Nr. 78 - Frühling 2021
Hauts-de-France: musikalische Waldbäder Loire-Tal: im Reich der Blumenkönigin Burgund: ein essbarer Wald Nouvelle-Aquitaine: der Nabel der Welt Provence: die 27100 Jahre alte Hand eines Künstlers Alexandre Dumas: Wie der Vater, der Sohn Chantals Rezept: Crème catalane Produkt: Le parapluie de Cherbourg
Hauts-de-France: musikalische Waldbäder
Loire-Tal: im Reich der Blumenkönigin
Burgund: ein essbarer Wald
Nouvelle-Aquitaine: der Nabel der Welt
Provence: die 27100 Jahre alte Hand eines Künstlers
Alexandre Dumas: Wie der Vater, der Sohn
Chantals Rezept: Crème catalane
Produkt: Le parapluie de Cherbourg
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DAS UNABHÄNGIGE FRANKREICH-MAGAZIN <strong>Nr</strong>. <strong>78</strong> · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong><br />
HAUTS-DE-FRANCE · LOIRE-TAL · BURGUND · NOUVELLE-AQUITAINE · PROVENCE<br />
Hauts-de-France<br />
Musikalische Waldbäder und ein Einhorn<br />
Loire-Tal<br />
Im Reich der Blumenkönigin<br />
Nouvelle-Aquitaine<br />
Der Nabel der Welt<br />
Provence<br />
Die 27100 Jahre alte<br />
Hand eines Künstlers<br />
Burgund<br />
Ein essbarer Wald<br />
Wirtschaft Wenn Deutschland Frankreich erobert<br />
Rezept Crème catalane<br />
Produkt Le parapluie de Cherbourg<br />
www.frankreicherleben.de<br />
Deutschland 5,90 €<br />
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EDITORIAL<br />
Liebe Leserin,<br />
lieber Leser,<br />
seit ungefähr einem Jahr unterliegt<br />
unser Alltagsleben vielen Zwängen,<br />
ist eingeschränkt, unruhig und<br />
manchmal leider auch einsam. Da<br />
ist es umso erfreulicher, dass wir uns auf diesem Weg<br />
regelmäßig begegnen! Ob Leser oder Redakteure, alle,<br />
die dieses Magazin in Händen halten, verbindet die<br />
gemeinsame Lust, ja das Bedürfnis, sobald wie<br />
möglich wieder ungehindert durch Frankreich<br />
zu reisen, durch das Land, das wir lieben.<br />
Frankreich fehlt uns und zweifellos fehlen<br />
wir Frankreich ebenfalls. Trotz aller Wirren<br />
ist Frankreich mehr denn je ein lebendiges<br />
Land, voller Optimismus und Ideen,<br />
ein Land, das uns wie eh und je<br />
erstaunt und begeistert. Genau aus<br />
diesem Grund wollen wir in dieser<br />
<strong>Frühling</strong>sausgabe den Schwerpunkt<br />
auf die natürliche und großzügige<br />
Seite von Frankreich legen, auf<br />
überraschende Initiativen, auf<br />
Menschen, die das Leben<br />
manchmal von der leichten<br />
Seite nehmen, manchmal<br />
auch ein wenig verrückt, vor allem<br />
aber zuversichtlich sind.<br />
Trotz der derzeitig gedrückten Stimmung<br />
und vieler Hürden haben wir uns auch in<br />
den vergangenen Monaten aufgemacht, um<br />
Franzosen voller Optimismus zu treffen.<br />
Menschen, die eine Passion und den Kopf<br />
voller Ideen und Projekte haben, die<br />
mehr denn je an die Zukunft<br />
glauben.<br />
Wie<br />
immer laden<br />
wir Sie ein<br />
auf eine Reise<br />
durch ein positives<br />
und kreatives Frankreich,<br />
das, so hoffen wir zumindest,<br />
guttut: in die Region Hauts-de-France, wo<br />
Wald und Musik uns bei einem « etwas anderen »<br />
Festival neue Kraft schöpfen lassen; in das Pays de la<br />
Loire, wo uns die unzähligen Farben und der dezente<br />
Duft von Millionen von Rosen zur Ruhe kommen lassen;<br />
in das poetische Dorf Pougne-Hérisson in der Region<br />
Nouvelle-Aquitaine, das sich selbst als « Nabel der<br />
Welt » bezeichnet und wo wir uns wieder auf unsere<br />
kindliche Seele besinnen; nach Burgund, wo ein<br />
junger Naturbegeisterter vor einigen Jahren das<br />
vielversprechende Konzept eines Waldgartens<br />
in die Praxis umgesetzt hat und uns damit<br />
nachdenklich stimmt; und schließlich in<br />
den Süden Frankreichs, in die bekannten<br />
Calanques zwischen Cassis und Marseille,<br />
wo in einer fantastischen Höhle<br />
eine der unglaublichsten historischen<br />
Entdeckungen der letzten Jahre gemacht<br />
wurde, die nun in ein kulturelles<br />
und touristisches Projekt umgesetzt wird …<br />
Mehr denn je werden Sie beim Lesen dieser<br />
Ausgabe feststellen, wie reizvoll Frankreich<br />
ist und wie viel Zuversicht in den Franzosen<br />
steckt. Dennoch wollen wir nicht<br />
blauäugig sein und dürfen trotz aller Träume<br />
nicht die Augen vor der Realität verschließen.<br />
Sie werden erfahren, dass wieder einmal ein<br />
Comic auf ein reales gesellschaftliches Problem<br />
aufmerksam macht. Auch das ist Frankreich.<br />
Viel Spaß beim Lesen, und bleiben Sie gesund!<br />
Titelbild: Als wir für die Ausgabe 75 von Frankreich erleben die Reportage<br />
über das Weingut, Kunst- und Architekturzentrum Château La<br />
Coste, bei Aix-en-Provence (Bouches-du-Rhône), realisierten,<br />
stach uns dieser Weg ins Auge. Er ist Teil des Werkes Wild Time<br />
Flowers von Tatsuo Miyajima. Für die vorliegende Ausgabe, die<br />
aufmunternd, positiv und hoffnungsvoll sein soll, erschien uns<br />
dieses Foto für die Titelseite besonders gut geeignet.<br />
Jean-Charles Albert<br />
Chefredakteur<br />
jc.albert@frankreicherleben.de<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 3
INHALT<br />
Grotte<br />
Cosquer · 68<br />
Compiègne · 24<br />
Alexandre<br />
Dumas · 84<br />
Diconne · 56<br />
Pougne-Hérrisson · 46<br />
Rezept · 92<br />
Doué-en-Anjou · 36<br />
Comic · <strong>78</strong>
Rennes<br />
Nantes<br />
Bordeaux<br />
Lille<br />
Rouen 24 · Compiègne<br />
PARIS<br />
Straßburg<br />
<strong>78</strong> · Bure<br />
Tours<br />
36 · Doué-en-Anjou<br />
46 · Pougne-Hérisson<br />
Dijon<br />
56 · Diconne<br />
Lyon<br />
Montpellier<br />
Toulouse<br />
Marseille<br />
68 · Grotte Cosquer<br />
Frankreich heute<br />
66 Wirtschaft<br />
Discounter: Wenn Deutschland Frankreich erobert<br />
Zwei Drittel der Franzosen kaufen ihre Lebensmittel in Super- oder<br />
Verbrauchermärkten. Diese Konsumtempel entstanden in Frankreich<br />
in den 60er-Jahren nach amerikanischem Vorbild; inzwischen<br />
werden dort Jahr für Jahr rund 110 Milliarden Euro umgesetzt. Auf<br />
dem lukrativen Markt breiten sich immer mehr ausländische Handelsketten<br />
aus, allen voran die deutschen Discounter Aldi und Lidl.<br />
68 Kulturerbe<br />
Grotte Cosquer – Unglaubliche Höhlenmalereien<br />
in den Calanques von Marseille<br />
In den Calanques zwischen Marseille und Cassis wurden in einer<br />
Höhle unter Wasser prähistorische Höhlenmalereien entdeckt.<br />
Ihr Entdecker, Henri Cosquer, musste zunächst zwar allerlei Spott<br />
ertragen, doch inzwischen ist die Authentizität des Fundes bestätigt.<br />
Da Experten aufgrund der Klimaerwärmung früher oder später mit<br />
einer Überschwemmung dieses wertvollen Schatzes rechnen, wird<br />
in Marseille – nach dem Vorbild von Lascaux 2 und Chauvet 2 – eine<br />
exakte Nachbildung erstellt, die ab 2022 besichtigt werden kann.<br />
Art de vivre<br />
Unterwegs in Frankreich<br />
24 Compiègne<br />
Musikalische Waldbäder und ein Einhorn<br />
Seit fast 30 Jahren treffen sich Liebhaber klassischer und<br />
zeitgenössischer Musik jeden Sommer in der Nähe von<br />
Compiègne (Oise), um etwas nicht Alltägliches zu erleben.<br />
Konzerte mitten im Wald, « Musikspaziergänge » und sogar<br />
« musikalische Waldbäder » bieten dem Publikum Eindrücke<br />
der besonderen Art und sind eine Einladung zum Auftanken.<br />
36 Doué-en-Anjou<br />
Im Reich der Blumenkönigin<br />
Das Dorf Doué-en-Anjou zwischen Saumur und Angers besitzt<br />
ein erstaunliches Labyrinth mit Stollen und Höhlen, die wir<br />
Ihnen 2018 bereits vorstellten. Heute laden wir Sie noch<br />
einmal ein, mit uns das Dorf zu besuchen, da es – obwohl<br />
das relativ unbekannt ist – die französische Hauptstadt<br />
der « Königin des Gartens » ist: die Hauptstadt der Rose.<br />
46 Pougne-Hérisson<br />
Der Nabel der Welt<br />
Pougne-Hérisson ist ein einzigartiges französisches<br />
Dorf, ein humorvoll selbst ernannter « Nabel der Welt »,<br />
ein Ort mit Lebenskünstlern, die gerne träumen und<br />
manchmal auch ein bisschen verrückt sind. Fast alles in<br />
diesem Ort ist unerwartet und unkonventionell, mysteriös<br />
und voller Poesie. Fröhlichkeit und Lachen sind hier an<br />
der Tagesordnung, man lässt seiner Vorstellungskraft<br />
freien Lauf – das gilt auch für kleine und große Besucher.<br />
Pougne-Hérisson ist also ein Ort, der enorm guttut!<br />
56 Diconne<br />
Ein « essbarer » Wald<br />
2010 beschloss der gelernte Krankenpfleger Fabrice Desjours<br />
zwischen Chalon-sur-Saône und Lons-le-Saunier,<br />
ein Konzept zu testen, das ihn bei Reisen in tropische<br />
Länder fasziniert hatte: Er legte einen « Waldgarten » an.<br />
Elf Jahre später ist dieser Wald üppig gewachsen und<br />
enthält mehr als tausend Arten essbarer Pflanzen.<br />
<strong>78</strong> Der Comic, ein eigenständiges Medium in<br />
Frankreich (4):<br />
Cent mille ans: Bure ou le scandale<br />
enfoui des déchets nucléaires<br />
Wie bereits der Comic über den Skandal der Grünalgen in der<br />
Bretagne (siehe Frankreich erleben <strong>Nr</strong>. 72) basiert auch dieser Comic<br />
auf belegten Tatsachen. Er fordert zum Nachdenken über eines der<br />
größten Industrieprojekte Europas auf: ein riesiges Endlager mit 265<br />
Kilometer langen unterirdischen Stollen, in denen radioaktive Abfälle<br />
des Hexagons für die nächsten 100 000 Jahre gelagert werden sollen.<br />
84 Ungewöhnliche Geschichten aus Frankreich<br />
Alexandre Dumas: Wie der Vater, so der Sohn<br />
