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VOR DEM<br />
LOCKDOWN-BLUES?<br />
Die Spielwarenbranche blickt auf ein sehr erfolgreiches Jahr<br />
zurück. Die Umsätze kletterten um rund 9 %. Die Hersteller<br />
von Spielen und Puzzles legten sogar zweistellig zu. 2020<br />
war ein Ausnahmejahr für die Branche. So weit, so gut. Die<br />
Aussichten scheinen sich allerdings einzutrüben. Mitte des<br />
letzten Jahres prognostizierten unsere Wirtschaftsweisen<br />
noch ein Wirtschaftswachstum von knapp 5 % für <strong>2021</strong>; von<br />
der Hoffnung ist nicht viel geblieben. Die Gründe dafür sind<br />
vielfältig. Die zweite Infektionswelle, der erneute Lockdown<br />
und die Gefahren von Mutanten verhagelten alle Prognosen.<br />
Der stationäre Spielzeughandel geht am Stock, Omnichannel<br />
hin oder her. Spiele Max musste bereits die Reißleine ziehen.<br />
Jeder Tag, an dem Läden geschlossen bleiben, verschärft die<br />
Situation.<br />
Das dürfte auch „mentale“ Auswirkungen auf viele Hersteller<br />
haben, wenn sie keine Blue Chips, die vom Online-Boom<br />
profitieren, oder Anbieter von Beschäftigungsspielzeug sind.<br />
Es braucht nicht viel Fantasie, um zu prophezeien, dass sich<br />
die Branche der „kollektiven Stimmung“ nicht völlig entziehen<br />
kann, wenn auch kein Grund für übergroße Sorgen<br />
besteht. Die Simba Dickie Group räumte anlässlich ihrer<br />
traditionellen Pressekonferenz jedenfalls ein, dass die „wirtschaftlichen<br />
Faktoren“ das Unternehmen treffen würden.<br />
Der fünfgrößte Anbieter von Spielwaren im deutschen Markt<br />
dürfte wissen, wovon er spricht. Für Lizenzen war es kein<br />
gutes Jahr, das Kino mausetot, und 2018 stieg die Gruppe<br />
bei Franz-Carl Weber ein. Heute und inmitten der Pandemie<br />
räumt CEO Michael Sieber ein, dass „Franzki“ kein Selbstläufer<br />
ist (S. 44). Bruder sieht ebenfalls Unwägbarkeiten am<br />
Himmel, die Einfluss auf die Spielwarenkonjunktur haben<br />
könnten, glaubt aber, dass spätestens 2022 die Kurve nach<br />
oben zeigt. Und bei Rolly Toys fragt man sich, ob die Reiseweltmeister,<br />
sobald sie „verimpft“ sind, nicht ihr Erspartes<br />
lieber in ferne Ziele investieren als in kooperative Spiele,<br />
Plastikmodellbau oder Outdoor-Spielzeug (S. 40).<br />
Noch nie lagen Hoffen und Bangen so nah<br />
beisammen wie jetzt, noch nie waren<br />
Prognosen von so vielen Variablen<br />
und Unsicherheiten geprägt wie<br />
derzeit.<br />
Immerhin wagt sich ein politischer<br />
Hochkaräter an eine<br />
verbindliche Vorhersage. Entwicklungsminister<br />
Dr. Gerd Müller<br />
zeigt sich überzeugt, dass in dieser<br />
Legislaturperiode seine Gesetzesvorlage<br />
für ein Lieferkettengesetz die parlamentarischen<br />
Hürden nimmt (S.17). Müller ist das zuzutrauen,<br />
auch wenn ihm die Pandemie in die Parade fährt.<br />
Mit dem „Grünen Knopf“ hat der Allgäuer jedenfalls gezeigt,<br />
dass er es ernst meint mit mehr Solidarität für die Ärmsten<br />
und Schwächsten. Ende Mai sagte Müller im Deutschen<br />
Bundestag: „Auch nach der Krise dürfen wir nicht zurück zu<br />
einer Normalisierung der Globalisierung, wie wir sie vorher<br />
gehabt haben: immer weiter, immer mehr und immer<br />
schneller.“ Nur wie sieht das neue Denken aus? Die Spielwarenbranche<br />
ist immer wieder gerne ein Objekt des Bashings,<br />
ein gefundenes Fressen für Medien, NGOs und besorgten Eltern,<br />
um sie an den Pranger zu stellen. Wie Balsam für die<br />
VERSCHÄRFTER LOCKDOWN: Für pt-Chefredakteur Ulrich Texter<br />
gab’s was auf die Ohren. Vermutlich „So What“ von Miles Davies.<br />
Seele muss es jetzt wirken, wenn der Minister ausdrücklich<br />
die Spielwarenbranche, jedenfalls einige Vorreiter, für die<br />
Gründung der Fair Toys Organisation lobt. Kam auch nicht<br />
alle Tage vor.<br />
Ihr Ulrich Texter<br />
„Was faselt der schon wieder rum?<br />
Alles nur Fake News! Warum hört bloß<br />
keiner auf mich? Der schreibt, was er<br />
will. Hat der Umbach schon vor Jahren<br />
gesagt. Wie sympathisch, das passt zu<br />
mir, denn: Ich sage auch, was ich will,<br />
und das sind echt keine Fake News!“