<br />

weiter. In Finnland war es ja eher ruhig. Am Anfang<br />

hatten wir fast täglich Fälle, aber es war<br />

nicht so, dass man überfordert gewesen wäre.<br />

Sie trainieren aber auch nach der Arbeit in<br />

Finnland?<br />

Ja, vor der Nebelhorn Trophy habe ich nicht so<br />

viel gearbeitet, nur 20 Stunden in der Woche.<br />

Danach konnte ich noch zwei Stunden auf dem<br />

Eis trainieren. In Finnland trainiere ich mit Alina.<br />

Sie ist schon seit fünf Jahren Assistenz-Trainerin.<br />

Ich bin auch regelmäßig in Kontakt mit<br />

Herrn Huth.<br />

Wie schwierig ist es denn, mit der eigenen<br />

Ehefrau zu trainieren und das Berufliche und<br />

Private zu trennen?<br />

Das hat eigentlich immer ganz gut geklappt. Es<br />

gab klare Regeln von Anfang an, als ich noch<br />

bei Herrn Fajfr war. In der Halle waren wir Eisläufer<br />

und haben das Private vergessen.<br />

Sie haben bei der Nebelhorn Trophy eine<br />

gute Kür gezeigt.<br />

Ja, es war meine beste Kür seit ein paar Jahren<br />

und ich fühle mich momentan recht gut. Und<br />

man muss sagen, dass man daraus lernen kann.<br />

Seit März bin ich nur einmal nach Deutschland<br />

gereist. Ich habe so viel Energie und fühle mich<br />

viel stärker als früher. Ich glaube, man vergisst,<br />

wie viel diese Hektik und der Stress eigentlich<br />

kostet. Letzte Saison hatte ich 35-36 Flüge und<br />

es wäre nicht so schlimm, wenn der Flughafen<br />

in der Nähe wäre. Aber in Finnland fährt man<br />

drei Stunden mit dem Auto und hier auch. Man<br />

ist praktisch den ganzen Tag unterwegs. Das<br />

kostet schon Kraft. Und so gesehen war es keine<br />

Überraschung und ich war auch im Training<br />

viel besser als früher in dieser Zeit. Das muss<br />

ich jetzt behalten und die Ausnahmezeit hatte<br />

vielleicht auch etwas Gutes für mich. Jetzt war<br />

ich fast sechs Monate nur in Finnland und es<br />

reicht, wenn ich nur 20 oder 30 Stunden in der<br />

Woche arbeite. Das habe ich auch im Training<br />

gemerkt, ich war jetzt viel frischer in Finnland.<br />

Letzte Saison, wenn ich in Finnland war, war<br />

das mehr so ein Überleben.<br />

Was motiviert Sie, den Sport auf so hohem<br />

Niveau neben einem doch anstrengenden<br />

Beruf weiterzumachen?


