Azteken, Maya und Inka
Maya - Azteken - Inka im Vergleich
Maya - Azteken - Inka im Vergleich
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<strong>Maya</strong><br />
<strong>Inka</strong><br />
Goldene Zeiten<br />
<strong>und</strong> ihr Ende<br />
<strong>Azteken</strong><br />
© gerhard.hochl@gmx.at<br />
http://gerhardhochl.bplaced.net<br />
1
Vorwort<br />
Die nachfolgenden Recherchen beruhen<br />
auf meine subjektiven Eindrücke,<br />
die ich im Rahmen von Studienreisen<br />
gewonnen habe. Die Inhalte erheben<br />
keinen hohen Anspruch auf wissenschaftliche<br />
Forschungsergebnisse.<br />
Einführung<br />
Die Natur ist etwas, das der Mensch<br />
nicht geschaffen hat. Wir sind aber unbestritten<br />
dafür verantwortlich, dass seit<br />
Beginn der Zivilisation unsere Umwelt<br />
permanente Veränderungen erfährt.<br />
Das Gegenteil von der, durch die Evolution<br />
geschaffene Natur ist die Kultur.<br />
Die Bewirtschaftung von Feldern zählt<br />
ebenso dazu, wie das Komponieren eines<br />
Liedes, die Erfindung einer Sprache<br />
oder die Wahl eines Anführers. Alles<br />
was eine Gemeinschaft, zum Beispiel<br />
ein Volk im Laufe von Jahren, Jahrzehnten<br />
oder Jahrtausenden ausdenkt, erfindet,<br />
entwickelt <strong>und</strong> hervorbringt ist eine<br />
gewaltige Ansammlung von Wissen <strong>und</strong><br />
Informationen.<br />
Sprache, Schrift, Zahlensysteme, Bildung,<br />
Wissenschaft, Religion oder<br />
Aberglaube, Kunst <strong>und</strong> Politik, das alles<br />
ist Kultur. Sie ist eine rein menschliche<br />
Leistung <strong>und</strong> entwickelt sich Hand in<br />
Hand mit der Menschheitsgeschichte.<br />
Viele Hochkulturen sind entstanden <strong>und</strong><br />
zum Teil verschwanden sie wieder.<br />
Entwicklung<br />
Urmenschen mit aufrechtem Gang gab<br />
es bereits vor vier Millionen Jahren in<br />
der afrikanischen Region. Die Entwicklung<br />
der menschlichen Kultur hat aber<br />
erst vor 200.000 Jahren ihren Anfang<br />
genommen.<br />
Die darauffolgende Periode bis 10.000<br />
v.Chr. ist vom Übergang zum modernen<br />
Menschen geprägt. Zu dieser Zeit entstanden<br />
allmählich die ersten Hochkulturen,<br />
mehr oder weniger unabhängig<br />
voneinander <strong>und</strong> in verschiedenen Regionen<br />
unserer Erde.<br />
Im Gebiet Mittel- <strong>und</strong> Südamerika gab<br />
es die ersten Einwanderer 12.000 v.Chr.<br />
Die Menschen kamen über die damalige<br />
Landverbindung zwischen dem<br />
heutigen Ostteil Russlands <strong>und</strong> Alaska.<br />
Die Urbevölkerung entwickelte sich<br />
auf Gr<strong>und</strong> der klimatischen <strong>und</strong> geografischen<br />
Gegebenheiten sehr unterschiedlich.<br />
Ackerbau mit dem Schwerpunkt<br />
Maisanbau wurde betrieben. Die<br />
zum Teil kargen Böden <strong>und</strong> die unterschiedlichen<br />
Niederschlagsmengen in<br />
der Regen- bzw. Trockenzeit machte es<br />
notwendig, dass sich die Menschen zu<br />
Gemeinschaften zusammenschlossen.<br />
Die ersten Kommunen wurden gegründet<br />
In der Blütezeit erreichten Städte<br />
um 450 n.Chr. in Mittelamerika bis zu<br />
150.000 Einwohner .<br />
<strong>Maya</strong>, <strong>Inka</strong>, <strong>Azteken</strong><br />
Diese drei großen Reiche waren Hochkulturen<br />
in Mittel- <strong>und</strong> Südamerika. Das<br />
bedeutet, dass sie im Vergleich zu anderen<br />
Völkern ihrer Zeit bereits einen<br />
sehr hohen Entwicklungsstand hatten.<br />
Die drei Völker, hatten eine gesellschaftliche<br />
<strong>und</strong> staatliche Ordnung mit<br />
Herrscherstrukturen, einer Priesterschaft<br />
mit dazugehöriger Religion, betrieben<br />
Ackerbau <strong>und</strong> Handel, hatten<br />
jeweils eine eigene Schrift <strong>und</strong> eigene<br />
Kunstformen. Im Gegensatz zu den<br />
Stämmen der nordamerikanischen Indianer<br />
gründeten sie Staaten. Sie erfanden<br />
Steuer-Systeme, in denen die<br />
Untergebenen Abgaben zu leisten hatten<br />
oder die Arbeitskraft für die Gemeinschaft<br />
zur Verfügung stellen mussten.<br />
Auch dass sie ihre Krieger in Heerscharen<br />
organisierten, unterschied sie nicht<br />
voneinander.<br />
Die großen Unterschiede lagen in der<br />
Sprache, der Schrift <strong>und</strong> Zahlensysteme,<br />
sowie in der Art der Religion <strong>und</strong> der<br />
angebeteten Götter. Daraus resultiert<br />
auch die unterschiedliche Bauweise der<br />
Tempelbauten, sowohl was die Form als<br />
auch die Bauart betrifft. Sogar die Wahl<br />
der Baumaterialien war komplett verschieden.<br />
Naturgemäß war das auf die<br />
geologische <strong>und</strong> geografische Ausbreitungsumgebung<br />
zurückzuführen.<br />
2
<strong>Maya</strong><br />
Chichén Itzá ist ein kulturelles Wahrzeichen<br />
<strong>und</strong> ist eine der bedeutendsten <strong>und</strong><br />
ausgedehntesten archäologischen F<strong>und</strong>orte<br />
in ganz Mexiko. Das Besondere an<br />
dieser <strong>Maya</strong> Stätte ist die Vielfalt der verschiedenen<br />
Bauweisen <strong>und</strong> Architekturstile<br />
auf verhältnismäßig kleinem Raum. Dies<br />
ist laut Forschern darauf zurückzuführen,<br />
dass der Ort den Einflüssen von verschiedenen<br />
Zuwanderern ausgesetzt war, die<br />
ihre eigene Baukunst in den Aufbau <strong>und</strong><br />
die Ergänzung der Bauwerke einbrachten.<br />
Die Pyramide des Kukulcán, von den<br />
spanischen Eroberern auch El Castillo<br />
genannt, ist die 30 Meter hohe Stufenpyramide<br />
im Zentrum der Stadt, die<br />
als allgemeines Wahrzeichen gilt. Forschungen<br />
haben ergeben, dass diese<br />
Pyramide zu Zeiten der <strong>Maya</strong> einen roten<br />
Anstrich hatte. Das Bauwerk diente<br />
in erster Linie für religiöse <strong>und</strong> zeremonielle<br />
Veranstaltungen. Das Gebäude<br />
auf der Scheitelfläche diente den Herrschern<br />
<strong>und</strong> der Priesterschaft als Zeremonienplatz<br />
<strong>und</strong> in bestimmten Epochen<br />
auch als Wohnstätte.<br />
Im Inneren der Pyramide waren Gänge<br />
<strong>und</strong> Verbindungsstufen, die nur von den<br />
Auserwählten benutzt werden durften.<br />
Die Treppen an allen vier Seiten ergaben<br />
zusammengezählt 365 Stufen. Das<br />
wird als die Anzahl der Tage im Jahr gedeutet.<br />
Osario – das Hohenpriestergrab liegt<br />
etwas außerhalb des Zentrums. Es handelt<br />
sich um eine vierseitige Pyramide,<br />
die in ihrer Struktur den <strong>Maya</strong>-Formen<br />
entspricht. Die Treppenwangen sind als<br />
Schlangenleiber gestaltet, die in einen<br />
großen Kopf mit aufgerissenem Maule<br />
<strong>und</strong> herausgestreckter Zunge enden.<br />
3
Der Tempelraum mit Blickrichtung Süden,<br />
am Scheitelpunkt dieser Pyramide<br />
wurde noch nicht rekonstruiert.<br />
Die Säule an der Südseite weist mit ihren<br />
Hieroglyphen auf die hohe Bedeutung<br />
der Kultstätte hin.<br />
Die quadratische Gr<strong>und</strong>fläche der Pyramiden<br />
wurde an die Schnittpunkte der<br />
Sonnenwendeachsen ausgerichtet.<br />
Caracol – Der Schneckenturm war ein<br />
Observatorium. Von hier aus beobachteten<br />
sie Sonnenwenden, Tag<strong>und</strong>nachtgleichen<br />
<strong>und</strong> den Verlauf von Sonne,<br />
Mond <strong>und</strong> Venus. Das Studium des Firmaments<br />
hatte für die <strong>Maya</strong> eine herausragende<br />
Bedeutung.<br />
Der Name bezog sich auf die gew<strong>und</strong>ene<br />
enge Treppe im Inneren, die in den<br />
oberen Aufbau des Gebäudes führt. Der<br />
Bau wurde in mehreren zeitlich versetzten<br />
Bauphasen errichtet <strong>und</strong> erhielt erst<br />
906 n.Chr. seine endgültige Form. Die<br />
Forscher entdeckten mehr als 20 Sichtlinien<br />
für die Beobachtung der Gestirne.<br />
4<br />
Die Fensteröffnungen im Turm hatten<br />
jeweils bestimmte Ausrichtungen, die<br />
astronomische Sonnen-Beobachtungen<br />
zuließen. Unter anderem war die Aussaat<br />
vor Beginn der Regenzeit geregelt,<br />
die in dieser Gegend nach dem Zenit<br />
der Sonne am 20. Mai beginnt.<br />
Das Weltbild der <strong>Maya</strong> war astrologisch<br />
geprägt. Sie waren überzeugt, dass<br />
Sonne, Mond, Planeten <strong>und</strong> Fixsterne<br />
Einflüsse auf das menschliche Leben<br />
haben. Sie gingen davon aus, dass jeder<br />
Tag durch mehrere Götter beeinflusst<br />
wurde <strong>und</strong> kein Tag unter exakt<br />
den gleichen Einflüssen stand.<br />
Die <strong>Maya</strong> verfügten über hervorragende<br />
mathematische <strong>und</strong> astronomische<br />
Kenntnisse, auf deren Basis sie ein<br />
komplexes Kalendersystem entwickelten.<br />
Der <strong>Maya</strong>kalender „Haab“ beispielsweise<br />
folgte dem Sonnenjahr mit<br />
18 Monaten á 20 Tagen. 5 Tage wurden<br />
als Zusatztage (Epagomene) eingeschoben<br />
<strong>und</strong> als Zusatzmonat Uayeb<br />
bezeichnet. Damit hatte das Jahr 365<br />
Tage.<br />
Die <strong>Maya</strong>schrift besteht aus etwa 800<br />
verschiedenen bildhaften Zeichen, die<br />
zum Teil entschlüsselt werden konnten.
