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Leseprobe zum Buch » Die großen Epidemien«

»Die großen Epidemien – Geschichte – Gegenmittel - Impfstoffe« von Letizia Gabaglio (Text) und Maddalena Carrai (Illustrationen), 128 Seiten, Paperback, Euro (D) 14.90 | Euro (A) 15.70 | CHF 22 ISBN 978-3-03876-541-7 (Midas Sachbuch) Covid-19 zeigt uns leider, dass wir trotz aller Technik des 21. Jahrhunderts ziemlich machtlos sind. Wenn wir die Epidemien der Weltgeschichte im Kontext sehen, können wir das wirkliche Ausmaß, aber auch die Gemeinsamkeiten und Unterschiede erkennen und erhalten eine Vorstellung davon, wie wir die aktuelle Pandemie langfristig überstehen können. Dieses wissenschaftlich fundierte und genial illlustrierte Sachbuch beleuchtet in zwanzig kompakten Kapiteln alle Fakten und Kontroversen zum Thema - objektiv, verständlich und nachvollziehbar.


»Die großen Epidemien – Geschichte – Gegenmittel - Impfstoffe« von Letizia Gabaglio (Text) und Maddalena Carrai (Illustrationen), 128 Seiten, Paperback, Euro (D) 14.90 | Euro (A) 15.70 | CHF 22
ISBN 978-3-03876-541-7 (Midas Sachbuch)

Covid-19 zeigt uns leider, dass wir trotz aller Technik des 21. Jahrhunderts ziemlich machtlos sind. Wenn wir die Epidemien der Weltgeschichte im Kontext sehen, können wir das wirkliche Ausmaß, aber auch die Gemeinsamkeiten und Unterschiede erkennen und erhalten eine Vorstellung davon, wie wir die aktuelle Pandemie langfristig überstehen können. Dieses wissenschaftlich fundierte und genial illlustrierte Sachbuch beleuchtet in zwanzig kompakten Kapiteln alle Fakten und Kontroversen zum Thema - objektiv, verständlich und nachvollziehbar.

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Letizia Gabaglio<br />

170mm<br />

DIE GR0SSEN<br />

EPIDEMIEN<br />

Geschichte – Gegenmittel – Impfstoffe<br />

Illustrationen von Maddalena Carrai<br />

MIDAS


1. Auflage 2021<br />

ISBN 978-3-03876-541-7<br />

© 2021 Midas Sachbuch<br />

Übersetzung:<br />

Dr. Friederike Römhild<br />

Lektorat:<br />

Claudia Koch<br />

Layout:<br />

Ulrich Borstelmann<br />

Projektleitung:<br />

Gregory C. Zäch<br />

Text:<br />

Letizia Gabaglio<br />

Illustrationen:<br />

Maddalena Carrai<br />

<strong>Die</strong> Originalausgabe ist unter dem Titel <strong>»</strong>Epidemie, Vaccini e Novax«<br />

bei Centauria, Milano erschienen.<br />

<strong>Die</strong> Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen<br />

Nationalbibliografie, detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über<br />

http://dnb.de abrufbar.<br />

Alle Rechte vorbehalten. <strong>Die</strong> Verwendung der Texte und Bilder, auch auszugsweise,<br />

ist ohne schriftliche Zustimmung des Verlages urheberrechtswidrig und strafbar.<br />

<strong>Die</strong>s gilt insbesondere für die Vervielfältigung, Übersetzung oder die Verwendung<br />

in Seminarunterlagen und elektronischen Systemen.<br />

Midas Verlag AG, Dunantstrasse 3, CH 8044 Zürich<br />

kontakt@midas.ch, www.midas.ch, socialmedia: follow <strong>»</strong>midasverlag«


Letizia Gabaglio<br />

DIE GROSSEN<br />

EPIDEMIEN<br />

Geschichte – Gegenmittel – Impfstoffe<br />

Illustrationen von Maddalena Carrai<br />

MIDAS


INHALT<br />

Einführung 9<br />

Kapitel 1<br />

Ein sehr spezielles soziales Netzwerk 15<br />

Kapitel 2<br />

<strong>Die</strong> Geschichte der Pest, erzählt von einem Zahn 21<br />

Kapitel 3<br />

Manzoni und Social Distancing 27<br />

Kapitel 4<br />

<strong>Die</strong> Weiße Pest macht Angst 33<br />

Kapitel 5<br />

<strong>Die</strong> Geburt der Impfung,<br />

zwischen Impfstoff und Aktivismus 39<br />

Kapitel 6<br />

Zu viel Hygiene und das Virus wird zur Gefahr 45<br />

Kapitel 7<br />

1918, der Feind ist die Grippe 51<br />

Kapitel 8<br />

Neapel und die Cholera 57<br />

Kapitel 9<br />

<strong>Die</strong> Epidemie hat ihr Gesicht verändert 63<br />

Kapitel 10<br />

Was im Wald geschieht 69


Kapitel 11<br />

Schuld sind die Fledermäuse 75<br />

Kapitel 12<br />

Wenn das Virus eine Corona hat 81<br />

Kapitel 13<br />

Ein Platz unter dem Schirm 87<br />

Kapitel 14<br />

Der Erfolg von Impfstoffen ist ihr Untergang 93<br />

Kapitel 15<br />

Ist der Impfstoff ein Medikament? 99<br />

Kapitel 16<br />

Das Megaphon der Impfgegner 105<br />

Kapitel 17<br />

Das Virus, das uns überrascht: SARS-CoV-2 111<br />

Kapitel 18<br />

Der zukünftige Impfstoff 117<br />

Glossar 122<br />

Literatur 126<br />

Dank 128


EINFÜHRUNG<br />

Das Jahr 2020 war für uns alle eine Zäsur: Wir werden es nicht so<br />

schnell vergessen, und wir werden unseren Kindern und all jenen<br />

davon erzählen, die noch geboren werden. Wir mussten unsere Gewohnheiten<br />

ändern, selbstverständliche Aktivitäten aufgeben, wir<br />

hatten Angst, fühlten uns einsam und trauerten um Millionen von<br />

Menschen überall auf der Welt. Kaum jemand hatte damit gerechnet,<br />

ein solches Jahr zu erleben. Seit mehr als 50 Jahren haben wir hier in<br />

Europa keine Erfahrungen mehr mit derart verheerenden Krankheiten<br />

gemacht, mit Ausnahme einiger Epidemien, die sich relativ kurz<br />

und räumlich begrenzt ereigneten wie <strong>zum</strong> Beispiel das SARS-Virus<br />

oder Ebola. Doch zu Beginn des Jahres 2020, als die Ankunft des<br />

neuen Coronavirus die Menschheit in die Knie zwang, staunten wir:<br />

<strong>»</strong>Wie konnte das passieren?« Durch die Erfolge in Wissenschaft und<br />

Medizin wissen wir immer mehr über Keime, und wir konnten Impfstoffe<br />

entwickeln, die uns vor pathogenen Mikroorganismen schützen.<br />

Vor 2020 waren wir ein wenig wie verwöhnte Kinder, sich ihres Glückes<br />

nicht bewusst, in einer Zeit zu leben, in der die Wissenschaft<br />

Instrumente bereitstellt, die uns nicht erkranken lassen oder uns heilen<br />

können. Ein solches Glück hatten unsere Großeltern nicht: Sie<br />

wurden in den 1950er-Jahren von Polio, 1918 von der Spanischen<br />

Grippe herausgefordert, ebenso wie man im 19. Jahrhundert gegen<br />

Tuberkulose oder im 18. Jahrhundert gegen Pocken ankämpfte.<br />

9


DIE GROSSEN EPIDEMIEN<br />

Ganz zu schweigen von unseren Vorfahren, als im Mittelalter die Pest<br />

von Ost nach West wütete, zyklisch wiederkehrend mit einer Vielzahl<br />

von Toten. Bereits die Römer und Griechen der Antike mussten<br />

mit <strong>großen</strong> Plagen fertig werden, gegen die sie keine wirksamen<br />

Mittel besaßen. Epidemien gab es schon immer. Viren und Bakterien<br />

koexistieren mit den Menschen seit Anbeginn der Zeit und führen<br />

immer wieder zu Katastrophen.<br />

In diesem <strong>Buch</strong> finden Sie daher die Geschichte einiger der wichtigsten<br />

Epidemien von der griechischen Antike bis heute. <strong>Die</strong> einzelnen<br />

Kapitel zeigen, wie es die Wissenschaft ermöglicht hat, diesen Infektionen<br />

entgegenzutreten, ihre Ursprünge zu verstehen, wirksame<br />

Arzneimittel und Impfstoffe zu entwickeln, die uns schützen können.<br />

<strong>Die</strong> ist kein <strong>Buch</strong> über Medizin, <strong>zum</strong>indest nicht nur. <strong>Die</strong>ses <strong>Buch</strong> erzählt<br />

von der Geschichte und von sozialen Verhaltensweisen, davon,<br />

wie Epidemien Gesellschaften geprägt haben, davon, wie die Menschen<br />

von den vergangenen Erfahrungen gelernt haben oder hätten<br />

gelernt haben müssen. <strong>Die</strong> Wissenschaft allein reicht nicht; Impfungen<br />

sind notwendig, aber nicht ausreichend. Um das Grassieren dieser<br />

spezifischen Infektionen zu verlangsamen, ist ein angemessenes<br />

Verhalten unabdingbar, einerseits, um das Risiko abzusenken, mit<br />

einem Erreger in Kontakt zu kommen, und andererseits, um die verfügbaren<br />

Abwehrmechanismen maximal zu stärken.<br />

10


EINFÜHRUNG<br />

Genau hierzu waren wir Anfang März 2020 aufgerufen, als es noch<br />

keinen Impfstoff oder ein Arzneimittel gab. Wir waren gefordert, Abstandsregeln<br />

sowie Regeln zur Hygiene und Sicherheit zu respektieren<br />

und einzuhalten. Regeln, die bereits einige Jahrhunderte zuvor<br />

erfunden wurden, als die Wissenschaft <strong>zum</strong> Beispiel noch keine Mittel<br />

gegen die Pest gefunden hatte.<br />

In den nächsten Jahren müssen wir versuchen, den globalen Kurs der<br />

Entwaldung und wilden Urbanisierung umzukehren: <strong>Die</strong> zu größten<br />