Das haben viele gefragt und ich glaube, da<br />

gibt es mehrere Antworten. Natürlich wenn es<br />

da ein bestimmtes Ziel gibt wie die Olympischen<br />

Spiele, motiviert mich das im Hintergrund.<br />

Man muss Ziele haben, das ist klar. Und<br />

sonst habe ich in meiner Karriere eigentlich<br />

erreicht, was ich mir gewünscht und erhofft<br />

habe. Der Eiskunstlauf ist so ein großer Teil<br />

meines Lebens. Ich mag das. Und eigentlich<br />

habe ich das erst jetzt verstanden, als ich fertig<br />

war mit dem Studium und vor allem jetzt,<br />

wenn ich nicht so viel arbeiten muss. Ich habe<br />

jetzt die beste Zeit in meiner ganzen Eislaufkarriere.<br />

Ich muss nicht so viel nebenbei arbeiten<br />

und kann trotzdem meine Familie und<br />

mich finanzieren. Ich habe ein Haus in Finnland<br />

und das Baby kommt. Das Leben ist eigentlich<br />

sehr schön und jetzt kann ich einfach<br />

nur genießen. Ich habe in den letzten zehn<br />

Jahren so viel darauf hingearbeitet, dass ich<br />

mir das jetzt ermöglichen kann.<br />

Fragen andere Sportler Sie, wie Sie<br />

das schaffen?<br />

Ja viele fragen, fast in jedem Wettkampf. Wer<br />

das noch nicht weiß, bewundert es. Aber vor<br />

allem diejenigen, die mich gut kennen, halten<br />

mich manchmal für verrückt (lacht).<br />

Finden Wettbewerbe statt?<br />

Auch im Monat Oktober bestimmte die Diskussionen,<br />

ob Wettbewerbe stattfinden, ob Zuschauer<br />

hineindürfen, was es für Reisebeschränkungen<br />

gibt und ob Tests oder Quarantäne erforderlich<br />

sind, die weltweite Diskussion im Eiskunstlaufen.<br />

Jedes Land handelt anders, jeden Tag ändern<br />

sich Bestimmungen und nicht immer ist das verständlich.<br />

Obwohl die USA das am stärksten von<br />

Corona betroffene Land sind, hatte man dort<br />

den Mut, den Pseudo-Grand Prix Skate America<br />

mit strengen Auflagen durchzuführen. Die vielen<br />

US-Amerikaner die dort starten konnten, waren<br />

dem Verband dafür sehr dankbar (siehe ab Seite<br />

18). Das viel weniger betroffene Kanada sagte<br />

dagegen seinen Grand Prix ab, ebenso wie schon<br />

die WM im vergangenen März und kleinere nationale<br />

und internationale Wettbewerbe. Das ist<br />

hart für die vielen kanadischen Spitzenläufer, die<br />

erneut um eine Chance gebracht wurden. Das<br />

einzige, was so normal wie immer lief, war die<br />

hoffnungsvolle Ankündigung des Verbandes, dass<br />

Skate Canada im Jahr 2021 vom 29. bis 31. Oktober<br />

in Vancouver in derselben Thunderbird-<br />

Halle geplant ist, in der 2018 das Grand Prix Finale<br />

stattgefunden hatte.<br />

Bitter für die neun nominierten Deutschen und<br />

andere westeuropäische Sportler ist die schon<br />

länger erwartete Absage des Grand Prix in Grenoble<br />

Mitte <strong>No</strong>vember. Aber in Frankreich sind<br />

die Infektionszahlen so hoch, dass das sehr verständlich<br />

ist. Außerdem tut man sich dort<br />

schwerer als in den USA oder bei der Nebelhorn<br />

Trophy in Oberstdorf, strenge staatliche Bestimmungen<br />

einzuhalten, denn mehr als in Deutschland<br />

ist es in Frankreich ein Volkssport, den<br />

Staat unvernünftigerweise zu hintergehen. Das<br />

sieht man zum Beispiel daran, dass am 31. Oktober<br />

Eisläufer noch große Halloween-Parties<br />

ohne Masken und Abstand mit hohem Ansteckungsrisiko<br />

feierten, denn ab 1. <strong>No</strong>vember waren<br />

sie verboten. Als ob man sich nicht auch am<br />

31. Oktober anstecken kann. Auch die Schweiz<br />

hat hohe Infektionszahlen und sagte daher die<br />

Meisterschaft des französischsprachigen Teils<br />

der Schweiz Ende Oktober (Coupe Romande) in<br />

Lausanne ganz kurzfristig ab. Italien hat dagegen<br />

für seine besten Läufer sogar eine Serie von<br />

Wettbewerben ins Leben gerufen. Der Cup of<br />

Tyrol fällt aus, während Russland seine Wettbewerbe<br />

durchzieht (siehe Seite 16).<br />

5<br />

Wettbewerbsabsagen<br />

Corona<br />

Sie haben schon eine lange Karriere.<br />

Was war bisher der schönste Moment?<br />

Da gibt es natürlich ein paar. Die Heim-WM<br />

(in Helsinki, 2017) war meine erste WM. Und<br />

in Stockholm (2015) habe ich es bei der Europameisterschaft<br />

das erste Mal ins Finale geschafft.<br />

Das war das erste und bis jetzt auch<br />

das letzte Mal, dass meine Eltern bei einem<br />

großen Wettbewerb als Zuschauer da waren.<br />

Wenn Sie irgendwann Ihre aktive Karriere<br />

beenden, wie möchten Sie dem Eiskunstlauf<br />

verbunden bleiben?<br />

Meine Frau ist Eislauftrainerin und macht jetzt<br />

ihren Masterabschluss in Psychologie. Ich<br />

glaube, wenn man jeden Tag in die Eishalle<br />

geht, bleibt man irgendwie in Kontakt. Ich<br />

glaube, es besteht ein hohes Risiko, dass unsere<br />

Tochter auch Eis laufen wird. Und dann bin<br />

ich natürlich involviert. Vielleicht kann ich<br />

dann meine Frau als Trainer unterstützen.<br />

Vielen Dank für das Interview und weiterhin<br />

viel Erfolg!<br />

Mit Valtter Virtanen sprach Tatjana Flade. •••<br />

Pläne für Deutschland<br />

Auch in Deutschland müssen Läufer, Trainer und<br />

alle anderen bangen, ob die geplanten Wettbewerbe<br />

stattfinden und sie trainieren dürfen. Der<br />

Zwingerpokal und der Westfalen Cup konnten<br />

stattfinden (siehe Berichte). Die Berliner Meisterschaften<br />

mit Berliner Bär wurden abgesagt,<br />

stattdessen gab es in Wedding nur eine Sichtung<br />

für die Nachwuchsläufer(innen), die zur<br />

Deutschen Nachwuchsmeisterschaft wollen.<br />

Und in Hohenschönhausen fand ein Test-Event<br />

der Paare statt. Mit diesem wollte man den beiden<br />

Paaren, für die Grenoble ausfällt, einen<br />

weiteren Quasi-Wettbewerb ermöglichen. Wer<br />

weiß, ob deutsche Läufer Mitte <strong>No</strong>vember zum<br />

Warschau Cup fahren. Das neue Paar Efimova/<br />

Blommaert konnte die 1. Kürklasse erwerben,<br />

die es für Starts benötigt. Hase/Seegert mussten<br />

in der Kür drei Hebungen abbrechen, weil es<br />

ihm nicht gut ging. Hocke/Kunkel liefen keine<br />

Kür, weil Kunkel nach einer Sushi-Mahlzeit mit<br />

Übelkeit zu kämpfen hatte. Selten sind sie gesund<br />

und fit. Auch das Juniorenduo Alisa Rank<br />

und Jegor Eßlinger schaffte die 1. Kürklasse.<br />

Ebenfalls am Start waren die Niederländer Daria<br />

Danilova und Michel Tsiba. Ein echter internationaler<br />

Wettbewerb, der allerdings mit einer<br />

Ausnahme schwach besetzt war, fand gleichzeitig<br />

in Minsk statt, aber die DEU beschickt Weißrussland<br />

nicht, so dass Reporterin Tatjana Flade<br />

die einzige Deutsche vor Ort war (siehe S. 26).<br />

Besonders für alle deutschen Läufer soll der erst<br />

im September ins Leben gerufene und international<br />

ausgeschriebene Wettbewerb NRW Autumn<br />

Trophy in Dortmund in der letzten <strong>No</strong>vemberwoche<br />

stattfinden. Ein sehr anerkennenswertes Vorhaben,<br />

das auch das Ziel verfolgt, Auslandsreisen<br />

zu reduzieren. Nach augenblicklichem Stand (2.<br />

<strong>No</strong>vember) soll er erlaubt sein, denn Bundeskaderläufer<br />

gelten nicht als Amateure, sondern als<br />

Profis, die trainieren und Wettbewerbe laufen<br />

können, so wie auch Fußballspiele der drei oberen<br />

Ligen möglich sind. Auch die Deutschen<br />

Nachwuchsmeisterschaften in Dortmund und die<br />

Deutschen Meisterschaften in Hamburg stehen<br />

weiterhin auf der Aktiv-Liste, womöglich ohne<br />

Zuschauer. Ob das so bleibt, wagt niemand mit<br />

Sicherheit vorherzusagen. Ganz zu schweigen<br />

von der EM Ende Januar in Zagreb. Corona hat<br />

die Eislaufwelt im Griff. Klaus-Reinhold Kany<br />

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6<br />

Nathan Chen<br />

Nathan Chen<br />

»Für viele Läufer ist Eislaufen ihr Beruf<br />

und ohne Wettbewerbe sind sie arbeitslos«<br />

Interview<br />

Der zweimalige Weltmeister Nathan<br />

Chen (21) gewann seinen vierten<br />

Skate America-Titel und bleibt damit<br />

weiterhin seit der WM 2018 ungeschlagen.<br />

Die <strong>Pirouette</strong> und zwei<br />

anderen Magazine aus Japan und<br />

China interviewten den US-Meister<br />

per Videokonferenz.<br />

<strong>Pirouette</strong>: Wie haben Sie die Zeit des<br />

Lockdowns verbracht?<br />

Nathan: Als ich von der WM-Absage hörte, war<br />

ich noch an der Universität beim Training. Das<br />

war genau vor den Frühjahrsferien. Unser Dekan<br />

teilte uns dann mit, dass wir nach den Ferien<br />

nicht mehr zurückkommen sollen. Da habe ich<br />

meine Sachen gepackt und bin nach Kalifornien<br />

zurückgekehrt. In der Zeit der Quarantäne habe<br />

ich das Semester (online) zu Ende gebracht und<br />

Trockentraining gemacht. Natürlich war ich enttäuscht<br />

über die Absage der WM, aber es war<br />

verständlich. Das Schwierigste war und ist es,<br />

dass wir nicht wissen, wie es weitergeht, ob es<br />

ein Grand Prix Finale gibt und ob nach der Absage<br />

der Vier-Kontinente-Meisterschaft die WM<br />

stattfindet. Aber wenn das mein einziges Problem<br />

ist, bin ich ziemlich privilegiert. Viele Menschen<br />

insbesondere in den USA verlieren in der<br />

Pandemie ihren Job, werden krank, liegen auf<br />

der Intensivstation. Viele Menschen leiden mehr<br />

als ich unter der Situation.<br />

Wie hat diese Situation Sie oder Ihren Blick<br />

auf die Welt verändert?<br />

Es ist enttäuschend zu sehen, dass viele Leute<br />

es vermeiden, Masken zu tragen und die Dinge<br />

zu tun, die nötig sind, um andere zu schützen.<br />

Darüber hinaus aber bin ich von der Stärke der<br />

Gemeinschaft beeindruckt, wie sie andere Leute<br />

unterstützen, die noch mehr zu kämpfen haben.<br />

Es ist stark, wie hier in den USA die Leute für<br />

ihre Gemeinschaft, für ihre Rasse, für ihre Identität<br />

aufstehen. Ich bin in erster Linie ein Eiskunstläufer,<br />

kein Politiker und studiere nicht<br />

einmal Politikwissenschaft, aber ich erkenne,<br />

dass wir hier in den USA eine Menge Probleme<br />

haben, die es schon sehr lange gibt, und wenn<br />

man die nicht jetzt angeht, werden sie nie<br />

angegangen. Jeder hat eine Stimme und soll<br />

sie nutzen.<br />

Sie haben jetzt erst einmal Urlaubssemester<br />

genommen.<br />

Ja, das lag zum Teil daran, weil alles auf online<br />

umgestellt wurde. Alle Studenten bekamen die<br />

Möglichkeit, sich für ein extra Jahr beurlauben<br />

zu lassen, normalerweise geht das nur für ein<br />

Jahr. Wenn ich sonst zwei Jahre Urlaub hätte<br />

nehmen wollen, hätte ich mich exmatrikulieren<br />

und neu bewerben müssen, und das wollte ich<br />

nicht. Daher habe ich überlegt, was ich machen<br />

soll. Jetzt war die Entscheidung viel einfacher.<br />

Wie gefällt es Ihnen, wieder Vollzeit in Kalifornien<br />

zu trainieren?<br />

Es ist auf jeden Fall leichter, weil ich mehr Zeit<br />

habe, mich ausschließlich auf das Training zu<br />

konzentrieren. Ich denke, Raf (Rafael Arutiunian,<br />

Trainer) hat mich gut darauf vorbereitet, alleine<br />

zu trainieren, ehrlich gesagt ein bisschen zu<br />

gut. Als ich wieder zurückkam, wollte ich am<br />

liebsten für mich allein trainieren, weil ich mich<br />

daran gewöhnt hatte. Aber es ist immer gut,<br />

den Blick von außen zu haben. Raf bestärkt<br />

mich entweder in meinen Ideen oder gibt mir<br />

neue Ideen. Der größte Unterschied ist, dass ich<br />

mit anderen Spitzensportlern wie Mariah Bell<br />

trainieren kann. Das treibt mich an und wenn es<br />

mal im Training nicht gut läuft, werde ich<br />

manchmal irrational und denke Dinge, die nicht<br />

stimmen. Da ist es nett, jemanden zu haben, der<br />

einen aufbaut und der dir sagt, ‚das machst du<br />

richtig und das machst du falsch‘.<br />

Wie haben Sie Skate America unter Corona-<br />

Bedingungen empfunden?<br />

Ich wusste nicht, was ich erwarten sollte, und<br />

ich war angenehm überrascht. Wir können nicht<br />

nah zusammen sein und müssen Masken tragen,<br />

trotz negativer Testergebnisse. Diese ‚Blase‘<br />

fühlt sich sehr sicher an. Es war schön, einen<br />

Wettbewerb zu haben, gegen andere Spitzenläufer<br />

zu laufen und die Freunde mal wieder in<br />

Person zu sehen und mit ihnen zu sprechen,<br />

auch wenn es nicht so wie sonst ist. Es ist definitiv<br />

ein Highlight für mich, dass ich hier sein<br />

kann. Was mich ein wenig, aber andere Läufer<br />

viel mehr betrifft – Eiskunstlauf ist ein sehr<br />

teurer Sport und wir haben nicht immer das<br />

Geld, um das Training, die Choreographie, Kostüme,<br />

Eiszeiten etc. zu bezahlen. Viele Läufer<br />

machen im Sommer Shows oder geben Seminare,<br />

um sich ein wenig Taschengeld zu verdienen.<br />

Und die Wettbewerbe sind wichtig, denn wenn<br />

man gut genug abschneidet, bekommt man<br />

Preisgeld und kann mehr Förderung erhalten.<br />

Wenn es keine Wettbewerbe gibt, ist das eine<br />

große Belastung. Für viele Läufer ist Eiskunstlauf<br />

wie ihr Beruf und ohne Wettbewerbe sind<br />

sie arbeitslos. Wettbewerbe abzuhalten ist also<br />

sehr nützlich für uns.<br />

Sie haben bei Skate America keinen vierfachen<br />

Lutz gemacht – warum nicht? Und ist<br />

es nicht riskant, den dreifachen Axel als<br />

letzten Sprung zu machen?<br />

Nathan Chen beim<br />

Grand Prix Finale 2019,<br />

Foto: ISU<br />

Ich denke nicht, dass es zu riskant ist, es hat im<br />

Training gut geklappt. Ich habe (in der Kür) einfach<br />

nur einen Fehler gemacht, als ich in den<br />

Sprung reingegangen bin, ich muss das nur ein<br />

bisschen besser trainieren. Wie Sie wissen, ist<br />

der Axel nicht mein Lieblingssprung, genauso<br />

wie die Kantensprünge (Rittberger, Salchow).<br />

Der vierfache Lutz ist gut, ich kann ihn machen,<br />

aber ich möchte in diesem Jahr mit ein paar<br />

unterschiedlichen Dingen herumspielen. Es hält<br />

die Sache für mich frischer, das eine oder andere<br />

auszuprobieren.<br />

Was möchten Sie über Ihre Programme<br />

erzählen?<br />

Das KP ist aus dem Film “Desperado” mit ein<br />

wenig spanischer Gitarrenmusik am Anfang.<br />

Dann kommt der Cancion del Mariachi aus dem<br />

Film. Wir wollen den Charakter des Films herüberbringen,<br />

weniger die kulturellen Eigenheiten<br />

der Musik. Die Kür ist zu Musik von Philip Glass,<br />

von dem ich zufällig in einem Kurs an der Uni-


Neues aus aller Welt<br />

7<br />

versität erfahren habe. Shae-Lynn (Bourne,<br />

Choreographin) zeigte mir Musik von ihm und<br />

ich gab ihr ein paar Stücke von ihm, die ich<br />

mochte und so haben wir es alles zusammengeworfen.<br />

Ich habe schon mein ganzes Leben<br />

mal eine Kür gebraucht, die durchgehend ruhig<br />

ist, damit ich alle meine Sprünge machen<br />

kann, ohne nach dem halben Programm ausgebrannt<br />

zu sein. Das KP kann ein bisschen lebendiger<br />

und energiereicher sein.<br />

Wie bringen Sie sich in die Choreographie<br />

Ihrer Programme ein?<br />

Shae-Lynn (Bourne, Choreographin) ist manchmal<br />

überkreativ. Sie hat kein Limit, was sie erreichen<br />

möchte und manche Dinge sind unmöglich,<br />

so dass ich derjenige bin, der sagt<br />

‚Shae, ich denke, das ist ein bisschen zu viel,<br />

lass es uns anders machen‘. So trage ich zu den<br />

Programmen bei. Aber ich vertraue ihr völlig,<br />

dass sie mir ein gutes, fertiges Produkt gibt,<br />

das wir dann auf dem weiteren Weg säubern<br />

und verbessern, wie es für mich passt. Ich denke,<br />

sie weiß, was für mich am besten ist.<br />

Wie wollen Sie Ihre künstlerische Entwicklung<br />

vorantreiben?<br />

Ich habe mich zum Teil für dieses spanisch-lateinamerikanisch<br />

beeinflusste Programm entschieden,<br />

weil ich in eine Richtung gehen<br />

wollte, die ich noch nie gemacht hatte. Ich<br />

mag das Programm und denke, dass es eine<br />

gute Herausforderung für diese Saison ist.<br />

Aber ich denke nicht, dass es das richtige Programm<br />

für eine olympische Saison ist. Die Erfahrung<br />

mit ganz verschiedenen Genres erlaubt<br />

es mir, einzugrenzen, was mir gefällt<br />

und was ich weniger mag, so dass ich für die<br />

Olympischen Spiele eine gewisse Anzahl an<br />

Optionen zur Auswahl habe.<br />

Wie beeinflusst die Pandemie Ihre Vorbereitung<br />

auf die Olympischen Spiele und<br />

Ihr Ziel, die Goldmedaille zu gewinnen?<br />

Zunächst einmal ist es mein Ziel, dass ich mich<br />

für das Team qualifiziere und in die beste Position<br />

komme, um erfolgreich zu sein. Mit erfolgreich<br />

sein meine ich nicht unbedingt zu gewinnen.<br />

Diese Mentalität – ‚ich bin nur hier um zu<br />

gewinnen‘ hat mich in der Vergangenheit zu<br />

sehr angespannt und dazu geführt, dass ich<br />

nicht gut gelaufen bin. Ich möchte noch einmal<br />

die Gelegenheit haben, bei den Olympischen<br />

Spielen zu starten und Programme zu laufen,<br />

mit denen ich zufrieden bin, unabhängig vom<br />

Ergebnis. Wenn ich vor den Spielen ein paar<br />

Wettbewerbe habe, wäre das schön. Wenn<br />

nicht, dann sind wir alle in derselben Situation<br />

und ich kann mich nicht darüber beklagen, wie<br />

schwierig es für mich ist. Ich würde gern wissen,<br />

ob die Olympischen Spiele stattfinden, was<br />

ich sehr hoffe. An erster Stelle muss die Sicherheit<br />

stehen, dieses Virus ist kein Spaß.<br />

Vielen Dank für das Interview und weiterhin<br />

viel Erfolg!<br />

Mit Nathan Chen sprach Tatjana Flade.<br />

•••<br />

Keine EM in Essen<br />

Auf einer Online-Vorstandssitzung Anfang Oktober<br />

hat die ISU eine Reihe von Meisterschaften<br />

provisorisch vergeben. Aus deutscher Sicht ist am<br />

wichtigsten, dass die Stadt Essen, die sich um die<br />

EM 2023 beworben hatte, diese nicht erhalten<br />

hat. Stattdessen wurde wieder einmal Helsinki<br />

gewählt. Finnland hat eben eine in der ISU sehr<br />

bekannte Persönlichkeit namens Susanna Rahkamo,<br />

zurzeit Chefin der ISU-Entwicklungskommission,<br />

die mit Petri Kokko zehn Jahre lang in<br />

Oberstdorf gelebt und trainiert hatte. Es ist zu<br />

hoffen, dass Essen sich für 2024 wieder bewirbt,<br />

denn die meisten Städte waren bei ihrem ersten<br />

Versuch nicht erfolgreich. Die WM 2023 soll zum<br />

dritten Mal in neun Jahren im japanischen Saitama<br />

abgehalten werden und die Junioren-WM in<br />

Calgary in Kanada. Für die Vier-Kontinente-Meisterschaften<br />

2022 hatte es bis jetzt keinen Bewerber<br />

gegeben, dies ist nun Tianjin in China.<br />

Außerdem sagte die ISU die Vier-Kontinente-<br />

Meisterschaften 2021 ab, die in drei Monaten<br />

im australischen Sydney stattfinden sollten.<br />

Aber das Land beabsichtigt auch im kommenden<br />

Februar, keinerlei nicht-australische Läufer,<br />

Preisrichter, Offizielle oder Zuschauer ins Land<br />

zu lassen, so dass allein aus diesem Grund keine<br />

internationalen Wettbewerbe möglich sind. Damit<br />

hat der australische Verband zum zweiten<br />

Mal Pech mit der Vergabe von Meisterschaften,<br />

denn die für März 2000 geplante WM musste<br />

das Land wenige Monate vor den Olympischen<br />

Sommerspielen in Sydney wieder an die ISU zurückgeben,<br />

weil die Fernsehkapazitäten im<br />

Olympischen Jahr ganz auf die Sommerspiele<br />

konzentriert waren. Als Ausgleich für die jetzt<br />

abgesagten Meisterschaften erhielt Sydney die<br />

Vier-Kontinente-Meisterschaften 2023.<br />

Preisrichter für<br />

ISU-Meisterschaften<br />

Weniger aufwendig als früher und online hat<br />

die ISU auch in diesem Jahr wieder die Länder<br />

ausgelost und bestimmt, die einen Preisrichter<br />

zu den verbliebenen ISU-Meisterschaften (ohne<br />

Vier-Kontinente) schicken dürfen. Bei der EM in<br />

Zagreb sind Russland und Gastjurorenland Kanada<br />

die einzigen Nationen, die in allen vier Kategorien<br />

einen Preisrichter nominieren können.<br />

Die DEU wurde bei den Damen, im Paarlaufen<br />

und im Eistanzen ausgelost, Österreich in den<br />

drei Kategorien außer Eistanzen und die<br />

Schweiz im Paarlaufen und Eistanzen. Bei der<br />

WM in Stockholm wurden Russland und die<br />