Die <strong>Maya</strong>kalender, auch Kodizes genannt, behandelten<br />
zum Großteil religiöse Themen. Sie<br />
wurden vor allem von Priestern für Vorhersagen<br />
<strong>und</strong> Weissagung verwendet. In ihnen befanden<br />
sich Tabellen, mit deren Hilfe man die Zeit für<br />
Rituale festlegte, Pflanzenkalender <strong>und</strong> astronomisches<br />
Wissen nieder schrieb. Sie regulierten<br />
verschiedenste Tätigkeiten, so bestimmten sie<br />
die Zeiten für Opferungen <strong>und</strong> Regenzeremonien,<br />
aber auch für Reisen, die Jagd <strong>und</strong> die Bienenzucht.<br />
Die Tafeln kündigten jahreszeitliche<br />
Veränderungen, das Erscheinen der Venus sowie<br />
die Sonnen- <strong>und</strong> Mondfinsternisse an.<br />
Die Kodizes zeigen, dass für die <strong>Maya</strong> alles zeitlich<br />
vorherbestimmt war, <strong>und</strong> dass die Götter die<br />
Kontrolle über das Schicksal in Händen hatten.<br />
Entstehung der <strong>Maya</strong>-Kultur<br />
Um 400 n.Chr. wurde die Herstellung von Papier<br />
aus der Rinde des Amatl-Baums erf<strong>und</strong>en.<br />
Diese, mit einer feinden weißen Schicht aus Kalk<br />
überzogene Schreibgr<strong>und</strong>lage ermöglichte die<br />
einfache Weitergabe der Regeln an den Adel.<br />
Bereits vor etwa 20.000 Jahren waren<br />
Menschen im Verbreitungsgebiet der<br />
<strong>Maya</strong>s sesshaft. Diese Bevölkerungsgruppe<br />
wanderte über die damalige<br />
Landbrücke Asien - Nordamerika ein.<br />
Woher die <strong>Maya</strong> etwa 3.000 v.Chr. einwanderten<br />
ist bis heute wissenschaftlich<br />
nicht geklärt. Es wird angenommen,<br />
dass sie über das Meer kamen. Bekräftigt<br />
wird diese These vom Umstand,<br />
dass viele F<strong>und</strong>e aus der ältesten Epoche,<br />
der Vorklassik (ca. 3000 v.Chr. bis<br />
250 n.Chr.), in küstennahen Regionen<br />
gef<strong>und</strong>en wurden. Es ist auch bewiesen,<br />
dass die <strong>Maya</strong>s in der Lage waren,<br />
viele Tagesstrecken mit ihren kanuähnlichen<br />
Booten am Meer zurückzulegen,<br />
um Handel zu betreiben.<br />
Die geographische Ausdehnung des<br />
<strong>Maya</strong>-Reiches war relativ klein. Im Norden<br />
erstreckte es sich über Teile Mexikos<br />
mit der Halbinsel Yucatán, im Süden<br />
reichte es bis zum heutigen Honduras<br />
<strong>und</strong> El Salvador. Die damaligen wichtigsten<br />
Hauptstädte lagen im heutigen<br />
Guatemala. Berühmte <strong>Maya</strong>-Städte<br />
waren zum Beispiel Chichén Itzá, Tikal,<br />
Copán <strong>und</strong> Palenque. Heute sind das<br />
bekannte Ziele für Touristen <strong>und</strong> Forschungsstätten<br />
für Wissenschaftler.<br />
Viele der heute dort lebenden Menschen<br />
sind Nachfahren der <strong>Maya</strong>. Im<br />
damaligen Reich wurden viele verschiedene<br />
Dialekte gesprochen, davon sind<br />
heute noch ungefähr 40 <strong>Maya</strong>-Sprachen<br />
übriggeblieben, die von den Nachfahren<br />
in Südmexiko, Belize, Guatemala<br />
<strong>und</strong> Honduras gesprochen werden.<br />
Das Reich der <strong>Maya</strong> wurde nicht etwa<br />
zentral gesteuert. Vielmehr handelte es<br />
sich um ein Bündnis von „Stadtstaaten“.<br />
Die verschiedenen Städte hatten unterschiedliche<br />
Herrscher, oft sprach man<br />
nicht einmal die gleiche Sprache. Die<br />
sozialen Schichten waren starr festgelegt,<br />
die Geburt bestimmte immer schon<br />
im Voraus, welche Rolle im sozialen Leben<br />
ein Mensch später einnehmen würde.<br />
Durch ganz spezielle Erziehung <strong>und</strong><br />
Ausbildung zur Kinder- <strong>und</strong> Jugendzeit<br />
bereitete man die jungen Menschen auf<br />
ihre späteren Aufgaben vor.<br />
Es gab vier gesellschaftliche Hauptklassen:<br />
Adel, Kaufleute, Bauern <strong>und</strong> Sklaven.<br />
Zum Adel gehörten die wenigen<br />
politischen <strong>und</strong> religiösen Führer. Die<br />
Stellung der Kaufleute war bevorzugt,<br />
sie hatten mehr Rechte als die Bauern.<br />
Die untere Gruppe in der Hierarchie<br />
machte den größten Teil der Bevölkerung<br />
aus. Sie waren für die Versorgung<br />
der ganzen Kommune mit den landwirtschaftlichen<br />
Erzeugnissen verantwortlich.<br />
Schließlich waren da noch die<br />
Sklaven, meist waren dies Kriegsgefangene,<br />
die verschleppt wurden <strong>und</strong><br />
schwere Arbeiten verrichten mussten.<br />
5
Eine Gebäudegruppe die von den spanischen Eroberern<br />
„Las Monjas“ (Nonnenkloster) genannt wurde,<br />
weil es sie an die spanischen Klöster erinnerte,<br />
wurde von den Wissenschaftlern als Regierungs<strong>und</strong><br />
Verwaltungspaläste identifiziert. Die Hieroglyphen<br />
<strong>und</strong> die Figuren an den Reliefs deuten auf<br />
diese Erkenntnis hin. Weiterhin ist über der Tür eine<br />
Darstellung eines im Schneidersitz sitzenden Herrschers<br />
mit aufwendigem Federschmuck zu sehen.<br />
In unmittelbarer Nähe steht ein turmartiges<br />
Gebäude mit nur einem Eingang<br />
<strong>und</strong> einem Raum. An der Fassade ist<br />
eine Figur die den Gott des Regens<br />
darstellt. Er wurde von den <strong>Maya</strong>s als<br />
„Chaac“ verehrt. Die Spanier bezeichneten<br />
in ihrer Unwissenheit dieses Gebäude<br />
als Iglesia (Kirche), weil das Gebäude<br />
direkt neben dem „Kloster“ stand<br />
<strong>und</strong> jedes Kloster auch eine Kirche haben<br />
muss.<br />
Wahrscheinlicher ist jedoch, dass diese<br />
Kultstätte einer Regenzeremonie diente.<br />
Ausreichende Niederschläge waren<br />
für die landwirtschaftlich geprägte<br />
Ernährung der <strong>Maya</strong>s von essentieller<br />
Bedeutung.<br />
Das Volk akzeptierte allgemein die Vorherrschaft<br />
des Adels, weil man diesen<br />
für ein Sprachrohr der Götter hielt. Es<br />
galt deshalb als strenge Regel, den Vorgaben<br />
des geistlichen Adels Folge zu<br />
leisten. Daneben galt der Respekt vor<br />
der Familie <strong>und</strong> die Selbstdisziplin des<br />
Einzelnen als wichtigste Gr<strong>und</strong>sätze für<br />
das gesellschaftliche Zusammenleben.<br />
Nach Vorstellung der <strong>Maya</strong> gab es drei<br />
Ebenen im Universum: Unterwelt, Erde<br />
<strong>und</strong> Himmel. Diese Einteilung beeinflusste<br />
den gesamten Lebensrhythmus.<br />
Den Ebenen waren verschiedene Götter<br />
zugeordnet.<br />
Die Unterwelt hieß „Xibalbá“ <strong>und</strong> jede<br />
Höhle galt als Eingang. Da auf der Halbinsel<br />
Yukatan keine Flüsse oder Quellen<br />
vorhanden sind, war das Gr<strong>und</strong>wasser,<br />
das sich unter einer Kalksteinschicht<br />
befand, die Lebensgr<strong>und</strong>lage dieser<br />
Gegend. Durch den Einsturz der Gesteinsdecke<br />
entstanden sogenannte<br />
Cenoten die mit Süßwasser gefüllt sind.<br />
Der Name bedeutet übersetzt „Heilige<br />
Quelle“.<br />
Wissenschaftler verschiedener Forschungsrichtungen<br />
wie Biologen, Geologen,<br />
Geografen <strong>und</strong> Höhlentaucher<br />
fanden in den Cenoten unter anderem<br />
Opfergaben wie Schmuck, Keramikgefäße<br />
<strong>und</strong> menschliche Skelette. Diese<br />
gelten als Zeichen, dass die <strong>Maya</strong> Menschen<br />
opferten, um die Götter gnädig zu<br />
stimmen, was bereits aus Untersuchungen<br />
der Kultstätte Chichén Itzá bekannt<br />
ist. Außerdem wurden die Höhlen auch<br />
als Friedhöfe genutzt. Alle diese F<strong>und</strong>e<br />
6
machten die Forscher in der Nähe der<br />
Höhleneingänge.<br />
Dieser Ort wurde in der <strong>Maya</strong>-Mythologie<br />
von den zwölf Göttern der Unterwelt,<br />
von Tieren <strong>und</strong> von Mischwesen<br />
bewohnt. „Ah Puch“ war der Hauptgott<br />
des Todes, ihm verwandt waren zum<br />
Beispiel „Camazotz“ (Gott der Fledermäuse),<br />
„Zotz“ (Gott der Höhlen), „Vucub<br />
Caquix“ (ein Dämon der Unterwelt)<br />
<strong>und</strong> „Ixtab“ (Göttin des Selbstmordes).<br />
Die Götter des Himmels wurden oft der<br />
Sonne zugeordnet - so zum Beispiel<br />
„Itzamná“ (Hauptgott des Himmels <strong>und</strong><br />
Schöpfer der <strong>Maya</strong>-Kultur), „Kinich Kakmó“<br />
(Gott des Lichtes) <strong>und</strong> „Ix Chel“<br />
(Göttin des Regenbogens). Als erster<br />
Gott galt „Hunabku“, der Schöpfer des<br />
Universums. Auch „Kukulkan“, ein Gott<br />
in Schlangengestalt, spielte eine herausragende<br />
Rolle - von ihm sagte man,<br />
dass er während des Weltuntergangs<br />
auf die Erde zurückkehren wird. Es<br />
gab noch H<strong>und</strong>erte weitere Götter der<br />
<strong>Maya</strong>, so dass es sehr schwierig ist, die<br />
Übersicht zu behalten.<br />
Bei den <strong>Maya</strong> wurden den Göttern<br />
Menschen geopfert. Vergossenes<br />
Menschenblut galt als Garant für die<br />
Fruchtbarkeit der Natur. Geopfert wurden<br />
Kriegsgefangene, aber auch Angehörige<br />
der eigenen Gruppen - <strong>und</strong> zwar<br />
aus allen sozialen Schichten. Es gab<br />
Rituale, bei denen der <strong>Maya</strong>-Priester<br />
dem Opfer mit einem Steinmesser den<br />
Brustkorb öffnete, um das Herz herauszuschneiden,<br />