Alexandre Dumas (1802-1870) ist einer der meistgelesenen<br />
französischen Schriftsteller, sein Roman Die drei Musketiere<br />
wurde in unzählige Sprachen übersetzt und machte den Namen<br />
des Autors auf der ganzen Welt bekannt. Weniger bekannt<br />
ist dagegen, dass der talentierte Autor einen Sohn hatte, der<br />
ebenfalls Alexandre Dumas hieß. Die Geschichte einer ungewöhnlichen<br />
Vater-Sohn-Beziehung mit vielen Verwicklungen …<br />
92 Chantals Rezept<br />
Crème catalane<br />
94 Produkt<br />
Parapluie de Cherbourg<br />
Im Gegensatz zu den meisten « legendären » Produkten, die wir in dieser<br />
Rubrik bereits vorgestellt haben, ist der Parapluie de Cherbourg<br />
aufgrund seines Preises nicht in allen französischen Haushalten präsent.<br />
Dennoch hat er zweifellos einen Platz im Herzen der Franzosen.<br />
3 Editorial<br />
6 On en parle<br />
12 On lit<br />
14 On lit en France<br />
18 On regarde<br />
20 On surfe<br />
22 On écoute<br />
87 Leserbriefe<br />
88 Nach bestellungen<br />
96 Guéwen a testé<br />
98 Impressum<br />
98 Vorschau<br />
Frankreich erleben im Internet:<br />
www.frankreicherleben.de
ON EN PARLE<br />
ERÖFFNUNG<br />
Hôtel de la Marine für die Öffentlichkeit zugänglich<br />
Das Hôtel de la Marine ist eines der schönsten Gebäude von<br />
Paris. Es beherbergte zunächst die ehemalige Garde-meuble<br />
de la Couronne, die Vorgängerin des französischen Mobilier<br />
National (eine öffentliche Einrichtung, deren Aufgabe es ist,<br />
Einrichtungsgegenstände aus königlichen Gemächern und<br />
offiziellen Palästen zu restaurieren und aufzubewahren),<br />
später dann das Marineministerium. Das Gebäude ist<br />
zugleich Zeitzeuge der Wandlung Frankreichs vom Königtum<br />
bis in unsere Zeit. Nach dem Auszug des Marineministeriums<br />
und langen Renovierungsarbeiten, wird es im Frühjahr <strong>2021</strong><br />
wieder für die Öffentlichkeit zugänglich sein, das genaue<br />
Eröffnungsdatum ist jedoch von der Entwicklung der<br />
Coronapandemie abhängig. Neben der Möglichkeit, dieses<br />
symbolträchtige Monument der französischen Geschichte<br />
am Place de la Concorde zukünftig besichtigen zu können,<br />
sollen Geschäfte, Buchhandlungen, ein Restaurant, ein Café<br />
und verschiedene Dienstleister den Ort so bald wie möglich<br />
wieder mit Leben erfüllen.<br />
UMWELT<br />
In Paris werden Mikrowälder gepflanzt<br />
Im Kampf gegen die Klimaerwärmung hat die französische Hauptstadt<br />
beschlossen, bis 2026 im öffentlichen Raum mehr als 170 000 Bäume<br />
zu pflanzen. Dieses Projekt greift ein von der japanischen Botanikerin<br />
Akira Miyawaki entwickeltes Vorgehen auf, bei dem kleine urbane<br />
Flächen dicht bepflanzt werden, um dadurch Oasen der Biodiversität<br />
zu schaffen. Wissenschaftlern zufolge führt diese Pflanztechnik<br />
gegenüber einer klassischen Bepflanzung, bei der die Pflanzen weiter<br />
auseinanderstehen, zu einer bis zu 100-mal höheren Biodiversität.<br />
Dabei sollte man jeweils drei bis vier Exemplare pro Quadratmeter<br />
pflanzen und Arten wählen, die in der jeweiligen Region heimisch<br />
sind. Innerhalb von nur drei Jahren entsteht auf diese Weise<br />
ein mehrere Meter hoher « autonomer Wald », der eine kühle<br />
Insel in der Stadt darstellt. In Paris scheint dies in der Tat zu<br />
funktionieren: 2018 wurde eine erste Parzelle mit einer Fläche<br />
von 400 m² in der Nähe der Porte de Montreuil, an der Pariser<br />
Ringautobahn, bepflanzt, und der Wald ist bereits gewachsen.<br />
6 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>
TOUR DE FRANCE<br />
Strecke der Tour <strong>2021</strong> vorgestellt<br />
BRETAGNE<br />
Tour Start<br />
Landernau<br />
Brest<br />
Samstag, 26. Juni<br />
Lorient<br />
Perros-Guirec<br />
Mûr-de<br />
Bretagne<br />
Montag,<br />
28. Juni<br />
Sonntag, 27. Juni<br />
Pontivy<br />
Fougères<br />
Dienstag,<br />
29. Juni<br />
Redon<br />
Changé<br />
Mittwoch, 30. Juni<br />
Laval<br />
Espace Mayenne<br />
Tours<br />
Chatou<br />
Vierzon<br />
Sonntag, 18. Juli<br />
PARIS<br />
Champs-Élysées<br />
Freitag,<br />
2. Juli<br />
Donnerstag,<br />
1. Juli<br />
Châteauroux<br />
Le Creusot<br />
Libourne<br />
Samstag,<br />
17. Juli<br />
Saint-Émilion<br />
Valence<br />
Oyonnax<br />
Samstag, 3. Juli<br />
Le Grand-Bornand<br />
Albertville<br />
Dienstag,<br />
6. Juli<br />
Cluses<br />
Sonntag, 4. Juli<br />
Tignes<br />
Ruhetag<br />
Montag, 5. Juli<br />
Freitag,<br />
16. Juli<br />
Saint-Paul-Trois-Châteaux<br />
Donnerstag, 8. Juli<br />
Malaucéne<br />
Mourenx<br />
Donnerstag, 15. Juli<br />
Pau<br />
Luz Ardiden<br />
Saint-Lary-Soulan<br />
Col du Portet<br />
Mittwoch,<br />
14. Juli<br />
Andorre-La-Vieille<br />
Muret<br />
Saint-Gaudens<br />
Sonntag, 11. Juli<br />
Dienstag, 13. Juli<br />
Carcassonne<br />
Quillan<br />
Samstag, 10. Juli<br />
Pas De La Case<br />
Ruhetag<br />
Montag, 12. Juli<br />
Freitag,<br />
9. Juli<br />
Céret<br />
Nîmes<br />
Sorgues<br />
Mittwoch, 7. Juli<br />
Beim Gedanken an dieses beliebte<br />
sportliche Großereignis kommt Freude auf:<br />
Die 108. Ausgabe der Tour de France wird<br />
voraussichtlich am 26. Juni <strong>2021</strong> in Brest starten<br />
und am 18. Juli <strong>2021</strong> auf den Champs-Élysées<br />
enden. In diesem Jahr wartet eine Strecke<br />
von insgesamt 3383 km auf die Radfahrer.<br />
Geplant sind sechs Bergetappen – davon drei<br />
Bergankünfte –, sechs hügelige Etappen, acht<br />
Flachetappen, zwei Einzelzeitfahren und zwei<br />
Ruhetage. Die Tour <strong>2021</strong> durchfährt neun<br />
Regionen und 31 Departements, wobei 10<br />
Gemeinden zum ersten Mal Etappenorte bei<br />
der Tour de France sind: Landerneau (Finistère),<br />
Pontivy (Morbihan), Changé (Mayenne), Vierzon<br />
(Cher), Sorgues (Vaucluse), Malaucène (Vaucluse),<br />
Quillan (Aude), Céret (Pyrénées-Orientales), Pas<br />
de la Case (Andorra) und Chatou (Yvelines).<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 7
ON EN PARLE<br />
AQUARIUM<br />
Das ehemalige Aquarium von<br />
Canet-en-Roussillon heißt nun Oniria<br />
KULTURERBE<br />
Archäologische Funde in Ajaccio<br />
In der südkorsischen Stadt Ajaccio förderten Ausgrabungen zwischen<br />
dem Cours Napoléon und dem Viertel Saint-Jean vor rund 10 Jahren ein<br />
großes, einwandfrei erhaltenes Taufbecken zutage. Es stammt aus der<br />
sogenannten « frühchristlichen » Zeit (Ende 2. bis Anfang 4. Jahrhundert).<br />
Um dieses Taufbecken zu schützen, es aber dennoch ins rechte Licht<br />
zu setzen und für das Publikum zugänglich zu machen, wurden nun<br />
Arbeiten für den Bau eines Antiquariums – nach dem Vorbild dessen in<br />
Sevilla – begonnen. Der archäologische Fund soll durch eine Überdachung<br />
abgeschirmt werden, die aus dem Gestein des Mont Gozzi realisiert wird,<br />
einem Berg in der Nähe von Ajaccio. Diese « mineralische Note » wird den<br />
Eindruck erwecken, dass die Überdachung direkt aus dem Boden über<br />
dem Taufbecken entnommen wurde und auf diese Weise die antiken<br />
Überreste besser in Szene setzen. Eine gewölbte Glashülle schützt die<br />
archäologische Stätte, die dadurch sowohl tagsüber als auch nachts von<br />
allen Seiten gut betrachtet werden kann. Die Arbeiten sollen im Frühjahr<br />
2022 beendet sein.<br />
In Canet-en-Roussillon (Pyrénées-Orientales)<br />
fand ein großer und besonderer Umzug statt:<br />
Zwei Wochen lang arbeiteten städtische<br />
Mitarbeiter und speziell für diese Aufgabe<br />
beauftragte Spezialisten unermüdlich, um mehr<br />
als 1000 Individuen (350 Spezies) umzuziehen. Es<br />
war ein bewegendes und historisches Ereignis,<br />
das durch den geplanten Abriss des ehemaligen<br />
Aquariums aus dem Jahr 1983 notwendig<br />
geworden war. Dieses befand sich in einer in<br />
den Sechzigerjahren errichteten Fischfabrik. Das<br />
neue, innovative Aquarium der Stadt trägt den<br />
Namen « Oniria » und ist sowohl aufgrund seiner<br />
Größe als auch seiner Konzeption faszinierend.<br />
Wir werden anlässlich der Einweihung in den<br />
kommenden Monaten noch näher darauf<br />
eingehen. Tropische Fische, Mittelmeerfische,<br />
Korallen und Wirbellose haben mittlerweile alle<br />
Platz in ihrem neuen Zuhause gefunden. Der<br />
Bestand wird demnächst noch erweitert und soll<br />
am Ende rund 3500 Individuen aus 660 Spezies<br />
präsentieren!<br />
Informationen: www.oniria.fr<br />
GRENZEN<br />
Kampf auf dem Eis zwischen Frankreich und Italien<br />
Diese Angelegenheit ist zwar nicht sehr bekannt, sie entbehrt jedoch nicht einer gewissen Originalität: Seit mehr<br />
als 150 Jahren streiten sich Franzosen und Italiener darüber, wo die französisch-italienische Grenze auf dem<br />
« Dach Europas », also auf dem Mont Blanc, genau verläuft. Nun haben neue Entwicklungen die Spannungen noch<br />
verstärkt: Im Oktober 2020 erließ der Präfekt des Departements Haute-Savoie eine Verordnung, durch die auf dem<br />
Mont Blanc eine 32 km 2 große Schutzzone definiert wurde. Das Problem: Diese Zone betrifft drei umstrittene<br />
Gebiete – den Mont Blanc selbst, den Dôme du Goûter und den Glacier du Géant – die Italien als zum<br />
eigenen Staatsgebiet zugehörig betrachtet. Die italienischen Abgeordneten reagierten auch sofort,<br />
der Vorgang befindet sich nun auf den höchsten Verwaltungsebenen beider Länder.<br />
Die Zukunft wird zeigen, ob sich am Ende die Regierungschefs noch selbst um die<br />
Regelung dieser Angelegenheit kümmern müssen. Wir bleiben auf jeden Fall am<br />