USA viermal nominiert. Hier sind die DEU genau<br />

wie Österreich bei den Herren und im Paarlaufen<br />

dabei, die Schweiz bei den Herren und im<br />

Eistanzen. Für die Junioren-WM<br />

sind DEU-<br />

Juroren dreimal vertreten,<br />

nur nicht bei<br />

den Herren. Bei beiden<br />

Synchron-Weltmeisterschaften<br />

ist<br />

ein deutscher Preisrichter<br />

dabei.<br />

Szewczenko und Jeschke<br />

verheiratet<br />

Ex-Läuferin und Schauspielerin Tanja Szewczenko<br />

und ihr langjähriger Lebensgefährte und ehemaliger<br />

Paarläufer <strong>No</strong>rman Jeschke haben in<br />

den letzten Monaten im Stillen geheiratet. Dies<br />

erfuhr die Klatschpresse so nebenbei, als jemand<br />

bei Dreharbeiten einen Ehering an ihrer Hand<br />

entdeckte. Wann die Hochzeit war, gaben sie bis<br />

Anfang <strong>No</strong>vember nicht bekannt, Szewczenko<br />

sagte nur, sie wollte, dass ihre Großmutter das<br />

noch erlebt, denn diese hatte Szewczenko schon<br />

als Kind und Jugendliche sowohl motivationsmäßig<br />

als auch finanziell intensiv bei ihrer Eislaufkarriere<br />

unterstützt.<br />

Junioren Grand Prix 2021<br />

Die ISU blickt richtigerweise nach vorne und hat<br />

die geplanten Junioren Grand Prix für 2021 bekanntgegeben.<br />

Kosice und Ljubljana waren schon<br />

in diesem Jahr vorgesehen, aber fünf weitere<br />

sind neu. Wo das Finale stattfinden soll, ist noch<br />

unklar, womöglich in Peking als letzten Test vor<br />

den Olympischen Spielen im Februar 2022. Ein *<br />

bedeutet, dass auch ein Paarlaufwettbewerb<br />

vorgesehen ist. Hier die Orte und Termine:<br />

18.08. – 21.08. Courchevel (Frankreich)<br />

25.08. – 28.08. Edmonton* (Kanada)<br />

01.<strong>09</strong>. – 04.<strong>09</strong>. Kosice* (Slowakei)<br />

15.<strong>09</strong>. – 18.<strong>09</strong>. Krasnojarsk* (Russland)<br />

22.<strong>09</strong>. – 25.<strong>09</strong>. Ljubljana (Slowenien)<br />

29.<strong>09</strong>. – 02.10. Danzig (Polen)<br />

06.10. – <strong>09</strong>.10. Linz* (Österreich)<br />

Der Austragungsort fürs Finale ist noch unklar.<br />

Jessica Pfund und Joshua<br />

Santillan für die Schweiz?<br />

Nach bis jetzt nicht bestätigten Meldungen läuft<br />

das US-Paar Jessica Pfund und Joshua Santillan<br />

(beide sind in den USA geboren) demnächst für<br />

die Schweiz. Pfund hat Schweizer Vorfahren und<br />

sie sind nicht stark genug, um sich in den USA<br />

durchsetzen zu können. Sie waren Achte der US-<br />

Meisterschaften <strong>2020</strong> und ihr letzter internationaler<br />

Wettbewerb war Platz 9 bei der Finlandia<br />

Trophy 2018. Die Wartezeit für einen Nationenwechsel<br />

hätten sie also erfüllt. Eine Teilnahme<br />

an Olympischen Spielen scheint aber nicht möglich,<br />

weil Santillan mit Sicherheit in naher Zukunft<br />

keine Schweizer Staatsbürgerschaft erhält.<br />

Aber sie könnten an allen anderen internationalen<br />

Wettbewerben und Meisterschaften teilnehmen,<br />

wenn der Schweizer Verband sie nominiert<br />

und sie die Mindestpunktzahlen schaffen.<br />

krk<br />

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News


8<br />

News<br />

Neues aus aller Welt<br />

Neues aus Frankreich<br />

Auf einer außerordentlichen Sitzung beschlossen<br />

die französischen Vereinsvertreter am 11.<br />

Oktober mit einer Mehrheit von 83 Prozent eine<br />

Statutenänderung, gemäß der kein Verbandsoffizieller<br />

länger als drei Amtszeiten von je vier<br />

Jahren in einem Amt bleiben darf. Damit wollte<br />

Präsidentin Nathalie Péchalat vor allem verhindern,<br />

dass Didier Gailhaguet noch einmal kandidieren<br />

kann. Katia Krier ist von ihrer Position als<br />

Sportdirektorin zurückgetreten, denn sie ist zu<br />

eng mit Gailhaguet verbunden.<br />

Kanadische Meisterschaften<br />

verschoben<br />

Die kanadischen Meisterschaften in Vancouver<br />

wurden von Januar auf den 14. – 21. Februar<br />

2021 verschoben, mit jeweils nur zwei Gruppen<br />

und nur Meisterklasse und Junioren. krk<br />

Kurt Müller mit<br />

99 Jahren gestorben<br />

Der 1921 geborene Bochumer Eisläufer Kurt<br />

Müller starb am 25. September. Müller startete<br />

zunächst im Paarlauf und wurde 1944 gemeinsam<br />

mit Heidi Nähle bei den Deutschen Meisterschaften<br />

in Wien Dritter im Paarlauf. Im Zweiten<br />

Weltkrieg konnte er einen Einsatz an der Front<br />

vermeiden, weil er bei der Truppenunterhaltung<br />

eingesetzt wurde. Anschließend wechselte er die<br />

Disziplin und die Partnerin. 1951 gewann er in<br />

Garmisch-Partenkirchen mit Hella Lamprecht die<br />

Deutsche Meisterschaft im Eistanz, was er im<br />

Jahr darauf mit seiner neuen Partnerin, der Krefelderin<br />

Marlies Schroer, an gleicher Stelle wiederholen<br />

konnte. Eistanzen war 1951 noch nicht<br />

bei Europa- und Weltmeisterschaften vertreten,<br />

und da Deutschland auch niemanden zur WM<br />

1952 schickte, nahm Müller nie an einer „großen“<br />

Meisterschaft teil. Die Nichtentsendung<br />

1952 war für ihn ein Grund, seine Amateur-<br />

Laufbahn zu beenden. Anschließend trat er noch<br />

in etlichen Shows auf, wo er sein Unterhaltungstalent<br />

unter Beweis stellen konnte. Später<br />

übernahm er das elterliche Hutgeschäft, das ihn<br />

als „Hut-Müller“ in ganz Bochum und darüber<br />

hinaus bekannt machte. <strong>No</strong>ch mit über 80 Jahren<br />

stand er in seinem Laden in der Sparkassen-<br />

Galerie, wo er auch Bilder seiner Eislaufkarriere<br />

präsentierte. Zu Beginn des Jahrtausends gab er<br />

das Geschäft dann auf. Seine letzten Jahre verbrachte<br />

Müller, der nie verheiratet war, in einem<br />

Bochumer Seniorenstift.<br />

sre<br />

Chtchetinina wurde Ungarin<br />

Buch-Neuauflage: Savchenko, Szolkowy, Massot<br />

<strong>Pirouette</strong>-Autorin Tatjana Flade hat im Verlag<br />

der Eislauf-Fachzeitschrift IFS Magazine eine<br />

erweiterte englische Neufassung ihres Buchs<br />

„Ein perfektes Paar“ über die Karriere von Aljona<br />

Savchenko mit ihren Partnern Bruno Massot<br />

und Robin Szolkowy herausgebracht. Der erste<br />

Teil ist mehr oder weniger mit der deutschen<br />

Originalfassung identisch. In den zusätzlichen<br />

Kapiteln von „Aljona Savchenko: The Quest for<br />

Olympic Glory“ geht es um die Anfänge von<br />

Massot und die gemeinsamen Jahre bis hin<br />

zum Olympiasieg und WM-Titel 2018 sowie die<br />

tete sie für die Eidgenossen, bevor sie 2019 zu<br />

Mark Magyar und nach Ungarn wechselte. In<br />

Ungarn gebe es für sie eher die Möglichkeit,<br />

die Staatsbürgerschaft zu erhalten und damit<br />

die Chance auf einen Start bei den Olympischen<br />

Spielen, falls sie sich qualifiziert, begründete<br />

sie damals. In der Schweiz fand sie<br />

keinen passenden Partner und die Hürden für<br />

die Einbürgerung von Ausländern sind in dem<br />

Alpenland hoch. Mit der ungarischen Staatsbürgerschaft<br />

hat Chtchetinina zumindest eine<br />

Grundvoraussetzung für die Erfüllung ihres<br />

sportlichen Traums geschaffen.<br />

Tursynbaeva pausiert weiter<br />

Elizaveta Tursynbaeva aus Kasachstan, die WM-<br />

Zweite von 2019, muss verletzungsbedingt weiter<br />

pausieren. „Ich kann noch nichts über Wettbewerbe<br />

(in dieser Saison) sagen. Alles hängt<br />

von meiner Wiederherstellung ab“, schrieb Tursynbaeva<br />

der „<strong>Pirouette</strong>“. Die Läuferin hat Rücken-<br />

und Hüftprobleme. Als erste Frau der Welt<br />

hatte sie bei einer WM einen vierfachen Sprung,<br />

einen Salchow, gezeigt. Seit der Shanghai Trophy<br />

im Herbst 2019 war die heute 20-Jährige<br />

verletzungsbedingt nicht mehr gestartet.<br />

Baby für Eistänzer Khaliavin<br />

Der spanisch-russische Eistänzer Kirill Khaliavin<br />

und seine Frau Ksenia Monko freuen sich über<br />

die Geburt ihres ersten Kindes. Den Namen und<br />

genauen Geburtstag ihres Sohnes gaben sie<br />

noch nicht bekannt, posteten nur Anfang <strong>No</strong>vember<br />

Bilder mit Kinderwagen und Khaliavin<br />

schrieb, er sei der glücklichste Papa der Welt.<br />

Mit Monko gewann Khaliavin 2011 den Junio-<br />

Zeit danach. Die Leser erfahren, welche Schwierigkeiten<br />

das Paar überwinden musste und warum<br />

das Projekt einige Male am Rande des<br />

Scheiterns stand. Neben den Sportlern, ihren Eltern<br />

und Alexander König kommt auch Jean-<br />

Francois Ballester zu Wort, der der Autorin wenige<br />

Monate vor seinem frühen Tod ein ausführliches<br />

Interview gab. Massot würdigt seinen<br />

langjährigen Trainer in einem selbst verfassten<br />

Kapitel. Auch Robin Szolkowys Weg nach dem<br />

Ende seiner aktiven Karriere ist ein Thema. Das<br />

Buch enthält mehr als 200 Fotos, von denen<br />

viele noch nie veröffentlicht wurden. Es ist zunächst<br />

ausschließlich als E-Book für 9,99 US-<br />

Dollar erhältlich, eine Printausgabe ist geplant.<br />

Nach „Ein perfektes Paar“ (2016) und der Savchenko-Biographie<br />

„Der lange Weg zum olympischen<br />

Gold“ von Alexandra Ilina (<strong>2020</strong>, erscheint<br />

im <strong>No</strong>vember auch auf Russisch) ist<br />

„The Quest for Olympic Glory“ das dritte Buch,<br />

das der einmaligen Karriere von Aljona Savchenko<br />

gewidmet ist – und wieder andere Aspekte<br />

beleuchtet.<br />

Tatjana Flade: Aljona Savchenko - The Quest for<br />

Olympic Glory, 228 S., erschienen bei Laurea<br />

Media, 9,99 USD (E-Book), bestellbar bei<br />

www.ifsmagazine.com<br />

Die ehemalige Schweizer Paarläuferin Ioulia<br />

Chtchetinina hat Ende Oktober die ungarische<br />

Staatsbürgerschaft erhalten. Bei Instagram veröffentlichte<br />

sie ein Foto mit der Urkunde und<br />

schrieb, dies sei ihre dritte Staatsbürgerschaft.<br />

Chtchetinina wurde in Russland geboren, kam<br />

aber als Kind in die Schweiz. Mit ihren früheren<br />

Partnern <strong>No</strong>ah Scherer und Mikhail Akulov starren-WM-Titel<br />

für Russland und heiratete sie<br />

2017. Auf dem Eis setzt er seit 2016 seine Karriere<br />

mit der Spanierin Sara Hurtado fort und<br />

nahm die spanische Staatsbürgerschaft an. Hurtado/Khaliavin<br />

starteten bei den Olympischen<br />

Spielen 2018 und waren Siebte der EM <strong>2020</strong>.<br />

Simonetta Spalluto starb<br />

Die italienische Preisrichterin Simonetta Spalluto<br />

ist am 15. Oktober im Alter von 65 Jahren<br />

verstorben, wie die ISU auf ihrer Webseite<br />

mitteilte. Spalluto erlag einem Krebsleiden. Als<br />

Preis- und Schiedsrichterin war sie bei ISU-<br />

Wettbewerben bis hin zu Weltmeisterschaften<br />

im Einsatz. Von 2006 bis 2016 war Spalluto<br />

die persönliche Assistentin des damaligen ISU-<br />

Präsidenten Ottavio Cinquanta. Außerdem<br />

brachte sie sich in die Organisation der Olympischen<br />

Spiele in Turin 2006 sowie der WM<br />

2018 in Mailand ein.<br />

Choreograph Avdysh starb<br />

Die russische Choreograph David Avdysh ist<br />

nach langer, schwerer Krankheit im Alter von<br />

68 Jahren verstorben, wie der russische Eislaufverband<br />

am 29. Oktober auf seiner Webseite<br />

mitteilte. Avdysh choreographierte viele Programme<br />

für die Schüler von Tamara Moskvina<br />

und Alexei Mishin, unter anderem für Evgeni<br />

Plushenko und Oksana Kazakova/Artur Dmitriev.<br />

Darüber hinaus leitete er viele Jahre das<br />

Ballett der St. Petersburger Music Hall als<br />

künstlerischer Direktor. <br />

tat


Zusammen mit der vor allem in der<br />

nordamerikanischen Öffentlichkeit<br />

leidenschaftlich geführten Debatte über<br />

die Diskriminierung von dunkelhäutigen<br />

Amerikanern („Black Lives Matter“) wurde<br />

auch intensiv über andere Gruppen<br />

diskutiert, die früher einmal diskriminiert<br />

wurden oder dies noch immer werden.<br />

Der amerikanische und der kanadische<br />

Eislaufverband nahmen die Diskussion<br />

zum Anlass, neben den nicht allzu<br />

vielen dunkelhäutigen Eisläufern auch<br />

Sportler(innen) zu Wort kommen zu lassen,<br />

die sexuell zum gleichen Geschlecht<br />

neigen. In den USA gibt es jedes Jahr einen<br />

„Coming-Out Day“, der auch noch<br />

aktive Sportler ermuntern soll, zu sich<br />

und der Neigung zu stehen.<br />

War Homosexualität vor einer Generation meist<br />

noch ein Problem, geht der Eiskunstlauf heutzutage<br />

recht gelassen mit diesem Thema um, insbesondere<br />

in Westeuropa und <strong>No</strong>rdamerika. Jeder<br />

Insider weiß, dass es unter Eisläufern wie<br />

bei allen im weitesten Sinne auch künstlerisch<br />

aktiven Menschen eine Reihe von Läufern, Trainern,<br />

Preisrichtern und Fans mit dieser Vorliebe<br />

schon immer gab und gibt. Der slowakische<br />

Weltmeister Ondrej Nepela, später Trainer in<br />

Mannheim, und der britische Olympiasieger<br />

John Curry (1976) sprachen aber bis zu ihrem<br />

Tod in den 1980er Jahren nicht über das damals<br />

noch heikle Thema.<br />

Adam Rippon, hier bei<br />

seiner Buchvorstellung<br />

im Jahr 2018<br />

Foto: Flade<br />

Kampf gegen<br />

Diskriminierung von<br />

Homosexuellen<br />

im Eiskunstlauf<br />

Brian Boitano und Brian Orser sagen heute, sie<br />

hätten sich nach ihren Siegen und Olympischen<br />

Medaillen vor 30 Jahren noch nicht getraut,<br />

über ihre Homosexualität zu sprechen. Boitano<br />

outete sich erst im Jahr 2014, als er zur US-Delegation<br />

bei den Olympischen Spielen in Sochi<br />

gehörte und Russlands rückständige Ansichten<br />

kritisierte. Heute sagt er, eigentlich sei er immer<br />

offen mit dem Thema umgegangen, aber kein<br />

Reporter habe ihn früher öffentlich dazu befragt.<br />

Außerdem fürchteten viele Eislaufmanager,<br />

es würde den Marktwert eines Läufers senken,<br />

wenn das bekannt würde. Aber einen Beweis<br />

hierfür gibt es nicht. Timothy Goebel, der<br />

im Jahr 2002 eine Olympische Bronzemedaille<br />

gewann, machte seine sexuelle Orientierung zu<br />

seiner aktiven Zeit nicht publik, weil er noch<br />

davon überzeugt war, es würde seine <strong>No</strong>ten<br />

vermindern. Auch AIDS spielte von 1985 bis<br />

etwa zum Jahr 2000 eine Rolle bei der Verheimlichung.<br />

Rudy Galindo und Randy Gardner sprachen<br />

erst Jahre nach ihrer aktiven Karriere über<br />

das Thema, Galindo übrigens in einem Buch,<br />

dass 1996 wenige Monate vor seinem einzigen<br />

US-Titelgewinn erschien. Johnny Weir wurde<br />

von seinem Verband noch aufgefordert, auf dem<br />

Eis männlichere Kleidung zu tragen und sein<br />

Haar nicht zu färben. „Ich sollte mich zwischen<br />

sportlichem Erfolg und persönlicher Lebensstil<br />

entscheiden. Am meisten sportlichen Erfolg hatte<br />

ich, wenn ich beides miteinander verbunden<br />

habe. Irgendwie wussten damals doch alle, was<br />

mit mir los war.“<br />

Adam Rippon sprach erstmals im Jahr 2015 öffentlich<br />

über seine Homosexualität und war<br />

sich nicht sicher, ob er nicht von Preisrichtern<br />

benachteiligt würde. <strong>No</strong>ch unsicherer waren<br />

manche Verbandsoffiziellen. Aber nichts dergleichen<br />

geschah, weil das für alle Preisrichter kein<br />

Thema mehr war, denn sie kennen genügend<br />

Mensch mit denselben Gefühlen und auch Paare<br />

unter den Offiziellen. Als Jugendlichem wurde<br />

ihm immer nahegelegt, mehr wie Todd Eldridge<br />

oder Michael Weiss zu laufen und nicht so, wie<br />

er wollte, kurioserweise sogar von homosexuellen<br />

Offiziellen, die selbst nur wenig Selbstbewusstsein<br />

hatten. Aber spätestens als er sich bei<br />

den Olympischen Spielen von 2018 mit dem bis<br />

heute amtierenden US-Vizepräsidenten Mike<br />

Pence anlegte und dessen fragwürdige Haltung<br />

zur Homosexualität („Solche Leute muss man<br />

mit starken Medikamenten heilen“) kritisierte,<br />

war er der Liebling eines Großenteils der Medien.<br />

In seinem in der <strong>Pirouette</strong> rezensierten Buch<br />

befasst er ausführlich mit dem Thema. Paarläufer<br />

Timothy Le Duc sagte, auch er habe in den<br />

früheren Jahren seiner Karriere mit Vorurteilen<br />

zu kämpfen gehabt. Erst nach seinen Jahren als<br />

Profi auf Karibikschiffen, als er wieder zu Wettbewerben<br />

zurückkehrte und seitdem er mit Ashley<br />

Cain lief, sei er offen mit dem Thema umgegangen<br />

und habe zum Beispiel auch in den sozialen<br />

Medien gepostet, dass er an Demonstrationen<br />

zum „Gay Pride“ teilgenommen habe. Inzwischen<br />

können in fast allen westlichen Ländern,<br />

auch in den meisten Bundesstaaten der<br />

USA, zwei Männer oder zwei Frauen halb- oder<br />

ganz offiziell heiraten. Die Hochzeiten von Romain<br />

Haguenauer und Jamal Othman, die von<br />

Eric Radford und Luis Fenero sowie die von<br />

Johnny Weir hat auch die <strong>Pirouette</strong> gemeldet.<br />

Guillaume Cizeron hat am 30. Mai <strong>2020</strong> einen<br />

ausführlichen Artikel in der Tageszeitung L’Equipe<br />

über die Probleme geschrieben, die er in seiner<br />

frühen Jugend mit dem Akzeptieren seiner<br />

Neigung und der Diskriminierung von Klassenkameraden<br />

in der Schule in seiner provinziellen<br />

Heimatstadt Clermont-Ferrand hatte. Titel des<br />

Artikels (übersetzt): „Es gibt Homos im Eiskunstlaufen,<br />

aber nicht so viele, wie man glaubt.“<br />

Eric Radford hat in den letzten Jahren öfter<br />

über das Finden seiner eigenen Persönlichkeit<br />

geschrieben.<br />

In manchen Sportarten wie beim Fußball oder<br />

Tennis gibt es viele Frauen mit gleichgeschlechtlichen<br />

Neigungen, aber beim Eislaufen<br />

ist das selten. Ende 2019 sprach die Amerikanerin<br />

Amber Glenn, die gerade Fünfte bei Skate<br />

America <strong>2020</strong> wurde, in Interviews über ihre Bisexualität.<br />

„Ich hatte Bedenken, Hassmails zu<br />

erhalten oder irgendetwas dergleichen. Aber<br />

nichts geschah, ich erhielt nur positive Kommentare.<br />

Bei der Vier-Kontinente-Meisterschaft<br />

in Südkorea schwenkte ein weiblicher Fan eine<br />

Regenbogenfahne. Ich habe ihr vor meiner Kür<br />

extra zurückgewunken und sie hat mich motiviert.“<br />

Schon 2014 hatte die Japanerin Fumie<br />

Suguri ihre Neigung nebenbei erwähnt.<br />

Natürlich gibt es immer noch stereotype Vorurteile,<br />

aber je sichtbarer Eisläufer, genau wie Politiker,<br />

Schauspieler oder andere Prominente<br />

sind, desto leichter ist es für die Betroffenen. <br />

<br />

Klaus-Reinhold Kany<br />

9<br />

Homo-Diskriminierung im Eiskunstlauf


10<br />

Budapest Trophy<br />

über Coco Chanel und Karl Lagerfeld konnten<br />

sie noch überlegen die Briten überholen. Hier<br />

gelangen den Dortmundern sämtliche Elemente,<br />

nur die Kombinationshebung war etwas zu lange.<br />

Bewertungen von +2 und +3 dominierten,<br />

die Level waren außer bei den Schrittfolgen<br />

ausgezeichnet und die Komponenten lagen bei<br />

etwa 7,6. Zur Jury zählte als Technischer Spezialist<br />

auch Stefano Caruso.<br />

Klare Sieger mit 178 Punkten wurden die ukrainischen<br />

EM-Zehnten Alexandra Nazarova und<br />

Maxim Nikitin aus Kharkiv, die im Rhythmustanz<br />

zum Musical 42nd Street mit mehr<br />

Tempo als die Deutschen liefen und<br />

hier 71 Punkte erhielten. In der<br />

Kür interpretierten sie drei<br />

Musikstücken von René Aubry,<br />

darunter das bekannte<br />

„Steppe“.<br />

Silber für<br />

Nach der Nebelhorn Trophy war die<br />

Budapest Trophy am dritten Oktoberwochenende<br />

der zweite internationale<br />

Wettbewerb, der tatsächlich abgehalten<br />

wurde, wenn auch ebenfalls<br />

ohne Zuschauer. In den Tagen zuvor<br />

hatte eine ganze Reihe von Läufern ihre<br />

schon gemeldete Teilnahme wieder zurückgezogen,<br />

darunter auch fast zehn<br />

Deutsche. Ein deutscher Preisrichter war<br />

ebenfalls nicht dabei.<br />

Alexandra Nazarova<br />

und Maxim Nikitin<br />

Müller/Dieck<br />

in Budapest<br />

Das Eistanzfeld schrumpfte von etwa zehn auf<br />

drei Paare. Als einzige Deutsche am Start blieben<br />

die Deutschen Meister Katharina Müller<br />

(25) und Tim Dieck (24), die ohne mitgekommenem<br />

Trainer 164 Punkte holen und Silber gewannen.<br />