Verwüstungen fähigen Krankheitserreger sind jene, die von Tieren<br />

stammen und die von einer Art auf die andere <strong>»</strong>springen«, wie SARS-<br />

CoV-2. In den letzten Jahrzehnten wurden mehrere solcher Erreger<br />

ausgemacht, am häufigsten dort, wo ein wildes Milieu zerstört wurde,<br />

um Platz für menschliche Aktivitäten zu schaffen. <strong>Die</strong> Epidemien,<br />

heute wissen wir das sicher, sind keine göttlichen Geißeln oder Zufälle,<br />

sondern die Konsequenzen unseres Handelns.<br />

11


<strong>»</strong>ES GIBT EINE KORRELATION<br />

ZWISCHEN DIESEN<br />

KRANKHEITEN, DIE EINE<br />

NACH DER ANDEREN<br />

AUFTAUCHEN, UND ES<br />

HANDELT SICH NICHT UM<br />

BLOSSE UNFÄLLE, SONDERN<br />

UM NICHT GEWOLLTE FOLGEN<br />

UNSERES TUNS.«<br />

DAVID QUAMMEN, SPILLOVER: DER TIERISCHE URSPRUNG WELTWEITER SEUCHEN


<strong>»</strong>WIE ALLE PANDEMIEN<br />

IST COVID-19 KEIN<br />

UNVORHERSEHBARES ODER<br />

ZUFÄLLIGES EREIGNIS.<br />

DIE EPIDEMIEN PLAGEN<br />

GESELLSCHAFTEN, INDEM<br />

SIE IHRE VERLETZBARKEIT<br />

AUSNUTZEN, DIE DURCH<br />

DIE BEZIEHUNGEN DER<br />

MENSCHEN ZU IHRER<br />

UMGEBUNG UND ZU<br />

ANDEREN ARTEN ENTSTEHT.«<br />

FRANK M. SNOWDEN, SEUCHEN UND GESELLSCHAFT


KAPITEL 1<br />

EIN SEHR SPEZIELLES<br />

SOZIALES<br />

NETZWERK


DAS VIRUS<br />

IN IHREM NETZWERK<br />

Viren sind sozial, genau wie Menschen. Aber im Unterschied zu uns<br />

können sie nicht unabhängig überleben, sie benötigen einen Wirt,<br />

eine Zelle. Ihr Wirt muss gesund und gut vernetzt sein, damit sich<br />

das Virus am besten vermehren und maximal verbreiten kann. Der<br />

Wissenschaft ist der soziale Geist von Viren seit langer Zeit bestens<br />

bekannt. Alle anderen – die breite Bevölkerung – haben ihn in den<br />

letzten Monaten gegen ihren Willen kennengelernt. Zwischen Ende<br />

2019 und Anfang 2020 hat ein bis dato unbekanntes Virus einen<br />

Weg gefunden, es sich im menschlichen Körper bequem zu machen,<br />

und ihn zu seinem Transportmittel in die Gemeinschaft verwandelt,<br />

um mit anderen in Kontakt treten und über den ganzen Globus reisen<br />

zu können. Kur<strong>zum</strong>, das Ansteckungsnetz, über das sich ein Virus<br />

16


EIN SEHR SPEZIELLES SOZIALES NETZWERK<br />

ausbreitet, vor allem, wenn es sich über die Luft verbreitet, ist in jeder<br />

Hinsicht ein schnell wachsendes soziales Netzwerk, dem immer<br />

mehr Nutzer beitreten, ein Facebook, bei dem jede Freundschaftsanfrage<br />

der Weitergabe eines Virus entspricht. Warum also nicht die<br />

Wissenschaft nutzen, mit der man soziale Netzwerke untersucht, um<br />

die Verbreitung einer Epidemie nachzuverfolgen? Und warum nicht<br />

mit sehr verbreiteten virtuellen Instrumenten arbeiten, auch wenn<br />

sie für etwas anderes entwickelt wurden?<br />

Genau das leistet die digitale Epidemiologie, eine noch junge Forschung,<br />

die erst vor weniger als einem Jahrzehnt geboren wurde. Sie<br />

untersucht die digitalen Spuren, die Menschen auf Webplattformen<br />

aller Art beim Interagieren hinterlassen – in sozialen Netzwerken<br />

oder Suchmaschinen –, um zu verstehen, wie sich eine Krankheit<br />

ausbreitet. Eines der ersten Beispiele dieser neuartigen Sichtweise<br />

auf digital generierte Daten war Google Flu Trend: 2009 analysierte<br />

Mountain View, ein gigantischer Provider von Fonds- und Finanzdaten,<br />

Wörter im Zusammenhang mit Grippesymptomen aus seiner<br />

Suchmaschine. Er versuchte so herauszufinden, wo die saisonale<br />

Grippe am heftigsten verlaufen wird. Und es hat funktioniert: <strong>Die</strong><br />

Kurve der bei Google gesuchten Wörter lag zwei bis drei Wochen<br />

vor der Kurve der von den Gesundheitsbehörden registrierten Influenza-Fälle.<br />

<strong>»</strong><strong>Die</strong> Grippe ist der Typus Störung, der sich am besten für<br />

diese Art der informellen Kontrolle eignet«, erklärt Daniela Paolotti,<br />

Forscherin am Institute for Scientific Interchange (ISI Foundation)<br />

in Turin und Expertin für digitale Epidemiologie. <strong>»</strong><strong>Die</strong> Symptome<br />

sind für gewöhnlich ziemlich mild und es wird nicht auf den behandelnden<br />

Arzt zurückgegriffen. Wiederum verlassen wir uns gern auf<br />

17


DIE GROSSEN EPIDEMIEN<br />

das Internet, um Heilmittel zu finden.« So hinterlassen wir Spuren,<br />

die gesammelt und analysiert werden können. <strong>Die</strong> Forscher aus Turin<br />

sowie viele andere aus der ganzen Welt haben sich entschieden,<br />

einen Schritt weiterzugehen und um die Teilnahme aktiver Nutzer<br />

zu bitten. So ist weitere 13 Jahre später Influweb (www.influweb.it)<br />

entstanden, das einzige bekannte Überwachungssystem des Istituto<br />

Superiore di Sanità (ISS) in Italien. Damit können Symptome von<br />

Erkrankten untersucht werden, die sich nicht an das Gesundheitssystem<br />

wenden. Wie funktioniert das? Jede Woche füllen Tausende<br />

von Freiwilligen einen Fragebogen aus, in dem sie angeben, ob es<br />

ihnen gut geht oder ob sie grippeähnliche Symptome haben. So kann<br />

das System eine Landkarte zur Verbreitung der Grippe aufzeichnen.<br />

Das italienische System ist in ein größeres europäisches Projekt eingebettet,<br />

an das die Plattformen vieler Länder angebunden sind. Besonders<br />

in den letzten Monaten der SARS-CoV-2-Pandemie ist die<br />

Nachverfolgung eines Virus über das Internet wieder hochaktuell geworden.<br />

Es geht weniger um die Identifizierung des Virus als darum,<br />

das soziale Verhalten und die Stimmungen der Bürger angesichts<br />

der in der Notlage auferlegten Regeln zu erfassen. <strong>»</strong>Im Falle von Covid-19<br />

ist die informelle Überwachung der Infektion weniger relevant,<br />

weil alle Symptome sofort an die Gesundheitsbehörde gemeldet<br />

werden, aber das Internet kann genutzt werden, um soziale Verhaltensweisen<br />

nachzuverfolgen, von denen die Verbreitung des Virus in<br />

besonderer Weise abhängt«, erklärt Paolotti weiter. Was denken die<br />

Bürger über die Abstandsregeln, den Gebrauch der Masken, über die<br />

Hygiene? <strong>»</strong>Durch die Überwachung sozialer Medien und die Verwaltung<br />

digitaler Fragebögen können Informationen, die Behörden nur<br />

schwer erfassen können, und zahlreiche Indizien gewonnen werden,<br />

wie sich die Infektion ausbreiten wird«, schlussfolgert Paolotti.<br />

18


EIN SEHR SPEZIELLES SOZIALES NETZWERK<br />

INFODEMIE, EPIDEMIE DER<br />

INFORMATIONEN<br />

Ein Sturm, vor dem man sich nicht schützen kann. Es gibt zu viele Informationen über die<br />

Pandemie SARS-CoV-2, die nicht zuletzt durch die Feingliedrigkeit des Internets unsere<br />

Aufmerksamkeit erlangt haben. <strong>Die</strong> Informationsflut ist so stark, dass von einer Epidemie<br />

der Informationen, eine Infodemie, die Rede ist. Warum sollte uns das kümmern? Weil in<br />

einer Situation wie wir sie Ende 2020 erlebt haben, in der es noch keinen Impfstoff oder<br />

ein wirksames Heilmittel gibt, die wirksamsten Abwehrmechanismen Verhaltensmaßnahmen<br />

sind. <strong>Die</strong>se werden nur respektiert, wenn sie angemessen kommuniziert werden. <strong>Die</strong><br />

Flut falscher oder kunstvoll erfundener abschreckender Nachrichten oder ungenaue Informationen<br />

haben dazu geführt, dass die Infodemie sehr ernst genommen wurde. Expertenkommissionen<br />

haben sich gebildet, verschiedene wissenschaftliche Gesellschaften haben<br />

ihre Stimmen erhoben und Leitfäden sowie Papiere zur Aufklärung verbreitet. Dass dies<br />

ein Problem ist, zeigt auch die Untersuchung von Niccolò Gozzi von der Universität Greenwich<br />

in London. Sie erschien im <strong>»</strong>Journal of Medical Internet Research« und erforscht die<br />