welches den Göttern als<br />
Geschenk dargeboten wurde.<br />
Chak Mool, die immer wieder bei den<br />
<strong>Maya</strong>stätten gef<strong>und</strong>ene, auf den Rücken<br />
liegende Figur, trägt auf dem<br />
Bauch eine schalenartige Vertiefung. Es<br />
ist sehr wahrscheinlich, dass die Vertiefungen<br />
der Aufnahme von Opfergaben,<br />
auch von menschlichen Herzen dienten.<br />
Untersuchungen haben ergeben, dass<br />
diese Skulpturen erst ab 900 n.Chr. entstanden<br />
sind. Das unten abgebildete<br />
Exemplar befindet sich in Chichén Itzá.<br />
Als heilig verehrt wurde der Ceiba-Baum. Die Mythologie<br />
r<strong>und</strong> um den Baum bestand aus den drei Ebenen<br />
der Welt. Seine Wurzeln reichten bis in die Unterwelt,<br />
dahin kamen die Menschen nach dem Tod. Nach einer<br />
gewissen Zeit, die je nach Lebenswandel unterschiedlich<br />
war, gab es eine Auferstehung <strong>und</strong> Wiedergeburt<br />
durch die Wurzeln in den Stamm, der die Mittelwelt<br />
darstellt, in dem die Menschen wohnen. Die Baumkrone<br />
symbolisiert die Oberwelt <strong>und</strong> die dreizehn Ebenen,<br />
in die der Himmel der <strong>Maya</strong> geteilt war. Die 13.Stufe<br />
war dem Himmelsgott Itzamná vorbehalten.<br />
In einer dieser Himmelsebenen war auch die jeweils<br />
regierende Dynastie angesiedelt.<br />
Dieser Kult macht auch verständlich, dass Menschenopfer<br />
zu dieser Zeit nicht als grausam empf<strong>und</strong>en wurden.<br />
Jedem Opfer war ja die Wiedergeburt in Aussicht<br />
gestellt. Die <strong>Maya</strong> glaubten daran, dass die Fruchtbarkeit<br />
der Felder, die Macht der Herrscherdynastie oder<br />
der Gemeinschaft nur durch Ströme von Menschenblut<br />
gesichert werden konnten.<br />
7
Ballspielplatz<br />
Chichén Itzá<br />
Bei den <strong>Maya</strong>s gab es ein Ritual, das<br />
eigentlich wenig mit Sport zu tun hatte,<br />
obwohl es Ballspiel heißt. In Chichén<br />
Itzá hat man mindestens zwölf Ballspielplätze<br />
gef<strong>und</strong>en. Der Juego de pelota<br />
stellt den größten <strong>und</strong> bedeutendsten<br />
von mehr als 520 Ballspielplätzen der<br />
<strong>Maya</strong>kultur dar. Das Spielfeld ist 168 m<br />
lang <strong>und</strong> 38 m breit <strong>und</strong> wird von acht<br />
Meter hohen Mauern flankiert.<br />
Beim Ballspiel musste der Ball ohne<br />
Hilfe der Hände <strong>und</strong> Beine gespielt werden,<br />
erlaubt waren nur Schulter, Brust<br />
<strong>und</strong> Hüfte. Der Ball bestand aus Kautschuk<br />
<strong>und</strong> war 3 bis 4 kg schwer.<br />
Die Spieler trugen Schutzkleidung <strong>und</strong><br />
das Ziel des Spiels war es, den Ball<br />
durch einen der beiden an den Wänden<br />
angebrachten Ringe zu schießen. Da<br />
die Öffnungen nicht viel größer als der<br />
Ball waren, dürfte dies nur sehr selten<br />
gelungen sein.<br />
8
Die Reliefs an den Seitenwänden<br />
zeigen Szenen aus denen<br />
zu erkennen ist, dass jemand<br />
enthauptet wurde. Aus dem<br />
Rumpf der Enthaupteten wird<br />
das herausschießende Blut in<br />
Form von sieben Schlangen dargestellt,<br />
die bei den <strong>Maya</strong>s als<br />
Symbol für Fruchtbarkeit galten.<br />
Aus dem Blut, das auf den Boden<br />
fließt, erwächst der „Baum<br />
des Lebens“. Diese Darstellung<br />
basiert auf einem Mythos der<br />
<strong>Maya</strong>s, der die Entstehung des<br />
Spiels schildert. Die Darstellung<br />
lässt nach heutigem Wissensstand<br />
keine Rückschlüsse darauf<br />
zu, ob Gewinner oder Verlierer<br />
den Kopf verloren, bzw. ob die<br />
Darstellungen nur symbolisch zu<br />
verstehen sind.<br />
Die religiöse <strong>und</strong> symbolische<br />
Bedeutung des großen Ballspielplatzes<br />
wird durch die, an seine<br />
Mauern angebauten Tempeln<br />
noch unterstrichen.<br />
Die Form der Ballspiel-Kultplätze<br />
änderte sich im Laufe der<br />
Jahrh<strong>und</strong>erte ganz beträchtlich.<br />
Ballspielplatz in Xunantunich (Belize)<br />
9
Die ursprünglich überdachte<br />
Säulenhalle weist durch die<br />
Gleichräumigkeit auf eine<br />
Unterkunft für Menschen<br />
hin, deren Rang nicht unterschiedlich<br />
war. Die Dachkonstruktion<br />
war von Holzbalken<br />
gehalten <strong>und</strong> ist deshalb eingestürzt.<br />
Der Mais<br />
Auf dem Speiseplan der <strong>Maya</strong> stand<br />
vor allem der Mais, dementsprechend<br />
waren die meisten Bauern damit beschäftigt,<br />
die Maispflanze zu kultivieren.<br />
Der Mais war auch Herzstück des religiösen<br />
Systems der <strong>Maya</strong>, sie glaubten,<br />
dass alles menschliche Leben seinen<br />
Ursprung im Mais hat. Der Maisgott,<br />
sein Name war „Naal“, gehört zu den<br />
besonders stark verehrten Göttern.<br />
Weitere bedeutende landwirtschaftliche<br />
Produkte waren Bohnen, „Maniok“ (stärkehaltige<br />
Wurzelknollen), „Ayote“ (eine<br />
besondere Kürbisart), Paprika <strong>und</strong> natürlich<br />
der Kakao. Tierzucht kannten die<br />
<strong>Maya</strong> nicht, ihren Fleischbedarf deckten<br />
sie durch Jagd <strong>und</strong> Fischfang.<br />
Tauschhandel<br />
Jeder <strong>Maya</strong>-Stadtstaat war für die<br />
Landnutzung selbst verantwortlich, normalerweise<br />
gehörte das Land der Allgemeinheit<br />
<strong>und</strong> alle Erzeugnisse wurden<br />
untereinander aufgeteilt. Die verschiedenen<br />
Stadtstaaten bauten auf ihrem<br />
Land teilweise verschiedene Pflanzenarten<br />
an <strong>und</strong> stellten auch sonst unterschiedliche<br />
Produkte her. Dem Bedarf<br />
entsprechend wurde dann auf Märkten<br />
miteinander getauscht <strong>und</strong> gehandelt.<br />
Im Angebot waren zum Beispiel Baumwolle,<br />
Salz, Jadestein, Baumharz („Copal“),<br />
Kakao, die prachtvollen langen<br />
Schwanzfedern des „Quetzals“ (ein in<br />
den Wäldern Mittelamerikas lebender<br />
Vogel) <strong>und</strong> „Obsidian“ (vulkanisches<br />
Gesteinsglas).<br />
Baumaterial<br />
Wie schon erwähnt, dienten die aus<br />
Stein errichteten Tempelpyramiden als<br />
Unterbauten für die auf der obersten<br />
Ebene gebauten <strong>und</strong> den Göttern geweihten<br />
Tempeln. In einigen Pyramiden<br />
wurden Gräber von Herrschern, Priesterkönigen,<br />
Schreibern <strong>und</strong> Geopferten<br />
gef<strong>und</strong>en.<br />
Das Baumaterial waren Blöcke aus<br />
Granit, die oft von weit her geschafft<br />
wurden. Als „Mörtel“ wurde zermalmter<br />
<strong>und</strong> in der heißen Sonne gebrannter<br />
Kalkstein, vermengt mit pflanzlichen Fasern<br />
verwendet. Mit Wasser vermischt,<br />
ergab das eine Verbindung der Steinblöcke,<br />
die Jahrh<strong>und</strong>erte überdauerte.<br />
10
Das Ende der <strong>Maya</strong>kultur<br />
Es gibt verschiedene Theorien darüber,<br />
warum sich das Imperium der <strong>Maya</strong> ab<br />
etwa 900 n.Chr. langsam aber sicher<br />
auflöste - man spricht auch vom Untergang<br />
der „klassischen“ <strong>Maya</strong>-Kultur.<br />
Damals war es zu einem massiven Bevölkerungsschw<strong>und</strong><br />
gekommen, ganze<br />
Städte wurden aufgegeben <strong>und</strong> zerfielen<br />
unbewohnt. Die Ruinen fand man<br />
später vom Dschungel überwuchert.<br />
Eine Theorie geht davon aus, dass die<br />
Böden unfruchtbar geworden waren <strong>und</strong><br />
die Menschen sich deshalb nicht mehr<br />
ernähren konnten. Andere Theorien vermuten<br />
Katastrophen, Krankheiten oder<br />
klimatische Veränderungen.<br />
Es scheint wahrscheinlich, dass die<br />
Niederschlagsmenge in den Jahren zwischen<br />
900 <strong>und</strong> 1000 im <strong>Maya</strong> Gebiet<br />
sehr gering gewesen waren. Die Temperaturdurchschnitte<br />
stiegen damals kontinuierlich<br />
an, wie computergesteuerte<br />
Klimasimulationen zeigen. Also ein Klimawandel<br />
der nicht von Menschen verursacht<br />
wurde <strong>und</strong> man keinen erhöhten<br />
CO² Ausstoß als Ursache plakatieren<br />
kann. Auch der Gr<strong>und</strong>wasserspiegel in<br />
den Cenoten sank dramatisch, wie F<strong>und</strong>e<br />
von Tauchern heute beweisen.<br />
Cenote de los Sacrificios in Chichén<br />
Itzá: Die Heilige Quelle war auch Opferplatz<br />
unweit des Zentrums.<br />
Die Spanier unter Hernán Cortés erreichten die mexikanische<br />
Halbinsel Yucatan 1519. Die Blüte der <strong>Maya</strong>hochkultur war<br />
zu diesem Zeitpunkt bereits lange beendet. Trotzdem wehrten<br />
sich die dezimierten Städte anfangs erfolgreich gegen die<br />
spanischen Conquistadoren. Dennoch schafften die Spanier<br />
es schlussendlich, das Reich unter ihre Herrschaft zu bringen<br />
<strong>und</strong> einen großen Teil der <strong>Maya</strong>kultur zu vernichten<br />
11
<strong>Inka</strong><br />
Erbaut wurde Machu Picchu um 1450<br />
auf Befehl des <strong>Inka</strong>-Herrschers Pachacutec<br />
Yupanqui, der von 1438 bis 1471<br />
regierte.<br />
Den Zweck den die Stadt in der damaligen<br />
Zeit erfüllte, wird von den Wissenschaftlern<br />
als Gebetsstätte, Sternwarte,<br />