Dieck sagte der <strong>Pirouette</strong>: „Wir waren<br />

froh, dass wir endlich einen Wettbewerb laufen<br />

konnten und die Saison für uns begonnen hat.<br />

Daher sind wir nach längerem Überlegen auch<br />

hingeflogen.“ Von Oberstdorf, wo sie mit Martin<br />

Skotnicky gearbeitet hatten, fuhren sie zum<br />

Münchner Flughafen, von dort nach Budapest.<br />

Bei der Einreise konnten sie ein negatives Testergebnis<br />

in Englisch von der Bundeswehr vorzeigen,<br />

wo sie sich kurz zuvor hatten testen lassen.<br />

Wie bei der Nebelhorn Trophy gab es in der<br />

leeren Halle Maskenplicht. Nach dem Rückflug<br />

wurden sie am Münchner Flughafen erneut<br />

(kostenlos) getestet und mussten zu Hause in<br />

NRW in Selbstisolation, bis sie am nächsten<br />

Abend das negative Ergebnis erhielten und das<br />

dem Gesundheitsamt melden konnten.<br />

Der neue Rhythmustanz zum Quickstep „Stepping<br />

Out With My Baby“ von Tony Bennett, dem<br />

Foxtrott „The Way You Look Tonight“ von Jerome<br />

Kern und dem bekannten Quickstep „Puttin‘<br />

on the Ritz“ von Irving Berlin lief allerdings<br />

nicht ganz nach Wunsch. Denn Müller verlor bei<br />

einer Passage auf einem Knie kurz das Gleichgewicht,<br />

was als Sturz gewertet wurde, Dieck<br />

stolperte bei der parallelen Schrittfolge kurz<br />

und drei Elemente erhielten nur Level 2. Alles<br />

andere lief jedoch flott und harmonisch, so dass<br />

sie immerhin 62 Punkte bekamen. Allerdings<br />

konnten sie sich nur auf den dritten Zwischenrang<br />

platzieren. Mit der in etwas veränderter<br />

Form beibehaltenen Kür der vergangenen Saison<br />

Katharina Müller<br />

und Tim Dieck<br />

Fotos: Höppner<br />

Sämtliche Elemente gelangen gut, auch ihr<br />

Markenzeichen, die Hebungen in Hydroblading-<br />

Position. Die Briten Sasha Fear und George<br />

Waddell waren nach der Silbermedaille bei der<br />

Nebelhorn Trophy für zwei Wochen in Großbritannien<br />

und kamen von dort nach Budapest. Im<br />

Rhythmustanz lagen sie wegen der besseren<br />

Elemente vier Zehntelpunkte vor den Deutschen.<br />

Aber in der Kür fielen sie aufgrund von weniger<br />

Pluspunkten bei den Elementen und deutlich<br />

schwächeren Komponenten insgesamt zu Recht<br />

fast 13 Punkte hinter Müller/Dieck zurück (152<br />

Zähler). Von Budapest flogen sie zurück zu ihrem<br />

Haupttrainingsort Montreal, wo sie<br />

zunächst zwei Wochen in Quarantäne<br />

bleiben mussten.<br />

Comeback von Loena Hendrickx<br />

Zum ersten Mal nach 19 Monaten Verletzungspause<br />

ging die Belgierin Loena Hendrickx, Fünfte<br />

der EM 2018, wieder an den Start, konnte ein<br />

gelungenes Comeback feiern und gewann<br />

überlegen mit 198 Punkten. Das KP zur<br />

selben Musik wie in der vorletzten<br />

Saison („It’s All Coming Back to<br />

Me“ von Céline Dion) blieb mit<br />

sehr guter 3L-3T-Kombination<br />

und beiden Armen<br />

über dem Kopf beim<br />

3L ganz fehlerfrei.<br />

Hierfür erzielte sie eine persönliche Bestleistung<br />

von 72 Punkten. In der dynamischen Kür zu<br />

„Fever“ und „Naughty Girl“ von Beyoncé glückten<br />

vier Dreifache und sie blieb ebenfalls ohne<br />

Sturz. Allerdings kam sie beim zweiten Lutz zu<br />

nahe an die Bande und riss ihn auf. Silber holte<br />

die Estin Eva-Lotta Kiibus mit 184 Zählern, 11<br />

Punkte mehr als beim Nebelhorn-Sieg. Diesmal<br />

blieb das KP mit 3T-3T und 3F fehlerfrei und in<br />

der Kür misslangen nur zwei Sprünge statt vier<br />

wie in Oberstdorf. Stilistisch lief sie selbstbe-


11<br />

wusster als drei Wochen zuvor. Rang drei mit<br />

172 Punkten ging an die Bulgarin Alexandra<br />

Feigin, die im KP 3T-3T und 3R sicher meisterte<br />

und in der Kür sechs saubere und einen leicht<br />

unterdrehten Sprung stand. Auf Rang vier unter<br />

insgesamt 13 Läuferinnen kam die Ungarin Julia<br />

Lang (166) vor Dasa Grm (Slowenien, 152) und<br />

Ivett Toth (Ungarn 146).<br />

Grassl Sieger trotz Fehler<br />

Herrensieger mit 233 Punkten wurde der EM-<br />

Vierte Daniel Grassl, der allerdings noch Probleme<br />

mit den Vierfachen hatte. Im neuen KP zu<br />

„Dig Down“ von Muse war der 4L etwas knapp<br />

und gewickelt, aber immerhin gestanden, ebenso<br />

wie der 3A, während die 3L-3T-Kombination,<br />

die <strong>Pirouette</strong>n und die Schrittfolge sicher<br />

glückten. In der etwas düsteren neuen Kür zu<br />

„It’s All Right With Me“ von Ted Rosenthal,<br />

„Paradise“ (Neus Remix) und „Opus“ von Eric<br />

Prydz musste er beim 4L und dem 4R zu Boden,<br />

während der 4F unterdreht gestanden war.<br />

Beim 3A stieg er um, aber sechs weitere Dreifache<br />

gelangen. Trainer Lorenzo Magri meinte<br />

später: „Das war nicht ganz so, wie wir es<br />

uns vorgestellt hatten, aber wir freuen uns<br />

natürlich über das Ergebnis.“<br />

Eva-Lotta Kiibus<br />

Foto: Krauter<br />

Daniel Grassl<br />

Foto: privat<br />

Silber mit 213 Punkten gewann der Türke Burak<br />

Demirboga, der Rang 10 mit 189 Zählern bei der<br />

Nebelhorn Trophy belegt hatte. Diesmal war sowohl<br />

sein KP mit vier Dreifachen als auch seine<br />

Kür mit acht Tripelsprüngen, darunter zwei 3A,<br />

praktisch fehlerfrei. Aleksandr Selevko aus Estland,<br />

in Oberstdorf Siebter, gewann diesmal<br />

Bronze mit 204 Punkten vor dem Türken Basar<br />

Oktar mit 202 Punkten. Maurizio Zandron aus<br />

Innsbruck landete nach Platz vier in Oberstdorf<br />

diesmal auf Rang fünf mit 200 Punkten. Im KP<br />

war der 3A umgestiegen, alles andere gelang solide.<br />

In der Kür fiel er vom zweiten auf dem fünften<br />

Rang zurück, denn der erste 3A war verwackelt,<br />

der zweite gestürzt und zwei weitere<br />

Sprünge nicht einwandfrei, nur vier Dreifache erhielten<br />

Pluspunkte. Alle bisher Genannten schafften<br />

im KP das WM-Minimum, in der Kür dagegen<br />

nur die besten vier, aber Zandron hatte beide<br />

Mindestpunktzahlen schon bei der Nebelhorn<br />

Trophy übertroffen. Sein Debüt für Kroatien gab<br />

der Südtiroler Jari Kessler (23) mit Platz 7 (unter<br />

11 Läufern) und 176 Punkten. In der Kür übertraf<br />

er zumindest die EM-Mindestpunktzahl, im KP<br />

wegen eines Sturzes beim unterdrehten 3R und<br />

einer mickrigen 3T-2T-Kombination noch nicht.<br />

Juniorensieger mit 165 Punkten wurde der Este<br />

und Trainersohn Arlet Levandi, den die <strong>Pirouette</strong><br />

beim Sommertraining mit Choreograf Benoit Richaud<br />

in Courchevel getroffen hatte. Auf Platz<br />

vier mit 137 Punkten kam hier der früher für Österreich<br />

und jetzt für Ungarn startende Mozes<br />

Jozsef Berei. Juniorensiegerin wurde die für die<br />

Ukraine laufende Anastasia Shabotova mit 153<br />

Zählern, die im März <strong>2020</strong> Platz 20 bei der Junioren-WM<br />

belegt hatte. Bestes der drei Junioren-<br />

Tanzpaare waren die Ukrainer Mariia Golubtsova<br />

und Kyryl Belobrov, 14. bei der Junioren-WM<br />

<strong>2020</strong>, mit 154 Punkten. Paarlaufkonkurrenzen<br />

fanden nicht statt. Klaus-Reinhold Kany<br />

Budapest Trophy<br />

Loena Hendrickx<br />

Foto: Carmichael<br />

Burak Demirboga<br />

Foto: Krauter<br />

Alexandr Selevko<br />

Foto: Krauter


12<br />

Zwingerpokal<br />

Wenig Klasse beim Zwingerpokal<br />

Der Dresdner Eislauf-Club lud zum<br />

27. Mal zum Zwingerpokal ein. Rund<br />

140 Teilnehmer aus Bayern, Berlin, Bremen,<br />

Sachsen und Thüringen sowie<br />

Tschechien gingen an den Start. Für die<br />

sächsischen und Berliner Nachwuchssportler<br />

war dieser Pokalwettbewerb<br />

eine Chance, sich für die Deutsche<br />

Nachwuchsmeisterschaften im Dezember<br />

in Mannheim zu qualifizieren.<br />

Nachdem in Sachsen weniger Corona-Infektionen<br />

als anderswo gezählt wurden, konnte der<br />

traditionelle und wieder gut organisierte Zwingerpokal<br />

am vierten Oktoberwochenende in der<br />

Dresdener Energieverbund Arena mit den überall<br />

üblichen Hygieneauflagen stattfinden. Ein<br />

paar Musikpannen waren nicht gravierend. Vor<br />

allem für den Nachwuchs war es wichtig,<br />

überhaupt einmal starten zu können. Daher<br />

war es sehr sinnvoll, den Extra-Aufwand wegen<br />

Corona in Kauf zu nehmen. Die oberen Kategorien<br />

waren allerdings dünn besetzt, auch<br />

weil gleichzeitig der Westfalen-Pokal in Dortmund<br />

abgehalten wurde, bei dem die Läufer<br />

Punkte für die Kadereinstufung holen konnten.<br />

Beste Läuferin war die kurzfristig nachgemeldete<br />

Mannheimerin Nathalie Weinzierl, die<br />

insgesamt 158 Punkte holte. Im KP zeigte sie<br />

eine gute 3T-2T-Kombination und überzeugende<br />

andere Elemente, aber beim 3L musste<br />

sie zu Boden. Zu Beginn der Kür gelangen 2A,<br />

3L-2T und 3T, aber der 3R war unsauber. Später<br />

gingen zwei Dreifache daneben und die<br />

Salchow-Sprungfolge wurde doppelt-doppelt.<br />

Lokalmatadorin Helleken versuchte sich im KP<br />

am 3L, aber er wurde abgewertet und die<br />

Kombination wurde nur 2T-2T, erhielt also null<br />

Punkte. De Kür ging ziemlich daneben, denn<br />

nach zwei Stürzen bei unterdrehten Dreifachen<br />

zu Beginn waren die beiden Axel einfach<br />

und umgestiegen, und sie riskierte nicht mehr<br />

viel, was auch die mageren 114 Gesamtpunkte<br />

ausdrückten. Lea Johanna Dastich aus Mannheim<br />

stürzte im KP beim 3T, ihr 2A gelang<br />

überzeugend, ebenso drei Level 4-<strong>Pirouette</strong>n,<br />

aber in der Kombination misslang der 2R und<br />

sie konnte keinen zweiten Sprung anhängen.<br />

Nach 44 Punkten im KP trat sie zur Kür nicht<br />

mehr an. In den anderen Meisterklasse-Kategorien<br />

ging niemand an den Start.<br />

Punkten, der unter anderem wegen Verletzung<br />

länger nirgendwo gestartet war. Im KP stürzte<br />

er beim 3F und riss den Lutz auf. Die Kür begann<br />

mit einer vielversprechenden 2A-3T-Kombination,<br />

aber danach ging Vieles daneben. Albert<br />

Loor aus Berlin holte 105 Zähler. Die Kategorie<br />

Jugend gewann der Berliner Bryan Koisman<br />

mit 90 Punkten. Karla Karl und Kai Hoferichter<br />

aus Berlin waren mit 116 Punkten das<br />

beste Junioren-Tanzpaar am Start, nachdem die<br />

normalerweise besseren Anne-Marie Wolf und<br />

Max Liebers (ganz entfernt verwandt mit der<br />

Berliner Eislauffamilie Liebers) wegen Erkältung<br />

von Liebers ihre Teilnahme absagten. Knapp dahinter<br />

mit 114 Zählern landeten Lilia Schubert<br />

und Kieren Wagner. Die beiden gemeldeten Juniorenpaare<br />

zogen ihre Teilnahme wegen Verletzung<br />

bzw. Krankheit zurück, Luis Schuster<br />

soll Rückenprobleme haben.<br />

Luana Krich aus Berlin war mit 84 Punkten die<br />

beste von 32 Läuferinnen in der Kategorie Fortgeschrittener<br />

Nachwuchs. Hier erhielten einige<br />

Läuferinnen für einen im KP oder in der Kür<br />

rückwärts gelandeten und nicht gestürzten 2A<br />

neben den üblichen Punkten für Doppelaxel einen<br />

oder je einen zusätzlichen Bonuspunkt. Paula<br />

Beryak aus Erfurt als Zweitplatzierte mit 81<br />

Punkten versuchte als Einzige (vergeblich) einen<br />

Dreifachen (Rittberger). Leon Rojkov aus Berlin<br />

war mit 91 Punkten bester männlicher Nachwuchsläufer.<br />

Er war schon Teilnehmer der Holiday<br />

on Ice Academy, die vor zwei Jahren von Aljona<br />

Savchenko mitbegründet wurde. Im Februar<br />

<strong>2020</strong> hatte er im Berliner Tempodrom seinen<br />

großen Holiday-Auftritt. Auch für die Jungen<br />

gab es Bonuspunkte, hier versuchte niemand einen<br />

Dreifachen. Emilie Geppert und Piero Joel<br />

Lopez Moreno aus Chemnitz gewannen bei den<br />

Fortgeschrittenen Nachwuchstänzern. Bei den<br />

zehnjährigen Mädchen ragte Frida Herrmann aus<br />

Berlin mit acht Punkten Vorsprung heraus, denn<br />

sie erhielt für mehrere Doppelsprünge bereits<br />

Bewertungen von +2 und +3. Bei den 10-jährigen<br />

Jungen gewann Linus Gabriel Sachtler, der<br />

Sohn von Anne Sachtler und Rene Sachtler Lohse,<br />

vor allem wegen seines freundlichen und extrovertierten<br />

Laufstils. Bei Auftritten ist er Profi,<br />

denn er spielte schon in einem Spielfilm und in<br />

Werbespots mit. Klaus-Reinhold Kany<br />

Xenia Hubrich<br />

Tim England<br />

Den Juniorinnen-Wettbewerb gewann Xenia<br />

Hubrich aus Berlin mit mageren 98 Punkten,<br />

weil im KP der 3S und der 2A unterdreht waren<br />

und in der Kür vier Sprünge abgewertet<br />

wurden. Cecile Pfister aus Chemnitz erreichte<br />

nach vier Kürstürzen 90 Punkte, Annika Kasel<br />

aus Berlin ohne Dreifachversuche 85. Annika<br />

Görler aus Chemnitz war Beste der 15 Damen<br />

in der eher breitensportlich orientierten Kategorie<br />

Jugend Damen. Sieger bei den männlichen<br />

Junioren wurde Tim England mit 120<br />

Karla Karl und<br />

Kai Hoferichter


13<br />

Leon Rojkov<br />

Zwingerpokal<br />

Annika Stumph und Dennis Friedland<br />

Luana Krich<br />

Linus Gabriel Sachtler<br />

Emilie Geppert und<br />

Piero Joel Lopez Moreno<br />

Frieda Herrmann<br />

Nathalie Weinzierl<br />

Fotos: Hella Höppner


14<br />

Regionalmeisterschaften von Japan<br />

Yuma Kagiyama glänzt bei<br />

Regionalmeisterschaften in Japan<br />

Mai Miharas Comeback · Weg zur nationalen Meisterschaft<br />

In Japan haben zwischen dem 24. September<br />

und dem 11. Oktober die Regionalmeisterschaften<br />

stattgefunden. Sie<br />

teilten sich in sechs Wettkämpfe auf und<br />

sind für die Sportler der erste Schritt zu<br />

den Japanischen Meisterschaften im Dezember.<br />

Wegen der momentanen Covid-<br />

19-Lage konnten die Veranstaltungen nur<br />

über Live-Übertragungen mitverfolgt werden.<br />

Die im <strong>No</strong>vember stattfindenden ostund<br />

westjapanischen Meisterschaften sollen<br />

ebenfalls ohne Zuschauer erfolgen.<br />

Eine wahre Glanzleistung lieferte Yuma Kagiyama<br />

bei der Kanto-Meisterschaft vom 1. bis 4.<br />

Oktober ab.<br />

Yuma Kagiyama<br />

Fotos: Flade<br />

Mai Mihara<br />

Kaori Sakamoto<br />

Dank einer 4S-3T-Kombination gleich zu Beginn<br />

beider Programme erzielte er eine Gesamtpunktzahl<br />

von insgesamt 287,21 Punkten und übertraf<br />

seinen Rekord, den er bei der Vier-Kontinente-<br />

Meisterschaft aufgestellt hatte, um mehr als 16<br />

Zähler. Allerdings sind die Punkte national immer<br />

höher als international. Auch die schwierige<br />

3L-3R-Kombination wurde mit 1,77 Pluspunkten<br />

belohnt. In einem Interview mit der Zeitung Aera<br />

erzählte er: „Am Anfang habe ich diese Kombination<br />

nur aus Spaß trainiert, aber irgendwann<br />

wurde ich besser. Also beschloss ich, sie in mein<br />

Programm einfließen zu lassen. Es ist allerdings<br />

jedes Mal ein Glücksspiel.“<br />

Shun Sato, der Sieger des Junioren-Finales 2019<br />

in Turin, war mit seinen Leistungen dieses Mal<br />

nicht zufrieden. Obwohl er sich besonders beim<br />

4L auszeichnet, missglückte dieser ihm in seiner<br />

Kür und er stürzte. „Ich sah, dass Kagiyamas<br />

Darbietung sehr gut war und wollte ihn unbedingt<br />

besiegen. Da habe ich mich wohl übernommen.<br />

Nachdem mein erster Lutz bereits<br />

missglückt war, ich aber den darauffolgenden<br />

vierfachen Salchow und den Toeloop sicher landete,<br />

glaubte ich, dass ich einen zweiten Versuch<br />

riskieren und einen vierfachen Lutz springen<br />

könnte. Allerdings verkalkulierte ich mich<br />

und stürzte,“ erklärte er.<br />

In der Region Chu-Shikoku-Kyushu (24.9. - 27.9.)<br />

kämpfte Keiji Tanaka sich auf den ersten Platz,<br />

obgleich sein Auftritt nicht ganz problemlos verlief.<br />

Als er im Kurzprogramm bereits die Startposition<br />

eingenommen hatte, bemerkte er, dass die<br />

falsche Musik abgespielt wurde. Dies kostete ihn<br />

drei Punkte Abzug wegen der Unterbrechung.<br />

Aufgrund einer Knieverletzung, die er sich vor einem<br />

Monat zugezogen hatte, stieg er mit einem<br />

3S und einem darauffolgenden 2A eher langsam<br />

ein. In einem Interview mit der Zeitung Sports<br />

Hochi sagte er: „Als ich hörte, wie mein Stück<br />

für die Kür abgespielt wurde, vergaß ich, dass<br />

keine Zuschauer in den Reihen saßen und musste<br />

lachen. Der Fehler war von mir selbst verschuldet.<br />

Dieser Wettbewerb war ein Testlauf,<br />

um zu sehen, wie weit ich gehen kann, ohne<br />

mein Knie zu überlasten. Bis zur nationalen<br />

Meisterschaft möchte ich meine Bestform erreichen<br />

und mit vollem Herzen dabei sein.“<br />

Auch Marin Honda, die Juniorenweltmeisterin<br />

2016, hatte während des Tokio-Regionalmeisterschaft<br />

(8.10. - 11.10.) technische Schwierigkeiten.<br />

Für ihre Kür reichte sie eine gänzlich falsche<br />

CD ein und improvisierte den Großteil ihres<br />

Auftritts. Zudem hatte sie noch immer mit den<br />

Folgen einer ausgekugelten Schulter zu kämpfen.<br />

Dies beeinflusste ihre Darbietung sehr, so<br />

dass viele der Sprünge in der zweiten Hälfte<br />

ihrer Kür weniger Drehungen als geplant hatten.<br />

So konnte sie insgesamt nur den siebten Platz<br />

erreichen und lag ca. 30 Punkte hinter der erstplatzierten<br />

Yuka Nagai.<br />

Bei der Kinki-Meisterschaft (1.10. - 4.10.) erregten<br />

gleich zwei Athletinnen die Aufmerksamkeit<br />

der japanischen Eiskunstlaufwelt. Mit 218,35<br />

Punkten lag Kaori Sakamoto mehr als 30 Punkte<br />

vor der Zweitplatzierten Nana Kawabe. In ihrem<br />

Kurzprogramm landete sie alle Sprünge,<br />

einschließlich einer sauberen 3F-3T-Kombination.<br />

„Die ganze Zeit über redete ich mir ein, dass<br />

mein Programm sich nicht von meinen täglichen<br />

Trainingseinheiten unterscheidet. So konnte ich<br />

mich gehen lassen und auf meine ganz eigene<br />

Art auftreten“, erklärte sie der Zeitung Daily. Allerdings<br />

geschah in der Kür dann das Unerwartete,<br />

denn sie überzog um eine Sekunde und bekam<br />

einen Punkt dafür abgezogen. Die Rückkehr<br />

der Vier-Kontinente-Meisterin des Jahres 2017,<br />

Mai Mihara, sorgte ebenfalls für Schlagzeilen.<br />

Nach einer Pause von 566 Tagen machte sie den<br />

dritten Platz und strebt nun einen Sieg bei der<br />

Japanischen Meisterschaft an. Sie begann ihr<br />

Kurzprogramm mit einer 3L-2T Kombination, gefolgt<br />

von einem 2A. In der zweiten Hälfte waren<br />

einige Sprünge etwas unsauber, aber sie beendete<br />

ihre Darbietung dennoch mit einem strahlenden<br />

Lächeln. „Ich habe mich so gefühlt, als wäre<br />

ich nach langer Zeit endlich wieder nach Hause<br />

zurückgekehrt. Ich war so glücklich, dass ich bis<br />

zum Ende problemlos durchhalten konnte“, verriet<br />

Mihara der Zeitung Daily.<br />

Nun steht für die Athleten die nächste Hürde<br />

an, denn sie können sich nur für die nationalen<br />

Meisterschaft qualifizieren, wenn sie bei den<br />

Block-Wettbewerben eine hohe Punktzahl erzielen.<br />

Bei den Herren werden die besten neun<br />

Athleten aus Ostjapan, zwölf aus Westjapan,<br />

sowie vielversprechende Junioren zugelassen.<br />

Zudem sind Spitzenkandidaten wie Yuzuru Hanyu,<br />

Yuma Kagiyama und Shoma Uno gesetzt<br />

und somit qualifiziert, ohne ihr Können bei den<br />

Blockmeisterschaften unter Beweis stellen zu<br />

müssen. Bei den Damen werden neun Läuferinnen<br />

aus Ostjapan, elf aus dem Westen, sowie<br />

die Juniorinnen und Spitzenläuferinnen Rika Kihira,<br />

Wakaba Higuchi, Tomoe Kawabata und Satoko<br />

Miyahara zugelassen.<br />

Da einige der gesetzten Kandidaten allerdings<br />

im Ausland trainieren und aufgrund der Pandemie<br />

Einreiseschwierigkeiten bekommen dürften,<br />

ist noch unklar, wer von ihnen dieses Jahr an<br />

der nationalen Meisterschaft teilnehmen wird.<br />

Momentan sieht der japanische Staat vor, dass<br />

Einreisende zwei Wochen lang in Quarantäne<br />

gehen müssen, bevor sie sich frei im Land bewegen<br />

dürfen. Dies könnte aus dem Ausland<br />

eingereiste Athleten benachteiligen. <br />

<br />

Maria-Laura Brandmann


»Gran Premio« von Italien<br />

Der italienische Verband will seinen besten Läufern trotz Corona-Einschränkungen und vielen<br />