Ball und halten Sie auf dem Laufenden.<br />
8 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>
LANDSCHAFT<br />
Le Nôtres Allée royale zum Schloss Versailles wird auferstehen<br />
Der Begründer der Gärten von Versailles, André le Nôtre<br />
(1613-1700), hatte 1680 eine Hauptachse konzipiert, von<br />
der aus man einen grandiosen Blick auf das Schloss von<br />
Versailles hatte. Diese Allée royale war zuzeiten Ludwigs<br />
XIV. (1643-1715) 97 m breit, 5 km lang und mit einer<br />
doppelten Reihe Ulmen bepflanzt. Seit 2008 wurden große<br />
Grundstücksflächen zurückgekauft und umfangreiche<br />
Arbeiten und Pflanzungen vorgenommen, um diese<br />
Allee wiederauferstehen zu lassen. Sie soll zu einem Ort<br />
für Spaziergänger und Radfahrer werden und bis zu den<br />
Olympischen Sommerspielen 2024 in Paris fertiggestellt sein.<br />
ENERGIE<br />
RENOVIERUNG<br />
Centre Pompidou in Paris schließt für drei Jahre<br />
Das 1977 eröffnete Centre Pompidou<br />
gehört zwar zu den wichtigsten<br />
Museen für zeitgenössische<br />
Kunst, ist jedoch inzwischen in<br />
die Jahre gekommen. Bereits seit<br />
Jahren hat sich die Renovierung<br />
als unvermeidlich abgezeichnet,<br />
da Stahlträger rosten und eine<br />
vollständige Asbestsanierung des<br />
Gebäudes durchgeführt werden<br />
muss. Ende Januar entschied nun<br />
die französische Kulturministerin,<br />
Roselyne Bachelot, dass das Museum<br />
aus diesem Grund von Ende 2023 bis<br />
Anfang 2027 seine Türen schließen<br />
wird.<br />
Ein neuer Windpark vor der Küste<br />
der Normandie<br />
Der französische Staat hat den Bau des 8.<br />
Offshore-Windparks vor der Küste des Cotentin<br />
angekündigt. Die Zone, in der der Windpark<br />
gebaut werden soll, befindet sich mehr als 32 km<br />
von der Küste entfernt. Gebiete in<br />
französischen Hoheitsgewässern waren<br />
zuvor ausgeschlossen worden. Im<br />
betroffenen Gebiet findet laut<br />
Regierung nur eine geringe<br />
Fischereitätigkeit statt, und die<br />
Probleme für die Artenvielfalt<br />
sind überschaubar. Die Energie,<br />
die der Park produzieren wird,<br />
soll ausreichen, um 800 000<br />
Haushalte zu versorgen.<br />
Der Baubeginn ist für 2022<br />
vorgesehen.<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 9
ON EN PARLE<br />
KULTURERBE<br />
WIEDERERÖFFNUNG<br />
Museon Arlaten: nicht nur<br />
eine Wiedereröffnung, sondern<br />
eine Renaissance!<br />
1899 kreierte der provenzalische Dichter Frédéric<br />
Mistral (1830-1914) in Arles (Bouches-du-Rhône)<br />
das Museon Arlaten (wie das Musée arlésien<br />
auf provenzalisch bezeichnet wird). Es besitzt<br />
eine der bedeutendsten Sammlungen, die dem<br />
provenzalischen Leben gewidmet sind, und ist<br />
ein regelrechtes « Gedächtnis der Provence »,<br />
das sich sowohl mit der lokalen Lebensart und<br />
den Bräuchen als auch mit Arbeit und Kleidung<br />
in dieser Region beschäftigt. Das Museum ist in einem wunder schönen<br />
Stadt palais aus dem 16. Jahrhundert untergebracht, das wiederum auf<br />
den Überresten eines römischen Forums aus dem 1. Jahrhundert n. Chr.<br />
errichtet wurde. Vor 11 Jahren wurde es für kolossale Umbauarbeiten<br />
geschlossen. Vollständig renoviert und modernisiert wird es in Kürze seine<br />
Türen wieder öffnen, sobald die derzeitige Situation es erlaubt.<br />
Informationen: www.museonarlaten.fr<br />
Der Vulkan « Montagne<br />
Pelée » bald Teil des<br />
UNESCO-Weltkulturerbes?<br />
Schon vor langer Zeit unternahmen<br />
die Collectivité Territoriale Martinique<br />
und der Naturpark Martinique die<br />
notwendigen Formalitäten für die<br />
Aufnahme der Volcans et Forêts de la<br />
Montagne Pelée et des Pitons du nord<br />
de la Martinique als Weltkulturerbe<br />
der UNESCO. Die Anstrengungen<br />
sollen nun demnächst belohnt<br />
werden. Die Wälder dieses einmaligen<br />
Naturerbes erstrecken sich vom<br />
Meeresspiegel bis in eine Höhe von<br />
1400 Metern und gelten heute als<br />
einer der weltweiten Hotspots der<br />
Biodiversität; der Vulkan Pelée besitzt<br />
eine endemische Fauna und Flora von<br />
großer Bedeutung.<br />
TRANSPORTE<br />
Von Bordeaux nach Orly mit TGV … und Taxi!<br />
Im Kampf gegen die Klimaerwärmung sollen in Frankreich<br />
Inlandsflüge eingeschränkt werden, sofern das Ziel<br />
alternativ mit dem Zug in weniger als 2,5 Stunden erreicht<br />
werden kann. Im Juni 2020 kündigte Air France daher<br />
die Einstellung der Flugverbindung zwischen Bordeaux-<br />
Mérignac und Paris-Orly an, die bislang pro Jahr von<br />
rund 560 000 Passagieren genutzt wurde. Die Verbindung<br />
zwischen Bordeaux und Paris-Charles-de-Gaulle wurde<br />
dagegen aufrechterhalten, da für diese Strecke keine<br />
Zugverbindung in der vorgegebenen Zeit existiert. Für<br />
Passagiere, die ab Bordeaux nach Orly flogen, um dort<br />
einen Anschlussflug von Air France zu nehmen (zum<br />
Beispiel in die Überseedepartements) ergaben sich<br />
dadurch jedoch Probleme. Um hier Abhilfe zu schaffen,<br />
ging Air France eine nicht ganz alltägliche Partnerschaft mit<br />
der SNCF ein: Pro Tag gibt es nun fünf Züge vom Bahnhof<br />
Bordeaux Saint-Jean zum Bahnhof Massy TGV (5.59 Uhr, 8.04<br />
Uhr, 8.59 Uhr, 12.59 Uhr und 15.59 Uhr) sowie vier Züge in die<br />
Gegenrichtung (9.14 Uhr, 17.13 Uhr, 19.14 Uhr und 20.56 Uhr).<br />
Vom Bahnhof Massy TGV werden die Reisenden mit einem<br />
Taxi zum Flughafen Orly gebracht, wo sie dann ihr Gepäck<br />
einchecken. Die Fahrt von Massy bis Orly dauert (unter<br />
normalen Bedingungen) rund dreißig Minuten. Allerdings<br />
kommt es auf dieser Strecke oft zu Staus. Air France<br />
versichert daher, dass die Passagiere im Fall einer Verspätung<br />
kostenlos auf einen anderen Flug gebucht werden.<br />
Ganz aktuell: Kurz vor Redaktionsschluss dieser Ausgabe<br />
hat Air France angekündigt, dass die Antillen (Pointe-à-Pitre<br />
auf Guadeloupe sowie Fort-de-France auf Martinique),<br />
Französisch-Guyana (Cayenne) und La Réunion (Saint-Denis)<br />
künftig nicht nur von Paris-Orly aus angeflogen werden,<br />
sondern dass es zusätzliche Verbindungen ab Paris-Charles<br />
de Gaulle geben wird. Insofern müssen Fluggäste aus<br />
Bordeaux nicht zwangsläufig nach Orly fahren.<br />
10 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>
COMIC<br />
VERWALTUNG<br />
Die Elsässer haben<br />
eine « neue Region »<br />
2015 ging das Elsass in der neu<br />
geschaffenen Region Grand Est auf,<br />
was bei vielen Bewohnern großen<br />
Unmut hervorrief. Zum 1. Januar <strong>2021</strong> wurde<br />
nun mit der Zusammenlegung der beiden<br />
Departements Haut-Rhin und Bas-Rhin die<br />
Europäische Gebietskörperschaft Elsass neu<br />
geschaffen. Die beiden Departements existieren<br />
weiterhin als staatliche Verwaltungseinheiten,<br />
die neue Gebietskörperschaft ist auch keine<br />
neue französische Region. Sie hat jedoch<br />
erweiterte Kompetenzen (vor allem in Bezug auf<br />
die Zweisprachigkeit, die grenzüberschreitende<br />
Kooperation, Straßen und Tourismus) und trägt<br />
zum Identitätserhalt der « Widerständler » gegen<br />
die Region Grand Est bei.<br />
Asterix kehrt <strong>2021</strong> zurück!<br />
Eine gute Nachricht, über die sich kleine und<br />
große Asterix-Fans freuen werden: Der berühmte<br />
gallische Held aus einem der meistgelesenen<br />
Comics weltweit, der ursprünglich von René<br />
Goscinny und Albert Uderzo erdacht wurde,<br />
kehrt in diesem Jahr mit neuen Abenteuern<br />
zurück. Jean-Yves Ferri (Text) und Didier Conrad<br />
(Zeichnungen) waren anscheinend während<br />
der Ausgangsbeschränkungen kreativ! Die<br />
Vorbereitungen für dieses<br />
39. Album laufen, die<br />
weltweite Erscheinung<br />
ist für den 21. Oktober<br />
<strong>2021</strong> vorgesehen.<br />
Schnappschüsse –<br />
Thema französisches<br />
Chanson<br />
++ Erstmals fand ein<br />
Meinungsforschungsinstitut<br />
heraus, welches<br />
die 1000 beliebtesten<br />
französischsprachigen<br />
Chansons (aus den<br />
Jahren 1900 bis 2017)<br />
der Franzosen sind.<br />
Die Befragten – ein<br />
für die Bevölkerung<br />
repräsentatives Panel mit<br />
1000 Franzosen – konnten<br />
ihre Lieblingshits aus 3000<br />
Chansons auswählen.<br />
Die ersten fünf Plätze<br />
belegten zur allgemeinen<br />
Überraschung folgende<br />
Chansons: Ne me quitte<br />
pas (Jacques Brel), J’ai demandé à la lune (Indochine), Les<br />
lacs du Connemara (Michel Sardou), L’aigle noir (Barbara),<br />
Mistral Gagnant (Renaud). Neugierige erhalten viele weitere<br />
Informationen über die Rangliste und zur Geschichte<br />
der Chansons inklusive zahlreicher Anekdoten in einem<br />
Werk, das anlässlich dieser Umfrage veröffentlicht wurde<br />
(Thomas Pawlowski, Les 1000 chansons préférées des<br />
Français, Éditions Glénat, 372 Seiten, ISBN 9<strong>78</strong>-2344043516).<br />
++ Ein paar interessante statistische Daten wollen<br />
wir Ihnen in diesem Zusammenhang jedoch nicht<br />
vorenthalten. Von den 1000 Chansons<br />
werden 60 % von Frauen interpretiert und 40 % von<br />
Männern;<br />
werden 87, 8 % von Franzosen interpretiert, 4,7 % von<br />
Künstlern aus Quebec, 4,5 % von Belgiern, 2,1 % von<br />
« anderen » und 0,9 % von Monegassen;<br />
wurden 22,94 % in den 1980er-Jahren produziert, 17,81 %<br />
in den Neunzigern, 11,<strong>78</strong> % in den 2000er-Jahren und<br />
5,53 % zwischen 2010 und 2017;<br />
