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Stahlmarkt 01/2021

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International<br />

Handel & Service<br />

Steigende Aktienkurse und zunehmender<br />

Stahlabsatz<br />

Nicht nur die Steelers und ihre Fans sahen dem neuen Jahr<br />

mit positiven Gefühlen entgegen. Die Stimmung in der<br />

Stahlindustrie war ähnlich. Anstelle der Pandemie, die zur<br />

Stilllegung von Stahlwerken zwang, und der prekären<br />

politischen Lage in Washington vor dem Machtwechsel<br />

schienen die steigenden Stahlaktienkurse an der Wall<br />

Street und der zunehmende Stahlabsatz im letzten Quartal<br />

des vorigen Jahres den Ausblick von Stahlmanagern zu<br />

beeinflussen.<br />

Das führende Minimill-Unternehmen Nucor kündigte<br />

für das letzte Quartal 2020 eine Gewinnsteigerung gegenüber<br />

dem dritten Quartal an – zum einen, weil die Stahlpreise<br />

anstiegen und zum anderen, weil die Stahlnachfrage<br />

stärker war. Das Nucor-Management erwartete, dass<br />

diese positive Entwicklung im ersten Jahresquartal <strong>2021</strong><br />

ähnlich gut sei. In Reaktion auf diese Zukunftsprognosen<br />

stiegen die Nucor-Aktien an und näherten sich dem 52-Wochen-Höchststand.<br />

Nucor und US Steel mit guten Nachrichten<br />

Während Nucor dennoch von einer gewissen Unbestimmtheit<br />

inmitten der anhaltenden Gesundheitskrise warnte,<br />

gab sich David Burritt, CEO und Präsident von US Steel,<br />

dank einer verbesserten Bilanz für das vierte Jahresquartal<br />

2020 und anhaltend starker Bestellungen für die ersten<br />

Monate im neuen Jahr uneingeschränkt optimistisch. Das<br />

Unternehmen machte im Dezember von seinem Optionsrecht<br />

Gebrauch, 51,1 Prozent der Minimill von Big River<br />

Steel im Bundesstaat Arkansas für umgerechnet knapp 628<br />

Millionen Euro zu erwerben, nachdem US Steel bereits 49,9<br />

Prozent im Oktober 2<strong>01</strong>9 gekauft hatte. Postwendend<br />

stiegen die Aktien von US Steel um 12 Prozent an. Am<br />

Jahresende betrug der Kurswert der US-Steel-Aktie umgerechnet<br />

13,65 Euro – ein beachtlicher Anstieg gemessen<br />

am 52-Wochen-Tiefstand von 3,68 Euro. Die Big-River-Steel-Transaktion<br />

soll im ersten Vierteljahr dieses Jahres<br />

erfolgen. Unbeantwortet blieb die Frage, ob US Steel<br />

als Gesamteigentümer der modernsten Minimill in Nordamerika<br />

einen als Folge der Covid-19-Krise stillgelegten<br />

Hochofen im integrierten Granit-City-Werk im Bundesstaat<br />

Illinois wieder in Betrieb nehmen wird. Burritt signalisierte,<br />

dass der Erwerb von Big River Steel das Fundament für<br />

die »Best of Both«-Strategie seines Unternehmens ist, die<br />

sich auf hocheffiziente Minimills und integrierte Stahlwerke<br />

bezieht.<br />

Nicht alle Stahlanalysten an der Wall Street teilten den<br />

Optimismus der Stahlmanager, weil die Kapazitätsnutzung<br />

des Sektors nach wie vor mit um die 70 Prozent maßgeblich<br />

unter dem Niveau von 82 Prozent zu Beginn des vergangenen<br />

Jahres und damit vor der Covid-19-Krise lag. Allerdings<br />

stieg die Kapazitätsnutzung vom Tiefstand bei 51<br />

Prozent im Mai 2020, aber die Stillegung von Hochöfen<br />

schrumpfte auch die Gesamtkapazität. Vor dem Jahreswechsel<br />

fuhr US Steel einen Hochofen im Gary-Werk im<br />

Bundesstaat Indiana mit einer Kapazität von 1,5 Millionen<br />

Tonnen wieder an. Und für das erste Vierteljahr <strong>2021</strong> sind<br />

die Wiederinbetriebnahme eines Hochofens im Arcelor-<br />

Mittal-Werk Cleveland/Ohio (1,5 Millionen Tonnen Kapazität)<br />

und eines Elektroofens im JSW Mingo Junction Werk<br />

in Ohio (1,65 Millionen Tonnen Kapazität) geplant. Die<br />

Frage bleibt, ob der Absatz genug ansteigen wird, um die<br />

zunehmende Kapazität auf ein gewinnträchtiges Nutzungsniveau<br />

zu bringen.<br />

Parteiübergreifende Pro-Stahl-Politik steht auf<br />

der Agenda<br />

Wohl niemand versteht die politische Kräfteverteilung in<br />

Washington und die besten Ansatzpunkte für Lobbyisten<br />

besser als der neuernannte AISI-CEO und -Präsident, Kevin<br />

Dempsey, ein Rechtsanwalt, der im US-Senat unter anderem<br />

für den Ausschuss für Handel, Wissenschaft und Verkehr<br />

arbeitete. Für AISI war er Rechtsberater und verantwortlich<br />

für das Ressort Politik. In der Vergangenheit<br />

fungierten die Chefs von Stahlunternehmen als CEOs und<br />

Präsidenten von AISI. Nun entschied sich der Vorstand des<br />

Dachverbands für einen Politikexperten mit Erfahrung in<br />

Washington. Gleich nach seiner Ernennung gab sich Dempsey<br />

diplomatisch in Bezug auf das politische Klima im Land.<br />

»Ich glaube, die Stahlindustrie hat starke Unterstützung<br />

in beiden Parteien«, erklärte er. Wenn es um die Stahlindustrie<br />

gehe, überschreite das die Grenzen der Parteipolitik.<br />

Dempsey sah seinen Glauben, dass überparteiliche<br />

Pro-Stahl-Politik in Washington möglich sei, just vor dem<br />

Jahreswechsel bestätigt: Die von Mehrheiten beider Parteien<br />

verabschiedete und zum Gesetz gemachte »Covid-19-Hilfe«<br />

enthält Mittel für wichtige Infrastrukturprojekte,<br />

nämlich umgerechnet gut acht Milliarden Euro für<br />

Autobahnen und 81 Milliarden Euro für einen Zehnjahresplan<br />

für Erhaltung und Ausbau inländischer Wasserwege.<br />

Gemessen an den Ausgaben, die für die Erhaltung und<br />

Modernisierung der veralteten und verfallenen US-Infrastruktur<br />

notwendig sind, muten die bewilligten Mittel im<br />

Covid-19-Hilfspaket minimal an. Wichtig war jedoch, dass<br />

es seltene überparteiliche Einigkeit gab.<br />

Für AISI und die Mitgliedsunternehmen stehen die<br />

wichtigsten Lobby-Ziele für das neue Jahr fest: Eine Einigung<br />

zwischen US-Präsident Biden und den beiden Kongresskammern<br />

über ein massives Infrastrukturgesetz, das<br />

die Erneuerung von Straßen, Brücken, Wasserwegen und<br />

Verkehrsmitteln in einem wohlfinanzierten Mehrjahresplan<br />

verspricht. Und natürlich die Beibehaltung der von<br />

Bidens Vorgänger Donald Trump verhängten Importzölle<br />

in Höhe von 25 Prozent auf Stahlprodukte.<br />

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<strong>01</strong> | <strong>2021</strong> www.stahleisen.de<br />

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