Ab sagen mehr Wettbewerbe verschaffen. Daher hat er eine inneritalienische Serie namens Grand<br />

Premio (Großer Preis) aus vier Wettbewerben mit jeweils einer Einlaufgruppe ins Leben gerufen und mit<br />

einem Finale ergänzt, bei dem man auch Geld verdienen kann, das Sponsoren stiften. Eine sehr sinnvolle<br />

Initiative. Bei jedem Wettbewerb werden vereinzelt nicht-italienische Läufer dazu eingeladen.<br />

Das erste Event fand am 24. und 25. Oktober in<br />

Bergamo statt, hier gab es einen Livestream, der<br />

von Franca Bianconi (Einzellauf) und Ondrej Hotarek<br />

(Paare) zusammen mit einem TV-Profi<br />

kommentiert wurde. Eistänzer waren hier nicht<br />

dabei, sie sollen aber am zweiten und vierten<br />

Wettbewerb beteiligt sein, weil sich Tanz und<br />

Paarlaufen abwechseln. Der zweite Wettbewerb<br />

ist am 21. und 22. <strong>No</strong>vember in Turin geplant,<br />

Ginevra Negrello<br />

Daniel Grassl<br />

Quelle: FISG<br />

Matteo Rizzo<br />

der dritte eine Woche später in Egna und der<br />

vierte am 4. und 5. Dezember in Trient. Das Finale<br />

ist für den 13. und 14. Februar vorgesehen.<br />

Weltklasse von Grassl<br />

Natürlich waren die Wertungen wie bei jedem<br />

mehr oder weniger nationalen Wettbewerb (wie<br />

diesmal Skate America und die russische Serie)<br />

etwas überhöht. Der mit Abstand beste Teilnehmer<br />

in Bergamo war Daniel Grassl, der die Herrenkonkurrenz<br />

mit 284 Punkten und zwei fehlerlosen<br />

Programmen gewann. Im KP erreichte er<br />

95 Punkte, mit sauberem 4L, gutem 3A, ebensolcher<br />

3L-3T-Kombination, drei Level 4-<strong>Pirouette</strong>n<br />

mit außergewöhnlichen Positionen und Level<br />

4-Schrittfolge mit Bewertungen von +3 und +4.<br />

Die neue Kür begann er mit 4L, 4F und 4R, alle<br />

relativ sauber und rückwärts gelandet, gefolgt<br />

von insgesamt sieben Dreifachen. Die Schrittfolge<br />

erhielt sogar eine +5, die Komponenten lagen<br />

bei 8,3. Nachdem drei Tage zuvor seine neuen<br />

Kostüme angekommen waren, lief er erstmals in<br />

ihnen und vollführte nach etwa drei Kürminuten<br />

einen blitzschnellen Kostümwechsel mit Enthüllung<br />

eines Schwalbenschwanzes am Rücken.<br />

Volle 70 Punkte dahinter landete Matteo Rizzo,<br />

der nach Platz 5 bei der Nebelhorn Trophy seine<br />

langjährige Trainerin Franca Bianconi verließ und<br />

jetzt bei Lorenzo Magri in der Südtiroler Kleinstadt<br />

Egna/Neumarkt trainiert. Somit werden die<br />

drei besten italienischen Herren von demselben<br />

Trainer betreut. Rizzo riskierte anders als in<br />

Oberstdorf im KP (zu einer Romanza von Andrea<br />

Bocelli) einen 4T, aber er landete vorwärts und<br />

auf dem falschen Fuß. Der 3A klappte gut, aber<br />

bei der Kombination war der 3T nach dem 3L<br />

unterdreht. Die Kür zur Filmmusik „The Greatest<br />

Showman“ begann er mit einem beidfüßig gelandeten<br />

und leicht unterdrehten (mit q gekennzeichneten)<br />

4T. Vier Dreifache gelangen, aber<br />

den ersten Axel riss er auf, der nächste war erstklassig<br />

und der zweite 3A umgestiegen. Außerdem<br />

ging er bei der Choreo-Sequenz zu Boden.<br />

Immerhin konnte er den Nebelhorn-Zweiten Gabriele<br />

Frangipani aus Egna schlagen, der als Dritter<br />

206 Punkte holte. In seinem KP gelangen 3S<br />

und 3A, aber die Kombination endete statt geplantem<br />

4T-3T mit gestürztem 3T, so dass er<br />

nach dem Programm die Hände vor dem Gesicht<br />

zusammenschlug. In der Kür stürzte er beim 4S<br />

und der Schrittfolge, aber sechs der sieben Dreifachen<br />

glückten sauber. Gastläufer Philip Warren,<br />

der nicht mehr bei Florent Amodio trainiert,<br />

wurde Vierter mit 175 Zählern, einem soliden 3A,<br />

aber einem aufgerissenen Toeloop im KP. In der<br />

Kür riss er den Salchow auf und wackelte mehrfach.<br />

Mattia dalla Torre aus Aosta landete mit<br />

171 Punkten auf Platz 5 vor Alberto Vanz (135).<br />

Rebecca Ghilardi und Filippo Ambrosini, Foto: Krauter<br />

Bei den Damen war niemand herausragend. Die<br />

15 Jahre alte Siegerin Ginevra Lavinia Negrello<br />

(164 Punkte) aus Varese begann das KP bei ihrem<br />

Meisterklasse-Debüt mit einer Kombination<br />

aus zwei dreifachen Toeloops, aber der zweite<br />

war unterdreht. Den Lutz riss sie auf, aber alle<br />

weiteren Elemente gelangen gut. Drei Dreifache<br />

in der Kür zur Musik „La Terre Vue du Ciel“<br />

(Savchenko/Massots olympische Kürmusik) erhielten<br />

Pluspunkte, aber der Lutz wurde einfach<br />

und der zweite Axel ein Dreiersprung. Stilistisch<br />

war sie den anderen Läuferinnen klar überlegen.<br />

Elisabetta Leccardi wurde Zweite mit 143 Zählern<br />

nach zwei Fehlern im KP und fünf in der<br />

Kür. Mit 0,25 Punkten Rückstand kam die in<br />

Frankreich trainierende Britin Kristen Spours auf<br />

Platz drei, vor Francesca Poletti (141) und der in<br />

Bergamo trainierenden Litauerin Greta Morkyte<br />

(135). Chenny Paolucci trat nach schwachem KP<br />

wegen Verletzung nicht zur Kür an.<br />

Paarlaufgold gewannen die Nebelhorn-Sieger Rebecca<br />

Ghilardi und Filippo Ambrosini aus Bergamo<br />

mit 159 Punkten. In beiden Programmen ging<br />

der schon früher selten saubere dreifache Twist<br />

ziemlich daneben, im KP war alles andere mehr<br />

oder weniger sauber. In der Kür landete Ambrosini<br />

den 3S vorwärts und Ghilardi hatte Probleme<br />

beim 2A, die beiden Würfe waren unsauber, aber<br />

die weiteren Elemente solide. Rang zwei mit 138<br />

Zählern belegten Sara Conti und Niccolo Macii,<br />

die nur doppelte Twists zeigten, in der Kür eine<br />

Hebung abbrechen mussten und insgesamt recht<br />

bieder liefen. Die in Bergamo trainierenden EM-<br />

17. Dorota Broda und Pedro Betegon aus Spanien<br />

wurden Dritte mit 122 Punkten. Nicht am Start<br />

war das beste italienische Paar Nicole Della Monica<br />

und Matteo Guarise wegen eines Todesfalles<br />

in einer ihrer Familien. Klaus-Reinhold Kany<br />

15<br />

»Gran Premio« von Italien


16<br />

Wettbewerbe in Russland<br />

In Russland geht die Saison weiter<br />

Erfolge für Trusova,<br />

bei den<br />

Shcherbakova und Kolyada<br />

nationalen Pokalwettbewerben<br />

Alexandra Trusova, Fotos: Olga Timochova<br />

Die Pandemie hat auch Russland fest<br />

im Griff und es wurden zwei neue<br />

prominente Corona-Fälle bekannt, die aber<br />

glücklicherweise glimpflich verliefen. Nach<br />

Alexander Galliamov erwischte es Paarlauf-<br />

Europameister Dmitri Kozlovskii. Bereits im<br />

September war Paarläufer Vladimir Morozov erkrankt. Wegen<br />

steigender Corona-Zahlen wurden die Eishallen in Moskau<br />

für das Publikum im Oktober geschlossen und nur Kaderläufer<br />

durften trainieren. Die nationale Serie ging unterdessen in Moskau<br />

und Sotchi weiter. In Moskau waren sogar Zuschauer zugelassen.<br />

Zumindest am Bildschirm sah es so aus, als trügen mehr<br />

Leute Masken. Negativ fiel auf, dass mehrere Trainer, die doch eine<br />

Vor bildfunktion haben sollten, mit schlampig und halb heruntergezogenen<br />

Masken herumliefen. In Moskau hieß es sogar, dass die Gesundheitsbehörden<br />

eine Strafe gegen die Megasport-Halle verhängen wollten, weil die<br />

Corona-Sicherheits regeln nicht eingehalten worden seien.<br />

Europameister Viktoria Sinitsina/Nikita Katsalapov<br />

traten zu ihrem ersten Wettbewerb an und<br />

dominierten im RD „Singin‘ in the Rain“, den sie<br />

beibehalten haben. Die neue Kür zu „Smile“ und<br />

„Come Together“ (interpretiert von Michael<br />

Jackson) allerdings brachen sie in der Mitte<br />

während der Schrittfolge ab, weil Sinitsina starke<br />

Schmerzen im rechten Knie hatte. Wenig<br />

später diagnostizierten die Ärzte eine Sehnenentzündung.<br />

„Viktoria braucht Ruhe<br />

und Behandlung. Sobald die Schmerzen<br />

weg sind, wird sie wieder trainieren“,<br />

sagte Trainer Alexander Zhulin der russischen<br />

Presse. Den Wettbewerb gewannen Annabel<br />

Morozov/Andrei Bagin, die einen neuen Rhythmustanz<br />

zu „Chicago“ einstudiert hatten.<br />

Bei den Juniorinnen siegte Elizaveta Berestovskaia,<br />

eine Schülerin von Sergei Davydov, die<br />

aber zweimal am 4T scheiterte. Im Paarlauf ge-<br />

Trusova siegt in Moskau<br />

Am interessantesten war in Moskau der erste<br />

Auftritt von Alexandra Trusova mit ihrem neuen<br />

Trainerteam. Die EM-Dritte riskierte im KP den<br />

3A und stolperte, aber immerhin wurde der<br />

Sprung anerkannt und brachte mehr Punkte als<br />

ein sauberer 2A der Konkurrentinnen. Zunächst<br />

lag Trusova auf Rang drei hinter Juniorenweltmeisterin<br />

Kamila Valieva und Daria Usacheva,<br />

die mit ihren exzellenten <strong>Pirouette</strong>n die nur national<br />

vergebenen Bonuspunkte sammelten und<br />

sich keine Fehler leisteten. Trusova konnte sie<br />

jedoch in der Kür mit 4T-3T und 4T überholen,<br />

auch wenn der 4L verstolpert war und sie bei<br />

einem 3R stürzte. „Mein Ziel für diesen Wettbewerb<br />

war, sauber zu laufen. Das habe ich noch<br />

nicht erreicht. Im Kurzprogramm muss ich den<br />

dreifachen Axel machen. In der Kür weiß ich<br />

noch nicht, wie viele Vierfache ich zeigen werde,<br />

aber ich werde mich bemühen“, kommentierte<br />

Trusova. Valieva ging beim 4T zu Boden,<br />

stand ihn aber im zweiten Anlauf in Kombination<br />

und wurde Zweite. Usacheva lieferte eine<br />

saubere Kür zu „Romeo und Julia“ ab und belegte<br />

den Bronzerang. Stanislava Konstantinova<br />

hatte ein paar Probleme mit Unterdrehungen<br />

(5.). Nach dem Wettbewerb setzten Trusovas<br />

Trainer Evgeni Plushenko und das Lager von<br />

Eteri Tutberidze ihre Schlammschlacht fort und<br />

kritisierten jeweils die ihnen nicht genehmen<br />

Ergebnisse – Plushenko den dritten Platz seiner<br />

Schülerin im KP, der Direktor des Clubs von Tutberidze<br />

wiederum den Gesamtsieg Trusovas. Die<br />

PR-Maschine läuft auf Hochtouren. Ende <strong>No</strong>vember<br />

soll unter dem Titel „Das Mädchen, das<br />

die Schwerkraft besiegte“ eine Biographie über<br />

die erst 16 Jahre alte Läuferin erscheinen.<br />

Artem Kovalev aus der Plushenko-Schule sicherte<br />

sich verdient seinen zweiten Sieg in der Serie,<br />

aber die Herren waren insgesamt nicht überzeugend.<br />

Kovalev riskierte drei 4S in den beiden<br />

Programmen, einer war einwandfrei. Läuferisch<br />

wirkt er noch sehr juniorenhaft. Alexander Samarin<br />

war nach Verletzungsproblemen nicht in<br />

guter Form und stürzte im KP beim 4T. In der<br />

Kür verzichtete er auf Vierfache und lief sauber,<br />

aber wieder einmal hölzern (2.). Petr Gumennik<br />

aus St. Petersburg konnte in der Kür einen guten<br />

4S stehen, machte aber ein paar andere Fehler.<br />

Der Juniorenweltmeister von 2018, Alexei<br />

Erokhov, hatte mit einigen Elementen Mühe und<br />

ist noch nicht auf seinem früheren Niveau (6.).<br />

Nur zwei Paare gingen an den Start, nachdem<br />

Anastasia Mishina/Alexander Galliamov ausfielen.<br />

Die EM-Dritten Daria Pavliuchenko/Denis<br />

Khodykin gewannen mühelos und mit rund 20<br />

Punkten Vorsprung. Der einzige Patzer war Pavliuchenkos<br />

Sturz beim 3F in der Kür. Die Eistanz-<br />

Dmitri Aliev


17<br />

fiel das neue Duo Polina Kostiukovich/Alexei<br />

Briukhanov aus der Velikov-Schule mit guten<br />

Programmen und nur einem Fehler bei der<br />

Paarlaufpirouette.<br />

Shcherbakova und Kolyada<br />

in Sotchi vorn<br />

Zwei Wochen später trafen beim dritten Wettbewerb<br />

der Serie in der Olympiastadt Sotchi<br />

wieder einige Spitzenläufer aufeinander. Hier<br />

waren keine Zuschauer zugelassen und der<br />

Wettbewerb fand nicht in der Olympiahalle „Eisberg“,<br />

sondern in der Trainingshalle nebenan<br />

statt. Das russische Fernsehen rief Fans dazu<br />

auf, Fotos von sich mit ihren Bannern zu posten,<br />

die auf drei großen Leinwänden in der Halle eingespielt<br />

wurden. Europameister Dmitri Aliev hatte<br />

seinen ersten Auftritt nach der Verletzungspause.<br />

Er hatte seine Hüftgelenksprobleme im<br />

September auch in München behandeln lassen.<br />

Im KP – hier läuft er wieder zum „Maskeradenwalzer“<br />

wie in der Olympiasaison 2018 - lag er<br />

auf Platz zwei mit einem leicht unterdrehten 4L<br />

(q) und 4T-2T. Der 3A gelang gut, die <strong>Pirouette</strong>n<br />

hätten besser sein können. In der Kür „L’Immensita“<br />

von Il Volo gelangen ein unterdrehter 4L<br />

und sechs Dreifache. Ein Axel wurde einfach und<br />

bei den <strong>Pirouette</strong>n und Schritten holte er meistens<br />

nur einen Level 2. Man merkte ihm den<br />

Trainingsrückstand noch an und er meinte, er sei<br />

bei 40 Prozent seiner Leistungsfähigkeit. „Die<br />

Kür bin ich mit zusammengebissenen Zähnen<br />

gelaufen. Das Programm ist neu und noch nicht<br />

ganz ausgearbeitet“, sagte Aliev der Webseite<br />

des russischen Verbandes. „Man muss die Dinge<br />

objektiv betrachten. Das war mein erster Auftritt<br />

nach siebeneinhalb Monaten ohne Wettkampf.<br />

Ich weiß, was ich tun muss.“<br />

Den Sieg holte sich Mikhail Kolyada, der im KP<br />

mit 4T-3T fehlerfrei blieb und in der Kür zwei<br />

4T zeigte. Einen Axel riss er auf, holte ihn Sekunden<br />

später dreifach nach, stolperte jedoch.<br />

„Für meinen ersten richtigen Wettkampf war<br />

das in Ordnung. Beim Axel wusste ich, dass ich<br />

die Chance habe, es nochmal zu versuchen und<br />

die habe ich genutzt“, sagte der zweimalige<br />

Russische Meister der „<strong>Pirouette</strong>“. Juniorenweltmeister<br />

Andrei Mozalev stand einen 4F in der<br />

Kür, bei dem er im KP noch gestürzt war (3.).<br />

Anna Shcherbakova siegte auch bei ihrem zweiten<br />

Wettbewerb der Serie, aber im KP misslang<br />

die Kombi 3L-3R, als sie den Rittberger öffnete<br />

und umstieg. In der Kür punktete sie zum Auftakt<br />

mit einem 4F. „Ich war sehr auf den vierfachen<br />

Flip fokussiert. Nach dem letzten Wettkampf<br />

haben wir im Training etwas umgestellt<br />

und sogar versucht, das Programm schwieriger<br />

zu machen, haben dann aber entschieden, die<br />

gleichen Elemente wie beim letzten Mal zu zeigen.<br />

Meine Aufgabe war es, beim Flip sicher zu<br />

werden und das habe ich geschafft“, kommentierte<br />

Shcherbakova. Die Junioren-WM-Zweite<br />

Usacheva führte nach fehlerfreiem KP, in der<br />

Kür ging eine Kombi daneben und sie fiel auf<br />

den zweiten Platz zurück. Lisa Tuktamysheva<br />

gelang jeweils ein guter 3A in beiden Programmen,<br />

allerdings unterdrehte sie die Kombi 3L-3T<br />

und wackelte in der Kür ein paarmal. Im Paarlauf<br />

hatten wie in Moskau Pavliuchenko/Khodykin<br />

die Nase vorn, aber weil Khodyin Schmerzen<br />

im Knie hatte, sprangen sie nach gutem KP<br />

den Flip in der Kür nur doppelt. Pavliuchenko<br />

hatte Mühe bei 3T-2T und stürzte außerdem<br />

beim Wurfflip. Die Kürwertung gewannen<br />

daher Julia Artemeva/Mikhail Nazarychev, die<br />

Dritten der Junioren-WM <strong>2020</strong>, die<br />

bis auf einen unterdrehten 3S<br />

von ihr keinen Fehler machten. Im Eistanz gewannen<br />

die favorisierten Tiffani Zagorski/Jonathan<br />

Guerreiro mit fehlerfreien Programmen.<br />

Das neue Paar Elizaveta Khudaiberdieva/Egor<br />

Bazin überzeugte ebenfalls und lag nur vier<br />

Punkte dahinter. In der Juniorenkonkurrenz ragte<br />

die Tutberidze-Schülerin Adelia Petrosian mit<br />

sehr guten Elementen und ansprechendem Stil<br />

heraus. Die Paarläufer Kostiukovich/Briukhanov<br />

feierten ihren zweiten Sieg mit ähnlich guten<br />

Leistungen wie in Moskau.<br />

Neues aus<br />

Russland<br />

Evgenia Medvedeva musste ihre chronische Rückenverletzung<br />

im Krankenhaus behandeln lassen<br />

und nahm danach vorsichtig das Training<br />

auf. Sie stellte in den sozialen Medien die neue<br />

Kollektion ihrer Modemarke unter ihrem Namen<br />

vor – neben Sweatshirts mit lustigen Sprüchen<br />

gibt es auch einige Accessoires wie Schlüsselanhänger<br />

und Kaffeebecher. Tuktamysheva<br />

brachte unterdessen ihre Modekollektion „EmpressWear“<br />

heraus und präsentierte Pullover und<br />

T-Shirts.<br />

Der EM-Silbermedaillengewinner Artur Danielian<br />

flog nach München, um anhaltende Knöchelprobleme<br />

behandeln zu lassen. Bei der<br />

Einreise habe man sehr genau kontrolliert,<br />

ob er wirklich zu einer medizinischen<br />

Behandlung komme und wollte<br />

ihn zunächst gar nicht ins Land<br />

lassen, erzählte der 16-Jährige<br />

der Nachrichtenagentur RIA<br />

<strong>No</strong>vosti. Die Ärzte hätten ihm<br />

geholfen und er sei zuversichtlich,<br />

bald wieder voll<br />

ins Training einsteigen zu<br />

können.<br />

Neues aus Russland<br />

Anna Shcherbakova<br />

Viktoria Sinitsina und<br />

Nikita Katsalapov<br />

Maria Sotskova äußerte sich<br />

erstmals zu der drohenden langjährigen<br />

Sperre wegen Verstößen<br />

gegen die Anti-Dopingregeln<br />

(siehe <strong>Pirouette</strong> Oktober <strong>2020</strong>).<br />

„Natürlich wusste ich, dass Furosemid<br />

auf der Liste der verbotenen<br />

Mittel steht. Die Ärzte hatten es mir verschrieben,<br />

weil ich gesundheitliche Probleme<br />

hatte. Ich hatte meine Karriere nach<br />

dem Grand Prix in Grenoble beendet und<br />

dies meiner Trainerin Svetlana Sokolovskaia<br />

mitgeteilt. <strong>No</strong>rmalerweise geben Läufer ihren<br />

Rücktritt am Ende der Saison bekannt, das hatte<br />

ich auch vor und deswegen keine Eile. Wahrscheinlich<br />

bin ich selbst schuld“, sagte Sotskova<br />

der Internetzeitung Gazeta.ru. Sie betonte, dass<br />

sie nie gedopt habe. Die Entscheidung der russischen<br />

Anti-Dopingagentur RUSADA über den<br />

Fall steht noch aus. <br />

Tatjana Flade


18<br />

Skate America<br />

Grand Prix<br />

Skate America fast nur<br />

mit Amerikanern<br />

Obwohl die USA im Verhältnis zur<br />

Einwohnerzahl die meisten Corona-<br />

Infektionen und -Toten der Welt haben,<br />

beschloss der US-Verband, den Grand<br />

Prix abzuhalten, ohne Zuschauer und<br />

mit viel strengeren Einschränkungen als<br />

die DEU bei der Nebelhorn Trophy. Denn<br />

wegen der hohen Summen für die Senderechte<br />

des Fernsehsenders NBC wurden<br />

wohl die Kosten auch ohne Zuschauertickets<br />

zum großen Teil getragen.<br />

Das war ganz im Sinne der Läufer,<br />

von denen viele ähnlich wie in Oberstdorf<br />

dem Verband dafür dankten, dass<br />

er ihnen die Möglichkeit eines echten<br />

Wettbewerbes gab. Kein Nicht-Amerikaner<br />

durfte und darf in die USA einreisen.<br />

Deshalb liefen fast nur Läufer, die<br />

in den USA trainieren, also meist Amerikaner<br />

und wenige andere wie die beiden<br />

besten US-Tanzpaare mit Trainer, die<br />

aus Kanada kommen durften. Auch die<br />

komplette Jury kam aus den USA. Daher<br />

war der Wettbewerb praktisch eine<br />

amerikanische Meisterschaft.<br />

Den Wettbewerb in Las Vegas verfolgte Klaus-Reinhold Kany<br />

Die Orleans Arena, Quelle: www.<strong>2020</strong>skateamerica.com<br />

Wie bei Unterhaltungssendungen im amerikanischen<br />

Fernsehen üblich, wurde auch hier<br />

getrickst. Beim Aufrufen der Namen, am Ende<br />

des Programms und bei der Wertung wurden<br />

Beifallsstürme von Zuschauern akustisch eingespielt,<br />

bei den Stars lauter als bei den <strong>No</strong>bodies.<br />

Einige Läufer sagten später, ihnen<br />

habe der Applaus sehr geholfen, weil er motivierend<br />

war. Um wenigstens optisch den Eindruck<br />

von Zuschauern in der Halle zu erwecken,<br />

konnten Fans gegen eine Spende von<br />

100 Dollar (für die erste Reihe) oder 65 Dollar<br />

(für die weiteren Reihen) Porträtfotos einschicken,<br />

die dann lebensgroß auf Papp-Kartons<br />

geklebt und in die ersten Zuschauerreihen gesetzt<br />

wurden. Immerhin etwa 300 Fans unterstützten<br />

somit den US-Verband und zahlten<br />

etwa 21.000 Dollar (ca. 18.000 Euro). Das Argument<br />

des Verbandes war: Liebe Fans, ihr<br />

spart Euch in diesem Jahr die Reisekosten, das<br />

Hotel und die Eintrittskarte für Skate America,<br />

da könntet ihr doch einen Teil dieses Geldes<br />

spenden. Bei den kleinen Siegerehrungen<br />

streiften die Läufer ihre am Rand der Bande<br />

erhaltenen Medaillen auf einem Podium selbst<br />

um. Ein Schaulaufen wurde ohne Medienzutritt<br />

für spätere Zwecke aufgezeichnet und<br />

viele Läufer blieben noch zwei Tage in der<br />

Blase, weil montags ein weiterer Wettbewerb<br />

für NBC gefilmt wurde, der ebenfalls ganz<br />

ohne Medien ablief und am 15. <strong>No</strong>vember zu<br />

sehen sein sollte.<br />

Die Corona-Regeln waren sehr streng: Alle Akkreditierten,<br />

also Läufer, Trainer, Jury, Organisatoren<br />

und die wenigen Medienvertreter vor Ort,<br />

Das „virtuelle“ Publikum, Foto: Ritoss<br />

darunter für die <strong>Pirouette</strong> die US-Fotografin Robin<br />

Ritoss, mussten schon Tage vorher darauf<br />

achten, dass sie keine Symptome haben. Sie<br />

wurden am Flughafen für eine Gebühr von 150<br />

Dollar getestet und von dort zur Akkreditierung<br />

in der Halle gebracht. Freiwillige Helfer begleitete<br />

alle bis zu den Hotelzimmern im einzig erlaubten<br />

Flügel des Orleans Hotel mit eigenem<br />

Aufzug und Eingang direkt an der Eishalle. Die<br />

drei Mahlzeiten, die 150 Dollar pro Tag und Person<br />

kosteten, wurden zuerst bis an die Zimmertüre<br />

gebracht, das Verlassen des Zimmers war<br />

nur zum Gang in die Eishalle erlaubt. Im Zimmer<br />

mussten sie bleiben, bis sie das negative Ergebnis<br />

des Tests online erhielten, daher schon zwei<br />

Tage vorher ankommen. Während des Wettbewerbs<br />

gab es einen Speisesaal in der Halle, in<br />

dem tiefgekühltes Essen aus dem Hotel geliefert<br />

wurde, allerdings manchmal noch eiskalt. Jeden<br />

Tag wurde die Körpertemperatur gemessen. Die<br />

Zimmer wurden nicht gereinigt, sondern es lagen<br />

Putzutensilien und Reserve-Handtücher bereit.<br />

Niemand durfte ein fremdes Zimmer betreten.<br />

Der Besuch eines Restaurants, des Kasinos,<br />

eines Ladens gegenüber, der Hotellobby oder ein<br />

Stadtbummel war bis zum Ende streng verboten.<br />

Bei Verstößen drohte der sofortige Entzug der<br />

Akkreditierung. Für <strong>No</strong>tfälle war ein Offizieller<br />

zuständig, der zum Beispiel nach einem Anruf<br />

Medikamente kaufte und vor die Türe des Hotelzimmers<br />

legte. Jeder Bildschirm der Jury wurde<br />

wie in Oberstdorf nach jedem Teilwettbewerb<br />

gereinigt und jedes Mitglied der Technischen<br />

Jury hatte seinen eigenen Kopfhörer.<br />

Masken tragen und Abstand halten waren obligatorisch.<br />

Sobald die Läufer das Eis verließen,<br />

stand ein kleiner Korb mit ihrer Jacke, den<br />

Schlittschuhschonern und ihrer Maske bereit,<br />

die sie anziehen mussten. Die Läufer saßen sogar<br />

beim Ausschnaufen in der Tränenecke maskiert,<br />

was etwas übertrieben war, denn niemand<br />

war in ihrer Nähe, nicht einmal die Trainer<br />

durften sich neben sie setzen. Es gab nur<br />

eine virtuelle Interviewzone, in der Medienvertreter,<br />

meist des US-Verbandes in eine Kamera<br />

fragten. Die Läufer sahen am Bildschirm den<br />

Fragenden und konnten dann ebenfalls in eine<br />

Kamera antworten. Die Mehrheit der Journalisten<br />

war nicht vor Ort, sondern konnte mit eigener<br />

Akkreditierung von zu Hause aus in aller<br />

Welt Fragen stellen, auch bei der virtuellen<br />

Pressekonferenz. Bei einer Paarlauf-Pressekonferenz<br />

konnte Alexa Scimeca zum Beispiel sehen,<br />

dass die Katze von <strong>Pirouette</strong>-Redakteurin<br />

Tatjana Flade auf den Schreibtisch und vor die<br />

Laptop-Kamera sprang. Sie musste lachen, weil<br />

sie auch Katzen zu Hause hat.