wurde Jean-Jacques Goldman unter den männlichen<br />
Künstlern mit 27 Titeln am häufigsten genannt, gefolgt<br />
von Johnny Hallyday (23 Titel) und Serge Gainsbourg (20<br />
Titel);<br />
wurden Mylène Farmer und France Gall unter den<br />
weiblichen Künstlern mit jeweils 17 Titeln am häufigsten<br />
genannt, gefolgt von Céline Dion (15 Titel).<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 11
ON LIT<br />
KRIMINALROMAN<br />
Die Toten vom Gare d’Austerlitz<br />
Chris Lloyd, Originaltitel: The unwanted dead, übersetzt<br />
von Andreas Heckmann, Suhrkamp, 472 Seiten, ISBN<br />
9<strong>78</strong>-3518471364. Erscheint am 13. April <strong>2021</strong>.<br />
AUTOBIOGRAFIE<br />
Mein Lachen und Weinen, wahre<br />
Geschichten aus meiner Kindheit<br />
Maryse Condé, Originaltitel: Le cœur à rire et à pleurer, übersetzt von<br />
Ingeborg Schmutte, Litradukt, 149 Seiten, ISBN 9<strong>78</strong>-3940435354.<br />
Maryse Condé, eine der wichtigsten französischsprachigen<br />
Autorinnen, wurde am 11. Februar 1937 in Pointe-à-Pitre<br />
auf Guadeloupe geboren. Sie lebte in Afrika, unter anderem<br />
in Mali, wo sie zu ihrem Bestseller Segu angeregt wurde.<br />
Anschließend promovierte sie an der Sorbonne und lehrte<br />
an der Columbia University in New York. 1993 wurde sie als<br />
erste Frau mit dem Puterbaugh-Preis ausgezeichnet, der<br />
in den Vereinigten Staaten an Schriftsteller französischer<br />
Sprache verliehen wird. 2018, in dem Jahr, in dem der<br />
reguläre Nobelpreis für Literatur nicht vergeben wurde,<br />
erhielt sie für ihr Gesamtwerk den alternativen Nobelpreis.<br />
Seit einigen Jahren lebt Maryse Condé im südfranzösischen<br />
Dorf Gordes. Nach der Geschichte ihrer Großmutter (Victoire)<br />
erscheinen nun auch die Kindheitserinnerungen von Maryse<br />
Condé auf Deutsch. Dieses Buch ist vermutlich eines der<br />
ergreifendsten und präzisesten Zeugnisse über das Leben<br />
in Guadeloupe in den 1950er-Jahren, die bisher geschrieben<br />
wurden. Es erzählt die Geschichte von Maryse, der jüngsten<br />
von zehn Geschwistern, die Mühe hat, ihren Platz in dieser<br />
großen Familie zu behaupten. Im Laufe der Jahre findet<br />
das junge Mädchen seine eigene Identität, auch wenn dies<br />
oftmals mit Kampf verbunden ist. Früh schon spürt Maryse<br />
das Bedürfnis zu schreiben, ihre Gedanken und Träume<br />
zu Papier zu bringen. Während ihrer jungen Jahre muss<br />
sie diesen Wunsch jedoch unterdrücken. Heute ist sie eine<br />
der besten Schriftstellerinnen für frankofone Literatur aus<br />
Guadeloupe.<br />
Freitag, 14. Juni 1940: An dem Tag, als die<br />
Nazis in Paris einmarschieren, werden am Gare<br />
d’Austerlitz vier Polen ermordet aufgefunden, ein<br />
weiterer begeht kurz darauf Selbstmord. Gegen<br />
alle Widerstände beginnt Inspecteur Éduard<br />
Giral zu recherchieren. Sehr bald mischen sich<br />
Wehrmacht, Gestapo und Geheime Feldpolizei in<br />
seine Ermittlungen ein, während im Hintergrund<br />
der geheimnisvolle und skrupellose Major<br />
Hochstetter von der Abwehr die Strippen zieht und<br />
sich mal als Gegenspieler, mal als Verbündeter<br />
gibt. Als unvermittelt Girals verlorener Sohn<br />
Jean-Luc auftaucht, der seinen Vater für einen<br />
Opportunisten und Feigling hält, muss der Ermittler<br />
multidimensionales Überlebensschach spielen, mal<br />
mit der einen, mal mit der anderen der beteiligten<br />
Gruppen (schein)paktieren, um seinen Sohn<br />
irgendwie aus der Schusslinie zu nehmen und um<br />
letztendlich seinen Job als Polizist zu machen<br />
und die Morde aufzuklären … Ein fesselnder<br />
Krimi, der durch zahlreiche Wendungen echte<br />
Spannung aufbaut. Darüber hinaus bietet er einen<br />
historisch gut belegten Blick auf das besetzte Paris.<br />
Interessant!<br />
12 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>
ROMANBIOGRAFIE<br />
Madame Curie und die Kraft zu träumen<br />
Susanna Leonard, Ullstein, 400 Seiten, ISBN 9<strong>78</strong>-3548063867.<br />
Paris, 1891. Schon als Kind träumt Marie davon, eines Tages der Enge ihrer von Russland<br />
besetzten polnischen Heimat zu entfliehen. 20 Jahre später erfüllt sich dieser Traum: Marie darf<br />
an der Sorbonne studieren. Dafür musste sie hart kämpfen, denn eine Frau ist in der Welt der<br />
Wissenschaft nicht gern gesehen. Doch Marie weiß, was sie will. Trotz aller Anfeindungen stürzt<br />
sie sich in die Forschung – und ins Leben. Als sie dem charmanten Physiker Pierre Curie begegnet,<br />
ist ihr Glück perfekt. Pierre wird ihre große Liebe, eine Liebe, die ihresgleichen sucht. Mit Pierre<br />
erzielt sie bahnbrechende Erfolge. Doch der Preis dafür ist hoch, und Marie ahnt nicht, welche<br />
tragischen Schicksalsschläge das Leben noch für sie bereithält … Die Autorin, Susanna Leonard,<br />
wuchs in Karlsruhe und in Paris auf. Ihre Bewunderung für mutige Frauen und ihre Liebe zu Paris<br />
brachten sie auf die Idee, einen Roman über eine der bekanntesten Persönlichkeiten, die in Paris<br />
gewirkt haben, zu schreiben: Marie Curie. Mit der Veröffentlichung dieses Buches geht für die Autorin ein<br />
Herzenswunsch in Erfüllung.<br />
ROMAN<br />
Ich, Antoine<br />
Julie Estève, Originaltitel: Simple, übersetzt von Christian<br />
Kolb, Dtv, 224 Seiten, ISBN 9<strong>78</strong>-3423282710.<br />
Dieser Roman ist die Geschichte eines Ravi de la crèche, wie man<br />
in der Provence sagt, beziehungsweise eines Baoul auf Korsisch,<br />
denn auf dieser Insel spielt der Roman. Anders gesagt handelt es<br />
sich um einen « einfachen » Menschen – simple, wie der Titel der<br />
französischen Ausgabe –, grausamere Menschen würden vielleicht<br />
auch « Idiot » sagen. Normalerweise beachtet man so jemanden gar<br />
nicht. Es ist ein Antiheld par excellence. Die Autorin, Julie Estève,<br />
stellt jedoch gerade eine solche Person in den Mittelpunkt ihres<br />
wunderschönen und äußerst menschlichen zweiten Romans. Sie<br />
beginnt damit, dass sie demjenigen, den alle nur Baoul nennen,<br />
einen Namen gibt: Antoine. Und Antoine erlebt ein Drama: Er wird<br />
im Dorf zu Unrecht des Mordes an einem jungen Mädchen namens<br />
Florence beschuldigt. Es ist naheliegend, dass ihn das zutiefst<br />
erschüttert. Der Mann beginnt nun, ein seltsames Verhalten an den<br />
Tag zu legen: Er spricht mit Bäumen und<br />
sogar mit seinem Stuhl, den er immer<br />
mit sich trägt. Das reicht, damit die<br />
meisten Dorfbewohner ihn endgültig<br />
für verrückt halten. Doch Julie Estève<br />
zeigt uns gekonnt, dass diejenigen,<br />
die Antoine wirklich beobachten,<br />
einen zutiefst anziehenden Menschen<br />
entdecken, der das Opfer vieler<br />
Grausamkeiten ist. Ein erschütternder<br />
und gleichzeitig hoffnungsvoller<br />
Roman, der noch dazu eine<br />
humorvolle Seite hat. Sehr schönes<br />
Lesevergnügen!<br />
ROMAN - PRIX GONCOURT 2018<br />
Wie später<br />
ihre Kinder<br />
Nicolas Mathieu, Originaltitel:<br />
Leurs enfants après eux,<br />
übersetzt von Lena Müller<br />
und André Hansen, Piper<br />
Verlag, 448 Seiten, ISBN<br />
9<strong>78</strong>-3492315753. Erscheint<br />
am 6. April <strong>2021</strong>.<br />
August 1992. Ein Ort<br />
im Osten Frankreichs.<br />
Stillgelegte Industrie.<br />
Ein See, ein heißer Nachmittag. Anthony ist<br />
vierzehn Jahre alt. Gemeinsam mit seinem<br />
Cousin beschließt er aus Langeweile, ein Kanu<br />
zu stehlen, um zu einem geheimen Badestrand<br />
zu fahren. Es ist der Beginn der ersten Liebe und<br />
eines schicksalhaften Sommers – das Drama des<br />
Lebens nimmt seinen Lauf. Diesen Roman, der<br />
2018 in Frankreich erschien, stellten wir Ihnen in<br />
Frankreich erleben <strong>Nr</strong>. 69 vor. Er hat die Franzosen<br />
vor allem deshalb geprägt, weil er von einem oft<br />
unbekannten Frankreich erzählt. Von Menschen,<br />
die keine Helden sind, die ein scheinbar<br />
banales Leben führen, das dennoch seine<br />
außergewöhnliche Seite hat. Nicolas Mathieu<br />
deckt diese Seite auf, und dabei gelingt ihm genau<br />
das, was große Schriftsteller auszeichnet: die<br />
Leser ansprechen, sie berühren, ihnen das Gefühl<br />
vermitteln, dass sie gerade ihre eigene Geschichte<br />
lesen. Ein überaus verdienter Prix Goncourt!<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 13
ON LIT EN FRANCE<br />
Unsere Auswahl an Büchern, über die man<br />
zurzeit in Frankreich spricht<br />
ROMAN<br />
ROMAN<br />
La maison de Bretagne<br />
Marie Sizun, arléa, 264 Seiten,<br />
ISBN 9<strong>78</strong>-2363082428<br />
Marie Sizun ist eine Autorin, die wir in<br />
der Redaktion besonders schätzen und<br />
deren Neuerscheinungen wir daher<br />
genau verfolgen. Sie ist Dozentin für<br />
Literaturwissenschaft und unterrichtete<br />
sowohl in Frankreich als auch in<br />
Deutschland, wo sie 17 Jahre lebte. Seit ihrer Rückkehr ins Hexagon<br />
widmet sie sich dem Schreiben. Durch ihren Lebensweg kennt sie<br />
die engen und komplementären Verbindungen zwischen Deutschen<br />
und Franzosen sehr gut. Heute lebt Marie Sizun in Paris und in der<br />
Bretagne. Für diese Region hegt sie eine regelrechte Leidenschaft.<br />
Beachten Sie auch das Pseudonym, das die Schriftstellerin gewählt<br />
hat: Erinnert Sie der Name « Sizun » nicht an eine berühmte bretonische<br />
Landspitze, an den westlichsten Zipfel der Landschaft Cornouaille?<br />
Sicherlich beruht die Namenswahl nicht auf einem Zufall … In ihrem<br />
13. Buch greift Marie Sizun mit dem ihr eigenen Feingefühl eines ihrer<br />
