Stahlmarkt 01/2021
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Special<br />
Rohre, Profile, Flansche & Co<br />
Rohr- und Flanschenhersteller<br />
hoffen auf wirtschaftliche Erholung<br />
Corona, Überkapazitäten und Energiepreise setzen der Branche zu<br />
Düsseldorf. Die Rohr- und Flanschenhersteller haben ein hartes Jahr hinter sich: Die Produktion<br />
von Stahlrohren und -flanschen ist drastisch zurückgegangen. Im Exklusivinterview erläutert<br />
Frank Harms, Geschäftsführer der Wirtschaftsvereinigung Stahlrohre und der Fachvereinigung<br />
Stahlflanschen die Hintergründe dieser Entwicklung und wagt eine vorsichtige Prognose für die<br />
nahe Zukunft.<br />
Wie hat die Corona-Pandemie den<br />
Markt für Stahlrohre und -flansche<br />
beeinflusst?<br />
Frank Harms: Zu Beginn des Jahres<br />
2020 waren die Einschätzungen für<br />
die Entwicklung des Stahlrohr- und<br />
Hintergrund<br />
Stahlrohre und -flansche aus<br />
Deutschland<br />
Die deutschen Stahlrohrhersteller<br />
behaupten sich auf den<br />
Weltmärkten mit nahtlosen,<br />
warmgefertigten Stahlrohren,<br />
»kleinen« geschweißten Stahlrohren<br />
bis 16 Zoll Außendurchmesser,<br />
geschweißten Großrohren<br />
mit Außendurchmessern<br />
über 406,4 Millimetern sowie<br />
nahtlosen und geschweißten<br />
Präzisionsstahlrohren.<br />
Die in Deutschland ansässigen<br />
Hersteller von Stahlflanschen<br />
produzieren geschmiedete, gepresste<br />
oder nahtlos gewalzte,<br />
gebogene und abbrennstumpfgeschweißte<br />
sowie aus Flachstahl<br />
gestanzte, gebrannte oder<br />
aus gewalztem oder geschmiedetem<br />
Stahl durch spanabhebende<br />
Bearbeitung gefertigte<br />
Stahlflanschen.<br />
Flanschenmarktes noch recht optimistisch.<br />
Die konjunkturellen Rahmenbedingungen<br />
waren robust, die Prognosen<br />
zur Entwicklung der<br />
wesentlichen Abnehmerbranchen<br />
gut, die Lagerbestände<br />
insgesamt moderat<br />
und die Rohstoffpreise deuteten<br />
eine stabile bis aufwärts<br />
gerichtete Entwicklung<br />
an. Im Zuge der sich ab<br />
März weltweit auswirkenden<br />
Corona-Pandemie wurden<br />
die wirtschaftlichen<br />
Aktivitäten jedoch in vielen<br />
Ländern stark reduziert.<br />
Der weltweite Energiebedarf<br />
ging aufgrund der dadurch<br />
geringeren Nachfrage von Verbrauchern<br />
aus den Bereichen Industrie<br />
und Verkehr deutlich zurück. In der<br />
Folge kam es zu einem Überangebot<br />
an Öl und Gas mit entsprechend nachgebenden<br />
Weltmarktpreisen.<br />
Welche Konsequenzen hatte das<br />
für die Rohr- und Flanschenhersteller?<br />
Harms: Da die Stahlrohr- und Flanschenproduktion<br />
nach wie vor zu einem<br />
erheblichen Teil von der Nachfrage<br />
der Energieindustrie – insbesondere<br />
von der Nachfrage der Öl- und Erdgasförderer<br />
und -verarbeiter – bestimmt<br />
wird, kam es in der Folge bei<br />
vielen Rohr- und Flanschenherstellern<br />
zu deutlichen Produktionsrückgängen.<br />
Besonders die Nachfrage der US-Frackingindustrie<br />
nach Ölfeldrohren und<br />
Flanschen brach stark ein. Die drastisch<br />
Frank Harms,<br />
Geschäftsführer der<br />
Wirtschaftsvereinigung<br />
Stahlrohre und<br />
der Fachvereinigung<br />
Stahlflanschen<br />
gesunkenen Ölpreise<br />
machten diese relativ<br />
teure Fördermethode<br />
unrentabel, sodass die<br />
Förderung vielfach gedrosselt<br />
und teilweise<br />
sogar eingestellt wurde.<br />
Neben den Nachfrageeinbrüchen<br />
in den USA<br />
sind aber auch weltweit<br />
zahlreiche Onshore- und<br />
Offshore-Projekte zeitlich<br />
verschoben oder im<br />
Umfang deutlich reduziert<br />
worden, verbunden<br />
mit signifikanten Bedarfsrückgängen<br />
für Ölfeldrohre. Linepipe-Projekte<br />
waren in ähnlicher Form betroffen –<br />
also von zurückgestellten oder verzögerten<br />
Ausschreibungen –, sodass auch<br />
die Hersteller von Großrohren unter<br />
der schwachen Nachfrage gelitten<br />
haben.<br />
Foto: Frank Harms<br />
»Die deutsche Stahlrohrproduktion<br />
wird<br />
im Jahr 2020 bei unter<br />
zwei Millionen Tonnen liegen.<br />
Im Jahr 2<strong>01</strong>8 wurden in Deutschland<br />
noch mehr als drei Millionen<br />
Tonnen Stahlrohre produziert.«<br />
Frank Harms, Geschäftsführer<br />
Wirtschaftsvereinigung Stahlrohre<br />
und Fachvereinigung<br />
Stahlflanschen<br />
46 www.stahleisen.de<br />
<strong>01</strong> | <strong>2021</strong>