19<br />

Nathan Chen überlegen<br />

Weltmeister Nathan Chen hatte keine Mühe,<br />

Skate America zum vierten Mal zu gewinnen.<br />

Den ganzen Sommer konnte er in Kalifornien<br />

bleiben, weil seine 4.500 Kilometer entfernte<br />

Yale Universität nur Online-Kurse anbot. Im<br />

neuen spanischen KP zu „Asturias“ und zur<br />

Filmmusik „Cancion del Mariachi“ begann er mit<br />

erstklassiger 4T-3T-Kombination, auch 3A und<br />

4F und alle anderen Elemente gelangen ausgezeichnet.<br />

In der von Shae-Lynn Bourne choreografierten<br />

Kür interpretierte er vier Stücke des<br />

inzwischen 83 Jahre alten US-Komponisten Philip<br />

Glass. Vier Vierfache gelangen sehr gut, der<br />

vierfach geplante Salchow wurde doppelt und<br />

er riss einen Axel auf.<br />

Vincent Zhou kehrte kurz vor den Grenzschließungen<br />

im März aus Toronto zurück zu Christy<br />

Krall nach Colorado Springs, die erfreut war, dass<br />

seine Körperhaltung besser geworden ist. Sein KP<br />

läuft er zur Musik „Starry, Starry Night“ über den<br />

Maler Vincent van Gogh, zu der Gilles/Poirier vor<br />

zwei Jahren gelaufen waren. 4L-3T und 4S waren<br />

beeindruckend. In der Kür verwendete er weniger<br />

bekannte Stücke von Muse, stürzte beim 4L,<br />

zeigte aber später 4L-3T und einen unterdrehten<br />

4S. Keegan Messing lebt in Alaska, war der einzige<br />

Kanadier am Start und verwendete beide Programme<br />

der vergangenen Saison. Im KP zu „Perfect“<br />

von Ed Sheeran verbuchte er eine knappe<br />

4T-3T-Kombination, aber sechs weitere hervorragende<br />

Elemente, besonders schnelle <strong>Pirouette</strong>n.<br />

Die Kür zu „<strong>No</strong>vember Rain“ von Guns N‘ Roses<br />

begann er mit herausragender 4T-2T-Kombination<br />

und sehr gutem weiteren 4T, auch später gelang<br />

fast alles. Er kommentierte: „Das ist für<br />

Euch in Kanada, für alle, die zu Hause bleiben<br />

müssen. Ich bin stolz, dass ich hierherkommen<br />

und einen sicheren Wettbewerb laufen durfte.“<br />

Tomoko Hiwatashi aus Colorado Springs, Juniorenweltmeister<br />

2019 und Dritter der US-Meisterschaften<br />

<strong>2020</strong>, begann das KP ebenfalls mit<br />

glanzvollem 4T und die Kür mit ähnlich überzeugender<br />

4T-3T-Kombination, machte aber<br />

später zwei Fehler. Eine positive Überraschung<br />

war die Leistung des erst 15 Jahren alten Ilia<br />

Malinin, Sohn der Grand Prix Finale-Siegerin<br />

Tatiana Malinina im Jahre 1999, der bei der Junioren-WM<br />

noch 16. gewesen war. Aber inzwischen<br />

hat er 4T und 4S gelernt und zeigte beide<br />

Vierfache in beiden Programmen. Sein Laufstil<br />

ist noch etwas juniorenhaft, aber vielversprechend.<br />

Alexei Bychenko hat zusammen mit den<br />

anderen Israelis die Eishalle in Hackensack verlassen<br />

und trainiert jetzt in der universitätseigenen<br />

Halle von Montclair in New Jersey. Nach einigen<br />

Fehlern landete er nur im Mittelfeld.<br />

Der im Alter von 13 Jahren aus Russland gekommene<br />

Alexei Krasnozhon, inzwischen 20,<br />

hat im September nach hohem Aufwand eines<br />

Anwalts endlich eine Green Card erhalten, die<br />

Geld verdienen erlaubt und die Vorstufe für die<br />

US-Staatsbürgerschaft ist. Zum Beispiel wollten<br />

die Behörden eine Reihe von Fotos von Siegerehrungen<br />

sehen, denn den Statistiken des US-<br />

Verbandes trauten sie nicht. Er träumt daher<br />

von einer Teilnahme an den Olympischen Spielen<br />

2022, aber zu den drei besten US-Amerikanern<br />

hat er bisher nie gezählt. Im Sommer ist er<br />

mit seinem Trainer Alexei Letov von Plano in Texas<br />

nach Boston gezogen. Diesmal gelang im KP<br />

immerhin ein sauberer 4R, der von der Technischen<br />

Jury zunächst dreifach eingestuft worden<br />

war. In der Kür stürzte er bei diesem Sprung,<br />

konnte aber später fleißig punkten. Maxim Naumov,<br />

19 Jahre alter Sohn der Paarlaufweltmeister<br />

Shishkova/Naumov (1994), ist schon in den<br />

USA geboren und präsentierte keinen Vierfachen.<br />

Camden Pulkinen aus Colorado Springs<br />

schien vor zwei Jahren stilistisch sehr vielversprechend.<br />

Er hatte aber zuletzt häufig Probleme,<br />

stabile Programme zu zeigen und nahm<br />

Vierfache aus dem Programm.<br />

Auch Jimmy Ma, 13. der US-Meisterschaften<br />

<strong>2020</strong>, hat Texas verlassen, um bei Alexei Letov<br />

in Boston zu trainieren. Er riss mehrere Sprünge<br />

auf und landete daher eher hinten. Joseph Kang<br />

ist ein Schüler des ehemaligen österreichischen<br />

Spitzenläufers Viktor Pfeifer, der schon länger<br />

die doppelte Staatsbürgerschaft besitzt. Er kam<br />

als Ersatz für den Tschechen Michal Brezina, der<br />

in Kalifornien lebt, aber sich drei Wochen vor<br />

Skate America bei einem bösen Trainingssturz<br />

verletzte. Auch Kang machte mehrere Fehler.<br />

Daniel Samohin trainiert nicht mehr in San Diego,<br />

denn die dortige Eishalle wurde geschlossen,<br />

sondern zog mit Familie und dem Trainervater<br />

nach Las Vegas um. Er war Ersatz für den<br />

verletzten Kanadier Stephen Gogolev, der bei<br />

Rafael Arutunian in Kalifornien trainiert. Samohins<br />

3A und Vierfachversuche gehen sehr oft<br />

daneben, auch diesmal.<br />

Skate America<br />

Grand Prix<br />

Keegan Messing<br />

Vincent Zhou<br />

Nathan Chen<br />

Fotos: Robin Ritoss<br />

Herren | GP Skate America<br />

KP Kür Pkt<br />

1 Nathan Chen – Ver. Staaten 1 1 299.15<br />

2 Vincent Zhou – Ver. Staaten 2 2 275.10<br />

3 Keegan Messing – Kanada 3 3 266.42<br />

4 Tomoki Hiwatashi – Ver. Staaten 4 4 245.30<br />

5 Ilia Malinin – Ver. Staaten 7 5 220.31<br />

6 Alexei Bychenko – Israel 6 8 214.62<br />

7 Alexei Krasnozhon – Ver. Staaten 5 9 214.61<br />

8 Maxim Naumov – Ver. Staaten 8 6 214.27<br />

9 Camden Pulkinen – Ver. Staaten 9 7 207.82<br />

10 Jimmy Ma – Ver. Staaten 11 10 196.98<br />

11 Joseph Kang – Ver. Staaten 10 11 192.37<br />

12 Daniel Samohin – Israel 12 12 184.54


20<br />

Skate America<br />

Grand Prix<br />

Mariah Bell überzeugte<br />

Mariah Bell war Zweite der US-Meisterschaften<br />

<strong>2020</strong> hinter der für Grand Prix noch zu<br />

jungen Alysa Liu und trainiert zusammen mit<br />

Nathan Chen bei Rafael Arutiunian. Im KP zu<br />

„Glitter in the Air“ von der US-Sängerin Pink<br />

geht es um Gefühle bei einer Liebe, Davon<br />

kann Bell ein Lied singen, denn seit zwei Jahren<br />

lebt sie getrennt von ihrem französischen<br />

Freund Romain Ponsart, der zuvor wegen Visaproblemen<br />

und jetzt wegen Corona nicht mehr<br />

in die USA einreisen darf. Sie lief fehlerfrei mit<br />

3F-3T und 3L. Wegen ihres freundlichen Laufstils<br />

erhält sie stets hohe Komponenten, diesmal<br />

bis 9,5. Weil sie sich im neuen KP-Kostüm<br />

nicht wohlfühlte, lief sie beide Programme im<br />

Kürkostüm. Für die neue Kür hat sie vier Stücke<br />

der schwedischen Popgruppe Abba ausgewählt.<br />

Alles klappte bis auf ein 3L gegen Ende,<br />

aber sie hatte keine 3-3-Kombination und erhielt<br />

daher nur die viertbeste Kürwertung. Zunächst<br />

habe ihr Abba, eine Idee von Shae-Lynne<br />

Bourne, nicht gut gefallen, aber je länger<br />

sie danach lief, desto mehr habe sie sich in die<br />

Musik verliebt. (siehe Titelbild)<br />

der Kür, zwei dagegen nicht. Derrick Delmore-<br />

Schülerin Starr Andrews hatte sich mehr erhofft<br />

als Platz acht, aber einige Fehler in beiden<br />

Programmen verhinderten dies. Finley<br />

Audrey Shin<br />

Hawk aus der Schule von Denise Myers gaben<br />

ihr internationales Debüt mit mäßigem Erfolg.<br />

Die ehemalige Spitzenläuferin Gracie Gold<br />

wollte beweisen, dass sie nach Ess- und psychischen<br />

Störungen einen schwierigen Weg zurück<br />

geschafft hat. Aber im KP wurden sämtlich<br />

Sprünge nur doppelt und in der Kür nach guter<br />

3L-2T-Kombination ebenfalls, so dass sie mit<br />

Abstand Letzte wurde.<br />

Bradie Tennell wechselte im Sommer von ihrer<br />

Kindheitstrainerin Denise Myers nahe Chicago<br />

zu Tom Zakrajsek nach Colorado Springs. Er<br />

soll ihr vor allem den 3A und/oder einen Vierfachen<br />

beibringen, denn ohne diese Sprünge<br />

ist international keine ganz vordere Position<br />

mehr möglich. Aber sie ist schon 22. Das KP zu<br />

„Moderation“ von Florence and the Machine<br />

war fast fehlerfrei. In der Kür zeigte sie zwar<br />

zwei 3-3-Kombinationen, aber drei Sprünge<br />

waren nicht ganz sauber. Eine Überraschung<br />

war der dritte Platz der 16 Jahre alten Audrey<br />

Shin, Schülerin von Tammy Gambill. Sie war<br />

eigentlich für Junioren Grand Prix vorgesehen,<br />

aber als diese abgesagt wurden, schwenkte sie<br />

um auf die Meisterklasse. Nach praktisch fehlerfreiem<br />

KP mit 3L-3T gelang auch die Kür<br />

stilvoll und sprungsicher. Karen Chen war Vierte<br />

der US-Meisterschaften <strong>2020</strong> und zwei Jahre<br />

lang immer wieder verletzt. Aber jetzt konnte<br />

ihre Form zurückgewinnen, allerdings waren<br />

einige Sprünge unterdreht. Die Kür zum<br />

Schmetterlingskonzert („Butterfly Lover Concerto“)<br />

war sehr sensibel und feinfühlig.<br />

Shan Lin<br />

Amber Glenn aus der Cain-Schule in Texas<br />

landete im Sommer mehrere 3A und wollte<br />

den Sprung in beide Programme einbauen.<br />

Aber am 8. September wurde sie in einem Kältetherapieraum<br />

ohnmächtig und stürzte so<br />

hart, dass sie eine Gehirnerschütterung erlitt<br />

und sich einen Augenhöhlenknochen brach.<br />

Sie wollte keinen Krankenwagen alarmieren,<br />

weil dieser teuer ist und sie offensichtlich keine<br />

Krankenversicherung hatte, die ihn bezahlte.<br />

Aber Trainingskameraden alarmierten Hilfe.<br />

Einige Wochen konnte sie nicht trainieren und<br />

wirkte auch bei Skate America noch nicht<br />

wieder richtig fit. Gegen Ende der Kür ließen<br />

ihre Kräfte nach. Shan Lin läuft für China, ist<br />

aber geborene Amerikanerin mit chinesischen<br />

Vorfahren und trainiert in Boston. Zwei Jahre<br />

lange war sie international nicht gestartet,<br />

aber in Las Vegas gelangen vier Dreifache in<br />

Damen | GP Skate America<br />

KP Kür Pkt<br />

1 Mariah Bell – Ver. Staaten 1 4 212.73<br />

2 Bradie Tennell – Ver. Staaten 2 1 211.07<br />

3 Audrey Shin – Ver. Staaten 3 3 206.15<br />

4 Karen Chen – Ver. Staaten 4 2 204.90<br />

5 Amber Glenn – Ver. Staaten 5 6 190.<strong>09</strong><br />

6 Shan Lin – China 7 5 182.11<br />

7 Paige Rydberg – Ver. Staaten 6 8 178.13<br />

8 Starr Andrews – Ver. Staaten 10 7 171.70<br />

9 Sierra Venetta – Ver. Staaten 8 9 170.72<br />

10 Pooja Kalyan – Ver. Staaten 11 10 158.95<br />

11 Finley Hawk – Ver. Staaten 9 11 154.25<br />

12 Gracie Gold – Ver. Staaten 12 12 127.82<br />

Bradie Tennell


21<br />

Neues US-Paar an der Spitze<br />

Wie sich schon im Training andeutete, haben<br />

die USA endlich einmal ein Spitzenpaar, das<br />

auch international um Medaillen kämpfen<br />

könnte. Alexa Scimeca Knierim (29) und Brandon<br />

Frazier (27) trainieren erst seit einem halben<br />

Jahr zusammen, sind aber die jeweils stärkeren<br />

Partner von zwei früheren Partnerschaften.<br />

Sie haben unter dem Trainerehepaar Jenni<br />

Meno und Todd Sand sowie Scimecas Ehe- und<br />

früherem Paarlaufpartner Chris Knierim schnell<br />

an technischer Stärke und Ausdruck gewonnen.<br />

Insbesondere sind sie das erste US-Paar seit langem,<br />

das Einzelsprünge beherrscht, die häufig die<br />

Problemelemente sind. Er hat seine Wurftechnik<br />

an ihre angepasst und sie hat ihre Hebungstechnik<br />

an seine angepasst. Beides führte schnell zum<br />

Erfolg. Das fehlerfreie KP unter anderem zu „In<br />

the End“ von Tommy Profitt mussten sie wegen<br />

einer Musikpanne zweimal starten, aber das<br />

brachte sie als erfahrene Läufer nicht aus der<br />

Ruhe. Danach strahlten sie sich an und witzelten<br />

später, nun sei wohl erwiesen, dass sie gut zusammenpassen.<br />

Außer einer beidfüßigen Landung<br />

beim 3S von ihr war auch die Kür zu „Fall On<br />

Me“ von Andrea and Matteo Bocelli fehlerfrei.<br />

Kleine Disharmonien sollten mit längerem Training<br />

behebbar sein. Frazier verriet ein Geheimnis:<br />

„Chris (Knierim) ist unsere Geheimwaffe, denn er<br />

kommt ganz frisch aus der Wettbewerbsszene,<br />

hat mir besonders beim Twist viel beigebracht,<br />

denn er hatte einen der besten der Welt.“<br />

Skate America<br />

Grand Prix<br />

Jessica Calalang<br />

und Brian Johnson<br />

Audrey Lu und<br />

Misha Mitrofanov<br />

Alexa Knierim und Brandon Frazier<br />

Fotos: Robin Ritoss<br />

Paare | GP Skate America<br />

KP Kür Pkt<br />

1 Alexa Knierim / Brandon Frazier<br />

Ver. Staaten 1 1 214.77<br />

2 Jessica Calalang / Brian Johnson<br />

Ver. Staaten 2 2 207.40<br />

3 Audrey Lu / Misha Mitrofanov<br />

Ver. Staaten 3 4 189.65<br />

4 Ashley Cain-Gribble / Timothy LeDuc<br />

Ver. Staaten 4 3 189.23<br />

5 Tarah Kayne / Danny O‘Shea<br />

Ver. Staaten 5 5 174.35<br />

6 Olivia Serafini / Mervin Tran<br />

Ver. Staaten 6 6 168.07<br />

7 Emily Chan / Spencer Akira Howe<br />

Ver. Staaten 7 8 151.15<br />

8 Anna Vernikov / Evgeni Krasnopolski<br />

Israel 8 7 146.12


22<br />

Skate America<br />

Grand Prix<br />

Ihre Trainingskameraden Jessica Calalang und<br />

Brian Johnson hatten den Online-Wettbewerb<br />

im September gewonnen, aber diesmal stürzte<br />

Calalang beim 3S im KP zur Filmmusik „Game<br />

of Thrones“ und Johnson sprang ihn nur doppelt,<br />

alles andere gelang sehr gut. In der Kür<br />

zu „Who Wants to Live Forever“ in einer Version<br />

von „The Tenors“ patzte sie bei beiden<br />

Einzelsprüngen, fast alles andere gelang gut,<br />

der Twist war erneut Weltklasse. Audrey Lu<br />

und Misha Mitrofanov, die ebenfalls mit Letov<br />

jetzt in Boston trainieren, gewannen eine<br />

überraschende Bronzemedaille. Ihr KP war<br />

fehlerfrei, wenn auch nicht sehr spektakulär.<br />

In der Charlie Chaplin-Kür glückten neun der<br />

elf Elemente sicher, nur die beiden Würfe<br />

nicht. Außerdem wirkten sie am Ende sehr erschöpft,<br />

dabei liegt Las Vegas nur 600 Meter<br />

über dem Meer.<br />

Ashley Cain-Gribble und Timothy LeDuc, die<br />

US-Meister und WM-Neunten von 2019, enttäuschten<br />

etwas und blieben ohne Edelmetall.<br />

Im KP waren drei Elemente nicht einwandfrei,<br />

in der Kür zwei. Außerdem vermisste man etwas<br />

anspruchsvollere Choreografie. Tarah<br />

Kayne und Danny O’Shea hatten ihre Trainerin<br />

Dalilah Sappenfield im September verlassen,<br />

weil dieser laut Gerüchten von der Organisation<br />

Safe Sport vorgeworfen wird, einen Fall<br />

von sexueller Belästigung oder sogar Vergewaltigung<br />

von minderjährigen Läuferinnen<br />

durch den Paarläufer TJ Nyman geduldet oder<br />

unter den Teppich gekehrt und Safe Sport<br />

nicht informiert zu haben. Provisorisch trainierten<br />

sie nun bei Jim Petersen, der jetzt in<br />

Canton in Michigan arbeitet, was früher einmal<br />

ein Eistanzzentrum war. Petersen musste<br />

im September seine Halle in Ellenton in Florida<br />

verlassen, weil man ihm vorwarf, zu laut<br />

mit seinen Läufern umgegangen zu sein.<br />

Wenn das so weitergeht (nach John Zimmerman<br />

2019), haben die USA bald keine Paarlauftrainer<br />

mehr. Im KP ging Kayne beim 3S<br />

zu Boden. Auch in der Carmen-Kür patzten<br />

sie bei den Einzelsprüngen und beim weggeworfenen<br />

Wurflutz.<br />

Olivia Serafini und Mervin Tran hatten im KP<br />

drei Wackler und Tran, der früher mal ein<br />

Spitzenläufer war, verpatzte beide Einzelsprünge<br />

in der Kür. Emily Chan und Spencer<br />

Akira Howe machten vor allem in der Kür so<br />

viele Fehler, dass die Technischen Spezialisten<br />

lange diskutierten, welche Levels die Elemente<br />

bekommen sollten. Die für Israel startenden<br />

Anna Vernikov und Evgeni Krasnopolski, die<br />

jetzt in Montclair im US-Bundesstaat New<br />

Jersey trainieren, waren ursprünglich zum Cup<br />

of Russia eingeladen und wollten von da an in<br />

Russland trainieren. Aber als das nicht klappte,<br />

ließen sie sich zu Skate America einladen, was<br />

in anderen Jahren nicht möglich gewesen<br />

wäre. Aber in dieser Saison sind Zweiteinladungen<br />

zulässig. Sie liefen sehr fehlerhaft.<br />

Stattdessen gestrichen wurden Evgenia Tarasova<br />

und Vladimir Morozov, weil sie nicht in<br />

Florida, sondern in Russland trainierten und<br />

nicht mehr in die USA kamen. Außerdem war<br />

Morozov im September positiv auf das Corona-Virus<br />

getestet worden.<br />

Hubbell/Donohue wieder vorne<br />

Im Eistanzen gab es keine Überraschungen, kein<br />

Tanzpaar leistete sich einen Sturz. Madison<br />

Hubbell und Zachary Donohue gewannen so<br />

eindeutig wie erwartet. Obwohl alle Tänzer den<br />

Rhythmustanz der vergangenen Saison beibehalten<br />

konnten, hatten sie etwas Neues einstudiert,<br />

einen rasanten Tanz aus „Burlesque“ und<br />

gesungen von Christina Aguilera. Alle vier Finnstep-Schlüsselstellen<br />

wurden anerkannt, auch<br />

sonst klappte alles. Hubbell sagte: „Wir machen<br />

gerne immer mal etwas Neues und dachten, die<br />

Marilyn der vergangenen Saison ist etwas ausgelutscht.<br />

Wir wollten jetzt etwas zeigen, das<br />

moderner, sexy und mächtig klingt.“ In der<br />

ebenfalls neuen Kür kehrten sie zu „Hallelujah“<br />

zurück, was sie vor fünf Jahren einmal als Kurztanzmusik<br />

verwendet hatten und eines ihrer<br />

Markenzeichen war. Der kanadische Olympiasieger<br />

Scott Moir hat das Programm im Sommer<br />

mit ihnen choreografiert. Alle Elemente gelangen<br />

auch hier in erstklassiger Manier.<br />

Ihre Trainingskameraden Kaitlin Hawayek und<br />

Jean-Luc Baker haben den Rhythmustanz zum<br />

„Saturday Night Fever“ beibehalten. In der neuen,<br />

fehlerfreien Kür verwenden sie Musik von<br />

Philip Glass. Nach Las Vegas blieben beide Spitzenpaare<br />

noch ein paar Tage bei ihren Familien<br />

in den USA, bevor sie hofften, mit dem Auto<br />

wieder nach Kanada einreisen zu dürfen. Allerdings<br />

waren zu Hause in Montreal zwei Wochen<br />

Quarantäne obligatorisch, aber das nahmen sie<br />

in Kauf, weil sie bis zu den US-Meisterschaften<br />

keinen weiteren Wettbewerb planten. Auch der<br />

mitgekommene Trainer Romain Haguenauer, der<br />

als fester Bewohner Kanadas problemlos nach<br />

Montreal zurückfliegen konnte, durfte trotz negativem<br />

Testergebnis zwei Wochen lang nicht in<br />

die Halle, sondern nur online unterrichten.<br />

Die Shpilband-Schüler Christine Carreira und<br />

Anthony Ponomarenko waren zufrieden mit<br />

dem dritten Platz. Carreira hatte sich im Frühjahr<br />

beim Training außerhalb des Eises den Fuß<br />

gebrochen, aber als die Halle wieder öffnete,<br />

konnte sie wieder trainieren. Sie behalten ihren<br />

diesmal fehlerfrei vorgetragenen Rhythmustanz<br />

zu „Too Darn Hot“ aus dem Musical „Kiss Me<br />

Kate“ von Cole Porter. Die neue Kür tanzen sie<br />

zur Filmmusik von Doktor Schiwago mit zwei<br />

kleinen Zwischenstücken von Ludovico Einaudi.<br />

Ihr Tempo war gut, aber sie leisteten sich zwei<br />

kleine Wackler und die Level waren gemischt.<br />

Caroline Green und Michael Parsons laufen erst<br />

seit eineinhalb Jahren zusammen und konnten<br />

ebenfalls überzeugen. Als die Hallen geschlossen<br />

waren, machte Parsons eine längere Rucksackreise<br />

durch die Wälder von Maine, wo er außer<br />

Holzfällern keine Menschen antraf, nur Tiere. Er<br />

sagte: „Das war eine tolle Erfahrung und ich<br />

habe anschließend meine Liebe zum Eistanzen<br />

wieder richtig neu entdeckt.“ Im Sommer zogen<br />

sie mit ihren Trainern Alexei Kiliakov und Elena<br />

<strong>No</strong>vak in die Kleinstadt Leesburg in Virginia um,<br />

weil es dort bessere Trainingsmöglichkeiten gab.<br />

Im Rhythmustanz waren vier Elemente überzeugend,<br />

aber sie erhielten nur eine Schlüsselstelle<br />

anerkannt. Ihre neue Kür zu Musik von Prince<br />

Eistanz | GP Skate America<br />

RT Kür Pkt<br />

1 Madison Hubbell / Zachary Donohue<br />

Ver. Staaten 1 1 211.39<br />

2 Kaitlin Hawayek / Jean-Luc Baker<br />

Ver. Staaten 2 2 202.47<br />

3 Christina Carreira / Anthony Ponomarenko<br />

Ver. Staaten 3 3 185.78<br />

4 Caroline Green / Michael Parsons<br />

Ver. Staaten 4 4 178.05<br />

5 Molly Cesanek / Yehor Yehorov<br />

Ver. Staaten 5 5 168.<strong>09</strong><br />

6 Lorraine McNamara / Anton Spiridonov<br />

Ver. Staaten 6 6 159.89<br />

7 Eva Pate / Logan Bye<br />

Ver. Staaten 7 7 151.40<br />

8 Emily Monaghan / Ilias Fourati<br />

Ungarn 8 8 127.70<br />

war ebenfalls gelungen, allerdings stolperte Parsons<br />

bei den Twizzles. Parsons stellte sich für den<br />

3. <strong>No</strong>vember, dem Tag der Präsidentenwahl, als<br />

Wahlhelfer zur Verfügung. Molly Cesanek und<br />

Yehor Yehorov, ebenfalls Kiliakov-Schüler, gaben<br />

ein gelungenes Debüt in der Meisterklasse, auch<br />

wenn im Rhythmustanz keine Schlüsselstelle<br />

anerkannt wurde.<br />

Christina Carreira und Anthony Ponomarenko


Kaitlin Hawayek und Jean-Luc Baker<br />

23<br />

Die dritten Kiliakov-Schüler Lorraine<br />

McNamara und Anton Spiridonov liefen<br />

ihren ersten gemeinsamen Wettbewerb,<br />

nachdem McNamara früher viele Jahre<br />

lang mit Quinn Carpenter gestartet war.<br />

Sie machten kaum Fahler, aber ihre Elemente<br />

erhielten nicht viele Pluspunkte.<br />

Eva Pate und Logan Bye tanzen unter Igor<br />

Shpilband noch nicht lange zusammen<br />

und debütierten ebenfalls mit gutem<br />

Tempo, aber wenigen Pluspunkten. Emily<br />

Monaghan und Ilias Fourati laufen<br />

wegen seiner Vorfahren für Ungarn,<br />

sind aber Amerikaner. Sie<br />

waren 24. der vergangenen<br />

EM und hatten wenig<br />

Tempo. Ihre Choreo-Schritte<br />

enthalten eine Passage, die<br />

so aussieht, als ob er stürzt.<br />

Aber sie haben diese Passage extra<br />

vor den Augen der Jury im Training<br />

mehrfach trainiert, damit<br />

diese sieht, dass es so geplant war.<br />

Madison Chock und Evan Bates,<br />

die in Montreal mit den beiden<br />

anderen US-Spitzenpaaren trainieren,<br />

gaben drei Wochen zuvor bekannt,<br />

dass sie nicht bei Skate<br />

America laufen wollten, weil sie<br />

sich auf die US-Meisterschaften<br />

konzentrieren wollten. Eine<br />

Rolle spielte aber auch,<br />

dass sie im August und<br />

September wegen einer<br />

kleineren<br />

Verletzung<br />

pausieren<br />

mussten.<br />

Skate America<br />

Grand Prix<br />

Madison Hubbell<br />

und Zachary Donohue<br />

Fotos: Robin Ritoss<br />

Feuer in Kalifornien<br />

Zwei Tage nach Skate America mussten drei<br />

der Sieger und einige andere Läufer ihre<br />

Wohnungen oder Häuser im kalifornischen Irvine<br />

in großer Eile räumen, weil ein Feuer einen<br />

Kilometer weiter und dicke Rauchwolken<br />

bei heftigem Wind ihr Zuhause bedrohten.<br />

Nathan Chen, Mariah Bell und das Ehepaar<br />

Scimeca/Knierim kamen für drei Tage bei<br />

Freunden in San Diego unter. Scimeca/Knierim<br />

haben zurzeit nur ein Auto, aber zwei<br />

große Hunde und zwei Katzen. Sie nahmen<br />

auch ihre Urkunden mit, brachten aber nicht<br />

alles Dringende im Auto unter und benötigten<br />

Autos von Eislaufkameraden. Auch die Wohnungen<br />

von Stephen Gogolev und Michal<br />

Brezina, Nathan Bartholomay und Sean Rabbitt<br />

waren bedroht. Brezina veröffentlichte<br />

ein Video, das seine Straße tagsüber in dichtem<br />

Rauch zeigte. Das Feuer war einen Kilometer<br />

weiter sichtbar. Auch die Eishalle<br />

musste aus Sicherheitsgründen für drei Tage<br />

geschlossen werden. Bis Donnerstag nach<br />

Skate America konnten die Feuerwehren die<br />

Flammen eindämmen, auch dank Löschflugzeugen<br />

aus Hollywood, die sonst für Spezialeffekte<br />

mit Wasser genutzt werden. Alle Eisläufer<br />

konnten zurück in ihre fast nagelneuen<br />

Häuser, deren Außenwände und Terrassenböden<br />

vom Ruß geschwärzt waren. •••


24<br />

Westfalen-Cup <strong>2020</strong><br />

Westfalen-Cup <strong>2020</strong><br />

Der diesjährige Westfalen-Cup in Dortmund<br />

fand – wie so viele andere<br />

Wettbewerbe - ohne Zuschauer statt.<br />

Nicht einmal Presse und Fotografen waren<br />

zugelassen. Die Teilnehmenden durften<br />

nur einen Coach und ein Elternteil<br />

mitbringen. Immerhin konnten man den<br />

Wettbewerb im Livestream verfolgen. In<br />

den Pausen wurden aus dem Ballettraum<br />

die Siegerehrungen übertragen. Anders<br />

als bei den früheren Ausgaben des Wettbewerbs<br />

waren dieses Mal nur die ersten<br />

drei Platzierten bei der Ehrung dabei.<br />

Sportlerinnen und Sportler vom Freiläufer<br />

bis zur Meisterklasse waren auf dem Eis.<br />

Müller/Dieck fehlerfrei<br />

Im Eistanzen nahmen die Deutschen Meister Katharina<br />

Müller und Tim Dieck als einziges Meisterklasse-Paar<br />