Nutzung von Reddit, einer Plattform für soziale Nachrichten. Des Weiteren geben Forschungen<br />

von Wikipedia Italien, Großbritannien, USA und Kanada Aufschluss. <strong>Die</strong> Aufmerksamkeit<br />

im Netz wächst zunehmend mit dem Eintreffen von Nachrichten über den<br />

Ausbruch der Epidemie, bis die Informationen zwar weiter zirkulieren, die Nutzer sie aber<br />

nicht mehr suchen. Es gibt folglich zwei Lücken im System, in denen sich Ammenmärchen<br />

einnisten können: zu Beginn, wenn die Informationslage unsicher ist und die Nachrichten<br />

erst in Gang kommen, und wenn eine Sättigung erreicht ist und die Risikowahrnehmung<br />

sowie die Aufmerksamkeit gegenüber den Verhaltensweisen deshalb nachgelassen haben.<br />

19


KAPITEL 2<br />

DIE GESCHICHTE DER<br />

PEST,<br />

ERZÄHLT VON<br />

EINEM ZAHN


DIE JAGD<br />

NACH DEM TÄTER<br />

<strong>Die</strong> Ausbreitung von Epidemien ist eine Konstante in der Geschichte<br />

der Menschheit. Als erstes Zeugnis, das als <strong>»</strong>wissenschaftlich« betrachtet<br />

werden kann, beschreibt Thukydides in Der Peleponnesische<br />

Krieg die Ausbreitung der Pest in Athen, als die Stadt gegen<br />

Sparta kämpfte. Thukydides lebte im 5. Jahrhundert vor Christus in<br />

der Epoche des Hippokrates, der als der Vater der Medizin betrachtet<br />

wird, weil er für Krankheiten ausschließlich natürliche Ursachen<br />

verantwortlich machte. Auch die Pest in Athen ist ohne Rückgriff auf<br />

Gottheiten von Thukydides beschrieben worden. Seine Schriften<br />

sind bis heute Untersuchungsgegenstand nicht nur für Medizinhistoriker,<br />

sondern auch für Epidemiologen und Mikrobiologen. Wie<br />

Ermittler begaben sie sich auf die Spur eines Mikroorganismus, der<br />

22


DIE GESCHICHTE DER PEST, ERZÄHLT VON EINEM ZAHN<br />

den Tod von mindestens 75.000 Menschen verursachte, die Bevölkerung<br />

von Athen um 25% reduzierte und so in die Knie zwang. Thukydides<br />

berichtet sehr detailliert von Symptomen wie Husten, hohem<br />

Fieber, Erbrechen, Krämpfen, Geschwüren und Hautausschlägen.<br />

Seine erklärte Absicht war, anderen zu ermöglichen, die Krankheit<br />

zu erkennen, falls sie jemals zurückkehren sollte –, Zeichen, die uns<br />

jedoch noch nichts über den Übeltäter, den für die Infektion verantwortlichen<br />

Mikroorganismus, sagen können.<br />

Es hat Jahrtausende gedauert, aber heute stehen der Wissenschaft die<br />

Instrumente zur Verfügung, um das Rätsel zu lösen, jenes aus Athen<br />

aus dem Jahre 430 v. Chr. so wie jenes, das man den <strong>»</strong>Schwarzen Tod«<br />

des Mittelalters nannte. Dank der Mikrobiologie und der Genetik<br />

können wir die DNA aus den Überresten der Menschen aus jenen fernen<br />

Zeiten extrahieren und wie in einer Folge von CSI oder Bones den<br />

Täter ausfindig machen. Im Besonderen ist es der Zahnnerv, das Mark<br />

des Zahns der Skelette und Mumien, über das so viele nützliche Informationen<br />

gewonnen werden können. Wie Zahnärzte zogen die forensischen<br />

Mikrobiologen die Zähne, analysierten sie und fanden darin<br />

Spuren von Yersinia pestis, dem Bakterium, das die Pest verursacht.<br />

In Wirklichkeit sind die Dinge nicht ganz so einfach, <strong>zum</strong>indest für<br />

die Epidemie, von der Thukydides erzählt: Einige Analysen haben<br />

die DNA des Pestbakteriums markiert, während andere das Augenmerk<br />

auf das typhuserregende Bakterium, nämlich Salmonella enterica,<br />

gelegt haben. Weniger umstritten ist die Zuschreibung der<br />

sogenannten <strong>»</strong>Justinianischen Pest«, benannt nach dem byzantinischen<br />

Kaiser Justinian I., die ausgehend vom Nildelta Asien und<br />

23


DIE GROSSEN EPIDEMIEN<br />

Europa von 541 n. Chr. bis 750 n. Chr. erreichte und zwischen 20<br />

und 50 Millio nen Menschen tötete. Das Studium ihrer Verbreitung<br />

nimmt einige wichtige Konzepte in den Blick: Der Höhepunkt der<br />

Ansteckung wird meist zu Beginn registriert, wenn die Infektion eine<br />

begrenzte Anzahl an Personen betrifft. Wenn sich immer mehr Menschen<br />

anstecken und die Infektion ein immer größeres geografisches<br />

Gebiet umfasst, spricht man von einer Epidemie. Wenn sich die Epidemien<br />

wiederholen und verschiedene Regionen auf der ganzen Welt<br />

betreffen, handelt es sich um eine Pandemie. Jene Justinianische Pest<br />

wird von den Historikern als die erste Beulenpest-Pandemie betrachtet,<br />

verursacht von Yersinia pestis.<br />

Auch bei der Schwarzen Pest sind wir uns heute sicher, wer der<br />

Verursacher ist. Das Bakterium wurde tatsächlich in verschiedenen<br />

menschlichen Überresten überall auf der Welt nachgewiesen, was<br />

beweist, dass es sich auch dort um diese Infektion handelte, wo Ratten<br />

– die Überträger durch Flöhe – nicht weit verbreitet waren und<br />

Millionen Menschen zwischen 1330 und 1830 starben. <strong>Die</strong> Wissenschaftler<br />

haben so erkennen können, dass es von der Pest mindestens<br />

drei verschiedene Arten gibt, abhängig davon, wie Yersinia pestis in<br />

den Organismus eindringt und ihn besiedelt. In Nordeuropa <strong>zum</strong><br />

Beispiel, wo Ratten weniger verbreitet und Flöhe weniger aktiv waren,<br />

muss die Übertragung über die Luft und von Mensch zu Mensch<br />

stattgefunden haben. <strong>Die</strong> dritte und letzte Pestpandemie war diejenige,<br />

die zwischen 1855 und 1925 vor allem Asien heimsuchte und<br />

in Europa um 1899 in Neapel, Porto und Glasgow ausbrach. Zwischen<br />

2010 und 2015 hat die WHO weitere 3.200 Fälle der Pest<br />

registriert, die meisten in Afrika, Asien und Südamerika, obgleich in<br />

den letzten Jahren auch die Fälle in den USA angestiegen sind.<br />

24


DIE GESCHICHTE DER PEST, ERZÄHLT VON EINEM ZAHN<br />

… WIE DIE PEST!<br />

In vielerlei Hinsicht stellt die Pest die schlimmste Katastrophe dar, die man sich vorstellen<br />

kann, ein Maßstab für die Bewertung der Bedeutung einer Epidemie. Der Name stammt<br />

vom Lateinischen pestis, das <strong>»</strong>Zerstörung, Verderb« bedeutet, ein Begriff, mit dem im Mittelalter<br />

Epidemien angezeigt wurden, ohne wissenschaftliche Kenntnisse über die Auslöser<br />

zu haben. Und auch heute noch ist Pest ein Synonym für Epidemie. <strong>Die</strong> Verwendung<br />

dieses Begriffs in der Alltagssprache bestätigt, dass Menschen seit Jahrtausenden mit Epidemien<br />

koexistieren. Etwas <strong>»</strong>wie die Pest hassen« ist eine Redensart, die Vorstellung von<br />

Abscheu und Angst aufgrund des Einhergangs mit hoher Sterblichkeit transportiert. Wir<br />

bestimmen einen Gestank als <strong>»</strong>pestartig«, nicht nur um seine Unerträglichkeit auszudrücken,<br />

sondern auch seine Schädlichkeit für die Gesundheit.<br />

25


KAPITEL 3<br />

MANZONI<br />

UND SOCIAL<br />

DISTANCING


ANTIKE REGELN FÜR<br />

MODERNE PROBLEME<br />

Eine lange Prozession durch ganz Mailand: die sterblichen Überreste<br />

von San Carlo Borromeo, ihnen voraus und nachfolgend gehen<br />

Hunderte von Menschen, unter ihnen Beamte, Adelige, Prälaten und<br />

gewöhnliche Leute. Alessandro Manzoni beschreibt diese Szene in<br />

seinem Roman <strong>Die</strong> Verlobten und bezieht sich auf die Ereignisse vom<br />