Lieblingsthemen auf: Familiengeschichten. Sie erzählt von der Pariserin<br />
Claire, die entschlossen ist, das Haus im Finistère zu verkaufen, in dem<br />
sie als Kind mit der Familie die Ferien verbrachte. Vor Ort entdeckt<br />
sie jedoch, dass es nicht nur darum geht, ein Haus zu verkaufen,<br />
sondern sich auch von vielen Erinnerungen zu verabschieden. Und<br />
schließlich verläuft nichts wie vorgesehen. Als ob dieses Haus in<br />
der Bretagne, in dem Moment, in dem Claire es verkaufen will, in<br />
ihrem Herzen und in ihrer Seele etwas Besonderes zum Schwingen<br />
brächte … Ist das aber so erstaunlich? Man kann nicht regelmäßig<br />
die Bretagne besuchen, ohne dass diese Spuren hinterlassen würde.<br />
Eines ist sicher: Wenn man dieses Buch aus der Hand legt, ist man<br />
berührt und hat plötzlich ein unbändiges Verlangen nach dieser<br />
Region und ihrer wilden Küste. Ein sehr schönes Lesevergnügen, das<br />
dem Leser angenehme Eindrücke beschert, die in der derzeitigen<br />
Situation mit all ihren Einschränkungen im Hinblick auf das Reisen<br />
umso willkommener sind!<br />
La vengeance m’appartient<br />
Marie Ndiaye, Gallimard, 235 Seiten,<br />
ISBN 9<strong>78</strong>-2072841941<br />
Auch Marie Ndiaye kennt Deutschland gut,<br />
da sie viele Jahre in Berlin lebte, bevor sie<br />
vor nicht allzu langer Zeit nach Frankreich<br />
zurückkehrte und sich im Bordelais<br />
niederließ. Seit mehr als 35 Jahren schreibt<br />
sie Bücher, die oft von verstörenden<br />
Familienangelegenheiten handeln und<br />
regelmäßig in der Welt der französischen<br />
Literatur für Schlagzeilen sorgen. 2009 erhielt<br />
sie für Trois femmes puissantes den Prix<br />
Goncourt. Das Buch erschien in Deutschland<br />
mit dem Titel Drei starke Frauen. Auch in ihrem<br />
zwölften Roman erzählt uns Marie Ndiaye<br />
eine Familiengeschichte. Eine Anwältin in den<br />
Vierzigern, die seit kurzer Zeit in Bordeaux<br />
lebt, erhält Besuch von einem Mann. Es ist ein<br />
Schock für sie. Warum? Wer ist dieser Mann?<br />
Was ist zwischen den beiden vorgefallen? Der<br />
Roman ist wie ein aufregendes, verstörendes<br />
Rätsel, das – wie immer bei Marie Ndiaye<br />
– wichtige Themen<br />
aufgreift, die unsere<br />
Gesellschaft aktuell<br />
bewegen. Es geht um<br />
Gewalt gegenüber<br />
Kindern, Frauen und<br />
Minderheiten. Ein<br />
hochaktuelles Buch,<br />
das Dämonen des<br />
heutigen Frankreichs<br />
beschreibt.<br />
14 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>
ERZÄHLUNG/ERMITTLUNG<br />
Chaudun, La montagne blessée<br />
Luc Bronner, Seuil, 174 Seiten, ISBN 9<strong>78</strong>-<strong>2021</strong>439540<br />
Es passiert nicht alle Tage, dass der ehemalige Redaktionsleiter<br />
einer der renommiertesten französischen Tageszeitungen<br />
(Le Monde) und zugleich ein unermüdlicher Wanderer, der<br />
seit seiner Kindheit mit vielen Alpinwanderwegen vertraut<br />
ist, zur Feder greift, um uns eine Geschichte zu erzählen.<br />
Diese Geschichte trägt sich in der Gegend um Gap zu, in der<br />
Region also, in der er aufwuchs. Das Buch ist eine Mischung aus<br />
Erzählung und mehrjährigen journalistischen Ermittlungen, die<br />
Luc Bronner führte, um endlich die seltsame Geschichte des<br />
heute verschwundenen Dorfes Chaudun in den Hautes-Alpes zu<br />
verstehen. Es ist wohl einzigartig, dass Menschen ihr Dorf an den<br />
Staat verkaufen. Und doch war das 1895 der Fall als die Bewohner<br />
von Chaudun – Bäuerinnen und Bauern, die zu zahlreich geworden<br />
waren, um von den Ressourcen der Berge leben zu können – der<br />
Misere entfliehen wollten, um sich an einem anderen Ort ein<br />
besseres Leben aufzubauen … nämlich in Amerika. Das war<br />
das Ende des Dorfes, von dem heute nur noch ein paar Ruinen<br />
inmitten einer geschützten Naturlandschaft existieren. Das<br />
Buch vermittelt uns Kenntnisse über die<br />
Lebensbedingungen in den Bergen, über<br />
das schwierige Zusammenleben von<br />
Mensch und Natur und letztendlich über<br />
einen ökologischen Ansatz, den wir alle<br />
haben sollten. « Chaudun erzählt von<br />
unserer Vergangenheit und wahrscheinlich<br />
von unserer Zukunft », folgert der Autor.<br />
Beim Lesen des Buches kommt man um<br />
die Feststellung nicht umhin, dass das<br />
wohl so ist.<br />
ROMANBIOGRAFIE<br />
Crénom, Baudelaire!<br />
Jean Teulé, Mialet Barrault, 432<br />
Seiten, ISBN 9<strong>78</strong>-2080208842<br />
Von Jean Teulé haben wir in dieser Rubrik bereits<br />
einige Werke vorgestellt. Er ist einer der erfolgreichsten<br />
französischen Autoren unserer Zeit. Seine Spezialität<br />
sind Biografien, die ungewöhnlich und respektlos sind,<br />
beispielsweise diejenigen von großen französischen<br />
Dichtern wie Rimbaud und Verlaine, denen er seine<br />
eigene Sensibilität einhaucht. Damit unterzieht er<br />
diese Persönlichkeiten, von denen das kollektive<br />
Gedächtnis eine bestimmte Vorstellung hat, einer ganz<br />
schönen Verjüngungskur. Nun hat Jean Teulé sich<br />
Charles Baudelaire vorgenommen. Wie immer ist das<br />
Porträt sehr gut belegt und explosiv: Man entdeckt<br />
einen « verabscheuungswürdigen » Baudelaire, der<br />
« nichts respektiert, keinerlei Verpflichtung erträgt,<br />
wem gegenüber auch immer, der über allen, die ihm<br />
zu nahekamen, die größten Unsinnigkeiten ergoss.<br />
Bis auf die Knochen zugedröhnt, ein halluzinierender<br />
Dandy … ». Aber auch jemand, wie Teulé mit tiefem<br />
Respekt gegenüber dem Dichter hervorhebt, dessen<br />
Werke « das Schicksal der französischen Poesie<br />
veränderten ». Hätte sich Baudelaire in diesem Porträt<br />
wiedererkannt? Das kann niemand sagen. Und genau<br />
darum geht es in diesem Werk.<br />
ATLAS<br />
Atlas historique de la France<br />
Christian Grataloup, Éditions Les Arènes, 322 Seiten, ISBN 979-1037502612<br />
Christian Grataloup, der sich selbst mit Fug und Recht als « der<br />
Geograf mit den umfassendsten Geschichtskenntnissen »<br />
bezeichnet und im Übrigen vor einigen Jahren im selben Verlag<br />
bereits den in Frankreich sehr beachteten Atlas historique<br />
mondial veröffentlichte, präsentiert in diesem « Atlas der<br />
französischen Geschichte » 375 ausgesprochen klare und<br />
lehrreiche Karten. Es ist eine Freude, ihn immer wieder durchzublättern und dabei neugierig<br />
ausgefallene Karten zu entdecken, wie die von der « anziehenden Vergangenheit » (auf der<br />
die meistbesuchten historischen Stätten des Landes verzeichnet sind), die des « Landes der<br />
Schriftsteller und Maler » oder auch die von « Paris, Theater der Revolution (1792-1795) », die<br />
die wichtigsten politischen Orte dieser Zeit in der Hauptstadt zeigt. Lehrreich!<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 15
ON LIT EN FRANCE<br />
AUTOBIOGRAFISCHE ERZÄHLUNG<br />
Par la force des arbres<br />
Edouard Cortès, Équateurs, 174 Seiten, ISBN 9<strong>78</strong>-2849908051<br />
Bevor Edouard Cortès, ein Mann in den Vierzigern, dieses Buch<br />
veröffentlichte, war er Schafzüchter und Schäfer. Einer dieser<br />
leidenschaftlichen Schäfer, die die Natur, ihre Tiere und ihren Beruf<br />
von ganzem Herzen lieben. Ein Schäfer, der trotz sieben Jahre<br />
langer verbissener Arbeit am Ende mit einem Berg von Schulden,<br />
administrativem Papierkram und einer kranken Herde dastand. Dieser<br />
Schicksalsschlag, sein zerschundener Rücken und die Gedanken, die<br />
in seinem Kopf um nichts anderes mehr kreisten, führten dazu, dass er<br />
eines Tages alles hinschmiss. Anstatt jedoch in Depressionen zu verfallen,<br />
setzte Edouard Cortès ein erstaunliches Vorhaben um: Er zog sich in eine Hütte zurück, die er für diesen<br />
Zweck mit eigenen Händen in einer Höhe von sechs Metern inmitten der Äste einer altehrwürdigen Eiche<br />
im Périgord baute. Es war seine Art, sein Leben und unsere maßlose Zeit aus einer anderen Perspektive zu<br />
betrachten. Drei Monate verbrachte der dort alleine, weit weg von allem. Drei Monate, in denen er dieses<br />
unglaublich bereichernde Zeugnis voller Weisheit schrieb. Inmitten dieser Eiche, die man beim Lesen<br />
genauso lieben lernt wie der Autor, unternimmt er im Grunde eine « statische Reise » in die Welt der Natur<br />
und des Waldes. « Ich habe die weisen Worte der Bäume und Blätter gekostet. Ich habe hemmungslos an<br />
den Quellen der Schönheit und des kleinen Waldes getrunken. Ich habe einen Teil des Baumes erhalten.<br />
Kann ich deswegen heute keinen Baum mehr berühren, ohne das Universum zu spüren? », fragte sich der<br />
Autor, als er vom Baum wieder herabstieg. Was uns betrifft, so träumen bestimmt viele davon, eine solche<br />
Erfahrung zu machen!<br />
ZEUGNIS<br />
La familia grande<br />
Camille Kouchner, Seuil, 207 Seiten, ISBN 9<strong>78</strong>-<strong>2021</strong>472660<br />
Dank der Literatur macht die französische Gesellschaft manchmal große<br />
Fortschritte. Das haben uns bereits so berühmte Autoren wie Émile Zola und<br />
Victor Hugo gezeigt, um nur zwei Beispiele von vielen zu nennen. Auch dieses Werk<br />
zeigt, was ein Buch in Frankreich auslösen kann: Camille Kouchner, die Tochter<br />
des ehemaligen Ministers Bernard Kouchner, erzählt darin die Geschichte einer<br />
großen Familie, die Geschichte ihrer eigenen Familie. Darin geht es um das düstere<br />
Geheimnis sexuellen Missbrauchs an ihrem Bruder, als dieser noch ein Kind war,<br />
begangen durch ihren Stiefvater – ehemals Europaabgeordneter und eine bekannte<br />