teil. Im Gegensatz zum Wettbewerb<br />

am Wochenende zuvor in Budapest kamen<br />

sie ohne Fehler durch ihren Rhythmustanz.<br />

Schrittfolgen und Hebungen waren flüssig und<br />

fehlerfrei. Für den Pflichtteil wurden sie drei der<br />

vier Schlüsselstellen anerkannt. In beiden Programmen<br />

erhielten sie keine Wertung unter +1.<br />

In der Chanel-Kür vergaben die drei Preisrichter<br />

Punkte bis zu +4. Leider fehlte die Konkurrenz,<br />

um die Wertung besser einschätzen zu können.<br />

Sieg für Gurdzhi<br />

Bei den Herren waren die Junioren die höchste<br />

teilnehmende Klasse. Der Dortmunder Denis<br />

Gurdzhi durfte nach seiner disziplinarischen<br />

Sperre wieder starten, stürzte aber beim Toeloop<br />

seiner 3R-3T-Kombination. Sonst war sein Programm<br />

zu „Caruso“ von Lara Fabian einwandfrei.<br />

In die Kür zu „Per Te“ von Josh Groban<br />

schlichen sich einige Fehler ein: Rittberger und<br />

Lutz riss er auf. Dank guter Programmkomponenten<br />

reichte ihm die zweitbeste Kür zum<br />

Sieg. Den Sieg in der Kürwertung sicherte sich<br />

Leon Kraiczyk aus Regensburg. Zu „Bloodstream“<br />

blieb er fast sauber, eine bessere Platzie-<br />

Müller/Dieck bei<br />

der EM in Graz<br />

Foto: Carmichael<br />

ohne Zuschauer<br />

rung verhinderte ein Sturz beim 2A im KP zu<br />

„Johnny B. Goode“. Der Berliner Arthur Mai<br />

stürzte im „Perry Mason“-KP beim 3L und in der<br />

Kür zu „Jungle Bill“ von Yello beim 3R, vieles<br />

andere gelang dagegen. In der Jugendkategorie<br />

gab es nur einen Teilnehmer: <strong>No</strong>ah Jüßen aus<br />

Unna versuchte sich in der Kür an 2A und 3S,<br />

der aber abgewertet wurde.<br />

Beim Nachwuchs zeigte der Regensburger<br />

Luca Fünfer im Kurzprogramm 3L und 2A,<br />

stürzte jedoch beim 3T, so dass ihm die Kombi<br />

fehlte. In der Kür zu „Keeping me Alive“ ging er<br />

beim 2A und in der Schrittfolge zu Boden. Daneben<br />

zeigte er mit L, T und S drei Dreifachsprünge,<br />

womit er sich klar den Sieg sichern konnte. Trainersohn<br />

Alexander Vlascenko aus München zeigte<br />

im KP einen schönen 2A. Die Kür war nicht so<br />

stabil, trotzdem reichte es zum zweiten Platz.<br />

96 Punkte Vorsprung für<br />

Süleymanova<br />

Bei den Damen der Meisterklasse gab es ein<br />

ziemlich ungleiches Duell. Die Düsseldorferin<br />

Lena Galle hatte zu „Jenseits von Eden“ Probleme<br />

bei allen Sprüngen. Die Kölnerin Nargiz Süleymanova<br />

zeigte ein fehlerfreies KP zum Tango<br />

„Angelica“ aus „Fluch der Karibik – Fremde Gezeiten“<br />

mit 3F-3T, 2A, 3L und zwei Level 4-<strong>Pirouette</strong>n.<br />

Dafür erhielt sie 59,63 Punkte gegenüber<br />

25,88 Punkten für Galle, die mit zum Kostüm<br />

passendem Mundschutz auffiel. In der Kür<br />

zu „Stop“ von Sam Brown zeigte Galle zwei Flips<br />

doppelt, alle anderen Sprünge nur einfach. Im<br />

Gegensatz dazu versuchte sich Süleymanova am<br />

4S, der aber doppelt wurde. In ihrem Programm<br />

zu „Bang Bang“ von Lady Gaga zeigte sie zwei<br />

3L-3T. Den 3F musste sie mit der Hand abfangen,<br />

aber ihre drei <strong>Pirouette</strong>n erhielten Level 4.<br />

Mit insgesamt 162,25 Punkten erhielt sie die<br />

höchste Wertung des Wettbewerbs und fast<br />

100 Punkte mehr als ihre Konkurrentin.<br />

Nur neun von ursprünglich 17 gemeldeten Juniorinnen<br />

waren gekommen. Die Mannheimerin<br />

Dora Hus landete in ihrem KP zu „Yours“ von<br />

Ella Henderson in der Kombination 3F-1T auf<br />

dem Hosenboden, aber alle anderen Elemente<br />

waren sehr schön und die Sprünge hoch. In der<br />

Kür zu „Listen to Your Heart“ stürzte sie beim<br />

Salchow und riss Lutz und Flip auf. Trotzdem<br />

reichte ein erster und zweiter Platz zum Sieg.<br />

Fiona Wiens aus Neuwied hatte beim Ruhr-Cup<br />

in Essen zwei Wochen zuvor noch im KP Nargiz<br />

Süleymanova schlagen können. In ihrem KP zu<br />

„Pina“ sprang sie den Axel nur einfach, der daher<br />

null Punkte erhielt. Alle anderen Elemente<br />

gelangen gut. In der Kür „Golden Eagle“ konnte<br />

sie den 3T nicht stehen und der Rittberger gelang<br />

ihr nur einfach, aber ihre drei <strong>Pirouette</strong>n<br />

bekamen Level 4. Im Jugendbereich zeigte Leah-Sophie<br />

Beck aus Stuttgart ein fehlerfreies<br />

Programm zum Libertango. Sie stürzte in ihrer<br />

Nargiz Süleymanova<br />

Foto: Höppner<br />

„Sarabande Suite“-Kür beim 2F und 2A. Aber<br />

auch bei ihr reichte es für den Gesamtsieg.<br />

Immerhin 30 Mädchen traten im Nachwuchsbereich<br />

an. Die Dortmunderin Olesya Ray hatte in<br />

ihrer „Memories“- Kür Schwierigkeiten mit dem<br />

3S, aber sie zeigte 2A und 3T-2T und erhielt für<br />

ihre Kombinationspirouette eine +5 und eine +4.<br />

In ihrer Kür zu „Grease“ hatte sie Probleme bei<br />

2A-3T und 2A-1Eu-2A und ihr 3R war unterdreht,<br />

aber 3S und 3T glückten sehr überzeugend.<br />

Aurelie Beier aus Köln zeigte in ihrem Libertango<br />

ebenfalls 2A, 3T-2T und 3S. In der Kür zu „Romeo<br />

und Julia“ stürzte sie beim 2A, dagegen gelangen<br />

2A-1Eu-3S, 3S und 3T gut. Sabine Rechtziegler


25<br />

Portrait: Sprungfreudiges Wiener Talent mit starkem Charakter<br />

Dorotea<br />

Leitgeb<br />

Dorotea Leitgeb, 16, stand bei den<br />

Österreichischen Staatsmeisterschaften<br />

in den letzten Jahren in den<br />

Kategorien Schüler, Jugend und Junioren<br />

regelmäßig am Stockerl. 2018/19<br />

war sie Jugendmeisterin, 2019/20 hinter<br />

Olga Mikutina und Stefanie Pesendorfer<br />

Dritte bei den Juniorenmeisterschaften.<br />

Und im Windschatten der beiden etwas<br />

älteren und etwas bekannteren höher<br />

platzierten Läuferinnen aus Tirol und<br />

Oberösterreich wächst mit Dorotea<br />

auch in Wien eine sehr talentierte potentielle<br />

Spitzenläuferin heran.<br />

Jene Fans, die sich tiefer mit dem österreichischen<br />

Eiskunstlauf befassen, kennen Dorotea<br />

noch als Dorotea Partonjic. Die gebürtige Wienerin,<br />

die auch serbische Wurzeln hat, ist mit<br />

Ihrem Bruder überwiegend bei den Großeltern<br />

aufgewachsen. Kürzlich wurde ihr auch die österreichische<br />

Staatsbürgerschaft verliehen, was<br />

ein Grund mehr war, den Nachnamen der Großeltern<br />

Leitgeb anzunehmen. Überhaupt haben<br />

die Großeltern eine prägende Rolle bei Doroteas<br />

sportlicher Entwicklung und beide haben selbst<br />

eine Verbindung zum Leistungssport (Großmutter<br />

Handball, Großvater Tennis). Die Großmutter<br />

hat Dorotea – mit sieben Jahren allerdings vergleichsweise<br />

spät – das erste Mal auf das Eis<br />

gebracht. Kurz später trainierte der Eisfloh bereits<br />

in der Wiener Stadthalle, nach einigen<br />

Trainerwechseln wird Dorotea nun seit mehr als<br />

vier Jahren von Sonja Harand ständig sportlich<br />

betreut. Auch der jüngere Bruder hat früher Eiskunstlauf<br />

betrieben, inzwischen spielt er leistungsmäßig<br />

Tennis. Ergänzendes Lauf- und<br />

Fahrradtraining, das für beide Sportarten erforderlich<br />

ist, machen die Geschwister gerne gemeinsam.<br />

Auch Dorotea hat eine Weile Eiskunstlauf<br />

und Tennis gleichzeitig betrieben, sich<br />

dann aber für den Eiskunstlauf entschieden.<br />

„Eiskunstlauf hat mir mehr Spaß gemacht. Ich<br />

mag das Gefühl, wenn ich auf das Eis gehe,<br />

wenn ich etwas mache, das für die Zuschauer<br />

schön aussieht und mit dem Springen möchte<br />

ich nicht aufhören.“<br />

Spaß und Freude am Sport helfen auch über<br />

manche Hindernisse hinweg, die den Trainingsalltag<br />

prägen, denn in Wien gibt es meistens<br />

vergleichsweise wenig Eis und da die Stadthalle<br />

über keine Einrichtungen für Kraft- und Balletttraining<br />

verfügt, geht viel Zeit verloren. Mit<br />

besseren Bedingungen wäre der eine oder andere<br />

Trainingsfortschritt vielleicht noch schneller<br />

gekommen, doch Läuferin und Trainerin lassen<br />

sich hier nicht unterkriegen. Die gelebte Einstellung<br />

ist, dass Hindernisse da sind, um sie zu bewältigen.<br />

So wurde auch die Corona-Krise gemeistert.<br />

Es gab online Trockentraining, wofür<br />

in Doroteas Heim ein Zimmer mit Laufband,<br />

Zimmerfahrrad und Ballettstange umgerüstet<br />

wurde. Auch die Terrasse wurde ein beliebter<br />

neuer Trainingsort. Doch Dorotea gesteht auch,<br />

dass es nicht immer einfach war: „Zuerst ging<br />

es noch, aber dann wollte ich unbedingt wieder<br />

auf das Eis. Auch wenn wir das gut gelöst haben,<br />

die lange Pause war sicher nicht ideal. Sehr<br />

gut war dann das Trainingscamp, das der Verband<br />

Anfang Mai in Gmunden organisiert hat.<br />

Wir hatten viel mehr Stunden als sonst, es waren<br />

nicht so viele Leute auf dem Eis und man<br />

konnte alles machen. Erst war es etwas ungewohnt,<br />

aber nach einer Woche waren die Dreifachen<br />

wieder da.“<br />

Dass es in ein, zwei Jahren, wenn Dorotea fix zu<br />

den Senioren wechseln wird mit zwei weiteren<br />

supertalentierten Läuferinnen, Mikutina und Pesendorfer,<br />

einen harten Kampf um internationale<br />

Startplätze geben könnte, sieht Dorotea positiv:<br />

„Ich finde das gut, wenn es ein hohes Niveau<br />

gibt, wenn die beiden noch mehr springen<br />

als ich. Das ist eine Herausforderung. Das ist ein<br />

Vorteil. Wenn man alleine ist, verliert man vielleicht<br />

die Lust.“<br />

Gefragt zu ihren Stärken und Schwächen hebt<br />

Dorotea in erster Linie ihre Sprünge hervor. An<br />

<strong>Pirouette</strong>n und Skating Skills möchte sie verstärkt<br />

arbeiten und sich weiter verbessern. Generell<br />

fällt positiv auf, dass sie sehr selbstkritisch<br />

und reflektiert ist, eine perfekte Grundlage,<br />

um schnell Fortschritte zu machen. Auch<br />

Trainerin Harand hebt Doroteas Charakter als<br />

Stärke hervor: „Sie ist willensstark, fleißig und<br />

aufmerksam. Sie arbeitet gut und mit Freude<br />

und sie kann Dinge schnell umsetzen.“<br />

Dorothea Leitgeb<br />

mit ihrer Großmutter<br />

Natalja Leitgeb<br />

Foto: privat<br />

Fleiß, Ausdauer und eine rasche Auffassungsgabe<br />

sind auch gute Voraussetzungen, um<br />

Schule und Sport zu vereinbaren. Dorotea besucht<br />

das Gymnasium in der Boerhaavegasse<br />

und geht dort in eine Klasse mit Ballettschülern,<br />

was sie sehr freut, wenn sie ab und zu<br />

Tanzvorstellungen der Mitschüler besucht, diese<br />

ihr dann wieder Tipps für die eine oder andere<br />

Choreographie geben.<br />

Obwohl Dorotea auch Gelegenheit hatte, bei<br />

Startrainern wie Alexej Mischin oder Viktor Kudriavzev<br />

an Trainingscamps teilzunehmen, und<br />

trotz der nicht so guten Trainingsbedingungen in<br />

Wien arbeitet sie am liebsten mit ihrer Trainerin<br />

Sonja Harand zusammen. Das Vertrauen und die<br />

spürbar respektvolle, wertschätzende Zusammenarbeit<br />

zwischen Trainer und Schülerin sind<br />

eine optimale Basis für einen langen, erfolgreichen<br />

gemeinsamen Weg. Geplant ist in dieser<br />

Saison, dass Dorotea national weiter Junioren<br />

läuft, international möchte sie aber auch schon<br />

an ersten Seniorenbewerben teilnehmen, vielleicht<br />

sogar an einem Challenger. Die Vorbereitung<br />

läuft trotz Corona-Krise intensiv. Sollten<br />

Wettbewerbe, wie dies beim JGP der Fall war,<br />

doch abgesagt werden, wird man sich flexibel<br />

umorientieren. Im KP bleibt der Tango der letzten<br />

Saison, die Kür wurde neu einstudiert zum<br />

Soundtrack von „Aladdin“. Technisch ist es heuer<br />

das Ziel, den dreifachen Rittberger und Flip sowie<br />

die Dreifach-Dreifach Kombi zu stabilisieren.<br />

Spezielle Vorbilder hat Dorotea nicht, aber sie<br />

sieht sich sehr oft internationale Bewerbe an und<br />

ist der Meinung, dass man von allen Spitzenläufern<br />

viel lernen kann, dass man diese im Stil aber<br />

nicht kopieren soll. Besonders gut gefallen ihr<br />

Läufer, die sowohl technisch als auch artistisch<br />

herausragen, wie Hanyu oder Kostornaia.<br />

Obwohl neben Sport und Schule nicht zu viel<br />

Freizeit bleibt, ist Dorotea da sehr aktiv, spielt<br />

gerne Federball, unternimmt viel mit Familie<br />

und Freunden und sie hat noch ein ganz spezielles<br />

Hobby: sie bäckt gerne und verwöhnt<br />

Freunde und Verwandte mit leckeren Torten,<br />

Brownies oder Cupcakes. Außerdem ist sie sehr<br />

kreativ, interessiert sich für Modedesign und<br />

kann schon gut nähen. Ein von der Großmutter,<br />

Natalja Leitgeb, geerbtes Talent, denn die Oma<br />

schneidert Doroteas schöne Kostüme.<br />

<br />

Katrin Flaschka<br />

Dorotea Leitgeb<br />

Portrait


26<br />

Ice Star Minsk<br />

Mikhail Kolyada setzt erfolgreiches<br />

Comeback fort<br />

Aus Minsk berichtet Tatjana Flade<br />

Der Ice Star Minsk, ein bekannter internationaler<br />

Wettbewerb in der weißrussischen Hauptstadt, ist<br />

dieses Jahr wegen der Pandemie und der angespannten<br />

politischen Lage im Land sehr klein ausgefallen.<br />

Er stand kurz vor der Absage, wie die <strong>Pirouette</strong><br />

von Verbandspräsidentin Julia Komleva erfuhr.<br />

Doch sie kämpfte darum, den Ice Star abzuhalten<br />

und so den Sportlern eine weitere<br />

Startmöglichkeit zu verschaffen.<br />

Die Franzosen – unter anderem wollte Kevin<br />

Aymoz kommen – und einige andere sagten<br />

jedoch kurzfristig ab. Frankreich ist in einem<br />

neuen Lockdown und Weißrussland schloss<br />

(wohl aus politischen Gründen) mit nur<br />

wenigen Stunden Vorwarnung seine<br />

Landgrenzen zu Polen, Litauen, der Ukraine<br />

und Lettland. Da hatten die Läufer<br />

vielleicht Sorge, dass sie festsitzen<br />

könnten. Selbst wer aus Russland über<br />

Land einreiste, brauchte eine Einladung.<br />

Am Sonntag kamen wieder Tausende zu<br />

einem Protestmarsch gegen den umstrittenen<br />

Präsidenten Alexander Lukashenko<br />

in Minsk zusammen. Alle<br />

Teilnehmer des Ice Star waren dazu<br />

angehalten, im Hotel zu bleiben,<br />

denn wer in die Nähe von Demonstrationen<br />

gerät, kann schnell verhaftet werden.<br />

Der Wettbewerb wurde um eine Woche verschoben,<br />

damit er sich nicht mit dem innerrussischen<br />

Pokal überschnitt. Deswegen konnte er<br />

nicht in der anderweitig belegten EM-Halle von<br />

2019 stattfinden, sondern ging in die erst vor<br />

einem Jahr eröffnete und nahe gelegene „Olympic<br />

Arena“, die über zwei Bahnen verfügt. Zuschauer<br />

waren begrenzt zugelassen. Die Hygieneauflagen<br />

wurden eingehalten, allerdings waren<br />

einige Teilnehmer bei der Maskenpflicht<br />

nachlässig.<br />

Kolyada siegt klar<br />

Mikhail Kolyada setzte sein erfolgreiches Comeback<br />

mit einem klaren Sieg fort und war zusammen<br />

mit der Europameisterin von 2019, Sofia<br />

Samodurova, der einzige internationale Spitzenläufer.<br />

Der Sankt Petersburger hatte wenig Konkurrenz,<br />

denn am Ende blieben nur vier Herren<br />

übrig. Im KP überzeugte der 25-Jährige voll und<br />

ganz mit einer spritzigen und fehlerfreien Vorstellung<br />

zu „Let’s Get Loud“ inklusive 4T-3T. In<br />

der Nurejev-Kür begann Kolyada stark mit 4T-3T<br />

und 4T, aber die zwei 3A waren wacklig, beim 3F<br />

wäre er fast gestürzt. Er sammelte Punkte bei<br />

den <strong>Pirouette</strong>n und Schritten, die alle mit Level<br />

4 bewertet wurden (269,35). Seine Fehler wollte<br />

Mikhail Kolyada<br />

Fotos: Flade<br />

er nicht darauf schieben, dass er nach Sotchi<br />

den zweiten Wettbewerb in Folge laufen musste.<br />

Der aus Kazan stammende Konstantin Miliukov<br />

ist wie die Mehrheit der weißrussischen Läufer<br />

ein Exilant aus Russland, der sich dort nicht<br />

durchsetzen konnte. Aber er kann sich international<br />

durchaus sehen lassen. Im eleganten KP zu<br />

Musik aus „Der Nussknacker“stürzte der 25-Jährige<br />

beim unterdrehten 4S, aber 3A und 3L-3T<br />

waren gut. Miliukov, der seine Trainingszeit bei<br />

Oleg Vasiliev zwischen Minsk und Moskau aufteilt,<br />

lieferte eine gelungene, stilvolle zu Kür „Das<br />

Piano“mit 4S, zwei 3A und vier weiteren Dreifachen<br />

ab, nur ein Lutz wurde doppelt (2./236,39).<br />

Kolyadas Trainingskamerad Evgeni Semenenko,<br />

ein langjähriger Mishin-Schüler, ist mit seinen 17<br />

Jahren eigentlich noch ein Junior, aber wie andere<br />

startet er nach Absage der Juniorenserie in der<br />

Meisterklasse. Es zeigte sich, dass es ihm an Erfahrung<br />

fehlt: Der Georgier Morisi Kvitelashvili<br />

»<br />

Mikhail Kolyada:<br />

„Im KP hat alles geklappt, alles lief gut, glatt.<br />

In der Kür gab es Fehler, aber es freut mich,<br />

dass ich nichts aufgerissen habe. Wie Alexei<br />

Nikolaevitch (Mishin) sagt, ‚Fehler sind gut‘,<br />

denn wenn da keine Fehler sind, dann<br />

fängst du an innerlich zu entspannen<br />

und entwickelst dich nicht weiter. Ich<br />

weiß, was das Problem war, aber das<br />

möchte ich jetzt nicht sagen. Ich analysiere ja<br />

auch und ziehe gewisse Schlüsse, behebe<br />

meine Fehler. Wenn ich mir den Wettbewerb<br />

in Sotchi anschaue - da klappte der zweite<br />

dreifache Axel nicht in der Kür. In Minsk gelang<br />

er, ja, vielleicht war er nicht ideal, aber<br />

er klappte. Ich bin so jemand - was im Training<br />

geht, das geht auch im Wettbewerb.<br />

Gut, vielleicht war die Kür hier etwas<br />

schlechter als im Training. Ehrlich gesagt, erinnere<br />

mich gar nicht daran, dass ich schon<br />

mal zwei Wettbewerbe hintereinander gelaufen<br />

bin. Ich wollte mich selbst testen und ich<br />

wusste nicht, wie diese Situation wirkt und<br />

es war sehr interessant. Wenn du auf dem Eis<br />

bist, springst, <strong>Pirouette</strong>n und Schritte machst,<br />

dann denkst du gar nicht daran, müde zu<br />

sein. Diese ersten zwei echten Wettbewerbe<br />

nach der Pause waren toll, ich habe das Adrenalin,<br />

diese Atmosphäre vermisst. Der<br />

nächste Wettbewerb ist der Grand Prix in<br />

Moskau. Ich werde mich intensiv vorbereiten.<br />

Wir werden sehen, ob wir etwas verändern.<br />

Was Alexei Nikolaevitch sagt, das werde ich<br />

machen. Der vierfache Lutz klappt langsam<br />

wieder. Ich möchte ihn sehr gern (im Wettkampf)<br />

zeigen. Mir ist klar, wenn ich das so<br />

sagen kann, dass ich nicht jünger werde und<br />

ich möchte sehr schnell alles zu 100 Prozent<br />

realisieren. Ich stimme zwar Alexei Nikolaevitch<br />

voll und ganz zu, man darf nichts überstürzen.<br />

Aber wir befinden uns in so einer Situation,<br />

dass wir in der maximal kürzesten<br />

Zeit die maximal beste Arbeit zeigen müssen.<br />

Es ist eine schwierige Frage, wie sich die Programme<br />

weiterentwickeln. Dascha (seine<br />

Frau, T.F.) kommt manchmal zum Training<br />

zum Zuschauen und sagt ‚oh, man sieht, dass<br />

die Arbeit vorangeht‘. Ich spüre das irgendwie,<br />

aber ich sehe mich ja nicht selbst und kann<br />

mich nur auf das stützen, was die Leute um<br />

mich herum sagen. Alexei Nikolaevitch und<br />

ich haben das Ballettmuseum in der Vaganovskaia-Akademie<br />

besucht und Nikolai Tsiskaridze<br />

(bekannter Balletttänzer in Russland)<br />

getroffen. Die Geschichte des<br />

«<br />

russischen Balletts<br />

ist sehr reich und da gibt es was zu sehen.<br />

Nikolai Maximovitch hat alles über Nurejev<br />

erzählt, was er für ein Mensch war, und<br />

mir hat das sehr gefallen. Ich bin ganz inspiriert<br />

von dort weggefahren. In einem alten<br />

sowjetischen Film hieß es - ‚ich bin kein Zauberer,<br />

ich lerne nur‘. Ich komme nicht aus<br />

dem Ballett, aber ich lerne trotzdem.“


hatte nicht offiziell abgesagt, so dass er (und<br />

sein Teamkollege Nika Egadze) ausgelost und<br />

aufgerufen wurden. Semenenko hatte natürlich<br />

gesehen, dass die Georgier nicht da waren und<br />

war bereits auf dem Eis. Als zunächst Kvitelashvili<br />

laut Reglement aufgerufen wurde, nahm der<br />

Russe seine Startposition ein und musste erst<br />

von der Schiedsrichterin mit Pfeifen und Winken<br />

darauf aufmerksam gemacht werden, dass er<br />

noch nicht an der Reihe war. „Dieser Fehlstart<br />

hat mich ein wenig in meiner Konzentration gestört“,<br />

sagte Semenenko, der prompt beim unterdrehten<br />

4S zu Boden ging. Der 3A und die Kombi<br />

3F-3T glückten jedoch. In der Kür zu „<strong>No</strong>tre<br />

Dame de Paris“ konnte der Petersburger 4S, 4T<br />

und vier gute Dreifache verbuchen, aber einen<br />

Axel riss er auf (3./230,69). Läuferisch zeigt er<br />

gute Ansätze, ist aber den zwei Herren vor ihm<br />

noch deutlich unterlegen. Nicht ganz mithalten<br />

konnte der Weißrusse Alexander Lebedev, der bei<br />

chancenlosen, abgewerteten 3A-Versuchen stürzte<br />

und auch keinen Vierfachen beherrscht<br />

(4./204,76). Es starteten drei weißrussische Junioren-Herren,<br />

von denen nur der Sieger Mikalai<br />

Kazlou halbwegs vorzeigbar war (162, 01).<br />

Safonova sticht russische Damen aus<br />

Immerhin zehn Damen gingen in der Meisterklasse<br />

an den Start und überraschend setzte<br />

sich die für Weißrussland laufende Viktoria Safonova<br />

durch. Die groß gewachsene 17-Jährige<br />

ist ebenfalls eine gebürtige Russin und trainiert<br />

in Moskau bei der wenig bekannten Oksana<br />

Matveeva im Club von Eteri Tutberidze. Nach<br />

solidem KP zu „Je t’aime“ von Lara Fabian mit<br />

3F und 3L-3T lag die 14. der vergangenen EM<br />

auf Rang drei. In der Bolero-Kür erlaubte sie<br />

sich bis auf einen leicht unterdrehten 3S in einer<br />

Kombi keinen Fehler, ist aber insgesamt<br />

noch ziemlich blass (200,66). Anastasiia Guliakova<br />

gehört zum Mishin-Team und ist eine Läuferin<br />

mit viel Power. Im KP zu einer modernen<br />

Version von Sheherazade riskierte sie das erste<br />

Mal seit längerem einen 3A, aber er endete im<br />

Beinah-Sturz und wurde abgewertet. Im Einlaufen<br />

klappte er dagegen. Da die anderen Elemente<br />

gut waren, ging sie dennoch in Führung, aber<br />

die Abstände zwischen den Top Drei waren gering.<br />

In die Kür zu zwei frechen Songs von Lola<br />

Blanc schlichen sich sehr viele Fehler ein, am<br />

Ende stand sie nur einen einwandfreien Dreifachsprung<br />

(2./181,97). „Schade, aber ich muss<br />

aus diesen Fehlern lernen und es beim Grand<br />

Prix in Moskau besser machen“, kommentierte<br />

die 18-Jährige. Total enttäuscht war Samodurova,<br />

die sich in ihrer Lieblingsstadt Minsk viel<br />

vorgenommen hatte. Im KP stolperte sie beim<br />

3L (q). In der Kür kämpfte sie nach einer knappen<br />

3F-3T-Kombi mit vielen Unsicherheiten bei<br />

den Sprüngen und stürzte bei einem abgewerteten<br />

3S. Nach den ersten Fehlern lief sie etwas<br />

lustlos weiter, was sich in den Komponenten<br />

widerspiegelte. Wie Trainer Mishin sagte, steckt<br />

die 18-Jährige noch in der schwierigen postpubertären<br />

Phase (3./179,14). Die Estin Kristina<br />

Shkuleta-Gromova zeigte, was sie konnte<br />

(4./161,67). Danach fiel das Niveau rapide ab.<br />

27<br />

Ice Star Minsk<br />

Varvara Kisel<br />

In der Kür kam es zu einem kuriosen Zwischenfall:<br />

Nach den vielen Absagen legten die Veranstalter<br />

die Küren der Damen bei den Juniorinnen<br />

und in der Meisterklasse um jeweils eine Stunde<br />

vor. Der neue Zeitplan wurde direkt nach dem KP<br />

ausgehangen. Dennoch bekamen drei Läuferinnen<br />

in der Meisterklasse die Änderung nicht mit:<br />

die für Israel startenden Schwestern Alina und<br />

Viktoria Iushchenkova sowie die aus den USA<br />

angereiste Zypriotin Emilia Zingas. Sie kamen zu<br />

spät. Die russische Schiedsrichterin Julia Andreeva<br />

entschied, dass diese Läuferinnen ihre Küren<br />

am Ende der zweiten Einlaufgruppe zeigen durften.<br />

Sie wollte ihnen die Chance geben, zumal es<br />

nicht viele internationale Wettbewerbe gibt.<br />

Unter den zwölf Juniorinnen fiel die weißrussische<br />

Siegerin Varvara Kisel auf, die in der Kür<br />

zwei 3A zeigte, die zwar nicht ganz sauber waren,<br />

aber immerhin anerkannt wurden. Sie beherrscht<br />

selbstverständlich dreifach-dreifach<br />

Kombis und macht im Training bereits Vierfache.<br />

Wenig überraschend ist auch sie ein russischer<br />

Import und trainiert bei ZSKA Moskau unter Elena<br />

Vodorezova (Buianova). Der Ice Star Minsk<br />

war ihr erster internationaler Wettbewerb für<br />

Weißrussland (185,63). Die zweitplatzierte Milana<br />

Ramashova gefiel vor allem stilistisch und ist<br />

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Viktoria Safonova<br />

eine „echte“ Weißrussin, die aber meistens in<br />

Sotchi bei Alexei Urmanov trainiert (151,04). Elizaveta<br />

Tuktamysheva fiel aus, weil sie sich nach<br />

dem Wettbewerb in Sotchi nicht gut fühlte.<br />

Wenige Paarläufer und Tänzer<br />

Im Paarlauf gewannen die aus St. Petersburg<br />

stammenden Bogdana Lukashevich/Alexander<br />

Stepanov im Alleingang mit 157,96 Zählern. Sie<br />

kamen gut durch das KP. In der Kür hatten sie<br />