11. Juni 1630, als Mailand gegen eine der schlimmsten Wellen der<br />

Schwarzen Pest ankämpfte. <strong>Die</strong> Organisatoren beabsichtigten, mit<br />

der Prozession die Pest abzuwehren, aber in Wirklichkeit provozierten<br />

sie eine noch größere Ausbreitung. Eine Frage des Social Distancing,<br />

der sozialen Distanzierung, würden wir heute sagen. Doch<br />

schon damals gab es in Mailand ein Gesundheitstribunal, eine Art<br />

Behörde, die eigens eingerichtet wurde, um die Verhaltensregeln zu<br />

28


MANZONI UND SOCIAL DISTANCING<br />

kontrollieren, mit denen versucht werden sollte, die Epidemie einzudämmen.<br />

Und tatsächlich waren in dem von Manzoni beschriebenen<br />

Fall die Behörden anfangs dagegen. Sie gaben dann aber doch dem<br />

Volkswillen nach, in der Religion einen Ausweg aus der Tragödie zu<br />

finden, deren Ursachen sie nicht kannten.<br />

Dass es gefährlich ist, mit Erkrankten in Kontakt zu stehen, war schon<br />

zu jener Zeit bekannt. Deshalb wurden Lazarette eröffnet, wo die Infizierten<br />

bleiben mussten, bis sie wieder – leider selten – gesund waren.<br />

Dank eines Stocks, den die Ärzte immer bei sich trugen und den sie<br />

gebrauchten, wenn sie die Erkrankten besuchten, wurden diese auf<br />

Distanz behandelt. Das Social Distancing haben wir also nicht erst<br />

2020 im Zusammenhang mit dem Corona-Virus erfunden. Ebenso<br />

die Notwendigkeit, eine Maske zu tragen. Auch wenn man nicht richtig<br />

verstand, wie die Krankheit von einem Menschen auf den anderen<br />

überging, schlug die Theorie der Miasmen (<strong>»</strong>Pesthauttheorie«) vor,<br />

dass die Ansteckung durch die Verbreitung von giftigen Partikeln in<br />

der Luft erfolgte, die von Miasmen stammten, die durch stehendes<br />

Wasser, Exkremente und verwesendes Material, wie die Körper von<br />

Pestopfern, erzeugt wurden. Darum trugen die Ärzte, die mit den<br />

Infizierten zu tun hatten, die charakteristische Maske mit einer Hakennase,<br />

in die sie stark riechende Kräuter (Knoblauch, Rosmarin)<br />

einlegten, um die von den Pestkranken aufsteigenden Gifte abschirmen<br />

zu können. Es ist außerdem Gesundheitsrichtern zu verdanken,<br />

dass das Konzept der Quarantäne entstand: Obwohl ein Dokument<br />

aus dem Jahr 1377 die erste Form der sanitären Isolierung bezeugt,<br />

die für Schiffe, die im Hafen von Ragusa, dem heutigen Dubrovnik in<br />

Kroatien, ankamen, obligatorisch war, war es der venezianische Senat,<br />

29


DIE GROSSEN EPIDEMIEN<br />

der 1468 diese Zeit der <strong>»</strong>Prävention« auf 40 Tage verlängerte. <strong>Die</strong><br />

ankommenden Schiffe und ihre Besatzung mussten im Neuen Lazarett<br />

bleiben, eine Felsinsel auf offenem Meer in der Lagune. Während<br />

der Quarantäne wurden die Schiffe ausgeräuchert und gelüftet und die<br />

Seemänner unter Beobachtung gestellt. <strong>Die</strong> Zahl 40 bezieht sich auf<br />

die christliche Tradition – auf die 40 Tage und 40 Nächte der Sintflut<br />

in der Genesis, auf die 40 Jahre, die das Volk Israel in der Wüste verbrachte,<br />

bevor es im Land Kanaan ankam, auf die Tage, an denen Jesus<br />

den Versuchungen des Satans widerstehen musste – und hat nichts<br />

mit der Wissenschaft zu tun. Glücklicherweise erwies sich das als eine<br />

wirksame Maßnahme, denn 40 Tage waren genug Zeit, dass sich bei<br />

den Infizierten Symptome entwickelten und um die Flöhe zu beseitigen,<br />

die mit ihren Bissen die Krankheit auf die Menschen übertrugen.<br />

Auch einschränkende Maßnahmen wie der Lockdown entstanden vor<br />

einigen Jahrhunderten, um die Schäden durch die Pest einzugrenzen.<br />

Immer in Mailand, aber dieses Mal bei der ersten Welle der Schwarzen<br />

Pest, schloss 1399 der Herzog Gian Galeazzo Visconti die Stadttore<br />

für Handelsware und Menschen und rettete so Tausende von Leben.<br />

Zur gleichen Zeit sperrte Kasimir III. drastisch die Grenzen seines<br />

Landes Polen, das eigentlich zu den am wenigsten von den tödlichen<br />

Bakterien geplagten Nationen gehörte. Selbst während der Spanischen<br />

Grippe, der Influenza-Pandemie, die die ganze Welt heimsuchte<br />

und zwischen 1918 und 1920 zig Millionen Tote forderte, gab<br />

es Städte, die die Bewegungsfreiheit der Bürger stark einschränkten,<br />

wie Seattle, oder wie Philadelphia, die die Pandemie laufen ließen.<br />

Forscher verglichen die Ansteckungskurven beider Städte und ermittelten<br />

so schwarz auf weiß die Effizienz der Maßnahmen zur Eindämmung:<br />

In Seattle wurde die Sterblichkeit stark reduziert.<br />

30


MANZONI UND SOCIAL DISTANCING<br />

DIE GUTE SEITE DER EPIDEMIE:<br />

DIE GEBURT DES GESUNDHEITSSYSTEMS<br />

Vor dem Schwarzen Tod war die Vorstellung, dass die Gesundheit des Einzelnen auch<br />

von der Gesundheit seiner Mitmenschen abhängt, nicht weit verbreitet. Auch die Idee,<br />

dass die Sorge um die Gesundheit der Gemeinschaft nicht nur eine Geste des Mitleids ist,<br />

sondern eine konkrete Handlung, um die Wahrscheinlichkeit des Sterbens zu verringern.<br />

Medizinhistoriker sehen daher die Geburt des Konzepts einer öffentlichen Gesundheit,<br />

also eines Gesundheitssystems für die Gemeinschaft, in dem Gesetzes- und Besteuerungsrahmen,<br />

den die ärztlichen Richter als unmittelbare Antwort auf die Schwarze Pest<br />

zu schreiben begannen; in diesen Zeiten wurde ihnen die Macht der Legislative, Judikative<br />

und Exekutive zugestanden, die bis dahin den Herrschern vorbehalten gewesen war.<br />

Vorschriften auf der einen Seite, Behandlung auf der anderen: Auf diesen beiden Säulen<br />

begann sich das Konzept der öffentlichen Gesundheit zu organisieren.<br />

Zunächst waren es die religiösen Bruderschaften, die sich um die Bedürftigen kümmerten,<br />

die älteste ist die Bruderschaft der Barmherzigkeit in Florenz, die während der Pest,<br />

die 1348 die Toskana heimsuchte, an vorderster Front versuchte, den Pestopfern Trost<br />

zu spenden. <strong>Die</strong> Lazarette, der Begriff Hospital existierte noch nicht, waren also vor allem<br />

Orte der Nächstenliebe, an denen in den Jahrhunderten, in denen die Yersinia pestis<br />

Europa geißelte, mit allen verfügbaren – wenn auch begrenzten – medizinischen Kenntnissen<br />

versucht wurde, die Leiden der Kranken zu lindern.<br />

31


KAPITEL 4<br />

DIE WEISSE<br />

PEST<br />

MACHT ANGST


WIR DÜRFEN NICHT<br />

NACHLASSEN<br />

<strong>Die</strong> Tuberkulose ist eine der ältesten Krankheiten, die die Menschheit<br />

erfasst haben: Einige Funde lassen darauf schließen, dass sie<br />

sogar schon im Neolithikum – 10.000 v. Chr. bis 5000 v. Chr. – verbreitet<br />

war. Sicher nachgewiesen ist sie zur Zeit des antiken Ägypten.<br />

Aber erst im 18. Jahrhundert wurde die Tuberkulose zur Epidemie,<br />

<strong>zum</strong>indest im Abendland. <strong>Die</strong> Industrielle Revolution veränderte<br />

das städtische Gefüge: Es entstanden Schlafstadtviertel, Trabantenstädte,<br />

in denen die Arbeiter zusammengepfercht wurden, eine<br />

ideale Umgebung für die Verbreitung von Atemwegsinfektionen.<br />

Auf ihrem Höhepunkt hatte die Tuberkulose 90% der Bevölkerung<br />

der europäischen Länder erfasst, wo der Einfluss der Industrialisie-<br />

34


DIE WEISSE PEST MACHT ANGST<br />

rung am größten war: in Großbritannien, Frankreich, Deutschland,<br />

Belgien und den Niederlanden. Eine Katastrophe solchen Ausmaßes<br />

verdiente den Namen Weiße Pest, in Erinnerung an jene Schwarze,<br />

die von 1330 bis 1830 in mehreren Wellen die ganze Welt überrollt<br />

hatte. Eine Geißel, die im 19. Jahrhundert von zahlreichen Schriftstellern<br />

als <strong>»</strong>romantische Krankheit« beschrieben wurde, die die sensiblen<br />

Seelen befiel und die die Reinheit des Geistes der Erkrankten<br />

darstellte, vor allem weil es unter den Aristokraten dieser Zeit modern<br />

wurde, das Gesicht zu bleichen, um einem Tuberkulosekranken<br />

ähnlich zu sehen. 1882 entdeckte Robert Koch den Erreger dieser<br />

Krankheit – das Mycobacterium tubercolosis –, das sie weniger romantisch<br />

und stattdessen sehr greifbar machte Seine Entdeckung<br />

löste keine große Begeisterung aus, <strong>zum</strong>al sie nicht zur Entwicklung<br />

einer effizienten Lösung zu führen schien.<br />

Erst mit der Entdeckung der Antibiotika nach dem Zweiten Weltkrieg<br />

rächte sich Koch, und die Welt wurde aus den Fängen der<br />

Tuberkulose befreit, vor allem durch Streptomycin, das 1943 an der<br />

Rutgers University von Selman Waksmann entdeckt wurde, der dafür<br />

1952 den Nobelpreis für Medizin erhielt. Vorher noch hatte die<br />

Identifikation des Bakteriums zur Entwicklung des Impfstoffs auf der<br />

Basis von Bacillus Calmette-Guérin (BCG) geführt, ein Derivat aus<br />

dem Mikroorganismus der Rindertuberkulose, die der ähnlich ist,<br />

die den Menschen befällt. Der Impfstoff wurde 1921 das erste Mal<br />

einem Menschen verabreicht. Flächendeckend wurde er allerdings<br />

nur von 1945 bis 1948 eingesetzt, als die International Tuberculosis<br />

Campaign – die erste große internationale Allianz zur Immunisierung<br />

– zahlreiche Impfkampagnen in Europa organisierte. <strong>Die</strong> Kom-<br />