Persönlichkeit. Es geht also um Inzest. Um die Zerstörung von Existenzen. Aber nicht<br />
nur. Es ist auch ein Aufschrei darüber, dass eine ganze Reihe von Persönlichkeiten<br />
aus Politik, Recht und Kultur mehr als 30 Jahre lang geschwiegen haben, obwohl<br />
sie von dieser schrecklichen Geschichte wussten. Das Erscheinen des Buches führte<br />
im Hexagon bereits zu zahlreichen Debatten über das Thema. Vor allem aber hat es Hunderten<br />
von Inzestopfern Mut gemacht, über ihr Schicksal zu sprechen. Der französische Premierminister<br />
kündigte sogar eine Gesetzesreform an, die es ermöglichen soll, den Bedürfnissen dieser Opfer<br />
besser Rechnung zu tragen. Ein Buch also, das vielen eine Hilfe ist und eine wichtige Rolle in der<br />
Gesellschaft spielt.<br />
16 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>
ROMAN – PRIX GONCOURT 2020<br />
L’anomalie<br />
Hervé le Tellier, Gallimard, 332<br />
Seiten, ISBN 9<strong>78</strong>-2072895098<br />
Der renommierteste unter den<br />
französischen Literaturpreisen,<br />
der Prix Goncourt, hat dem zuletzt<br />
ausgezeichneten Autor, Hervé<br />
le Tellier, unbestritten zu einem echten Erfolg verholfen. Bei<br />
Drucklegung dieses Magazins waren in Frankreich bereits mehr<br />
als 800 000 Exemplare von L’anomalie verkauft und die Rechte für<br />
das Buch sowie für die audiovisuelle Vermarktung in nahezu 30<br />
Länder vergeben. So etwas hat es in diesem Ausmaß in so kurzer<br />
Zeit selten gegeben. Doch der Roman ist wirklich angenehm zu<br />
lesen, er entspricht dem Geist unserer Zeit, er ist eine Mischung aus<br />
Krimi, Spionageroman, Liebesgeschichte und Science-Fiction. Der<br />
Autor selbst präsentiert ihn so: « Ich habe gesellschaftspolitische<br />
Betrachtungen mit einer technischen Idee verknüpft und das<br />
Ganze in einen Roman eingebunden, in dem Personen mit ihrem<br />
Double konfrontiert werden. » Mehr können wir jedoch nicht<br />
verraten, ohne die virtuose Spannung zu zerstören. Nur noch so<br />
viel: Es geht um die « Anomalie » eines Flugplans, denn dasselbe<br />
Flugzeug der Air France landet zwei Mal mit denselben Menschen<br />
an Bord … im Abstand von drei Monaten …<br />
ROMAN<br />
Serge<br />
Yasmina Reza, Flammarion, 234<br />
Seiten, ISBN 9<strong>78</strong>-2080235930<br />
Die Roman- und Bühnenautorin Yasmina<br />
Reza ist auf der ganzen Welt dafür bekannt,<br />
dass sie eine präzise und sehr bissige Art<br />
zu schreiben besitzt und es auf seltene<br />
Weise versteht, Humor und Tragik zu<br />
verbinden. Auch der neue Roman stellt in<br />
dieser Beziehung keine Ausnahme dar. Die<br />
Schriftstellerin erzählt darin eine bittere<br />
und gleichzeitig lustige Komödie über<br />
die Streitigkeiten von drei Geschwistern,<br />
die bereits in die Jahre gekommen sind<br />
und sich anlässlich<br />
des Todes ihrer<br />
Mutter treffen.<br />
Mal berührend,<br />
mal tragisch, oft<br />
einfach lustig, mit<br />
beeindruckenden<br />
Dialogen: Legt man<br />
das Buch aus der<br />
Hand, hat man den<br />
Eindruck, eine Zeit<br />
mit dieser verflixten<br />
Familie verbracht zu<br />
haben …<br />
Französisch lernen am Puls der Zeit<br />
| Photo : Getty Images<br />
Aktuell in der Revue de la Presse:<br />
Match PSG – Basaksehir: la goutte<br />
tikel<br />
d’eau qui fait déborder le footAr<br />
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l’indépendance<br />
courte victoire du non à<br />
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l’indépendance<br />
3<br />
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ÉCONOMIE<br />
ENVIRONNEMENT<br />
ENVIRONNEMENT<br />
• Réussite sociale : des ados<br />
• Protection des oiseaux : en<br />
pris au<br />
• Protection<br />
piège d’une<br />
des<br />
arnaque<br />
France, la chasse à oiseaux la glu a du : en<br />
pour<br />
France,<br />
devenir<br />
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l’aile chasse à la glu a du<br />
| Photo : Getty Images<br />
| Photo : Getty Images<br />
| Photo : Getty Images<br />
Artikel aus führenden französischsprachigen Zeitungen und unserer Redaktion<br />
Artikel aus führenden französischsprachigen Zeitungen und unserer Redaktion<br />
aus führenden französischsprachigen Zeitungen und unserer Redaktion<br />
S p r ac h t r a i n i n g • L a n d e s k u n d e • Vo k a b e l h i l f e n • Ü b u n g s material<br />
S p r ac h t r a i n i n g • L a n d e s k u n d e • Vo k a b e l h i l f e n • Ü b u n g s material<br />
S p r ac h t r a i n i n g • L a n d e s k u n d e • Vo k a b e l h i l f e n • Ü b u n g s material<br />
VACCIN ANTI-COVID<br />
Les cirques itinérants<br />
La Citroën Ami est<br />
La Citroën Ami est<br />
• N o 2 | 6 8 º A n n é e •<br />
• N o 1 1 | 6 7 º A n n é e •<br />
• N o 1 1 | 6 7 º A n n é e •<br />
Claude Brasseur nous<br />
Juliette Gréco, icône de<br />
Juliette Gréco, icône de<br />
sont-ils condamnés? En France, a quittés le 22 décembre dernier,<br />
la une présentation mini-urbaine d’animaux électrique sauvages à deux à 84 la ans. chanson Acteur française, populaire, nous a quittés<br />
sera places. une progressivement mini-urbaine Pratique et moderne, interdite électrique elle à deux peut il a à toujours 93 la ans. chanson Muse privilégié française, de la les rive histoires nous gauche, a quittés elle<br />
sous être places. les conduite chapiteaux. Pratique sans permis et moderne, et se loue elle peut à d’hommes, fut, à 93 dans ans. de le flics Paris Muse et d’après-guerre, de de la voyous. rive gauche, la elle<br />
moins être de conduite 20 € par sans mois. permis et se loue à reine fut, de dans Saint-Germain-des-Prés.<br />
le Paris d’après-guerre, la<br />
Lire<br />
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par mois.<br />
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Lire<br />
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l’article<br />
de Saint-Germain-des-Prés.<br />
en page 10<br />
Lire l’article en page 5<br />
Lire l’article en pages 10 et 11<br />
Lire l’article en page 5<br />
Lire l’article en pages 10 et 11<br />
Entre riches et pauvres,<br />
la fracture vaccinale<br />
seuls près de 1,5 million de cas déclarés<br />
les thèmes : le Kenya, les la plus Birmanie, importants le<br />
Nigeria, d’un les écrivain le thèmes Pakistan les capital et plus l’Ukraine ». importants Michel »,<br />
ajoutait Houellebecq d’un l’Alliance. écrivain assure capital que ». ce Michel sera<br />
4 le Lorsque Houellebecq dernier « l’épidémie Interventions assure de que » Covid-19<br />
ne le promets dernier a pris pas « l’ampleur Interventions absolument d’une » : de « Je<br />
: ce « Je sera<br />
pandémie, cesser ne promets de à penser, la fin pas de mais absolument l’hiver au moins dernier,<br />
de les cesser bonnes de de penser, communiquer paroles mais étaient au mes moins<br />
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| Photo : Getty Images<br />
| Photo : Getty Images<br />
| Photo : Getty Images
ON REGARDE<br />
Seien wir ehrlich: Vielen<br />
von uns fehlt das Kino,<br />
viele von uns träumen<br />
davon, sich dort wieder einmal<br />
ganz ungezwungen und<br />
spontan einen Film anzusehen.<br />
Damit stehen wir nicht<br />
alleine da … Durch wiederkehrende<br />
Ausgangsbeschränkungen<br />
und sonstige Einschränkungen<br />
herrscht bei<br />
den Terminen für die Starts<br />
neuer Filme jedoch eine permanente<br />
Unsicherheit. Uns ist<br />
aufgefallen, dass einige Medien<br />
in der letzten Zeit daher<br />
überhaupt keine Informationen<br />
mehr über anstehende<br />
Filmstarts kommunizieren.<br />
Wir sind aber davon überzeugt,<br />
dass es wichtig ist, Ihnen<br />
nach wie vor Filme zu<br />
empfehlen, die in Frankreich<br />
bereits angelaufen sind und<br />
die wir für gut befinden.<br />
Selbst auf die Gefahr hin, dass<br />
die vorgesehenen Termine<br />
verschoben werden. Produzenten,<br />
Verleiher und Kinobetreiber<br />
erstellen weiterhin<br />
couragiert ihre Programme.<br />
Also sollten wir uns mit ihrer<br />
Arbeit mehr denn je solidarisch<br />
zeigen und die Lust auf<br />
das von uns allen so geliebte<br />
Kinoerlebnis wachhalten. Daher<br />
teilen wir mit Ihnen nach<br />
wie vor unsere Coups de cœur<br />
der Filme, die eine Beziehung<br />
zu Frankreich haben und in<br />
den kommenden Monaten –<br />
also « demnächst » in<br />
Deutsch land anlaufen werden.<br />
So bald wie möglich, wie wir<br />
alle hoffen!<br />
Und sollte sich die Wiedereröffnung<br />
der Kinos<br />
noch etwas hinziehen,<br />
hier noch zwei aktuelle<br />
DVD-Neuerscheinungen.<br />
Beide Filme haben wir Ihnen<br />
bereits anlässlich ihres Filmstarts<br />
in Deutschland vorgestellt.<br />
KOMÖDIE<br />
Eine Komödie, die guttut!<br />
Ein blasierter und in seiner Arbeit eher<br />
skrupelloser Arzt (Michel Blanc) sieht<br />
sich an einem Weihnachtsabend in Paris<br />
gezwungen, mit einem jungen, fröhlichen<br />
und pfiffigen Essensboten (Hakim Jemili)<br />
zusammenzuarbeiten. Die Kombination<br />
scheint unmöglich, funktioniert aber<br />
am Ende und führt zu Situationen, die<br />
zwar zugegebenermaßen manchmal<br />
vorhersehbar, aber lustig sind. Ein<br />
kurzweiliger und wohltuender Film. Und<br />
ganz sicher ein Balsam in den derzeitigen<br />
schwierigen Zeiten!<br />
Ein Doktor auf Bestellung • Frankreich<br />
2019, 89 min • Originaltitel: Docteur? •<br />
Ein Film von Tristan Séguéla, mit Michel<br />
Blanc, Hakim Jemili, Solène Rigot, Franck<br />