Begräbnisstätte <strong>und</strong> Landsitz des 9. <strong>Inka</strong>herrschers<br />
angegeben.<br />
Entdeckt wurde die Stelle von dem Forscher<br />
<strong>und</strong> Archäologen Hiram Bingham<br />
im Jahr 1911 mit Hilfe von Einheimischen.<br />
Die Stadt umfasste 216 steinerne Bauten,<br />
die durch ein ausgeklügeltes System<br />
mit Wasser versorgt wurden. Abwasserkanäle,<br />
die teilweise unterirdisch<br />
verliefen, zeigen von moderner Architektur.<br />
Der gute Zustand der zusammengefügten<br />
Felsblöcke von Machu Picchu hat<br />
uns überrascht. Die <strong>Inka</strong>-Stadt ist in einem<br />
oberen Teil <strong>und</strong> in einem unteren<br />
Teil gegliedert. Es finden sich Häuser,<br />
Tempel, Plätze <strong>und</strong> Brunnen. Terrassen<br />
für die Landwirtschaft füllen jedes freie<br />
Plätzchen aus. Mit dem daraus resultierenden<br />
Ertrag konnten die <strong>Inka</strong>s mehr<br />
als 1000 Menschen versorgen. Das<br />
ganze Ambiente ist durch ein Netz von<br />
12
unzähligen Stiegen <strong>und</strong> Wegen verb<strong>und</strong>en<br />
<strong>und</strong> passt sich dem steilen Gelände<br />
hervorragend an.<br />
Auffällig sind die trapezförmigen Türen,<br />
Fenstern <strong>und</strong> Nischen. Diese Form begleitete<br />
uns durch ganz Peru.<br />
Die Bearbeitung mit Stein- <strong>und</strong> Bronzewerkzeug,<br />
damit die Blöcke nahtlos<br />
zusammengefügt werden konnten, ist<br />
durch F<strong>und</strong>e belegt <strong>und</strong> erforscht. Wie<br />
die <strong>Inka</strong>s diese riesigen Granitblöcke<br />
hierher schaffen konnten ist bis heute<br />
ein Rätsel. Steinbrüche wurden in der<br />
näheren Umgebung keine gef<strong>und</strong>en.<br />
Ein Merkmal der <strong>Inka</strong>-Häuser, die als<br />
Wohnstätten verwendet wurden, sind<br />
die Steinpflöcke die sowohl außen als<br />
auch innen zu finden sind. Während<br />
die Funktion an der Außenseite zur<br />
Dachbefestigung klar ist, gibt es für<br />
die Innenseite verschiedene Forschermeinungen.<br />
Die wahrscheinlichste<br />
Verwendung war das Aufhängen von<br />
Gegenständen, da kaum Reste von Möbeln<br />
gef<strong>und</strong>en wurden.<br />
Im Bezirk der Zeremoniengebäude sticht der einzige R<strong>und</strong>bau ins Auge.<br />
Angeschlossen an den Sonnentempel <strong>und</strong> den Prinzessinenpalast war<br />
das Observatorium. Jede <strong>Inka</strong>-Siedlung hatte so eine Einrichtung. Es<br />
diente der Ablesung der Sonnenwende um die Ernte bzw. Aussaat zeitgemäß<br />
genau zu bestimmen. Immer wenn die Sonnenstrahlen zweimal<br />
im Jahr durch ein bestimmtes Fenster genau auf die, damals noch goldene<br />
Spitze des großen Monoliths fielen, wussten die Gelehrten dass<br />
die Regenzeit bzw. Trockenzeit begann.<br />
13
Die aus dem Felsboden des Sonnentempels<br />
herausgearbeitete Skulptur<br />
wird als „Wasserspiegel zum Beobachten<br />
des Himmels“ gedeutet. In der<br />
Literatur wird auch von den Augen<br />
der Pachamama (Mutter Erde) gesprochen.<br />
Entstehung der <strong>Inka</strong>-Kultur<br />
Im Kondor-Tempel wurde der heilige Vogel verehrt. Eine<br />
Steinfigur diente als Kult- <strong>und</strong> Opferstätte. Ein Gefängniskomplex<br />
steht direkt hinter dem Tempel <strong>und</strong> besteht aus<br />
Nischen in Menschengröße <strong>und</strong> einem unterirdischen Labyrinth<br />
von Verliesen.<br />
14<br />
Die Besiedelung von Peru ist auf die<br />
letzte Eiszeit vor ca. 20.000 Jahren<br />
zurückzuführen. Über die damals zugefrorene<br />
Beringstraße wanderten im<br />
Norden beheimatete Menschengruppen<br />
notgedrungen nach Süden. Aus den Nomaden<br />
<strong>und</strong> Jägern wurden Siedler <strong>und</strong><br />
sesshafte Volksstämme.<br />
Die erste Hochkultur entstand 2600<br />
v.Chr., also etwa zur Zeit des ägyptischen<br />
Pyramidenbaues <strong>und</strong> lange vor<br />
den Bauten der <strong>Azteken</strong> in Mexiko. Die<br />
Caral-Dynastie verschwand um 1600<br />
v.Chr. Es wird vermutet, dass extreme,<br />
andauernde Wetterphänomene mit Missernten<br />
den Ausschlag dafür gaben.<br />
Die Chavin-Hochkultur beherrschte große<br />
Teile Perus von 1000 v.Chr. bis 200<br />
v.Chr. Das war die Zeit der Shang-Dynastie<br />
in China <strong>und</strong> Beginn des Römischen<br />
Reiches.<br />
Die rechts abgebildete gravierte Steintafel<br />
ist aus dieser Epoche. Die 3000<br />
Jahre alte Steintafel stammt aus einer
Ausgrabung <strong>und</strong> zeigt Geistergesichter,<br />
Jaguarzähne, Schlangen <strong>und</strong> Adlerfedern<br />
als vereinende Symbole der<br />
gemeinsamen Religion, aber auch zur<br />
Unterdrückung des gemeinen Volkes.<br />
Nach dem Untergang der Chavin-Dynastie,<br />
ungefähr 200 v.Chr. gab es mehrere<br />
verschiedene Kulturen, die sich gegenseitig<br />
bekriegten <strong>und</strong> wechselnden<br />
Einfluss in den lokalen Gebieten ihrer<br />
Machtgrenzen besaßen.<br />
Hervorzuheben wäre die Kultur der<br />
Pukara, deren politische <strong>und</strong> kulturelle<br />
Zentren im Raum um den Tiiticacasee<br />
angesiedelt waren <strong>und</strong> die über 1000<br />
Jahre dort die Macht innehatten.<br />
Erst 600 n.Chr. konnte sich die Dynastie<br />
der Wari entscheidend durchsetzen<br />
<strong>und</strong> sie beherrschten große Teile des<br />
Küstenlandes bis zu den Bergmassiven<br />
der Anden. Ihnen war es gelungen den<br />
landwirtschaftlichen Anbau wesentlich<br />
zu verbessern.<br />
Die <strong>Inka</strong> kamen ursprünglich aus dem<br />
Tiefland des Amazonasgebietes <strong>und</strong><br />
herrschten von 1200 n.Chr. bis zur spanischen<br />
Eroberung am 16.November<br />
1532. Die Hauptsäulen der Kultur waren<br />
die Landwirtschaft <strong>und</strong> der bedingungslose<br />
Gehorsam gegenüber dem<br />
<strong>Inka</strong>-König, der als Gott verehrt wurde.<br />
In der Mythologie ist verzeichnet, dass<br />
sie vom Sonnengott lnti abstammen.<br />
Das Reich gliederte sich in r<strong>und</strong> 200<br />
ethnische Gruppen, die nach <strong>und</strong> nach<br />
erobert <strong>und</strong> unterworfen wurden. Anfangs<br />
wurde die Gegend um Cusco besiedelt.<br />
Der Ort liegt in 3.500 m Höhe<br />
im Hochgebirge <strong>und</strong> war das religiöse,<br />
wirtschaftliche, politische <strong>und</strong> kulturelle<br />
Zentrum des Reiches.<br />
Im 13. Jahrh<strong>und</strong>ert begann die Expansion,<br />
die im 15. Jahrh<strong>und</strong>ert dazu führte,<br />
dass die <strong>Inka</strong> unter ihrem Herrscher<br />
Pachacuti größere Territorien eroberten.<br />
Das Reich Tahuantinsuyu (Land der<br />
vier Viertel) umfasste in seiner Blütezeit<br />
mehr als ein Drittel der Gesamtfläche<br />
von Südamerika.<br />
15
Der Aufbau des riesigen Reiches geschah<br />
in nicht einmal 100 Jahren. Es<br />
war nicht nur das größte Reich in der<br />
Zeit vor der Entdeckung Amerikas<br />
durch Columbus, sondern auch eines<br />
der größten Herrschaftsgebiete der<br />
Menschheitsgeschichte. Die Gegensätze<br />
reichten von den schneebedeckten<br />
Anden zur wüstenähnlichen Pazifikküste<br />
<strong>und</strong> zum Amazonas-Urwald auf der<br />
Ostseite.<br />
Die <strong>Inka</strong> vereinheitlichten soziale Systeme<br />
der eroberten Völker, übernahmen<br />
aber auch Teile der anderen Kultur<br />
<strong>und</strong> nutzten die Fähigkeiten der lokalen<br />
Bevölkerung, vor allem in Bezug auf<br />
die Landwirtschaft. Ihre Sprache heißt<br />
Quechua (sprich: Ketschua). Den unterworfenen<br />
Völkern zwangen die <strong>Inka</strong> ihre<br />
Sprache auf. Sie wird übrigens noch<br />
heute von den Indios in den Anden gesprochen.<br />
Es herrschte eine strenge Gesellschaftsordnung,<br />
an deren Spitze der<br />
<strong>Inka</strong>herrscher stand. Beamte wurden<br />
eingesetzt um das Riesenreich zahlenmäßig<br />
zu erfassen <strong>und</strong> die Arbeit der<br />
Bauern zu überwachen. Dem Sapa <strong>Inka</strong><br />
wurden dann die Zahlen über Geburten,<br />
Sterbefälle, Höhe der Mais- <strong>und</strong> Kartoffelernten,<br />
Anzahl der Lamas <strong>und</strong> Meerschweinchen<br />
des Reiches vorgelegt.<br />
Geld kannten die <strong>Inka</strong> nicht. Statt Abgaben<br />
steuerten die Einwohner mit ihrer<br />
Arbeitskraft zum Wohlstand des Reiches<br />
bei. Ihre Arbeitszeit teilte sich in<br />
drei gleiche Teile auf: Ein Drittel mussten<br />
sie für den Sonnenkult arbeiten. Das<br />
zweite Drittel wurde beim Militär oder<br />
beim Adel abgeleistet. Das letzte Drittel<br />
durften die Menschen für den eigenen<br />
Lebensunterhalt <strong>und</strong> den ihrer Familien<br />
aufwenden.<br />
Die <strong>Inka</strong> waren hervorragende Landwirte.<br />
Nur so lässt sich die Bevölkerung<br />
eines solchen großen Staates auch ernähren.<br />
Sie kannten 20 verschiedene<br />
Maissorten, 240 Kartoffelarten, dazu<br />
kamen Bohnen, verschiedene Getreide<br />
wie Quinoa <strong>und</strong> Amarant, Kürbis, Tomaten,<br />
Paprika <strong>und</strong> exotische Früchte. Zu<br />
ihren Haustieren zählten Lamas, Alpakas,<br />