35


DIE GROSSEN EPIDEMIEN<br />

bination von Impfstoff und Antibiotika begeisterte nach dem Zweiten<br />

Weltkrieg die Regierungen und Gesundheitsbehörden sehr, die davon<br />

überzeugt waren, die Krankheit nun besiegen zu können. Neben<br />

Streptomycin entstanden weitere, immer wirksamere Antibiotika: In<br />

den USA, <strong>zum</strong> Beispiel, sanken die Fälle pro Jahr von 80.000 im Jahr<br />

1954 auf 20.000 im Jahr 1985.<br />

Doch in den 1980er-Jahren begannen die Waffen abzustumpfen<br />

und die Ansteckungsrate stieg erneut soweit an, dass wir bis heute<br />

nicht behaupten können, vom Schreckgespenst der Weißen Pest befreit<br />

zu sein. Was war passiert? Es gibt zwei Hauptgründe. In diesen<br />

Jahren tauchte eine weitere Epidemie auf, HIV/Aids, die eng mit<br />

der Tuberkulose verbunden ist, da Menschen, die von ersterer betroffen<br />

sind, aufgrund ihres geschwächten Immunsystems ein höheres<br />

Risiko haben, an letzterer zu erkranken. Darüber hinaus begann<br />

sich das Phänomen der <strong>»</strong>Antibiotikaresistenz« abzuzeichnen: Unter<br />

dem selektiven Druck der Evolution schaffte es das Mycobacterium<br />

tubercolosis, eine Resistenz gegen die Medikamente zu entwickeln,<br />

die es eigentlich beseitigen sollten. Das Ergebnis: <strong>Die</strong> Antibiotika<br />

wirkten immer weniger, bis sich ihre abtötende Wirkung gegenüber<br />

dem Bakterium ganz erschöpfte. Auch heute noch gehört Tuberkulose<br />

zu den zehn häufigsten Todesursachen weltweit: 2017 wurden<br />

10 Millionen Neuerkrankungen und 1,6 Millionen Todesfälle verzeichnet.<br />

Seit den 1950er-Jahren hat sich in Italien die Zahl der Infizierten<br />

kontinuierlich verringert, dennoch verzeichnet man noch<br />

immer jährlich 4.000 neue Tuberkulosefälle.<br />

36


DIE WEISSE PEST MACHT ANGST<br />

SUPERRESISTENTE BAKTERIEN<br />

<strong>Die</strong> Weltgesundheitsorganisation wiederholt es seit einiger Zeit: Wenn wir unsere Gewohnheiten<br />

nicht ändern, wird 2050 die häufigste Todesursache sein, dass Bakterien auf<br />

Antibiotika nicht mehr reagieren. Mit anderen Worten, die meisten Todesfälle treten aufgrund<br />

von Infektionen auf, gegen die Antibiotika nicht mehr wirken werden. Wenn die<br />

Arzneimittel nicht mehr helfen, die die Geschichte der Medizin verändert haben – nehmen<br />

wir nur den Erfolg von Penicillin –, werden die Menschen gegenüber Infektionen <strong>»</strong>nackt«<br />

und ungeschützt bleiben. Was können wir also tun?<br />

<strong>Die</strong> internationalen Gesundheitsorganisationen sind an verschiedenen Fronten tätig. Erstens<br />

informieren sie über den richtigen Gebrauch von Antibiotika und klären auf. Gerade<br />

der Missbrauch dieser Medikamente in den letzten Jahrzehnten hat die Selektion resistenter<br />

Stämme ermöglicht: <strong>Die</strong>se Medikamente sollten nur im Falle einer bakteriellen Infektion<br />

und auf selektive Weise eingesetzt werden, indem das wirksamste Medikament gegen den<br />

spezifischen Mikroorganismus, der die Krankheit verursacht, gewählt wird. Hat der Arzt<br />

es erst einmal verschrieben, muss es für die gesamte Dauer der Behandlung eingenommen<br />

werden. <strong>Die</strong> Verwendung muss auch bei Nutztieren begrenzt werden, weil wir die gleiche<br />

Umgebung teilen: <strong>Die</strong> resistenten Bakterien schaden uns allen. Schließlich muss die Forschung<br />

gestärkt werden: Nach den ersten sehr wirksamen Molekülen wurden keine ebenso<br />

wirksamen mehr entwickelt, und die Ärzte haben jetzt kaum noch Behandlungsmöglichkeiten.<br />

Deshalb wurden internationale Förderprogramme aufgelegt, um neue Wirkstoffe<br />

zu finden, die selbst superresistente Bakterien angreifen und besiegen können.<br />

37


KAPITEL 5<br />

DIE GEBURT DER<br />

IMPFUNG,<br />

ZWISCHEN IMPFSTOFF<br />

UND<br />

AKTIVISMUS


ES FUNKTIONIERT!<br />

Der letzte Fall der Pocken wurde 1977 in Somalia diagnostiziert.<br />

Drei Jahre später verkündete die Weltgesundheitsorganisation offiziell<br />

den Sieg über diese Krankheit: die erste und bis heute einzige,<br />

die wir auf unserem Planeten ausrotten konnten. Zuvor hatten die<br />

Pocken die Menschheit schon seit der Zeit des Pharaos Ramses V. geplagt<br />

und allein im 20. Jahrhundert zwischen 300 und 500 Millionen<br />

Menschen getötet. Über Jahrhunderte wurden die Pocken vor allem<br />

bei Kindern als <strong>»</strong>normal« betrachtet: Man konnte nicht viel dagegen<br />

machen, außer auf einem milden Verlauf ohne Entstellungen und<br />

neurologische Folgen zu hoffen. Betrachtet man die Verbreitung der<br />

Pocken innerhalb der Gesellschaft, versteht man einige Konzepte der<br />

Epidemiologie besser. Jemand, der die Pockenkrankheit überlebt,<br />

erkrankt kein zweites Mal an ihr und entwickelt folglich Immunität.<br />

40


DIE GEBURT DER IMPFUNG, ZWISCHEN IMPFSTOFF UND AKTIVISMUS<br />

<strong>Die</strong>ser Schutz verbreitet sich innerhalb einer Gemeinschaft, bis es<br />

der gesamten Gruppe möglich ist, gegen die Infektion standzuhalten<br />

und sie das ausbildet, was man heute <strong>»</strong>Herdenimmunität« oder besser<br />

<strong>»</strong>Immunität der Gemeinschaft« nennt. Es ist offensichtlich eine<br />

Frage der Anzahl. <strong>Die</strong> geschützten Individuen müssen ausreichen,<br />

um die Zirkulation des Virus zu reduzieren, das die Krankheit auslöst,<br />

sodass der empfindliche Teil der Bevölkerung nicht mit ihm in<br />

Berührung kommt. Tatsächlich kann auch jemand, der nicht schwer<br />

an diesem Virus erkrankt, im Laufe seines Lebens einen nur schwachen<br />

Kontakt mit ihm haben und ist <strong>zum</strong>indest teilweise geschützt.<br />

Deshalb sind die <strong>»</strong>neuen« Mitglieder einer Gemeinschaft immer am<br />

meisten gefährdet: die Neugeborenen. Da aber nicht alle Kleinen<br />

erkrankten, erreichte die erwachsene Bevölkerung ohne Schutz zyklisch<br />

eine kritische Zahl und Pockenepidemien brachen aus. Zum<br />

Glück kann das heute nicht mehr passieren. Wie war das möglich?<br />

Dank der Erfindung von Edward Jenner, einem Arzt, der um 1800<br />

lebte: dem Impfstoff.<br />

Aber eins nach dem anderen. <strong>Die</strong> Krankheit wird durch ein Virus<br />

verursacht, das Variola virus, der vom Orthopoxvirus abstammt.<br />

<strong>Die</strong>s hat zwei Varianten: major löst schwere Symptome aus, minor<br />

hingegen ist eine leichte Form. Seine Schwachstelle ist, dass dieses<br />

Virus nur unter Menschen zirkuliert und folglich nicht in anderen<br />

Tierarten leben kann. Um diese Schwachstelle zu verstehen, muss<br />

man wissen, was ein Virus genau ist: Ein Stück genetisches Material<br />

– RNA oder DNA –, das in einer Proteinhülle verschlossen ist.<br />

<strong>Die</strong> Wissenschaftler sind sich nicht einig, ob das Virus ein Lebewesen<br />

ist. Wenn es stimmt, dass es sein eigenes Genom hat, stimmt<br />

41


DIE GROSSEN EPIDEMIEN<br />

es auch, dass es inaktiv bleibt, wenn es nicht in eine Zelle eindringt.<br />

Das heißt, von sich aus kann es die Anweisungen seiner Gene nicht<br />

lesen und Proteine produzieren oder sich fortpflanzen; das kann es<br />

nur, wenn es eine Zelle als Geisel nimmt und in eine Virenfabrik verwandelt.<br />

Das Variola virus stirbt also aus, wenn es nicht mehr unter<br />

Menschen zirkulieren kann. Genau das wurde erreicht. (Tatsächlich<br />

wurden Proben zu Studienzwecken in zwei Laboren in den USA und<br />

in Russland aufbewahrt.)<br />

Wie war das möglich? Jenner nutzte ein Orthopoxvirus, das Rinder<br />

befällt, aber keine Menschen. Der Wissenschaftler entdeckte, dass<br />

an Kuhpocken erkrankte Viehzüchter nicht die menschliche Variante<br />

bekamen. Laut seiner Hypothese hatten sie auch gegen das Variola<br />

virus Abwehrmechanismen entwickelt. Um diese zu beweisen, ließ<br />

er den Sohn seines Gärtners mit Kuhpocken infizieren – ein Experiment,<br />

das heute unvorstellbar wäre – und versuchte dann, ihn mit der<br />

menschlichen Variante zu infizieren. Der Junge erkrankte leicht an<br />

Kuhpocken, nicht aber an menschlichen Pocken, was Jenners Hypothese<br />

bestätigte. Das Verfahren wurde <strong>»</strong>Impfung« genannt, von vaccinus,<br />

was im Lateinischen <strong>»</strong>von der Kuh« bedeutete, in Anlehnung<br />

an die Herkunft des verwendeten Materials. Nach zwei Jahren wiederholte<br />

der englische Arzt sein Experiment, dieses Mal mit 15 Probanden.<br />

Seine Überzeugung wuchs, das Virus mit einem Impfstoff<br />

besiegen zu können – mit dem ersten überhaupt. Jenner widmete<br />

sein ganzes Leben dem Kampf gegen Pocken und überzeugte die<br />

Großen der Welt von der Bedeutung der Impfung für die Volksgesundheit.<br />

Papst Pius VII., Napoleon und Thomas Jefferson stellten<br />

sich an seine Seite.<br />

42


DIE GEBURT DER IMPFUNG, ZWISCHEN IMPFSTOFF UND AKTIVISMUS<br />

DIE GEBURT DER IMPFUNG:<br />

VON DEN ERSTEN IMPFUNGEN ZU<br />

EINER WISSENSCHAFTLICHEN METHODE<br />

Kann das Auslösen einer leichten Form der Pocken ein Schutzschild gegen eine schwerere<br />