Probleme mit den Einzelsprüngen und dem dreifachen<br />

Twist. Im Eistanz waren in der Meisterklasse<br />

nur zwei weißrussische Duos übrig und<br />

der Sieg ging mit Abstand an das neue Paar<br />

Viktoria Semeniuk/Ilia Iukhmichuk. Bei den immerhin<br />

sieben Juniorentanzpaaren setzten sich<br />

die für Zypern startenden, aber aus Russland<br />

stammenden Angelina Kudriavtseva/Ilia Karankevich<br />

durch, die mit 165,21 Punkten sogar<br />

rund 14 Zähler mehr auf dem Konto hatten als<br />

die Sieger in der Meisterklasse. •••


28<br />

Albena Denkova & Maxim Staviski<br />

Portrait<br />

Albena Denkova & Maxim Staviski<br />

Die Underdogs, die es nach ganz oben schafften<br />

Als die Bulgarin Albena Denkova und<br />

der Russe Maxim Staviski sich 1996<br />

zusammentaten, konnten sie nicht ahnen,<br />

dass ihr gemeinsamer Weg sie zu<br />

zwei WM-Titeln führen würde. Denkova<br />

hatte mit ihrem früheren Partner nur hintere<br />

Plätze belegt und auch mit Staviski<br />

fing sie zunächst unten an, obwohl das<br />

Duo bald bei Alexei Gorshkov in Odintso-<br />

vo in der Nähe von Moskau trainierte und<br />

von den professionellen Trainingsbedingungen<br />

profitierte, die es in Sofia so<br />

nicht gab. Ihre Geschichte ist die der Underdogs,<br />

die sich beharrlich nach oben<br />

arbeiteten und die Herzen des Publikums<br />

im Sturm eroberten. Dies gelang ihnen<br />

dank origineller, ungewöhnlicher Programme,<br />

an die man sich mehr als 20<br />

Jahre später immer noch erinnert, wie<br />

„Xotica“, „Sarabande“, der Blues „It’s a<br />

Man’s World“ oder das „Adagio“ von Tomaso<br />

Albinoni. Bis heute sind Albena<br />

Denkova und Maxim Staviski, die 2007<br />

vom Wettkampfsport zurücktraten, beliebte<br />

Akteure in Ilia Averbukhs Shows<br />

und haben sich auch als Choreographen<br />

einen Namen gemacht.<br />

Die ehrgeizige und fleißige Denkova war schon<br />

immer der Motor des Paares und in dem hochtalentierten<br />

Staviski, der sich zu einem der besten<br />

Eistänzer seiner Zeit entwickelte, fand sie<br />

den perfekten Partner. Das erste Mal so richtig<br />

aufmerksam wurde man auf das Duo in der<br />

Saison 1998/99, als sie mit ihrer Kür zu „Sarabande“<br />

(nicht die Händel-Version, dazu liefen<br />

sie 2004) beeindruckten. Damit machten<br />

sie einen großen Sprung nach vorn und erreichten<br />

bei ihrer dritten gemeinsamen<br />

EM Platz neun, nachdem<br />

sie zuvor 17. bzw. 16. waren.<br />

Eine nacholympische Saison<br />

ist immer eine gute Chance<br />

für die nächste Generation<br />

und die Bulgaren<br />

nutzten sie. „In unserer<br />

Karriere gab es viele<br />

Momente, die in Erinnerung<br />

blieben“, sagte<br />

Staviski. „Natürlich<br />

denke ich insbesondere<br />

an die letzten zwei<br />

Jahre unserer Karriere,<br />

als wir Titel gewannen.<br />

Und ich erinnere mich<br />

daran, wenn wir<br />

Schwierigkeiten überwinden<br />

mussten - als<br />

wir trotz Verletzung in<br />

Deutschland beim Grand<br />

Prix aufs Eis gingen und gewannen<br />

(Bofrost Cup 2002) oder als Albena<br />

das Bein aufgeschlitzt wurde (in Nizza<br />

bei der WM 2000) und wir trotzdem<br />

bereit waren zu starten.“ In Nizza<br />

aber musste das Paar wegen der<br />

Verletzung nach einem Zusammenstoß<br />

im Training mit dem US-Tänzer<br />

Peter Tchernyshev aufgeben.<br />

Albena Denkova und<br />

Maxim Staviski 2019<br />

in Ilya Averbukhs Show<br />

„Carmen“<br />

Fotos: Flade<br />

„Ich erinnere mich natürlich besonders<br />

an die WM in Dortmund (2004), weil<br />

uns die Zuschauer so unterstützt haben.<br />

Wir wurden Zweite, bekamen stehende<br />

Ovationen und die Sieger (Tatiana<br />

Navka/Roman Kostomarov) wurden nicht<br />

so gefeiert wie wir“, ergänzte Denkova.<br />

„Unsere letzte Saison ist uns logischerweise<br />

besonders in Erinnerung<br />

geblieben“, fuhr die Eistänzerin fort.<br />

„Da kam einfach alles zusammen –


29<br />

unser Eislaufen und unsere Emotionen, eine innere<br />

Gelassenheit mit Reife und einem gewissen<br />

Bewusstsein.“ Ein wenig nostalgisch denken sie<br />

an ihre letzten Wettkampfprogramme zurück –<br />

den Libertango von Astor Piazzolla und „Lacrimosa“<br />

von Mozart und „Romeo und Julia“. „Den Tango<br />

hat ein guter Freund für uns eingespielt und<br />

auch die Kür mochten wir sehr“, meinte Staviski.<br />

2006 und 2007 feierten die Bulgaren mit dem<br />

Gewinn des WM-Titels ihre größten Erfolge.<br />

Dazu kommen mehrere Medaillen bei EM (Silber<br />

2003, 2004, Bronze 2007), WM (Silber 2004,<br />

Bronze 2003) und im Grand Prix sowie im Finale.<br />

Diese Erfolge waren historisch, denn Denkova/Staviski<br />

waren jeweils die ersten Vertreter<br />

Bulgariens, die Medaillen bei ISU-Meisterschaften<br />

gewannen. Sie starteten bei drei Olympischen<br />

Spielen, ihr bestes Ergebnis erzielten sie<br />

2006 in Turin mit Rang fünf. Beliebt waren die<br />

Denkova/Staviski bei den WM 2007 mit den Trainern<br />

Natalja Linichuk und Gennadi Karpanossov<br />

Bei den Weltmeisterschaften 2006<br />

Das Paar im Jahr <strong>2020</strong><br />

Tänzer nicht nur bei den Fans, sondern auch bei<br />

den anderen Läufern. Vor allem Albena Denkova<br />

setzte sich für die Interessen der Sportler ein –<br />

hätte es damals schon eine Athletenkommission<br />

bei der ISU gegeben, hätte sie bestimmt kandidiert.<br />

Sie organisierte einen Protest von 38 Läufern<br />

gegen das umstrittene Eistanzergebnis bei<br />

der WM 2002, als Galit Chait/Sergei Sakhnovski<br />

knapp die Litauer Margarita Drobiazko/Povilas<br />

Vanagas schlugen. Im Jahr 2006 wurde sie noch<br />

als Aktive Präsidentin des bulgarischen Eislaufverbandes<br />

- das hatte es zumindest im modernen<br />

Eiskunstlauf noch nicht gegeben. Privat erlebten<br />

sie eine schwere Zeit, als Staviski im August<br />

2007 unter Alkoholeinfluss in Bulgarien einen<br />

Autounfall verursachte, bei dem ein junger<br />

Mann starb und seine Freundin schwer verletzt<br />

wurde. Staviski, der sich schuldig bekannte,<br />

wurde zu zweieinhalb Jahren auf Bewährung<br />

und zu einer Schmerzensgeldzahlung von umgerechnet<br />

150 000 Euro verurteilt.<br />

An den Leistungssport schloss sich nahtlos die<br />

Showkarriere an. Averbukh startete sein erfolgreiches<br />

TV-Projekt „Eiszeit“, in dem Topläufer<br />

mit prominenten Schauspielern oder Sängerinnen<br />

auftraten. „So kam es, dass wir aufhörten<br />

und gleich in einen anderen Job eintauchten“,<br />

sagte Staviski. „Das ist eine sehr schwere Arbeit,<br />

unter anderem physisch und moralisch.“ Denkova<br />

vermisste zunächst das Wettkampfgeschehen:<br />

„Mir fiel es in den ersten zwei, drei Jahren<br />

schwer, ich lief nicht so gern in der Show, mir<br />

gefiel das Sportliche, die Wettkämpfe. Wir haben<br />

immer wieder mit Natalia Linichuk (ihrer<br />

letzten Trainerin) gesprochen, vielleicht kommen<br />

wir zurück.“ Ihr Partner nickte bei diesen Worten.<br />

„Ja, wir haben es sehr vermisst. Uns fehlte<br />

das Adrenalin, dieser Kampf.“<br />

Zu einer Rückkehr kam es aber nie und die TV-<br />

Shows und aufwendigen Eismusical-Produktionen<br />

von Averbukh hatten auch ihren Reiz. „In<br />

diesen vergangenen Jahren haben wir viel aus<br />

diesen Projekten mitgenommen, im Bereich des<br />

Künstlerischen und des Theatralischen. Wenn dir<br />

das, was du tust, gefällt und der Eiskunstlauf insgesamt,<br />

dann ist es natürlich schön und interessant<br />

sich weiterzuentwickeln. Das ist die Hauptsache“,<br />

sagte Denkova. Daneben sind die Bulgaren<br />

als Trainer und Choreographen aktiv, arbeiten<br />

zum Beispiel aktuell mit Anjelika Krylova zusammen.<br />

„Das machen wir sehr gerne. Wir sammeln<br />

Erfahrung, es ist interessant.“ Staviski sieht den<br />

Trainerberuf allerdings eher kritisch. „Die Arbeit<br />

als Trainer ist sehr undankbar“, stellte er fest.<br />

„Wenn der Sportler gewinnt – ist der Sportler super,<br />

wenn er verliert, ist der Trainer Mist. Und du<br />

musst ständig ein und dasselbe wiederholen, jeden<br />

Tag. Manchmal ist es wie mit dem Kopf gegen<br />

die Wand rennen.“ Denkova gefällt es dagegen,<br />

mit Kindern zu arbeiten, zum Beispiel in<br />

Averbukhs TV-Projekt. „Ich war begeistert vom<br />

Talent dieser jungen Sportler, von ihrem Verständnis,<br />

ihren läuferischen Fähigkeiten, ihrem<br />

Antrieb.“ Aber so ein Projekt ist etwas anderes als<br />

die tägliche Trainerarbeit, wie Staviski betonte.<br />

Der 42-Jährige und seine drei Jahre ältere Partnerin<br />

wissen nicht, wie lange sie noch in Shows<br />

auftreten werden und ob sie vielleicht doch<br />

Trainer werden. „Die Sportler von damals, mit<br />

denen wir gelaufen sind, sind schon ziemlich<br />

erfahrene Trainer und haben sehr gute Paare<br />

und Erfolge – wie Barbara (Fusar Poli), Marie-<br />

France Dubreuil und Patrice Lauzon oder Anjelika<br />

(Krylova)“, sagte Denkova. <strong>No</strong>ch sind die Bulgaren<br />

jedoch gut beschäftigt, hatten im vergangenen<br />

Jahr 150 Shows. Aber wegen der Pandemie<br />

musste Averbukh seine Tourneen im Frühjahr<br />

und Sommer absagen, nur das TV-Projekt<br />

findet momentan statt. Die meiste Zeit verbringen<br />

Denkova/Staviski in Moskau, aber in Bulgarien<br />

unterstützen sie den von ihnen gegründeten<br />

Club, in dem Denkovas Mutter und ihre<br />

Schwester Ina, ebenfalls eine ehemalige Eistänzerin<br />

und ihr Ehemann Andrei Lutai, ein früherer<br />

russischer Einzelläufer, arbeiten.<br />

Die zweimaligen Weltmeister sehen die aktuellen<br />

Entwicklungen im Eiskunstlauf und insbesondere<br />

im Eistanz eher kritisch. „Meiner Meinung<br />

nach ist die starke Entwicklung bei Virtue/<br />

Moir stehen geblieben. Sie waren toll – sie hatten<br />

absolut verschiedene Programme, interessante<br />

und technisch schwierige. Jetzt sehe ich<br />

so eine Entwicklung nicht“, meinte Staviski.<br />

„Dazu kommen diese Regeln, meiner Meinung<br />

nach hat man alles sehr vereinfacht. Als wir<br />

noch liefen, 2007, kam es in den Schrittfolgen<br />

auf jeden einzelnen Schritt an. Und jetzt haben<br />

sie fünf Elemente, dazwischen machen sie nur<br />

Laufschritte,“ fuhr er fort. Denkova erwartet<br />

mehr Kreativität im Eistanz. „Das fehlt. Ich<br />

wünsche mir interessantere, emotionalere Programme.<br />

Wir sehen in den vergangenen Jahren<br />

bestimmte Stereotypen, die die Franzosen (Gabriella<br />

Papadakis/Guillaume Cizeron) meiner<br />

Meinung nach nur am Anfang durchbrochen<br />

haben. Aber ich mag die Franzosen sehr. Ich war<br />

beeindruckt von ihrer Musikalität, der Weichheit<br />

ihrer Bewegungen, sie gleiten wirklich. Im Vergleich<br />

zu ihnen hinken die anderen Paare etwas<br />

hinterher. Ich denke, zwar haben die russischen<br />

Paare etwas aufgeholt, aber es ist nicht mehr so<br />

wie früher, als ich auf alle (Top) Paare wie Grischuk/Platov,<br />

Krylova/Ovsiannikov und Anissina/<br />

Peizerat geschaut habe. Mir schien, dass jedes<br />

dieser Paare sein eigenes Image hatte, sein Gesicht,<br />

seine interessanten Einfälle, sowohl bei<br />

den Elementen als auch bei den Programmen.“<br />

Denkova/Staviski, die schon lange privat ein<br />

Paar sind, haben einen neun Jahre alten Sohn,<br />

Daniil, der aber kein Eisläufer ist. „Wir haben<br />

ihn ein wenig auf Schlittschuhe gestellt. Er hat<br />

eine unglaubliche Energie und die müssen wir<br />

richtig kanalisieren. Er ist sehr beweglich, sehr<br />

sportlich. Alles, was er macht, gelingt ihm sofort.<br />

Aber er ist nicht sehr beständig, diese<br />

ständige, kontinuierliche Arbeit gefällt ihm<br />

nicht. Er braucht Abwechslung“, erklärte Staviski.<br />

„Die Kinder in Russland trainieren heute mit<br />

vier Jahren schon so, als ob sie morgen bei den<br />

Olympischen Spielen starten würden“, ergänzte<br />

Denkova. Ganz wollen die zweimaligen Weltmeister<br />

jedoch noch nicht ausschließen, dass<br />

der Sohn sich noch für den Eiskunstlauf oder<br />

eine andere Sportart begeistert. Denkova sei<br />

schließlich auch eine „Späteinsteigerin“ gewesen,<br />

die erst mit acht oder neun Jahren zum<br />

Eiskunstlauf gekommen sei. Tatjana Flade<br />

Albena Denkova & Maxim Staviski<br />

Portrait


30<br />

Carla Listing und Walter Baertling<br />

Eislaufgeschichte<br />

Carla Listing und Walter Baertling auf<br />

der Eisbahn RC Sport „Heilige Brücke“<br />

Eislaufgeschichte:<br />

Carla Listing und<br />

Walter Baertling<br />

Zwei Eiskunstlauf-Pioniere der DDR<br />

Anlässlich des 30. Jahrestages der Deutschen Einheit möchten<br />

wir den Blick zurück auf den Beginn des DDR-Eiskunstlaufens<br />

lenken. Zu einer prägenden Person dieser Periode zählt Carla Listing,<br />

die als erfolgreiche Paarläuferin und Eistänzerin sowie als internationale<br />

Preisrichterin in die Eiskunstlaufgeschichte einging.<br />

Alle Fotos: Sportmuseum Leipzig<br />

Carla Listing wurde am 19. Dezember 1921 in<br />

Leipzig geboren. Ihr Vater Carl Listing (1886-<br />

1970) arbeitete als Ingenieur und wirkte von<br />

1920 bis 1933 als Vorsitzender des „Verein Eissport<br />

Leipzig“ (V.E.L.). Nachfolgend war er<br />

Sportfachwart im Vorstand. Auch ihre Mutter<br />

Marta lief aktiv im Verein. Das Ehepaar startete<br />

in den Eistanzdisziplinen „Vierzehner“ und<br />

„Dreierwalzer“. Die Familie Listing lebte in der<br />

Sellerhäuser Straße 10. Bereits im Alter von 4<br />

Jahren begannen die Eltern, ihre Tochter auf<br />

dem Eis auszubilden. Carla besuchte die „17.<br />

Grundschule“, später die „Richard-Wagner-<br />

Schule“. Ihr erster bedeutender Wettbewerb<br />

stellten die Gaumeisterschaften Sachsen-Thüringen<br />

am 11. Februar 1935 dar, die der V.E.L.<br />

auf der Spritzeisbahn der Tennisplätze des RC<br />

Sport am Ziegeleiweg (heute Luz-Long-Weg)<br />

ausrichtete. Sie erreichte in der Kategorie „Neulinge“<br />

den 4. Platz. Bei den Gaumeisterschaften<br />

am 23. Januar 1937 in Dresden feierte sie in der<br />

„Jugendklasse“ ihren ersten Sieg als Einzelläuferin.<br />

Mit Walter Baertling ging sie auch im Paarlaufen<br />

und in den bereits genannten Eistanzdisziplinen<br />

an den Start.<br />

Der V.E.L. trainierte von 1926 bis 1936 auf der<br />

2.200 m² großen Spritzeisbahn auf den Tennisplätzen<br />

des multifunktionalen Sportkomplexes<br />

„Verein Sportplatz“. Dieser befand sich auf dem<br />

heutigen Kleinmessegelände. Da es in Leipzig<br />

keine Kunsteisbahn gab, erzielte Carla Listing<br />

größere Erfolge im Rollkunstlaufen. So wurde sie<br />

1937 und 1938 Gaumeisterin der Damen sowie<br />

1941 mit Baertling Bereichsmeisterin im Rollkunstlaufen<br />

der Paare. Bis 1943 studierte sie bei<br />

Programmheft der Aeros-Eisrevue 1955<br />

Prof. Hermann Altrock (1887-1980) Sportpädagogik<br />

am Institut für Leibesübungen der Universität<br />

Leipzig. Ihren Vorbereitungsdienst und das<br />

Staatsexamen zur Staatlich geprüften Sportlehrerin<br />

im freien Beruf absolvierte Carla an der<br />

Oberrealschule Bayreuth (heute „Graf-Münster-<br />

Gymnasium“).<br />

Erste DDR-Meister im Paarlaufen<br />

und Eistanzen<br />

Im September 1946 kehrte sie nach Leipzig zurück<br />

und begann als Lehrerin für Sport und<br />

Mathematik an der „Clara-Zetkin-Schule“. Im<br />

darauffolgenden Winter nahm sie das Training<br />

auf der Spritzeisbahn der Tennisanlage des RC<br />

Sport wieder auf. Nachdem der V.E.L. 1945 im<br />

Zuge der Direktive Nr. 23 des Alliierten Kontrollrats<br />

aufgelöst wurde, trainierte sie ab 1949<br />

in der Abteilung Eiskunstlaufen der „Zentralen<br />

Sportgemeinschaft Industrie Leipzig Mitte“<br />

(ZSG). Der Eiskunstlaufbetrieb in der sowjetischen<br />

Besatzungszone war im 1948 gegründeten<br />

„Deutschen Sportausschuss“ als Dachorganisation<br />

des Sports durch eine „Sparte<br />

Eissport“ organisiert. Aus dieser konstituierte<br />

sich 1951 die „Sektion Eis- und<br />

Rollsport im Deutschen Sportausschuss“.<br />

Carl Listing wirkte im Präsidium<br />

als Vorsitzender der „<strong>No</strong>rmen- und<br />

Sportklassifizierungskommission“ mit.<br />

Er war Preisrichter und fungierte zudem<br />

als „Rechner“ in der Wettkampfleitung.<br />

Für die ZSG siegten Carla Listing und Walter<br />

Baertling im Paarlaufen bei den Sächsischen<br />

Meisterschaften vom 19. bis 22. Januar 1950 in<br />

Geising. Im Einzellaufen der Damen wurde Listing<br />

Dritte. Bei den I. DDR-Eiskunstlaufmeisterschaften<br />

am 1. und 2. März 1950 in Schierke<br />

gewann das Leipziger Paar seinen ersten nationalen<br />

Meistertitel. In der Damen B-Konkurrenz<br />

erlief Listing den 3. Platz. Weil es zunächst nirgendwo<br />

in Ostdeutschland Kunsteis gab, konnten<br />

die Leipziger Eiskunstläufer sogar ohne<br />

Kunsteisbahn in die nationale Spitze vordringen.<br />

Die ZSG bestand nur eine Saison.<br />

Bei den II. DDR-Meisterschaften vom 30. März<br />

bis 1. April 1951 in Ostberlin meldeten Listing<br />

für die BSG Stahl West Leipzig und Baertling<br />

für die BSG HO Berlin. Im erstmals ausgetragenen<br />

Eistanz-Wettbewerb wurden sie im Alleingang<br />

DDR-Meister. Im Paarlaufen konnten sie<br />

ihren Titel nicht verteidigen und gewannen<br />

hinter Vera Lampe/Horst Kuhrüber (BSG Einheit<br />

Magdeburg) Silber. Diese durften 1954 als erste


Eiskunstläufer der DDR an Europameisterschaften<br />

teilnehmen und belegten in Bozen den 6.<br />

Platz. Trotz der Widerstände westeuropäischer<br />

Verbände wurde die Sektion Eis- und Rollsport<br />

der DDR 1953 in die ISU aufgenommen. Während<br />

Listings Sportkameraden wie Jutta Seyfert-Müller,<br />

Inge Kabisch-Wischnewski (1930-<br />

2010), Irene Salzmann (1927-<strong>2020</strong>), Dorothea<br />

Söchting und Heinz Linder (1928-2010) im<br />

Zuge einer zentral angeordneten Umstrukturierung<br />

des DDR-Eiskunstlaufs an der Deutschen<br />

Hochschule für Körperkultur in Leipzig zu Trainern<br />

ausgebildet wurden, wurde sie von der<br />

Sektion als zukünftige Preisrichterin bestimmt<br />

und ausgebildet. Sie war auch am Aufbau der<br />

neuen „Eisläufer-Generation“ beteiligt. Der<br />

Mitglied des Ensem bles und trat vorrangig in<br />

Gruppennummern auf.<br />

Vom 25.12.1955-29.01.1956 gab es im Winterzirkus<br />

in Leipzig die „Aeros Eis-Bonbons“. Vom<br />

25.12.1956 bis 31.01.1957 lief die Inszenierung<br />

„Aeros Wiener Eis-Bonbons“. Die „Aeros-Eisrevue“<br />

wurde 1958 als ein Zweigbetrieb ausgegliedert.<br />

Die Leipziger Eisrevue ging auch auf<br />

Tournee, wozu sieben Spezialwagen dienten.<br />

1959 führte sie beispielsweise durch 60 Städte.<br />

Es entstanden erste DDR-Eisrevue-Eigenproduktionen:<br />

1959/60 „Ein Tag am Fernsehbildschirm“<br />

mit den EM-Dritten von 1954 im Paarlauf, Sonja<br />

Balunova/Miloslav Balun, Vera Sibrova (alle<br />

CSSR), Walter Baertling und dem EM-19. 1958<br />

Marian Czakon (Polen) sowie<br />

1960/61 „Rhythmus auf dem<br />

noble in den Konkurrenzen der Damen und Paare.<br />

Sie begleitete die Karriere von Gabriele Seyfert<br />

- des ersten Stars des DDR-Eiskunstlaufs.<br />

Sieger im Paarlaufen bei den DDR-Meisterschaften 1950<br />

31<br />

Carla Listing und Walter Baertling<br />

Eislaufgeschichte<br />

Carla Listing im Preisrichtereinsatz<br />

Die Magazine „Eulenspiegel“ und „Neue Berliner<br />

Illustrierte“ berichteten 1968 im Zuge der enormen<br />

Popularität des Eiskunstlaufens in der DDR<br />

auch über die damalige „Preisrichterin Nr. 1“<br />

des Landes. In Zeiten der harten Systemauseinandersetzung<br />

und des Kampfes um internationale<br />

Anerkennung der DDR war es nicht einfach,<br />

sich auf internationalem Parkett zu bewegen.<br />

So fiel Carla Listing bei der DDR-Sportführung<br />

in Ungnade, als sie in Grenoble bei einem<br />

Interview auch zum Skandal um angeblich beheizte<br />

Kufen der DDR-Rennrodlerinnen befragt<br />

wurde und dabei nicht den geforderten „Klassen-Standpunkt“<br />

vertrat. Sie antwortete sinngedreimalige<br />

EM-Dritte und WM-Dritte 1970 im<br />

Paarlaufen, Heinz-Ulrich Walther, erinnert sich,<br />

dass Carla Listing 1955-57 an der Sportschule<br />

Berlin in den Eislauf-Klassen Mathematik lehrte.<br />

Ab 1957 war sie Preisrichterin für internationale<br />

Wettbewerbe.<br />

Erster DDR-Eislauf-Profi<br />

Listings langjähriger Eislauf-Partner Walter<br />

Baert ling, der eigentlich Elektromechaniker war,<br />

blieb dem Eissport auf eine andere Weise treu.<br />

Er wurde Solist der 1954 gegründeten Leipziger<br />

„Aeros Eisrevue“. Damit galt er als Artist und<br />

nicht als Berufseisläufer, womit die in der DDR<br />

nicht zugelassene Ausübung des Profisports geschickt<br />

umgangen wurde. Cliff Aeros (1889-<br />

1952) eröffnete 1945 auf dem Gelände des zerstörten<br />

Leipziger Krystallpalastes einen festen<br />

Winterzirkus. Nach seinem Tod wurde der Zirkus<br />

in das Eigentum und die Verwaltung der Stadt<br />

Leipzig überführt. Ab dem Winter 1954/55 zeigte<br />

„Aeros“ auf einer mobilen Kunsteisfläche ins<br />

Zirkusprogramm eingebundene, international<br />

besetzte Showdarbietungen. Die Eisfläche maß<br />

nur 120 qm und war vor der Manege platziert.<br />

Im ersten Programm „Aeros Circus-Eisparade“<br />

unter Leitung von Otto Czap (Österreich) brillierte<br />

Baertling mit der Niederländerin Nelly<br />

Maas in einem ungarischen Tanz. Maas war<br />

1953 EM-11. und 1954 EM-10. Besonders erstaunlich<br />

ist die Mitwirkung von Läufern aus<br />

Westdeutschland wie z.B. vom mehrfachen Vizemeister<br />

Ulrich Kuhn. Baertling war bis 1961<br />

Eis“. Mit Gründung des VEB Zentral-Zirkus wurde<br />

die „Aeros-Eisrevue“ 1961 von Leipzig in die<br />

„Berolina-Eisrevue“ nach Berlin überführt. Der<br />

Betrieb wurde trotz enormen Zuschauerzuspruchs<br />

am Ende des Jahres 1962 eingestellt,<br />

weil die Eistechnik verschlissen war. Der weitere<br />

Verbleib Baertlings ist unbekannt.<br />

„Preisrichterin Nr.1“ der DDR<br />

Der am 30. August 1958 gebildete Deutsche Eislauf-Verband<br />

der DDR meldete Carla Listing ab<br />

1960 als Internationale Meisterschaftspreisrichterin,<br />

was politische Korrektheit voraussetzte. Ihr<br />

erster Einsatz erfolgte in der Herrenkonkurrenz<br />

bei den EM 1962 in Genf. Nach Ernst Bauch<br />

(Friedrichroda), der 1959 als erster Preisrichter<br />

der DDR bei einer EM wertete und Ernst Voigt<br />

(Chemnitz) war sie die erste DDR-Preisrichterin<br />

bei ISU-Meisterschaften. Carla Listing wurde bei<br />

weiteren acht Europameisterschaften im Einzellaufen,<br />

Paarlaufen und Eistanzen eingesetzt. Von<br />

den WM 1963 in Cortina d’Ampezzo waren<br />

DDR-Sportler noch ausgeschlossen und traten<br />

bei der WM 1964 in Dortmund wegen falscher<br />

Länderbezeichnung nicht an. Erstmals bei einer<br />

WM wertete Listing 1965 in Colorado Springs<br />

bei den Damen und im Paarlaufen. Die Zulassung<br />

von Team und Preisrichterin für die WM in<br />

den USA war ein enormer sportpolitischer Erfolg<br />

und ein Meilenstein für die internationale Anerkennung<br />

des DDR-Eiskunstlaufens. Höhepunkt<br />

ihrer Preisrichterlaufbahn waren ihre Einsätze<br />

bei den Olympischen Winterspielen 1968 in Gremäß,<br />

dass sie sich nur mit Eiskunstlaufen beschäftige<br />

und davon nichts wüsste. Von einer<br />

Sportfunktionärin erwartete man jedoch einen<br />

scharfen Protest gegen die Disqualifikation und<br />

eine Verurteilung des westdeutschen NOK.<br />

Von ihrer äußeren Erscheinung und ihrem Kleidungsstil<br />

schien Carla Listing nicht so recht in<br />

die Welt des Glamours zu passen. Sie wirkte bescheiden<br />

und hatte eine strenge, maskuline<br />

Ausstrahlung. Ihre Fachkompetenz, die spürbare<br />

Leidenschaft zum Eiskunstlauf, Disziplin und<br />

Gerechtigkeitssinn verschafften ihr eine hohe<br />

internationale Reputation und Anerkennung bei<br />

den Aktiven.<br />

Entscheidend für ihre weitere Karriere als Preisrichterin<br />

scheint die EM 1971 in Zürich gewesen<br />

zu sein, als sie Manuela Gross/Uwe Kagelmann<br />

auf den 4. Platz einstufte. Dem DDR-Paar fehlte<br />

aber nur eine Platzziffer zum möglichen 3. Platz.<br />

Bei den Olympischen Winterspielen 1972 wurde<br />

Walburga Grimm eingesetzt, die Carla Listing ablöste<br />

und von da an das Preisrichterwesen im<br />

Deutschen Eislauf-Verband der DDR dominierte.<br />

Carla Listing wertete 1974 beim „Pokal der Blauen<br />

Schwerter“ und bei zahlreichen DDR-Meisterschaften.<br />

Beruflich arbeitete sie bis 1981 als<br />

Sport- und Mathematiklehrerin an der „Nicolai-<br />

Oberschule“ Leipzig. Den Abschluss ihrer Preisrichterlaufbahn<br />

bildeten 1980 die „Jugendwettkämpfe<br />

der Freundschaft“ in Ostberlin. Am 23.<br />

März 2010 verstarb die Pionierin des DDR-Eiskunstlaufs<br />

in Mainz. Dr. Matthias Hampe


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