Enten <strong>und</strong> Meerschweinchen. An<br />
den Hängen des Hochgebirges wurden<br />
Terrassenfelder angelegt, die mit Kanälen<br />
bewässert wurden. Die Größe der<br />
Rinnen wurde jeweils genau auf die benötigte<br />
Wassermenge berechnet.<br />
16
Die Dimension der Kanäle verjüngte sich nach jeder Abzweigung.<br />
An den Berghängen war die Wasserversorgung durch<br />
das Schmelzwasser der Gletscher die bis zu 5000 m aufragten<br />
gesichert. In den flacheren Gegenden wurden Regenwasser<br />
Reservoirs gebaut.<br />
17
Die riesigen Feldblöcke wurden nahtlos<br />
<strong>und</strong> ohne Mörtel aufeinander geschlichtet.<br />
Peru ist eine Erdbebenzone <strong>und</strong><br />
doch hatten alle <strong>Inka</strong>bauten auch heftige<br />
Erdstöße ohne Schaden überstanden.<br />
Das Geheimnis liegt in der Verzahnung<br />
<strong>und</strong> Anordnung der Steine im<br />
Winkel von 5° konisch nach oben <strong>und</strong><br />
nach innen.<br />
Die Baukunst der <strong>Inka</strong> reichte weit über<br />
das Bauen von Festungen, wie Machu-Picchu<br />
oder die Felsenterassen hinaus.<br />
Die 5.200 km lange Andenstraße<br />
<strong>und</strong> die 4.000 km lange Küstenstraße<br />
sind beachtlichen Leistungen der Straßenbauer,<br />
aber auch der Arbeiter.<br />
Über den Rio Apurimac, einem Abschnitt<br />
des Amazonas, führte eine 60<br />
m lange aus Pflanzenfasern geflochtene<br />
Hängebrücke, die von den Chasqui,<br />
den Stafettenläufern, genutzt wurde,<br />
um Nachrichten <strong>und</strong> Befehle des Sapa<br />
<strong>Inka</strong> zu überbringen. Die Stafettenläufer<br />
konnte auf diese Weise bis zu 400 km<br />
am Tag in dem 40.000 km umfassenden<br />
Straßennetz zurücklegen.<br />
Bei uns in Europa werden Meerschweinchen<br />
als Haustiere gehalten. In dieser<br />
südamerikanischen Region werden<br />
auch Meerschweinchen gehalten, aber<br />
nicht als Haustiere sondern als Zuchttiere<br />
um als gegrillte Spezialität verzehrt zu<br />
werden. Jährlich werden Millionen von<br />
Meerschweinchen in Peru verspeist.<br />
Es wird vermutet, dass sie bereits seit<br />
2500 v.Chr. gehalten wurden <strong>und</strong> bei <strong>Inka</strong>-Festen<br />
verspeist wurden.<br />
Die Festung Sacsayhuaman ist ein beeindruckendes<br />
Beispiel militärischer<br />
<strong>Inka</strong>-Architektur. Es besteht aus drei<br />
großen terrassenförmig übereinander<br />
gebauten Zickzackmauern. Die immensen<br />
Granitbefestigungen erstrecken sich<br />
über ca. 300 Meter mit bis zu fünf Meter<br />
hohen Steinen, die bis zu 350 Tonnen<br />
wiegen. Die Steine passen ohne Mörtel<br />
fugenlos auf- <strong>und</strong> aneinander, sodass<br />
nicht einmal eine Messerklinge dazwischen<br />
Platz hat.<br />
Die Schutzwälle verfügen über 22 Ecken<br />
<strong>und</strong> sind so angelegt, dass niemand sie<br />
unbemerkt erklimmen konnte. Tausende<br />
Männer hievten die riesigen Steine<br />
dorthin. Die vor den Wällen verlaufende<br />
Ebene diente wahrscheinlich als riesiger<br />
Zeremonienplatz für religiöse <strong>und</strong><br />
militärische Anlässe. Drei Türme wachten<br />
über die Festung. Die verbliebenen<br />
F<strong>und</strong>amente zeigen ihre enormen Ausmaße.<br />
Sie waren durch unterirdische<br />
Gänge verb<strong>und</strong>en, über die der Nach-<br />
18
schub <strong>und</strong> die Nachrichtenübermittlung<br />
erfolgte. Cuscos Einwohner suchten im<br />
Notfall in der Festung Zuflucht.<br />
Während der Schlacht von 1536 zwangen<br />
die Spanier die <strong>Inka</strong> in die Türme<br />
<strong>und</strong> metzelten sie nieder.<br />
Die Vögel auf Cuscos Wappen sind ein<br />
makabrer Hinweis auf die unzähligen<br />
Opfer der Schlacht, deren Leichen die<br />
Aasgeier fraßen.<br />
Schon bald nach ihrem Sieg rissen die<br />
Spanier viele Mauern ein <strong>und</strong> nutzten<br />
Sacsayhuaman in der Folge als Steinbruch.<br />
Sie verwendeten die Steine zum<br />
Bau von Kirchen <strong>und</strong> Häusern in Cusco.<br />
Moray ist eine landwirtschaftliche Versuchsanlage<br />
der <strong>Inka</strong>s. Das System<br />
besteht aus vielen Terrassen in verschiedenen<br />
Höhen <strong>und</strong> Breiten, die auf<br />
Steinwänden errichtet wurden <strong>und</strong> mit<br />
Erde gefüllt sind. Die Anlage wurde in<br />
einen 70m tiefen Krater gebaut, deren<br />
Ursprung unklar ist. Durch die r<strong>und</strong>e Anordnung,<br />
der Sonnenstandberücksichtigung,<br />
der Menge der Bewässerung<br />
<strong>und</strong> der aufsteigenden Terrassen ergibt<br />
sich ein unterschiedliches Pflanzenklima.<br />
Die <strong>Inka</strong> testeten hier verschiedene<br />
Pflanzenarten auf den bestmöglichen<br />
Ertrag. Die Seehöhe beträgt hier<br />
3500m. Ausgrabungen haben etwa 250<br />
verschiedene Getreide <strong>und</strong> Gemüsesorten<br />
zu Tage gefördert.<br />
Die Landwirtschaft wurde auf Gr<strong>und</strong> der<br />
Erkenntnisse von Moray auf den unzähligen<br />
Terrassenfeldern im ganzen Land<br />
planmäßig betrieben.<br />
Die astronomischen Kenntnisse über<br />
Sonnenstandswinkel <strong>und</strong> das Wissen<br />
über Regenzeit <strong>und</strong> Trockenperioden<br />
ergänzten das Wissen über die Pflanzenk<strong>und</strong>e<br />
<strong>und</strong> machten das <strong>Inka</strong>-Reich<br />
zu einer damaligen Erfolgsgeschichte.<br />
Bildung <strong>und</strong> Wissenschaft war den <strong>Inka</strong><br />
wichtig. Sie errichteten das Yacha huaci,<br />
das Haus des Wissens, in dem junge<br />
Adelsmänner in Sprachen, Religion, Astronomie,<br />
Astrologie, Philosophie, Mathematik,<br />
Baukunst <strong>und</strong> Kriegsführung<br />
unterrichtet wurden.<br />
Sie glaubten an ein Leben nach dem<br />
Tode <strong>und</strong> ließen die Toten mumifizieren.<br />
Anders als in Ägypten wurden die<br />
Mumien in Höhlen oder Felsspalten beigesetzt.<br />
Typisch ist auch die hockende<br />
Stellung.<br />
19
20
Der Hauptplatz von Cusco wird von der goldenen Statue<br />
des <strong>Inka</strong>herrschers Pachacutec dominiert. Zu Zeiten der<br />
<strong>Inka</strong> diente der Platz vorwiegend für Zeremonien <strong>und</strong> war<br />
mit weißem Sand bedeckt. So wurde hier auch das Sommerfest<br />
„Inti Raymi“ mit Tieropfern gefeiert.<br />
Die <strong>Inka</strong> verwendeten eine Knotenschrift namens Quipu<br />
(Kipu). Damit hielten sie Informationen fest. An einer<br />
Hauptschnur hingen mehrere andere Schnüre herunter, in<br />
die Knoten geknüpft wurden. Ihre Position oben, in der Mitte<br />
<strong>und</strong> unten sowie die Art des Knotens mit verschiedenen<br />
Schlaufen oder als Achterknoten bedeutete jeweils etwas<br />
anderes. Auf diese Weise wurde zum Beispiel die Geschichte<br />
der <strong>Inka</strong>-Herrscher festgehalten.<br />
Quipus waren auch wichtige Buchhaltungsinstrumente für<br />
die Verwaltung der dem <strong>Inka</strong>-Reich unterworfenen Regionen.<br />
Sie wurden verwendet, um wichtige quantitative Informationen<br />
aufzuzeichnen <strong>und</strong> zu übermitteln, die durch Knoten<br />
an hängenden Seilen ausgedrückt wurden.<br />
21
Cuerda principal = Tragseil centenas = 100er decenas = 10er unidades = 1er<br />
Das Ende der <strong>Inka</strong>kultur<br />
Doch all ihr Wissen half den <strong>Inka</strong> nichts,<br />
als am 15. November 1533 der spanische<br />
Eroberer <strong>und</strong> Abenteurer Francisco<br />
Pizarro mit nur 159 Männern die<br />
Hauptstadt Cusco fast ohne Widerstand<br />
der Bevölkerung einnahm. Gegen die<br />
Feuerwaffen der Spanier waren die <strong>Inka</strong><br />
machtlos. Zusätzlich fürchteten sie sich<br />
vor den Pferden der Spanier. So große<br />
Tiere haben sie vorher noch nie zu Gesicht<br />
bekommen.<br />
Zuvor hatte er mit einer List <strong>und</strong> in einem<br />
Überraschungsangriff weit vor<br />
den Toren der Stadt den <strong>Inka</strong>herrscher<br />
Atahualpa gefangen genommen. Gegen<br />
ein Lösegeld in Form eines ganzen<br />
Zimmers voll Gold soll Atahualpa wieder<br />
freikommen. Trotz Übergabe des Goldes<br />
lässt Pizarro den <strong>Inka</strong>herrscher kurze<br />
Zeit später töten.<br />
Der Tod ihres Sapa <strong>Inka</strong> machte die<br />
Menschen kopflos. Ihr Herrscher war<br />
das Zentrum ihres Lebens, ohne ihn<br />
ging nichts mehr. Doch damit war ihr<br />
weiteres Schicksal <strong>und</strong> der Untergang<br />
des <strong>Inka</strong>reiches besiegelt. Die spanischen<br />
Eroberer zerstörten die Stadt<br />
Cusco fast vollständig.<br />
Der letzte <strong>Inka</strong>herrscher starb 1572, mit<br />
ihm auch der letzte Widerstand gegen<br />
die spanischen Eroberer <strong>und</strong> das Reich<br />
des Sonnengottes.<br />
In der Folgezeit rauben die Spanier den<br />
<strong>Inka</strong> aber nicht nur ihr Reich, sondern<br />
auch ihre Kunst <strong>und</strong> Kultur. Die Ausübung<br />
des ausgeprägten Totenkults<br />
wird unter Strafe gestellt, die mit reichen<br />
Beigaben versehenen Grabstätten werden<br />
geplündert. Alles was die neuen<br />