Form sein? <strong>Die</strong>se Idee tauchte in verschiedenen Kulturen in Asien und im Mittleren Osten<br />

unter verschiedenen Namen auf: Inokulation oder Variolation. In der Praxis wurde Flüssigkeit<br />

aus den infizierten Pusteln eines Erkrankten entnommen und damit eine kleine oberflächliche<br />

Wunde infiziert, die meistens in den Arm einer gesunden Person geritzt wurde.<br />

Auf diese Weise wurde eine Krankheit mit geringen Symptomen herbeigeführt, die die<br />

Person ohne besondere Folgen und mit der Gewissheit bewältigen konnte, nicht wieder zu<br />

erkranken. Eine riskante und langwierige Prozedur – der nur leicht erkrankte Patient und<br />

der Empfänger von guter Gesundheit mussten genau ausgewählt werden. <strong>Die</strong> Krankheit<br />

entwickelte sich im Laufe eines Monats, an den ein weiterer Monat für die Genesung anschloss.<br />

Es waren also hauptsächlich die Reichen und Adligen, die es sich leisten konnten.<br />

Obwohl sie in einigen Teilen der Welt weit verbreitet war, blieb sie im Westen praktisch<br />

unbekannt, bis 1721 Lady Mary Wortley Montagu, die Ehefrau des britischen Botschafters<br />

in der Türkei, nach England zurückkehrte und die englische Aristokratie davon überzeugen<br />

konnte, sich einer Variolation zu unterziehen. Lady Montagu war eine sehr effektive<br />

Fürsprecherin und die Praxis verbreitete sich in ganz Europa – bis zur Verfügbarkeit von<br />

Jenners viel effektiverem und demokratischerem Impfstoff ein paar Jahrzehnte später.<br />

43


KAPITEL 6<br />

ZU VIEL HYGIENE<br />

UND DAS<br />

VIRUS<br />

WIRD ZUR<br />

GEFAHR


EINE NOCH NICHT<br />

GEWONNENE SCHLACHT<br />

In der langen Geschichte der Koexistenz von Menschen und Viren<br />

gibt es paradoxe Fälle wie das Poliovirus, das Kinderlähmung verursacht.<br />

Obwohl das Poliovirus seit Millionen Jahren unter den Menschen<br />

grassiert, begann es erst zu Beginn des letzten Jahrhunderts<br />

durch wiederkehrende Epidemien Angst auszulösen. Das Poliovirus<br />

ist höchst ansteckend, da es im Darm und in geringerem Maß auch<br />

im Rachenraum lebt: Es verbreitet sich daher über die Ausscheidungen<br />

und die Luft. In 90% der Fälle ist der Organismus in der Lage,<br />

den Angriff zu besiegen, und alles ist mit ein paar Tagen Fieber erledigt.<br />

Doch bei den restlichen 10% verlässt das Virus den Darm und<br />

greift das zentrale Nervensystem an, insbesondere die Zellen, die<br />

46


ZU VIEL HYGIENE UND DAS VIRUS WIRD ZUR GEFAHR<br />

für die Bewegung der Muskeln, die Motoneuronen, verantwortlich<br />

sind. <strong>Die</strong> Folge ist ein zunehmender Verlust der Muskelkraft, der zu<br />

Spastizität oder, in schweren Fällen, zur Lähmung der Gliedmaßen<br />

führt; wenn das Virus dann die Muskeln angreift, die die Atmung<br />

regulieren, kommt es <strong>zum</strong> Ersticken. Glücklicherweise kommen, wie<br />

erwähnt, diese Fälle selten vor.<br />

Doch zu Beginn des 20. Jahrhunderts änderte sich etwas, und im<br />

Laufe der 1950er-Jahre traten, vor allem in den Sommermonaten,<br />

in allen westlichen Ländern Polio-Epidemien auf. Wir brauchen nur<br />

unsere Großeltern zu fragen, um die Auswirkungen dieser Krankheit<br />

zu verstehen: Jeder kann von einem Freund oder einem Verwandten<br />

erzählen, der gelähmt war oder sogar starb. Was machte dieses Virus<br />

so aggressiv? Eine sichere Antwort darauf haben wir bis heute nicht,<br />

aber es gibt eine sehr wahrscheinliche Hypothese: <strong>Die</strong> zunehmende<br />

Verbesserung der Hygiene-Maßnahmen im 20. Jahrhundert, <strong>zum</strong>indest<br />

in der westlichen Welt, verringerte die Wahrscheinlichkeit,<br />

dass Kinder mit dem Virus in Kontakt kamen und so eine Immunität<br />

entwickelten. Abwasserkanäle, Kläranlagen, Abwasseraufbereitung<br />

machten die Städte sauberer, trugen aber auch zur Zunahme von Individuen<br />

bei, die nicht mehr gegenüber dem feindlichen Virus geschützt<br />

waren.<br />

Ende der 1950er-Jahre rettete ein Impfstoff Tausende Leben: Der<br />

erste, entwickelt von Jonas Salk, bestand aus einem toten Virus, das<br />

als Injektion verabreicht wurde (Totimpfstoff). Einige Jahre später<br />

schlug Albert Sabin einen anderen Impfstoff auf Basis eines abgeschwächten<br />

Virus (Lebendimpfstoff) vor, der als Schluckimpfung<br />

47


DIE GROSSEN EPIDEMIEN<br />

eingenommen werden konnte. <strong>Die</strong> in vielen Ländern organisierten<br />

<strong>großen</strong> Impfkampagnen bewirkten einen drastischen Rückgang der<br />

Fallzahlen und weckten die Hoffnung, das Poliovirus auf der ganzen<br />

Welt ausrotten zu können. Einige Länder schafften es – als erstes<br />

Kuba 1962, in Deutschland wurde der letzte Fall 1990 registriert –,<br />

aber trotz der internationalen Bemühungen ist das Virus leider noch<br />

heute in vielen Teilen der Welt präsent und in Afghanistan und in<br />

Pakistan treten fortwährend gehäufte Fälle auf.<br />

Was ist schiefgelaufen? Aufgrund seiner einfachen Verabreichungsform<br />

und seiner höheren Wirksamkeit wurde der Schluckimpfstoff<br />

dem Impfstoff von Jonas Salk vorgezogen. Auch, weil die mit dem<br />

Impfstoff von Salk geimpften Personen eine abgeschwächte Variante<br />

des Virus über ihre Fäkalien an die Umwelt abgaben und dazu beitrugen,<br />

die von der Gemeinschaft, in der sie lebten, erworbene Immunität<br />

zu erhöhen. Leider barg jedoch seine Zusammensetzung – aus einem<br />

minimal aktiven Virus – einige Risiken, wie z. B. die Möglichkeit, dass<br />

das Virus erneut ausbricht und deshalb die Krankheit auslöst. Das ist<br />

eine weniger wahrscheinliche, aber immer noch präsente Möglichkeit,<br />

wie die Virusherde in Westafrika, vor allem in Nigeria, zwischen<br />

2003 und 2007 zeigen. Von den drei Stämmen des Poliovirus, die die<br />

Krankheit auslösen können, ist einer bereits besiegt. Jetzt sind die beiden<br />

anderen an der Reihe: Sobald sie dank der Sabin-Impfstoffe eliminiert<br />

sind, kann mit der neuen Salk-Rezeptur weiter geimpft werden,<br />

die wirksamer ist als die erste und risikofrei, weil sie auf einem inaktivierten<br />

Virus basiert. Ein komplexer Vorgang, der mit logistischen,<br />

politischen und ökologischen Schwierigkeiten einhergeht. Das Ziel<br />

war, das Poliovirus bis 2018 zu eliminieren. Der Termin, so hoffen<br />

Aktivisten der Polio Global Eradication Initiative, ist nur verschoben.<br />

48


ZU VIEL HYGIENE UND DAS VIRUS WIRD ZUR GEFAHR<br />

DIE KRANKHEIT ALS EIN MITTEL DER<br />

EROBERUNG<br />

Was kann passieren, wenn ein <strong>»</strong>neues« Bakterium oder Virus in eine Umgebung eindringt?<br />

Im Laufe des Jahres 2020 ist uns klar geworden, was es bedeutet, wenn unser Immunsystem<br />

<strong>zum</strong> ersten Mal mit einem völlig unbekannten Virus in Kontakt kommt. Ein ähnliches<br />

Phänomen wie bei der Ankunft der Europäer in Amerika: Zusammen mit Waffen, Pferden,<br />

neuen Sitten und Regeln brachten die Eroberer Bakterien und Viren in die Neue Welt,<br />

die in Europa bekannt, aber in Übersee noch völlig unbekannt waren. Das Ergebnis war<br />

der Ausbruch von Epidemien, die die indigene Bevölkerung niederzwangen und damit die<br />