Gastambide u. a. • Demnächst im Kino.<br />
TRAGIKOMÖDIE<br />
Die Handlung dieses<br />
amerikanischen Films,<br />
der teilweise in Frankreich<br />
spielt, wirft einen oft erstaunlichen Blick auf<br />
die Grenzen der Freundschaft. Selbst wenn<br />
man kein Radfahrer ist, bleibt einem die Szene<br />
des Aufstiegs auf den Col de Vence (Alpes-<br />
Maritimes) zweifellos im Gedächtnis. Der Film<br />
wurde bei den Filmfestspielen 2019 in Cannes<br />
in der Selektion Un Certain Regard mit einem<br />
Coup de cœur ausgezeichnet und erhielt im<br />
selben Jahr den Jurypreis beim Festival des<br />
amerikanischen Films in Deauville.<br />
The Climb • USA 2019, 97 min • Originaltitel: The<br />
Climb • Ein Film von und mit Michael Angelo<br />
Covino, mit Kyle Marvin, Gayle Rankin, Talia<br />
Balsam u. a. • Vorgestellt in Frankreich erleben <strong>Nr</strong>.<br />
76 anlässlich des Filmstarts in Deutschland.<br />
DRAMA/ROMANZE<br />
Jugendliebe<br />
Als Suzanne Lindon damit begann,<br />
das Drehbuch für ihren ersten Film<br />
zu schreiben – der sich als überaus<br />
erfolgreich herausstellte –, war sie<br />
erst 15 Jahre alt, ein Jahr jünger als<br />
ihre Heldin. « Ich habe die Geschichte<br />
geschrieben, die ich gerne selbst erlebt<br />
hätte. Und da ich mich unter Menschen<br />
meines Alters nicht sehr wohlfühlte,<br />
mich mit ihnen langweilte, hätte ich<br />
gerne eine Beziehung zu einem älteren<br />
Mann gehabt», erzählt die Tochter der<br />
französischen Schauspieler Vincent<br />
Lindon und Sandrine Kiberlain. Ein<br />
sehr persönlicher und dennoch<br />
allgemeingültiger Film darüber, wie eine<br />
Jugendliche die Liebe entdeckt, und<br />
über die Fragen und die Verwirrung,<br />
die daraus entstehen.<br />
Schönes Kinoerlebnis!<br />
<strong>Frühling</strong> in Paris • Frankreich<br />
2019, 74 min • Originaltitel:<br />
Seize printemps • Ein Film von<br />
und mit Suzanne Lindon, mit<br />
Arnaud Valois, Florence Viala<br />
u. a. • Demnächst im Kino.<br />
DRAMA<br />
Ein Film über die (oft) komplexen<br />
familiären Beziehungen<br />
der Franzosen, mit zwei<br />
der größten französischen<br />
Kinoschauspielerinnen,<br />
Catherine Deneuve und Juliette<br />
Binoche, gedreht von einem der<br />
bedeutendsten japanischen<br />
Regisseure, Hirokazu Kore-eda, der<br />
2018 in Cannes mit der Goldenen<br />
Palme ausgezeichnet worden war.<br />
Erstaunlich und bemerkenswert!<br />
La Vérité - Leben und lügen lassen •<br />
Frankreich 2019, 107 min<br />
• Originaltitel: La vérité<br />
• Ein Film von Hirokazu<br />
Kore-eda, mit Catherine<br />
Deneuve, Juliette Binoche,<br />
Ethan Hawke, u. a. •<br />
Vorgestellt in Frankreich<br />
erleben <strong>Nr</strong>. 74 anlässlich des<br />
Filmstarts in Deutschland.<br />
18 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>
DOKUMENTATION<br />
Claude Sautet –<br />
Regisseur der<br />
Zwischentöne<br />
Claude Sautet war einer der bedeutendsten Regisseure<br />
Frankreichs. In seinen poetisch-melancholischen,<br />
komischen und dramatischen Gesellschaftsfilmen gelang<br />
es ihm, den französischen Zeitgeist der 1970er und 80er<br />
Jahre einzufangen. Seine Filme « Die Dinge des Lebens »,<br />
« César und Rosalie », « Vincent, François, Paul und die<br />
anderen », « Nelly & Monsieur Arnaud » gelten in Frankreich<br />
als Teil der kollektiven Erinnerung. Die Dokumentation<br />
enthüllt bislang unbekannte Facetten des zeitlebens<br />
diskreten und zurückhaltenden Filmemachers und<br />
kombiniert Archivmaterial mit bisher unveröffentlichten<br />
Aufnahmen.<br />
Dokumentation von Amine Mestari, Frankreich 2020, 52 Min.<br />
Donnerstag, 4. März, um 0.20 Uhr, online in der ARTE-<br />
Mediathek vom 24. Februar bis zum 2. Mai<br />
SPIELFILM<br />
Frantz<br />
Am Grab ihres vor einem Jahr im Ersten Weltkrieg<br />
gefallenen Verlobten Frantz trifft Anna auf den<br />
Franzosen Adrien, der dort Blumen niederlegt. Zwischen<br />
der trauernden jungen Frau und diesem Freund<br />
des Toten aus Studienzeiten in Paris entsteht eine<br />
emotionale Bindung, die in der Stadt für Aufsehen sorgt.<br />
Denn Adrien ist im Quedlinburg des Jahres 1919 kein<br />
gern gesehener Gast; die « Erbfeindschaft » zwischen<br />
Deutschen und Franzosen hat zu große Lücken in die<br />
Familien vor Ort gerissen. Eine vielschichtige Geschichte<br />
über Schuld, Trauer und Vergebung - und der Hoffnung<br />
auf Frieden.<br />
Spielfilm von François Ozon,<br />
mit Paula Beer, Pierre Niney,<br />
Ernst Stötzner, u. a., Frankreich<br />
2016, 100 Min. Mittwoch, 10.<br />
März <strong>2021</strong>, um 20.15 Uhr<br />
Das komplette tägliche ARTE TV-Programm finden Sie im ARTE Magazin.<br />
Jeden Monat neu am Kiosk oder im Abonnement. Jetzt bestellen unter: www.arte-magazin.de.<br />
Weitere Informationen und Angebote von ARTE : www.arte.tv<br />
FERNSEHFILM<br />
Marie Curie<br />
Marie Curie: Sie ist die erste Frau, die im Jahr 1903 gemeinsam<br />
mit ihrem Mann und Forschungspartner für die Entdeckung des<br />
radioaktiven Elementes Radium ausgezeichnet wird. Nach dem<br />
tragischen Unfalltod ihres Mannes Pierre Curie (Charles Berling)<br />
1906, bleibt die alleinerziehende Mutter Marie Curie (Karolina<br />
Gruszka) mit einem gebrochenen Herzen zurück und muss sich als<br />
Physikerin ihren Platz in der von Männern dominierten Forschung<br />
erkämpfen. In Gedanken an ihren Mann betreibt Curie die Radium-<br />
Forschung als Heilmittel zur Krebstherapie weiter und übernimmt<br />
unter kritischen Blicken schließlich als erste Frau an der Pariser<br />
Sorbonne den Lehrstuhl ihres Mannes für allgemeine Physik. Kurz<br />
vor der Zuerkennung ihres zweiten Nobelpreises für Chemie 1911<br />
gerät ihre Affäre mit ihrem verheirateten Kollegen Paul Langevin<br />
(Arieh Worthalter) durch den Journalisten Gustave Téry (Samuel<br />
Finzi) an die Öffentlichkeit. Trotz ihres Ruhms entsteht ein Skandal<br />
um die Wissenschaftlerin zwischen Errungenschaften in der<br />
Forschung und privaten Sehnsüchten.<br />
Fernsehfilm von Marie Noëlle, mit Karolina Gruszka,<br />
Charles Berling, Samuel Finzi, Arie Worthalter, u.<br />
a., Polen, Deutschland, Frankreich, 2016, 92 Min.<br />
Freitag, 26. März, um 20.15 Uhr, online in der<br />
ARTE-Mediathek vom 26. März bis zum 2. April<br />
DOKUMENTATION<br />
Magische Gärten:<br />
Jardin du<br />
Luxembourg<br />
Mitten in Paris liegt hinter imposanten<br />
Eisengittern der Luxemburg-Garten. Die fast<br />
vierhundert Jahre alte, europaweit berühmte<br />
Anlage wurde in der Renaissance vom<br />
französischen Gartenarchitekten Jacques<br />
Boyceau für die Königin Maria von Medici<br />
angelegt. Als einer von wenigen Gärten der<br />
französischen Hauptstadt ist der Luxemburg-<br />
Garten noch heute mit seinem Palastgebäude<br />
verbunden, dem Palais du Luxembourg.<br />
Während der Französischen Revolution diente<br />
das Palais zunächst als Gefängnis und dann als<br />
Sitz des Senats, der Garten fiel in den Besitz des<br />
Staates.<br />
Dokumentation von Leila Mehr, Frankreich 2018,<br />
28 Min. Frankreich, 2020, 54 Min. Donnerstag,<br />
1. April, um 17.25 Uhr, anschließend für drei<br />
Monate in der ARTE-Mediathek verfügbar<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 19
ON SURFE<br />
NATUR<br />
Wo stehen die schönsten Bäume Frankreichs?<br />
Wenn auch Sie, so wie wir, nach der Lektüre einiger Artikel in dieser Ausgabe<br />
ganz plötzlich das Bedürfnis haben, die schönsten Bäume Frankreichs zu<br />
entdecken, dann ist diese Website wie für Sie gemacht! Sie wurde von der<br />
Vereinigung A.R.B.R.E.S (Arbres Remarquables: Bilan, Recherche, Études et<br />
Sauvegarde) realisiert und kartografiert seit 2000 Bäume, die das Label Arbre<br />
Remarquable de France tragen. Diese Auszeichnung beschränkt sich nicht<br />
darauf, den außergewöhnlichen Charakter eines Baumes anzuerkennen.<br />
Gemeinden, Gebietskörperschaften, öffentliche Einrichtungen und Privatpersonen, die einen solchen,<br />
als Naturerbe eingestuften Baum besitzen, können eine Partnerschaftsvereinbarung mit der Vereinigung<br />
abschließen, die Unterhalt, Schutz und Aufwertung des entsprechenden Arbre Remarquable regelt. Darüber<br />
hinaus wird vor Ort ein Schild angebracht, das den Baum präsentiert. Auf der Website der Vereinigung kann<br />
man die derart hervorgehobenen Bäume auf einer Frankreichkarte lokalisieren, die regelmäßig aktualisiert<br />
wird. Darüber hinaus ist eine Suche nach Schlüsselbegriffen, zum Beispiel nach der Baumart, möglich.<br />
www.arbres.org/carte-de-france-interactive.htm<br />
HOTELS<br />
ENTDECKUNGEN<br />
Der Atlas des Régions Naturelles entwickelt sich weiter<br />
Der Atlas des Régions Naturelles ist ein unglaublich ambitioniertes und<br />
unabhängiges Projekt, am Schnittpunkt von Geschichte, Geografie,<br />
Forschung, Kunst und auch einer gewissen Form von Poesie. Vor einiger<br />
Zeit haben wir in dieser Rubrik bereits über die Entstehung des Projektes<br />
berichtet, das sich inzwischen stark weiterentwickelt hat. Bei der letzten<br />
Zählung am 5. November 2020 enthielt der online zugängliche Atlas mehr<br />
als 12 000 Fotografien, die seit 2017 aufgenommen wurden und zurzeit<br />
im Wesentlichen den Norden Frankreichs abdecken. Laut Nelly Monnier<br />
und Eric Tabuchi, den Gründern des Vorhabens, das einen langen Atem<br />
erfordert, soll es dazu beitragen, « das französische Staatsgebiet in all<br />