Herren an Gold finden können, wird herbeigeschafft,<br />
eingeschmolzen <strong>und</strong> nach<br />
Spanien verschifft. Die Gier scheint unersättlich.<br />
Historiker sprechen vom Ausverkauf einer<br />
ganzen Kultur. Unmengen an Kunstschätzen<br />
sind so unwiederbringlich für<br />
die Nachwelt verloren gegangen.<br />
Mehr als 14 Millionen tote Einheimische,<br />
zerstörtes Kulturgut <strong>und</strong> die gewaltsame<br />
Christianisierung durch den<br />
Jesuitenorden säumten den Weg der<br />
Konquistadoren.<br />
Außer den kunsthandwerklichen Traditionen,<br />
Ruinen <strong>und</strong> Mythen ist nur die<br />
Sprache Quechua von dem ehemals<br />
größten Reich des Kontinents übriggeblieben.<br />
Die <strong>Inka</strong> führten sie einst als<br />
Amtssprache für alle eroberten Völker<br />
ein.<br />
22
<strong>Azteken</strong><br />
Die <strong>Azteken</strong> stellten die letzte bedeutende<br />
Hochkultur Mittelamerikas<br />
vor der Eroberung durch die Spanier<br />
dar. Zur Ankunft der Eroberer hatte<br />
ihre Hauptstadt 250.000 Einwohner.<br />
Das Volk nannte sich selbst Mexica<br />
<strong>und</strong> beherrschte weite Teile des heutigen<br />
Mexikos. Sie verfügten über<br />
eine Schulpflicht <strong>und</strong> ein gutes Bildungssystem,<br />
dennoch sind sie vor<br />
allem durch ihre brutalen Opferrituale<br />
bekannt. Mexiko City, Hauptstadt<br />
des heutigen Mexikos, wurde auf den<br />
Ruinen der damaligen Hauptstadt<br />
der <strong>Azteken</strong> Tenochtitlan erbaut. Einige<br />
Ruinen wurden restauriert <strong>und</strong><br />
sind heute zu bew<strong>und</strong>ern.<br />
Die Blütezeit begann 1350 <strong>und</strong> hatte<br />
Anfang des 16. Jahrh<strong>und</strong>erts die<br />
größte Ausdehnung des Reiches.<br />
Die Karte zeigt die Ausdehnung des aztekischen Herrschaftsgebietes um 1500<br />
Das Volk der <strong>Azteken</strong> oder Mexica,<br />
wie sie sich selbst bezeichneten,<br />
wanderten von Aztlan<br />
(heutiger Südostteil der USA)<br />
Richtung Süden, geleitet von<br />
ihrem Sonnen- <strong>und</strong> Kriegsgott<br />
Huitzilopochtli. Nach vielen Jahren<br />
der Reise, auf der sie sich<br />
immer wieder niederließen <strong>und</strong><br />
dann weiterzogen, erreichten die<br />
<strong>Azteken</strong> das Tal von Mexiko, wo<br />
sie sich endgültig inmitten des<br />
Sees von Texcoco niederließen.<br />
Das Volk, das zu dieser Zeit über<br />
weite Teile des Tals herrschte,<br />
erlaubte den <strong>Azteken</strong>, sich auf<br />
einzelnen Felsinseln im See<br />
niederzulassen. Der Gedanke<br />
war, sie so als Abgabepflichtige<br />
in das Reich zu integrieren. Die<br />
Gründung der Stadt Tenochtitlan<br />
fand im Jahr 1325 n.Chr. statt.<br />
Die <strong>Azteken</strong> verließen mit Kanus ihr Ursprungsland Aztlan. Ihr erster Halt<br />
war der Berg Colhuacan, an dem ein Priester zu Huitzilopochtli sprach.<br />
23
Die Stadt wurde in vier Viertel<br />
aufgeteilt <strong>und</strong> im „Zentrum des<br />
Universums“ entstand der Tempel<br />
ihrer Hauptgötter. Von diesem großen<br />
Platz gingen vier breite, zum<br />
Festland führende Straßen aus,<br />
die den vier Himmelsrichtungen<br />
entsprachen. Der Haupttempel<br />
(Templo Mayor) stand Richtung<br />
Westen. Der Tempelbau bestand<br />
aus einer großen Plattform, auf<br />
der sich zwei Gebetstempel erhoben.<br />
Einer war Tlaloc gewidmet,<br />
dem Gott des Regens, der Fruchtbarkeit<br />
<strong>und</strong> somit auch der Landwirtschaft.<br />
Rechts residierte Huitzilopochtli,<br />
der Kriegs- <strong>und</strong> Sonnengott. Er<br />
verkörperte die kriegerische Expansion<br />
<strong>und</strong> die Herrschaft über<br />
andere Völker, denen Abgabezahlungen<br />
auferlegt wurden. Auf diese<br />
Weise war sowohl das Wasser<br />
als auch der Krieg im wichtigsten<br />
Bauwerk Tenochtitlans zugegen<br />
<strong>und</strong> beides repräsentierte die blühende<br />
Wirtschaft der Mexica, die<br />
eben auf diesen zwei Säulen beruhte:<br />
Landwirtschaft <strong>und</strong> Krieg.<br />
Die Gebetstempel erreichte man<br />
über zwei Treppen, die zum oberen<br />
Bereich hinaufführten.<br />
Kriegsgott Huitzilopochtli<br />
Modell des Templo Mayor auf Gr<strong>und</strong> historischer<br />
<strong>und</strong> archäologischer Daten erstellt.<br />
Der Kopf des Regen- <strong>und</strong><br />
Fruchtbarkeitsgottes Tlaloc.<br />
Der aztekische Sonnenstein zeigt im<br />
Zentrum das Gesicht des Sonnengottes<br />
Tonatiuh.<br />
Der Templo Mayor war ein Ort allergrößter<br />
Heiligkeit. Von hier aus konnte man<br />
in die himmlischen Gefilde hinauf- oder<br />
auch in die Tiefen der Unterwelt hinabsteigen.<br />
Die Vorstellung der Mexica vom<br />
Universum ging von drei gr<strong>und</strong>legenden<br />
Ebenen aus: In der Mitte lag die Erde;<br />
der Ort, an dem die Menschen leben.<br />
Darüber existierten dreizehn Himmel.<br />
Unterhalb der Erde gab es neun Ebenen,<br />
24<br />
von denen die neunte <strong>und</strong> tiefste Ebene<br />
die Welt der Toten war.<br />
Feste <strong>und</strong> Zeremonien, die für die Götter<br />
gefeiert <strong>und</strong> abgehalten wurden, waren<br />
im Nahuatl-Kalender festgelegt. Er bestand<br />
aus achtzehn Monaten von jeweils<br />
zwanzig Tagen, was insgesamt 360 Tage<br />
ergab, plus fünf Tage, die als Schicksalstage<br />
galten.<br />
An dieser Stelle ist es wichtig, auf die<br />
überaus große Bedeutung der Götter bei<br />
allen wichtigen Ereignissen des menschlichen<br />
Lebens hinzuweisen. Von Geburt<br />
an <strong>und</strong> bis zu ihrem Tod waren alle Menschen<br />
dem Willen der Götter unterworfen.<br />
Deshalb musste der Mensch ihnen<br />
mit einer Reihe von Zeremonien <strong>und</strong> Opfergaben<br />
dienen, damit so stets die gutwillige<br />
Seite der Gottheiten vorherrschte.
Die aztekische Gesellschaft bestand aus<br />
zwei Bevölkerungsgruppen: Eine Gruppe<br />
bildeten die Pillis oder Adligen, die andere<br />
die Macehualtin oder Leute des Volkes.<br />
Der oberste Herrscher, der Tlatoani<br />
wurde von einem Rat gewählt. Gemäß<br />
der Tradition musste es nicht zwingend<br />
der Sohn des vorherigen Herrschers<br />
sein. Es konnte auch ein Bruder oder ein<br />
anderer Angehöriger gewählt werden,<br />
sofern er ein Mitglied des königlichen<br />
Hauses war. Die hohen Minister des Imperiums,<br />
die Priester <strong>und</strong> die Krieger von<br />
hohem hierarchischem Rang gehörten<br />
ebenfalls zum Adel. Diese waren von der<br />
Pflicht der Steuerabgaben befreit, <strong>und</strong><br />
wurden in der Tempelschule ausgebildet.<br />
Ein Weg zu hohem gesellschaftlichem<br />
Rang bestand darin, als guter <strong>und</strong> tapferer<br />
Kämpfer aus den Schlachten hervorzugehen.<br />
Des Weiteren gab es die<br />
Kaufleute oder Pochtecas, die bestimmte<br />
Privilegien besaßen. Sie durften zum<br />
Beispiel über eine eigene Schutztruppe<br />
verfügen, die sie auf ihren Handelsreisen<br />
begleitete. Außerdem durften sie auf den<br />
Märkten eigene Richter einsetzen, um<br />
etwaige Streitigkeiten zu schlichten, die<br />
durch den Austausch von Waren entstehen<br />
konnten.<br />
Die Macehualtin stellten den Großteil der<br />
Bevölkerung dar. Dieser umfasste Fachleute,<br />
die auf bestimmte Arbeiten spezialisiert<br />
waren, zum Beispiel Steinschleifer,<br />
Weber, Töpfer, Architekten, Maurer, Hilfsarbeiter,<br />
Mediziner <strong>und</strong> verschiedene<br />
Künstler wie etwa Bildhauer <strong>und</strong> Maler.<br />
Sie hatten ihre eigene Schule <strong>und</strong> mussten<br />
für die Produkte, die sie herstellten,<br />
Tribut an den Herrscher zahlen.<br />
Ein nicht geringer Anteil der Bevölkerung<br />
bestand aus Bauern, die sich der Landwirtschaft<br />
widmeten. Hierbei wurden<br />
bestimmte Gerätschaften eingesetzt,<br />
wie etwa Setzstöcke. Als Anbauflächen<br />
dienten künstliche Inseln am Seeufer,<br />
ein System, bei dem die Feuchtigkeit des<br />
Erdbodens genutzt wurde, um r<strong>und</strong>herum<br />
Kanäle zu graben <strong>und</strong> feuchte Erde<br />
aufzuhäufen. Diese Technik führte jedes<br />
Jahr zu guten Ernten.<br />
Trotz ihrer umfangreichen strategischen<br />
Planungen <strong>und</strong> gesellschaftlicher straffer<br />
Ordnung konnten die <strong>Azteken</strong> ihren<br />
Einflussbereich erst erweitern nachdem<br />
sie sich mit den beiden Nachbarvölkern<br />
Acolhua <strong>und</strong> Tepaneken zusammenschlossen.<br />
1428 entstand dieser aztekische<br />
Dreib<strong>und</strong> <strong>und</strong> erlaubte viele Eroberungsfeldzüge<br />
die mit Unterjochung<br />
von mehr als 30 Stämmen endete. Die<br />
Besiegten wurden zum Teil versklavt <strong>und</strong><br />
der Rest musste hohe Abgaben entrichten.<br />
Ein Drittel der Ernte lieferten sie dem<br />
<strong>Azteken</strong>herrscher ab.<br />
25
Teotihuacán<br />
Die Pyramiden im Tempelbezirk Teotihuacán,<br />
ca. 45 km nordöstlich von Mexiko-Stadt<br />
stammen aus einer Zeitspanne<br />