Eroberung mehr als jede Kriegsstrategie begünstigten. Masern, Pocken, Grippe und Pest<br />

richteten in Mittel- und Nordamerika des 16. Jahrhunderts, im Südafrika des 18. Jahrhunderts,<br />

in Australien Ende des 18. Jahrhunderts und auf dem Inselstaat Fidschi, in Hawai<br />

und Tonga zu Beginn des 18. Jahrhunderts verheerende Schäden an. Tatsächlich ist auch<br />

das Gegenteil der Fall: <strong>Die</strong> Krankheiten, die den Eroberern unbekannt waren, waren das<br />

Haupthindernis bei der Eroberung der Gebiete – vor allem in Afrika und in Südostasien, wo<br />

sie auf Malaria, Gelbfieber und andere in Europa unbekannte Tropenkrankheiten stießen.<br />

49


KAPITEL 7<br />

1918<br />

DER FEIND IST DIE<br />

GRIPPE


EIN VIRUS AUS DEN<br />

SCHÜTZENGRÄBEN<br />

<strong>Die</strong> Grippe-Epidemie von 1918 war die erste weltweite Pandemie:<br />

Zum ersten Mal wissen die Bürger der westlichen Welt, dass sich<br />

eine heimtückische Krankheit über den Globus ausbreitet, die als<br />

gewöhnliches Fieber begann, jedoch innerhalb von drei Tagen <strong>zum</strong><br />

Tode führen konnte. Und tatsächlich, zwischen 1918 und 1920<br />

starben an dieser Infektion in der ganzen Welt bis zu 50 Millionen<br />

Menschen. <strong>Die</strong> durch den Krieg bereits geschwächte Bevölkerung<br />

musste nun auch noch gegen einen unsichtbaren und leisen Feind<br />

ankämpfen, der aus dem Schützengraben kam und dort seine größte<br />

Verbreitung fand. Es wird vermutet, dass das Virus von amerikanischen<br />

Soldaten nach Europa gebracht wurde, als sie auf dem Alten<br />

Kontinent ankamen, um gegen Deutschland zu kämpfen. Der erste<br />

52


1918, DER FEIND IST DIE GRIPPE<br />

Brandherd dessen, was in die Geschichte als <strong>»</strong>Spanische Grippe« eingegangen<br />

ist, trat im Januar desselben Jahres in einer Farm in Texas<br />

auf. Ein isolierter Ort, der alles in allem die Verbreitung des Virus<br />

begrenzt hätte; doch das Schicksal der Welt wendete sich, als einige<br />

junge Männer von der Farm <strong>zum</strong> Kriegsdienst eingezogen wurden.<br />

Ihre erste Station machten sie zunächst im Ausbildungslager, wo die<br />

Infektion im Laufe weniger Wochen Dutzende von Soldaten befiel;<br />

dann schifften sie den ungebetenen Gast zusammen mit ihren Kameraden<br />

nach Europa ein.<br />

<strong>Die</strong> erste Grippewelle grassierte folglich im Frühling 1918, doch die<br />

zweite, die im Herbst begann, dezimierte die Truppen und breitete<br />

sich unter der Zivilbevölkerung aus, die über die Lazarette, die Versorgung<br />

und den Urlaub, den die Soldaten in europäischen Städten<br />

verbrachten, mit ihnen in Kontakt kamen. <strong>Die</strong> grausame Krankheit<br />

raffte Jugendliche dahin, indem sie aggressive Lungenentzündungen<br />

auslöste, die innerhalb weniger Tage <strong>zum</strong> Tod durch Ersticken führten.<br />

Im Jahr 1918 wurde sie Influenza genannt, weil sie als solche<br />

begann, aber es war nichts oder nur wenig darüber bekannt, welcher<br />

Erreger sie auslöste. Durch den Krieg wurden Nachrichten über<br />

diese Geißel der Schützengräben zensiert. Als Erstes berichteten tatsächlich<br />

die Zeitungen im neutralen Spanien von dieser todbringenden<br />

Infektion, weshalb diese Krankheit <strong>»</strong>Spanische Grippe« genannt<br />

wurde, obwohl sie nichts mit Spanien zu tun hatte.<br />

Heute wissen wir sehr viel über das Virus. Es handelte sich um ein<br />

H1N1-Virus, und die spezifische Kombination seiner Gene machte<br />

es besonders aggressiv. Wir verdanken dieses Wissen der Hart-<br />

53


DIE GROSSEN EPIDEMIEN<br />

näckigkeit von Johan Hultin, einem schwedischen Mikrobiologen,<br />

der von der Geschichte von Brevig fasziniert war, einem Dorf in<br />

Alaska, das 1918 72 seiner 80 Einwohner durch die Grippe verlor.<br />

Im Jahr 1951 beschloss Hultin, in dem Massengrab mit den 1918 begrabenen<br />

Leichen zu buddeln und aus den menschlichen Überresten<br />

Lungengewebe zu entnehmen. Daraus konnte er das Virus jedoch<br />

nicht separieren. Es dauerte 46 Jahre, bis es Hultin dank der Technik<br />

der Gensequenzierung gelang, sein Vorhaben zu realisieren: Im<br />

Alter von inzwischen 70 Jahren begab sich der Mikrobiologe erneut<br />

nach Alaska, um neue Proben des Lungengewebes zu entnehmen und<br />

das gefährliche Virus detailliert zu entschlüsseln. Das war 1997, und<br />

seitdem laufen die Forschungen in einem raschen Tempo fort, sodass<br />

wir heute ziemlich genau wissen, wie das H1N1-Virus von 1918 aufgebaut<br />

ist – ein Grippevirus, dessen Aggressivität viel größer war als<br />

die der anderen drei Arten, die schließlich weitere Grippe-Epidemien<br />

im 19. Jahrhundert auslösten: 1957, 1968 und 2009. <strong>Die</strong> Verursacher<br />

der Infektionen waren in der Tat viel weniger heftig: H2N2 und<br />

H3N2 verursachten 1957 bzw. 1968 insgesamt eine Million Todesfälle,<br />

während H1N1 im Jahr 2009 weniger als 300.000 Todesfälle<br />

verzeichnete.<br />

Zwar können wir heute auf hygienische Bedingungen, Gesundheitsorganisation<br />

und Medikamente zählen, die zu Beginn des letzten<br />

Jahrhunderts nicht zur Verfügung standen; und wir haben gelernt,<br />

Grippeimpfstoffe herzustellen, und das möglichst schnell. Aber<br />

Grippeviren liegen immer auf der Lauer, und wir dürfen nicht unvorsichtig<br />

werden.<br />

54


1918, DER FEIND IST DIE GRIPPE<br />

SCHULDZUWEISUNGEN<br />

Über Monate nannte der amerikanische Präsident Donald Trump die SARS-CoV-2-Epidemie,<br />

die sich über den ganzen Planeten ausgebreitet hat, eine <strong>»</strong>Chinesische Grippe«. Ergibt<br />

das Sinn? Kann ein Virus einen Ausweis oder eine Staatsangehörigkeit haben? Wenn<br />

es um den ersten Ort geht, wo es festgestellt oder erkannt wurde, können wir es mit einem<br />

Punkt auf der Landkarte und in diesem Fall mit China verbinden. Aber der Gebrauch des<br />

Adjektivs diente Trump als politische Botschaft: Es ist nicht unsere Schuld, sondern die<br />

eines anderen, die Infektion kommt von außen, die Ausländer schleppen sie an. Es ist die<br />

Jagd nach dem Pestschmierer von Manzoni, das Rennen, um diejenigen zu finden, die die<br />

Salbe an den Wänden verteilt haben, um die Pest zu verbreiten. Nichts weiter als ein Trick,<br />

um die Angst vor dem Unbekannten zu überwinden, um sichtbar zu machen, was mit dem<br />

bloßen Auge nicht sichtbar ist, das Virus. In <strong>Die</strong> Verlobten beschreibt Manzoni, was demjenigen<br />

passieren kann, der zu Unrecht angeklagt wird, ein Pestschmierer zu sein, und der<br />

Folter ausgesetzt wird: Am Ende gesteht er, was er nicht begangen hat. Es ist geschehen<br />

und kann auch noch heute passieren. <strong>Die</strong> Angst vor dem, was man nicht kennt, dem man<br />

noch nie zuvor begegnet ist, kann ein gefährliches kollektives Verhalten auslösen.<br />

55


GLOSSAR<br />

Ansteckung: Übertragung einer Infektion auf einen gesunden Organismus<br />

durch direkten oder indirekten Kontakt.<br />

Antigene: Fremdsubstanzen, die beim Eintritt in den Körper durch<br />

die Produktion von Proteinen, <strong>»</strong>Antikörpern«, eine Verteidigungsreaktion,<br />

eine <strong>»</strong>Immunantwort«, auslösen.<br />

Bakterien: Organismen, die nur aus einer Zelle bestehen und keinen<br />

Zellkern haben. Bakterien bevölkern den menschlichen Organismus,<br />

in dem schätzungsweise mindestens 5.000 verschiedenen Bakterienarten<br />

leben. Einige Bakterien rufen Krankheiten hervor.<br />

DNA: Abkürzung für desoxyribonucleic acid, Desoxyribonukleinsäure.<br />

Es handelt sich um ein großes Molekül aus zwei aneinandergereihten<br />

Ketten von Elementareinheiten – stickstoffhaltigen Basen.<br />

<strong>Die</strong> beiden Stränge sind übereinander aufgerollt und enthalten die<br />

genetische Information, das Alphabet, mit dem die Zelle ihre Eigenschaften<br />

beschreibt.<br />

Epidemie: Plötzlicher Ausbruch einer Infektion, die sich sehr<br />

schnell unter den Menschen in einem bestimmten Gebiet ausbreitet.<br />

Wenn die Epidemie große Teile der Welt umfasst, spricht man von<br />

einer Pandemie.<br />

122


Epidemiologie: <strong>Die</strong> Wissenschaft, die untersucht, mit welcher<br />