zwischen 100 v.Chr. bis 650 n.Chr. Also<br />
bevor die <strong>Azteken</strong> in dieser Gegend einwanderten.<br />
Bis zum rätselhaften Ende im 7.Jahrh<strong>und</strong>ert,<br />
begleitet von einem verheerenden<br />
Brand, war Teotihuacán politisch, militärisch,<br />
wirtschaftlich <strong>und</strong> kulturell ein<br />
mächtiges Zentrum, das ganz Mesoamerika<br />
beeinflusste. In ihrer Blütezeit war<br />
die Stadt mit mehr als 150.000 Einwohnern<br />
auf ca. 20 Quadratkilometern eine<br />
der größten Metropolen jener Epoche.<br />
Nach wie vor weiß man nicht genau, wer<br />
die Bewohner waren <strong>und</strong> kennt nicht einmal<br />
ihren ursprünglichen Namen. Als die<br />
<strong>Azteken</strong> in der ersten Hälfte des 14. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />
aus Norden kommend dort eintrafen<br />
<strong>und</strong> die Ruinenstadt entdeckten,<br />
verknüpften sie diese mit ihrem eigenen<br />
Schöpfungsmythos <strong>und</strong> gaben ihr den<br />
Namen Teotihuacán – „der Ort, an dem<br />
die Götter geschaffen wurden“. Auch die<br />
Bezeichnungen der Sonnen- <strong>und</strong> der<br />
Mondpyramide sowie die „Straße der Toten“<br />
gehen auf die <strong>Azteken</strong> zurück.<br />
26
Die Atlanten von Tula<br />
Tula die ehemalige Hauptstadt der Zivilisation<br />
der Tolteken liegt r<strong>und</strong> 75 km<br />
nordwestlich von Mexiko City. Bekannt<br />
ist die Stätte insbesondere durch die vier<br />
riesigen Steinfiguren, die Atlanten von<br />
Tula, die Krieger der Tolteken. Die Kulturgeschichte<br />
dieses Volkes begann um<br />
900 n.Chr. Die Blüte des Reiches währte<br />
nur 200 Jahre, hinterließ aber einige<br />
bauliche Denkmäler.<br />
Die Stätte war ein religiöses Zentrum<br />
<strong>und</strong> es herrschte ein Kult um den Gottkönig<br />
Quetzalcóatl (gefiederte Schlange).<br />
Die Schlangenmauer (unten) mit den<br />
eingeritzten Reliefs ist stummer Zeuge<br />
davon. 980 bestieg der Hohepriester<br />
Quetzalcoatl den Thron. Die Zeit seiner<br />
Herrschaft wird als Goldene Zeit des<br />
Landes bezeichnet, da es dem Volk gut<br />
ging. Trotzdem muss es zu einer Rebellion<br />
gekommen sein. Quetzalcóatl wurde<br />
von seinem Rivalen Tezcatlipoca (rauchender<br />
Spiegel), durch Zauberei überlistet<br />
<strong>und</strong> gestürzt. Er floh 999 mit seinen<br />
Anhängern an den Golf von Mexiko mit<br />
dem Versprechen, eines Tages zurückzukehren,<br />
um sein Reich wieder in Besitz<br />
zu nehmen. Die <strong>Azteken</strong>, die später<br />
an die Macht kamen, übernahmen diese<br />
Legende auch in ihren eigenen Glauben.<br />
27
Dieser Kopfschmuck wird „Federkrone Moctezumas“ genannt. Es<br />
handelt sich vermutlich um den Kopfschmuck eines Priesters. Eine<br />
Verbindung mit dem vorletzten aztekischen Herrscher Moctezuma<br />
Xocoyotzin ist höchst spekulativ.<br />
Diese wertvollen <strong>Azteken</strong>-Symbole werden mit anderen selten gezeigten<br />
Stücken im Rahmen einer <strong>Azteken</strong>-Ausstellung im Weltmuseum<br />
Wien in der zweiten Jahreshälfte 2020 zu sehen sein.<br />
28
Gold, Silber <strong>und</strong> Edelsteine gab es im<br />
<strong>Azteken</strong>reich im Überfluss. Beinahe<br />
wertvoller waren Kakaobohnen, die sich<br />
nur Adlige leisten konnten <strong>und</strong> als Zahlungsmittel<br />
eingesetzt wurden.<br />
Für 100 Kakaobohnen konnten sie sich<br />
einen Sklaven kaufen. Im Schatzhaus<br />
des <strong>Azteken</strong>herrschers lagerten riesige<br />
Mengen der bitteren, braunen Bohnen<br />
aus denen der Chocolatl zubereitet wurde.<br />
Kakaobäume gedeihen im kühlen<br />
Klima des 2.250m hohen Hochplateaus<br />
nicht. Deshalb musste die Bohne von<br />
weit her importiert werden.<br />
Das Gr<strong>und</strong>nahrungsmittel war Mais.<br />
Zu den Pflichten der Frauen ab dem Alter<br />
von 13 Jahren gehörte das Mahlen<br />
des Maises mithilfe einer Steinwalze<br />
auf einem rechteckigen Mahlstein <strong>und</strong><br />
die Zubereitung der Tortillas, der Maisfladenbrote.<br />
Mais wurde traditionell zusammen<br />
mit Gartenbohnen <strong>und</strong> Kürbis<br />
in einer Ackermischkultur angebaut.<br />
Eng verknüpft mit dem Leben der Bevölkerung<br />
waren die Agaven, eine an<br />
die Trockenheit angepasste Pflanze.<br />
Ihre langen, starren, am Rand oft kräftig<br />
stacheligen Blätter enthalten zähe<br />
Fasern. Sie wurden zu Seilen, Matten,<br />
Sandalen <strong>und</strong> Kleidungsstücken verarbeitet.<br />
Zur Getränkegewinnung kappte<br />
man die junge Blütenknospen <strong>und</strong> sammelte<br />
den austretenden zuckerhaltigen<br />
Saft. Frisch war er nahrhaft <strong>und</strong> Durst<br />
stillend.<br />
Im vergorenem Zustand wurde der Saft<br />
zu einem schwach alkoholischen Getränk.<br />
Es war den <strong>Azteken</strong> heilig <strong>und</strong> der<br />
Genuss war nur bei bestimmten Festen<br />
erlaubt. Nur den Kranken, über 52-jährigen<br />
<strong>und</strong> Privilegierten standen täglich<br />
drei Becher Pulque zu.<br />
Die Stadtzentren der kleinen <strong>und</strong> großen<br />
Städte im aztekischen Imperium<br />
wiesen in der Regel drei typische Merkmale<br />
auf. Einen oder mehrere Tempel,<br />
einen oder mehrere Paläste <strong>und</strong> einen<br />
großen Platz, auf dem oft mehrmals<br />
in der Woche ein Markt abgehalten<br />
wurde. Der größte Markt des Landes<br />
fand in Tlateloleo, der Schwesternstadt<br />
Tenochtitlans statt.<br />
Auf einem Spaziergang über diesen<br />
Markt kurz vor der Eroberung durch die<br />
Spanier verzweifelte der Konquistador<br />
Bemal Diaz de Castillo schließlich bei<br />
dem Versuch, alles zu beschreiben,<br />
was er zu sehen bekam: »Wenn ich alles<br />
im Detail beschreibe, werde ich niemals<br />
fertig«. Dieser spezielle Markt war<br />
in der Tat beeindruckend.<br />
Im Gegensatz zu den meisten anderen<br />
Märkten verfügte er über einen festen<br />
Platz mit Arkaden. Der reguläre Markt<br />
fand jeden Tag statt <strong>und</strong> alle fünf Tage<br />
in noch größerer Form. Dieser außergewöhnliche<br />
Marktplatz zog täglich nachweislich<br />
20 000 bis 25 000 Personen an<br />
<strong>und</strong> jeden fünften Tag sogar 40 000 bis<br />
50 000 Besucher.<br />
Lokale sowie exotische Güter gab es<br />
im Überfluss. Die meisten Verkäufer<br />
kamen aus der Nähe <strong>und</strong> waren zugleich<br />
die Produzenten der von ihnen<br />
angebotenen Produkte oder Waren. Ein<br />
Bauer, der Mais oder Bohnen anbot, ein<br />
Töpfer mit seinen Tellern <strong>und</strong> Gefäßen,<br />
ein Hersteller von Obsidianwerkzeugen,<br />
der Klingen vor Ort herstellte.<br />
Professionelle Händler waren jedoch<br />
ebenfalls vertreten. Exotische Güter anbietend,<br />
die sie aus entfernten Gebieten<br />
herbeigebracht hatten, schillernde tropische<br />
Federn, goldener Zierrat, wohlgeformte<br />
Muscheln, wertvolle Steine aber<br />
auch Sklaven. Die aus den Tieflandregionen<br />
stammenden Produkte wie Baumwolle<br />
<strong>und</strong> Kakao wurden ebenfalls von<br />
professionellen Händlern verkauft.<br />
Dieser großstädtische Marktplatz erlangte<br />
seine außerordentliche Berühmtheit<br />
dadurch, dass er strategisch günstig<br />
gelegen war: Er lag nicht nur an einem<br />
mit Kanus oder zu Fuß über die Dämme<br />
schnell <strong>und</strong> leicht erreichbaren Platz<br />
mitten in einem See, sondern auch in<br />
der Nähe großer urbaner Populationen.<br />
Bilder <strong>und</strong> Texte für die Berichte über die <strong>Maya</strong> <strong>und</strong> <strong>Inka</strong><br />
stammen von den beiden Reisen im Jahr 2020 <strong>und</strong> 2018.<br />
Siehe auch: http://gerhardhochl.bplaced.net/<br />
Die Reise nach Zentralmexiko in das ehemalige <strong>Azteken</strong>reich<br />
ist im Jahr 2021 geplant. Die Bilder <strong>und</strong> der Text stammen<br />
aus der Vorbereitung für diese Reise. Ein wichtiger Helfer<br />
dabei war der Katalog für die <strong>Azteken</strong>-Ausstellung, die<br />
im 2. Halbjahr 2020 auch im Weltmuseum in Wien gezeigt<br />
wird. Erstellt wurde das Buch von Prof.Dr. Ines de Castro.<br />
29
<strong>Maya</strong><br />
Vergleich der drei Hochkulturen<br />
<strong>Inka</strong><br />
<strong>Azteken</strong><br />
von ~ 3000 v.Chr. bis 1530 n.Chr.<br />
Mexiko (Halbinsel Yucatan), Belize,<br />
Guatemala, Honduras, El Salvator.<br />
von ~ 1200 n.Chr. bis 1533 n.Chr.<br />
Peru, Ecuador, Kolumbien,<br />
Bolivien, Chile.<br />
von 1350 n.Chr. bis 1550 n.Chr.<br />
große Gebiete in Zentralmexiko<br />
Mehr als 30 verschiedene Sprachen<br />
Die Schrift besteht aus Logogrammen<br />
die Gegenständen, Handlungen oder<br />
Lebewesen darstellen<br />
Bis zu 700 verschiedene Sprachen aber<br />
die Hauptsprache war Quechua<br />
Die <strong>Inka</strong> Elite hatte ein Art Bilderschrift.<br />
Für die Aufzeichnung der Ernteerträge<br />
wurde das Quipu-System verwendet.<br />
Sprache: Nahuatl<br />
Die Schrift der <strong>Azteken</strong> bestand aus<br />
bildähnlichen Darstellungen <strong>und</strong> war<br />
nur in den Codices für Zeremonien,<br />
Sitten <strong>und</strong> Gebräuchen vorhanden.<br />
Die Zahlen: Ein Punkt stand für die 1,<br />
zwei Punkte für die 2 usw. Die 5 wurde<br />
dann als Strich dargestellt. Drei Punkte<br />
<strong>und</strong> ein Strich ergaben dann z.B. 8.<br />
Die Farbe der Schnur, die Art <strong>und</strong> die<br />
Anzahl der Knoten ergaben jeweils die<br />
Zahl <strong>und</strong> die Bezeichnung die von den<br />
Khipu-K<strong>und</strong>igen dokumentiert wurde.<br />
Es wurde nach dem Zwanziger-System<br />
gezählt <strong>und</strong> gerechnet.<br />
30
<strong>Maya</strong><br />
<strong>Maya</strong> Krieger benutzten Speerschleuder,<br />
Blasrohre <strong>und</strong> Schlagwaffen. In<br />
der späteren Entwicklungsgeschichte<br />
kamen Pfeil <strong>und</strong> Bogen dazu.<br />
<strong>Inka</strong><br />
<strong>Inka</strong> Krieger hatten Lanze, Steinschleuder,<br />
Keule, Speer <strong>und</strong> Schild. Die große<br />
Stärke war die militärische Ordnung<br />
<strong>und</strong> Befehlsstruktur. Die gut ausgebauten<br />
Straßen erlaubten einen schnellen<br />
Einsatz auch in entlegenen Regionen.<br />
<strong>Azteken</strong><br />
<strong>Azteken</strong> Krieger hatten eine Speerschleuder<br />
die den Speer bis zu 100m<br />
fliegen ließ. Neben der Lanze trugen<br />
sie auch Schwerter. Die Schneidkanten<br />
waren aus vulkanischen Glas (Obsidian)<br />
die mit Holz verstärkt waren, da sich<br />
lange Klingen aus dem Glasmaterial<br />
nicht herstellen ließen.<br />
Die Gebiete der <strong>Maya</strong>s waren in viele<br />
Stadt-Staaten unterteilt. Die kriegerischen<br />
Auseinandersetzungen zwischen<br />
den einzelnen Regionen verlangten<br />
nach wirkungsvollen militärisch ausgebildeten<br />
Kriegern, die hierarchisch<br />
gegliedert waren.<br />
Die Götterfiguren waren mit dem Kalender<br />
<strong>und</strong> dem Alltag verb<strong>und</strong>en. Jeder<br />
Tag, jedes Monat <strong>und</strong> jede Periode<br />
hatte eigene Götter. Der Hauptgott<br />
war aber der Regengott Chaac. Das<br />
ist naheliegend, da die vorwiegend auf<br />
Ackerbaukultur gestützte Versorgung<br />
vom Niederschlag abhängig war.<br />
Die umfangreiche Ausdehnung des<br />
Reiches wurde durch die gewaltsame<br />
Annektierung <strong>und</strong> Unterwerfung<br />
zahlreicher Andenvölker mit Hilfe ihrer<br />
militärischen Fähigkeiten erreicht.<br />
Der Sonnengott Inti (übersetzt: Vater<br />
Sonne) war der Hauptgott <strong>und</strong> gleichzeitig<br />
galt er als Ursprung der <strong>Inka</strong>herrscher,<br />
die der Sage nach direkt aus der<br />
Sonne kamen. Das Abbild von Inti zeigt<br />
eine Sonnenscheibe mit menschlichem<br />
Gesicht. Das Bindeglied zwischen der<br />
Herrschaftsstruktur <strong>und</strong> dem Volk war<br />
die Religion. Diese beruhte auf die<br />
Kenntnisse der Astronomie <strong>und</strong> der<br />
Deutung für den Alltag, besonders für<br />
die Landwirtschaft.<br />
Die Herrscher versuchten gar nicht,<br />
besiegte Völker zu integrieren, sondern<br />
beuteten sie wirtschaftlich aus. Eine<br />
weitere Aufgabe der Krieger bestand in<br />
der Gefangennahme von Menschen für<br />
die regelmäßigen Blutopfer. Die <strong>Azteken</strong><br />
glaubten, dass nur regelmäßige Opfer<br />
den Sonnenaufgang sicherstellten.<br />
Quetzalcoatl (übersetzt: leuchtende<br />
Schwanzfederschlange) wurde in frühen<br />
Darstellungen als Klapperschlange deren<br />
Körper mit den Federn des heiligen<br />
Quezalvogel bedeckt waren (Seite 26).<br />
In den Codicis war die Darstellung als<br />
menschliche Figur sehr häufig. Er wurde<br />
als Gott des Windes, des Himmels der<br />
Erde <strong>und</strong> der Schöpfung verehrt. Der<br />
Glaube an eine Überlieferung über diese<br />
Gottheit besiegelte auch das Ende<br />
der <strong>Azteken</strong>kultur.<br />
31
<strong>Maya</strong><br />
Die Straßenverbindungen beschränkten<br />
sich auf die Gebiete der Stadtstaaten.<br />
Mittels Laserscannungen fanden Wissenschaftler<br />
in Guatemala ein Straßennetz<br />
von 17 Straßen mit einer Gesamtlänge<br />
von 240 km. Es wurde von den<br />
Bewohnern, Lastenträgern <strong>und</strong> Nachrichtenläufern<br />
verwendet. Die Straßen<br />
waren erhöht, damit sie auch während<br />
der Regenzeit problemlos passiert<br />
werden konnten <strong>und</strong> der Wasserabfluss<br />
war genau geplant <strong>und</strong> über Kanäle,<br />
Deiche <strong>und</strong> Reservoirs gesteuert.<br />
<strong>Inka</strong><br />
Das Straßensystem war bestens<br />
ausgebaut <strong>und</strong> ergab in der Hochblüte<br />
ein Straßennetz von über 30.000 km.<br />
Es verband die Städte Quito (Ecuador)<br />
im Norden <strong>und</strong> Santiago (Chile)<br />
bzw. Mendoza (Argentinien) im Süden<br />
<strong>und</strong> erlaubte dem <strong>Inka</strong>-Oberhaupt die<br />
politische <strong>und</strong> ökonomische Kontrolle<br />
seines Reiches. Eilige Nachrichten <strong>und</strong><br />
Anweisungen konnten mit Stafetten von<br />
Schnellboten (Chaski) in kurzer Zeit<br />
überbracht werden. Ebenso konnten<br />
Handelsgüter <strong>und</strong> Nachschub per Träger<br />
<strong>und</strong> Lama bis in die letzten Winkel<br />
des Reiches verteilt werden.<br />
<strong>Azteken</strong><br />
Die Hauptstadt Tenochtitlan war auf<br />
mehreren Inseln des Texocosees errichtet.<br />
Die Straßen <strong>und</strong> Kanäle waren<br />
rechtwinklig angeordnet. Der Gr<strong>und</strong>riss<br />
sah einem Schachbrett ähnlich. Drei<br />
breite Dämme verbanden das Stadtzentrum<br />
mit dem Ufer. Dort setzten sich die<br />
Straßen fort <strong>und</strong> dadurch entstanden<br />
gleichmäßige Viertel. Rings um die Insel<br />
säumten riesige, von Kanälen durchzogene<br />
schwimmende Gärten die Ufer des<br />
Sees. Eine breite Straßenverbindung<br />
bestand zum ca. 45km entfernten Tempelbezirk<br />
Teotihuacán.<br />
Das Ende der <strong>Maya</strong> Kultur begann<br />
bereits um 900 n.Chr. Ganze Städte<br />
wurden verlassen <strong>und</strong> die Vermutungen<br />
darüber gehen weit auseinander.<br />
Ein plausibler Gr<strong>und</strong> könnte eine sehr<br />
lange anhaltende Trockenperiode sein.<br />
So war es nicht verw<strong>und</strong>erlich, dass die<br />
spanischen Konquistadoren nach der<br />
Eroberung der <strong>Azteken</strong>stadt Tenochtitlan<br />
die dezimierten <strong>Maya</strong> Stadtstaaten<br />
nach <strong>und</strong> nach sehr leicht erobern<br />
konnten. Die Kultur <strong>und</strong> Religion wurde<br />
zielgerichtet vernichtet <strong>und</strong> die Einwohner<br />
zum christlichen Glauben gezwungen.<br />
Das endgültige Aus wurde in den<br />
spanischen Geschichtsbüchern mit<br />
dem Jahr 1546 vermerkt. Damals gab<br />
es den letzten <strong>Maya</strong> Aufstand gegen<br />
die Unterdrücker, der aber erfolgreich<br />
niedergeschlagen wurde. Heute leben<br />
r<strong>und</strong> 6,1 Millionen Nachfahren der<br />
<strong>Maya</strong> auf der Halbinsel Yucatan, in<br />
Belize, Guatemala, <strong>und</strong> Honduras.<br />
Die spanische Eroberung von Peru<br />
begann 1533 unter dem Kommando<br />
von Francisco Pizarro. Dieser gründete<br />
1535 die heutige Hauptstadt Lima<br />
<strong>und</strong> nahm eine <strong>Inka</strong>-Prinzessin zur<br />
Frau. Nach 4 Jahren wurden auch die<br />
letzten Widerstände niedergeschlagen.<br />
Millionen von Toten <strong>Inka</strong>s säumten den<br />
blutigen Weg der spanischen Krieger.<br />
Auf der Gier nach Gold vergaßen sie<br />
ganz auf die Gr<strong>und</strong>sätze des christlichen<br />
Glaubens. Bis 1572 gab es zwar<br />
noch einen <strong>Inka</strong>herrscher, der aber nur<br />
eine Marionette der Spanier war. Die<br />
Monumente der Hochkultur wurden zerstört<br />
<strong>und</strong> das Baumaterial für Kirchen<br />
<strong>und</strong> Amtsgebäude verwendet.<br />
Wie schon erwähnt, besagte eine Überlieferung<br />
Quetzalcoatl hätte bei seiner<br />
Abreise verkündet, dereinst über den<br />
Atlantischen Ozean mit seinem Gefolge<br />
zurückzukehren, um sein Reich wieder<br />
in Besitz zu nehmen. Dies wird als<br />
einer der Gründe angegeben, weshalb<br />
1519 der Herrscher Moctezuma II. den<br />
spanischen Eroberern unter Hernán<br />
Cortés nur zögerlichen Widerstand entgegensetzte.<br />
Er habe nicht ausschließen<br />
können, es mit den Gesandten des<br />
Gottes zu tun zu haben. Die eigentümlichen<br />
Zauberwaffen, die Feuer spuckten,<br />
die merkwürdigen Tiere, auf denen<br />
die Spanier ritten <strong>und</strong> die spiegelnden<br />
Rüstungen mögen seinen Verdacht verstärkt<br />
haben. Deshalb erkannte er die<br />
Bedrohung, die von Cortes ausging, viel<br />
zu spät. Der sonst nicht zimperliche <strong>Azteken</strong>herrscher<br />
hatte plötzlich Angst, er<br />
könnte den Gott erzürnen <strong>und</strong> sich damit<br />
ins Verderben stürzen. 1521 musste<br />
sich das mächtigste Volk Mexikos den<br />
Spaniern endgültig ergeben.<br />
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