Häufigkeit Krankheiten auftreten, wie sie sich geografisch und in<br />

sozialen Gruppen ausbreiten und welche Faktoren ihre Verbreitung<br />

verlangsamen oder beschleunigen können.<br />

Herdenimmunität: Fähigkeit einer Gruppe von Individuen, dem<br />

Angriff einer Infektion Widerstand zu leisten, weil ein großer Teil<br />

der Bevölkerung gegen diese Infektion immun ist. Dank dieser Fähigkeit<br />

wird auch der geschützt, der nicht immun ist.<br />

Immungedächtnis: Fähigkeit des Immunsystems, sich an Begegnungen<br />

mit fremden Elementen zu erinnern. Das Gedächtnis ermöglicht<br />

es, bei einer zweiten Begegnung mit dem gleichen Element eine<br />

schnellere und effektivere Immunantwort zu organisieren. <strong>Die</strong>s ist<br />

der Mechanismus, auf dem Impfstoffe beruhen, denn gerade das Immungedächtnis<br />

ermöglicht einen Schutz gegen Infektionen für eine<br />

lange Zeit.<br />

Immunität: <strong>Die</strong> Fähigkeit des menschlichen Organismus, Krankheitserreger<br />

wiederzuerkennen und zu neutralisieren. Eine <strong>»</strong>natürliche«<br />

Immunität liegt bei einer ersten und schnellen Immunantwort<br />

vor, sobald ein fremdes Element in den Organismus eindringt. Eine<br />

<strong>»</strong>adaptiven« Immunität ist erst im zweiten Schritt aktiv, aber mit einer<br />

viel größeren Kraft und auf eine ganz bestimmte Art und Weise.<br />

123


Immunsystem: Komplex aus Organen und Zellen, der den Organismus<br />

gegen äußere Stoffe schützt und damit die von ihnen verursachten<br />

Infektionen abwehrt.<br />

Impfstoff: Biologisches Präparat, das im Labor auf der Basis abgetöteter<br />

oder stark abgeschwächter Krankheitserreger oder aus den<br />

Determinanten ihrer Antigene entwickelt wurde, Substanzen, gegen<br />

die das Immunsystem seine Reaktion organisiert.<br />

Infektion: Das Eindringen von Krankheitserregern in einen Organismus.<br />

RNA: Akronym für Ribonukleinsäure. Es ist ein sehr großes Molekül,<br />

das der DNA ähnelt, aber aus einem einzigen Strang, einer einzelnen<br />

Kette von elementaren Basen, besteht. Seine Aufgabe ist es,<br />

die in der DNA enthaltenen genetischen Anweisungen vom Zellkern<br />

in das Zytoplasma zu übertragen, wo sich die Ribosomen befinden.<br />

Im Inneren des Zellkerns werden die Anweisungen ausgeführt und<br />

Proteine produziert.<br />

Spillover: Der Übergang eines Virus von einer Spezies zu einer<br />

anderen. Der Erfolg oder Misserfolg des Sprungs hängt von den<br />

Schwierigkeiten ab, die das Virus beim Eindringen in die Zellen des<br />

neuen Wirts und bei der korrekten Nutzung der Mechanismen hat,<br />

124


die seine Replikation ermöglichen. Je mehr Schwierigkeiten es gibt,<br />

desto mehr muss der Erreger mutieren, um den Sprung zu schaffen.<br />

Virenstämme: Gruppe von Viren, die zwar von gemeinsamen Vorfahren<br />

abstammen und folglich zu einer bestimmten Art gehören,<br />

sich vom Rest aber durch genetische, physiologische oder morphologische<br />

Eigenschaften unterscheiden. <strong>Die</strong> Änderung auch nur eines<br />

einzelnen Fragments eines genetischen Codes erzeugt einen neuen<br />

Stamm.<br />

Virus: Mikroskopisches Teilchen, das sich nur innerhalb einer Zelle<br />

vermehren kann. Es besteht nur aus den genetischen Anweisungen –<br />

DNA oder RNA –, die in eine Hülle aus Proteinen und Fetten eingepackt<br />

sind. Um zu überleben, muss es eine Zelle als Geisel nehmen<br />

und deren Stoffwechsel- und Transkriptionssysteme nutzen. Viren<br />

können sowohl komplexe als auch einzellige Organismen, wie z. B.<br />

Bakterien, befallen und infizieren.<br />

Zoonose: Eine Krankheit, die von Tieren – außer Menschen – auf<br />

den Menschen übertragen werden kann, entweder direkt, z. B. durch<br />

Kontakt, oder indirekt, z. B. durch andere Organismen, die als Vektoren<br />

fungieren. Krankheiten, die vom Menschen auf andere Tiere<br />

übertragen werden, werden als Anthroponose bezeichnet.<br />

125


LITERATUR<br />

Zum Thema Epidemien und Impfstoffe gibt es eine Menge zu lesen.<br />

Nicht nur Bücher: Das Internet ist eine Fundgrube für gute Informationen<br />

(natürlich unter der Voraussetzung diese von den schlechten<br />

oder falschen Informationen unterscheiden zu können). Nachfolgend<br />

eine Liste, notwendigerweise eine Auswahl (ich habe internationale,<br />

für alle zugängliche Referenzen gewählt) für eine gute Lektüre.<br />

Im historischen Bereich Epidemics and Society von Frank N. Snowden,<br />

ein wahres Kompendium der Sozialgeschichte von Epidemien. Eine<br />

erhellende Lektüre. Eine aktuellere Geschichte erzählt David Quammen,<br />

Journalist bei National Geographic, in Spillover. Im Jahr 2012<br />

erschienen, ist es 2020 wieder ein Text von brisanter Aktualität.<br />

Um sich über aktuelle Epidemien zu informieren gibt es hingegen die<br />

Webseiten der Weltgesundheitsorganisation (who.int), des ECDC<br />

(ecdc.europe.eu), Europäisches Zentrum für die Prävention und die<br />

Kontrolle von Krankheiten, oder des CDC (cdc.gov), dem amerikanischen<br />

Pendant. Gavi – The Vaccine Alliance hat eine Webseite<br />

(gavi.org) voller Informationen über Impfkampagnen in aller Welt.<br />

Wenn Sie verstehen möchten, wie viel Forschung und internationale<br />

Kräfte hinter dem Vorhaben und der Entwicklung eines Impfstoffs<br />

stecken, empfehle ich die Seite der Coalition for Epidemic Preparedness<br />

Innovations (Cepi – cepi.net).<br />

126


Um die Diskreditierung von Impfstoffen zu verstehen, schauen Sie<br />

sich die Seite des Projekts <strong>»</strong>Vaccine Confidence Project« (vaccineconfidence.org)<br />

an und lesen Sie das neueste <strong>Buch</strong> der Projektleiterin<br />

Heidi J. Larson, Stuck: How Vaccine Rumors Start and Why They<br />

Don‘t Go Away.<br />

In Deutschland bieten sich die Webseiten von Paul-Ehrlich-Institut<br />

(www.pei.de) und Robert-Koch-Institut (www.rki.de) als Sekundärliteratur<br />

an.<br />

127


DANK<br />

Das Schreiben eines <strong>Buch</strong>es erfordert Leidenschaft und Zeit. Das<br />

erste, vor allem gegenüber der Wissenschaft und der Möglichkeit,<br />

sie leicht verständlich zu machen, hat mir nie gefehlt. Von der zweiten<br />

habe ich nie genug. Das <strong>Buch</strong>, das Sie in den Händen halten ist<br />

das Ergebnis meiner Leidenschaft und meiner Zeit. Mein Dank gilt<br />

all jenen, die es mir ermöglicht haben, sie zu kultivieren: Federico,<br />

Simone und Mattia, die meine Abwesenheit und meinen Bammel ertragen<br />

haben; Elisa, Elisabetta und Benedetta, die mir geholfen haben,<br />

nicht aufzugeben; Tiziana, die einige Kastanien für mich aus<br />

dem Feuer geholt hat. Ein Dank an alle Forscher, die ich zu Rate gezogen<br />

habe: <strong>Die</strong> richtigen Informationen, die Sie auf diesen Seiten<br />

finden, sind ihnen zu verdanken, die Fehler sind selbstverständlich<br />

alle mir zuzuschreiben.<br />

128


LETIZIA GABAGLIO ist Journalistin und schreibt für<br />

La Repubblica, Le Scienze und Galileo. Sie leitet den<br />

medizinisch-wissenschaftlichen Kommunikationsbereich<br />

der Firma Galileo Servizi Editoriali, die sie 2004<br />

gegründet hat. Sie besitzt einen Hochschulabschluss<br />

in Philosophie an der Università La Sapienza in Rom<br />

und ist Gastdozentin für Wissenschaft in Triest.<br />

MADDALENA CARRAI ist Illustratorin und Grafikdesignerin.<br />

Sie arbeitet als freiberufliche Illustratorin<br />

in den Bereichen Mode, Wissenschaft und Editorial.<br />

Seit 2016 ist sie als redaktionelle Illustratorin für das<br />

Cancer World Magazine tätig.


<strong>»</strong>VON ALLEN THEMEN, DIE COVID-19 AUFWIRFT,<br />

IST DAS WICHTIGSTE DIE VORBEREITUNG.<br />

DER NOBELPREISTRÄGER JOSHUA LEDERBERG<br />

HAT ARGUMENTIERT, DASS IM WETTSTREIT<br />

ZWISCHEN MENSCHEN UND MIKROBEN DER<br />

VERSTAND DIE EINZIGE VERTEIDIGUNG IST,<br />

DIE MENSCHEN BESITZEN.«<br />

FRANK M. SNOWDEN, EPIDEMICS AND SOCIETY<br />

DIESES BUCH LIEFERT EINEN HISTORISCHEN SCHLÜSSEL,<br />

UM DIE GEGENWART UND DIE ZUKUNFT BESSER ZU VERSTEHEN.<br />

ANGEFANGEN VON DER GESCHICHTE DER EPIDEMIEN,<br />

ÜBER DIE ENTWICKLUNG VON IMPFSTOFFEN BIS HIN ZUM<br />

CORONAVIRUS UND WIE WIR UNS DAGEGEN WEHREN KÖNNEN.<br />

www.midas.ch | € 14.90<br />

ISBN: 978-3-03876-541-7<br />

MIDAS

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