seinen Nuancen zu erfassen und zu präsentieren ». Dafür haben sie sich ein<br />
fotografisches Konzept ausgedacht, das – in gewisser Weise wie bei einer<br />
mündlichen Überlieferung – « die Konturen einer Geografie mit bewusst<br />
ungewissen Grenzen [zeichnet], wobei diese Ungenauigkeit die Autorität<br />
konventioneller Karten mildert ». Auf der Website erhält man eine nicht<br />
alltägliche Kartografie von Frankreich und hat gleichzeitig die Möglichkeit,<br />
nach bestimmten Kriterien zu suchen und diese sogar zu kombinieren<br />
(Jahr, Landschaft, Epoche, Jahreszeit …). Auf diese Weise entdeckt man<br />
unterschiedlichste Fotos von Häusern, Bauernhöfen, Hangars, Fabriken,<br />
Wohnblocks, Geschäften, Kirchen, Denkmälern, Werbeschildern u. v. m.<br />
Man realisiert dabei, dass<br />
diese Fotos ein erstaunlich<br />
abwechslungsreiches Bild der<br />
französischen Landschaften<br />
zeichnen, das man mit Freude<br />
selbst sucht und zusammenstellt.<br />
Spannend!<br />
www.archive-arn.fr<br />
Eine Nacht in<br />
einem Luxuszimmer<br />
für<br />
89 Euro<br />
In dieser für die<br />
Hotelbranche<br />
sehr schwierigen<br />
Zeit verdienen<br />
es Initiativen wie As a Guest, dass man über<br />
sie spricht. Bei diesem französischen Konzept<br />
bieten 120 unabhängigen Hotels im ganzen<br />
Hexagon luxuriöse Zimmer und exklusive<br />
Dienstleistungen zum Einheitspreis von 89 € an<br />
und lasten damit freie Zimmerkontingente aus.<br />
Durch die Idee der dynamischen Entwickler<br />
dieses Angebots, Tatiana, Jesson und Damien,<br />
sollen Reisende Lust auf den Aufenthalt<br />
in hochwertigen, unabhängigen Hotels<br />
bekommen, in denen individueller Empfang,<br />
Begegnung und Authentizität im Mittelpunkt<br />
stehen. Gleichzeitig ist As a Guest aber auch ein<br />
verantwortliches und solidarisches Projekt, bei<br />
dem ein Teil der Einnahmen an gemeinnützige<br />
Institutionen (für Ausbildung, kulturelles<br />
Schaffen, Umwelt) überwiesen wird. Hoffen<br />
wir, dass dies dazu beiträgt, dass unabhängige<br />
Hotels ihr Geschäft wieder ankurbeln können,<br />
sobald es die Situation ermöglicht.<br />
www.asaguest.com<br />
20 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>
Filme, Serien, Kultur, Kulturerbe …<br />
Auf TV5MONDEplus sind französischsprachige Programme<br />
Überall verfügbar. Die ganze Zeit. Kostenlos.<br />
Bulle<br />
Unité 9<br />
Le bon plaisir<br />
Dans la ville blanche<br />
Thalassa<br />
Photos : Thalassa © France 3/Thalassa - Bulle © RTS - Le bon plaisir © MK2<br />
- Dans la ville blanche © RTS - Unité 9 © Société Radio-Canada<br />
Das Gleichgewicht von<br />
Familie Aubert gerät aus<br />
dem Gleichgewicht, als<br />
Alice erfährt, dass sie<br />
Leukämie hat. Ein Schock,<br />
der die Blase, in der sich<br />
jedes einzelne Familienmitglied<br />
verkrochen hat,<br />
aufbrechen lässt und die<br />
Vergangenheit ans Licht<br />
bringt…<br />
Regie: Anne Deluz<br />
(Schweiz, 2020) ·<br />
Darsteller: Élodie<br />
Bordas, Nicolas Bridet,<br />
Claudia Cardinale,<br />
Antoine Basler, Suzanne<br />
Clément, Axel Rouèche<br />
Alltag im Frauengefängnis.<br />
Die Serie verfolgt den Gefängnisalltag<br />
einer kleinen<br />
Gruppe Frauen, die im<br />
gleichen Block sitzen.<br />
Regie: Jean-Philippe<br />
Duval, Louis Bolduc ·<br />
Darsteller: Guylaine<br />
Tremblay, Catherine<br />
Proulx-Lemay, Ève Landry<br />
Claire wird die Handtasche<br />
gestohlen. Diese<br />
enthält aber einen Brief,<br />
der zehn Jahre vorher vom<br />
derzeitigen Präsidenten<br />
der Republik geschrieben<br />
wurde. Damals hatte er<br />
von seiner schwangeren<br />
Geliebten eine Abtreibung<br />
verlangt. Claire alarmiert<br />
sofort das Präsidialamt.<br />
Der Staatsapparat setzt<br />
sich in Bewegung.<br />
Regie: Francis Girod<br />
(Frankreich, 1983) ·<br />
Darsteller: Jean-Louis<br />
Trintignant, Catherine<br />
Deneuve · Preise und<br />
Festivals: Nominierungen<br />
für den<br />
Filmpreis César 1985<br />
Während eines Zwischenstopps<br />
in Lissabon verlässt<br />
Paul seinen Posten. Der<br />
Schweizer Seemann liebt<br />
diese Stadt. Er schlendert<br />
mit seiner Super-8-Kamera<br />
durch die Straßen und<br />
schickt seiner Frau Elisa<br />
Videobotschaften. Während<br />
seiner Wanderschaft<br />
lernt er Rosa kennen, eine<br />
Kellnerin in einer Bar …<br />
Regie: Alain Tanner<br />
(Schweiz, 1983) ·<br />
Darsteller: Bruno<br />
Ganz, Teresa Madruga,<br />
Julia Vonderlin · Auszeichnungen:<br />
Bester<br />
französischsprachiger<br />
Film (César 1974), Nominierung<br />
(Berlinale 1983)<br />
tv5mondeplus.com<br />
Begegnungen mit<br />
Frauen und Männern,<br />
die sich bemühen, ihre<br />
Verbindung zum Meer<br />
aufrechtzuerhalten.<br />
Fischer, Austernzüchter,<br />
Wissenschaftler, Unternehmer…<br />
Sie zeigen uns die<br />
verschiedenen Facetten<br />
der französischen Küsten.
ON ÉCOUTE<br />
CHANSON<br />
Jane Birkin und Etienne Daho: Oh! Pardon tu dormais …<br />
Jane Birkin und Serge Gainsbourg (1928-1991) waren in den 70er-Jahren in Frankreich<br />
ein Symbol für Freiheit und Leichtigkeit. Fast 30 Jahre nach dem Tod ihres Ex-Mannes<br />
tritt die französischste aller englischen Sängerinnen nun wieder ins Rampenlicht.<br />
Sie tut dies auf unerwartete Weise, weit entfernt vom lockeren Image, das ihr seit<br />
jeher anhaftet. Komponiert und arrangiert wurde dieses Album von Étienne Daho,<br />
einem großen französischen Sänger unserer Zeit. Er kennt Jane Birkin gut und es ist<br />
ihm offensichtlich gelungen, sie dazu zu bewegen, ihrem tiefsten Inneren Ausdruck<br />
zu verleihen. Das Ergebnis ist großartig! Man entdeckt eine selbstsichere Jane Birkin, deren Stimme<br />
sich nicht mehr hinter den Instrumenten versteckt, sondern ihre ganze Persönlichkeit verkörpert. Eine<br />
wunderschöne Renaissance!<br />
CHANSON - HIP-HOP<br />
Gaël Faye:<br />
Lundi Méchant<br />
Dieses Album, das vor den<br />
Ausgangsbeschränkungen im<br />
Frühjahr 2020 aufgenommen<br />
wurde, ist eine großartige<br />
Möglichkeit, den derzeitigen trüben Zeiten zu entfliehen.<br />
Hört man Balladen wie Kerozen, Respire oder Histoire<br />
d‘amour zu, fühlt man sich sofort von diesem poetischen<br />
und gleichzeitig realistischen Universum angezogen.<br />
Gaël Faye blieb nach seinem international erfolgreichen<br />
Debütroman Petit Pays (Kleines Land, Piper Verlag, 2016)<br />
mit dieser CD seiner Liebe zu Musik und Worten treu.<br />
Besondere Beachtung verdient der wunderschöne und<br />
sehr gefühlvolle Titel Seuls et vaincus, der aus der Feder<br />
der ehemaligen französischen Justizministerin Christiane<br />
Taubira stammt und den Gaël Faye im Duo mit der<br />
Franko-Kanadierin Mélissa Laveaux interpretiert.<br />
JAZZ<br />
Sylvain Daniel: Pauca meæ<br />
Es war ein gewagtes Unterfangen, eines der schönsten und<br />
tragischsten Gedichte des Poeten Victor Hugo (1802-1885)<br />
musikalisch umzusetzen: Pauca meæ, Buch IV der 1856<br />
veröffentlichten Gedichtsammlung Les Contemplations.<br />
Diese Gedichte widmete Hugo seiner Tochter Leopoldine,<br />
die in der Seine bei Villequier (Seine-Maritime) ertrunken<br />
war. Doch das Wagnis ist gelungen! Die Stimme und die<br />
präzise und schlichte Vortragsweise von Olivier Augrond<br />
harmonieren ausgesprochen gut mit den sanften Klängen<br />
des Bassisten Sylvain Daniel und denen der anderen Musiker<br />
dieser außergewöhnlichen<br />
CD. Sie ist nicht nur eine<br />
Hommage an den Poeten,<br />
sondern auch an die<br />
Worte, an die Musik, an<br />
die Romantik und – weit<br />
darüber hinaus – an das<br />
Leben! Große Kunst!<br />
CHANSON - RAP<br />
Eddy de Pretto: Bateaux-Mouches (Single)<br />
Eddy de Pretto gehört mit seinen 27 Jahren bereits zu den Großen des aktuellen<br />
französischen Chansons. Mit seinem ersten, 2018 erschienenen Album Cure,<br />
das sich zwischen Hip-Hop und anspruchsvollem Chanson bewegt, trat er ins<br />
Rampenlicht der internationalen Musikszene. Seine Fans entdeckten den mutigen<br />
Werdegang eines überaus sensiblen Musikers, der aus einem Pariser Vorort stammt,<br />
wo man ihn « The Kid von Créteil » nennt. Diese Single ist im Januar erschienen und lässt die drei Jahre Revue<br />
passieren, in denen Eddy de Pretto in Paris auf den Bateaux-Mouches auf der Seine vor Touristen sang, um seinen<br />
Lebensunterhalt zu finanzieren. Dort lernte er nicht nur, mit seinem Publikum zu interagieren, sondern von dort<br />
erhielt er auch die ersten Eindrücke von Paris, bevor er sich aufmachte, diese Stadt zu erobern. Mit einer Mischung<br />
aus urbaner Poesie in einer jungen, modernen Sprache, Soul und aktuellen Klängen prägt sich Bateaux-Mouches<br />
unweigerlich ein. Die Single kündigt gleichzeitig ein neues Album an, das im Frühjahr <strong>2021</strong> erscheint und mit dem<br />
der Sänger, der innerhalb kürzester Zeit ein breites Publikum eroberte, seine Fans zweifellos erneut überzeugen wird.<br />
22 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>
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24 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>
Seit fast 30 Jahren treffen sich Liebhaber klassischer und<br />
zeitgenössischer Musik, Musiker, Sänger oder auch ganz<br />
einfach Neugierige, jeden Sommer in der Nähe des<br />
Schlosses von Compiègne (Oise), um etwas nicht<br />
Alltägliches zu erleben. Konzerte mitten im Wald,<br />
« Musikspaziergänge » und sogar « musikalische<br />
Waldbäder » bieten dem Publikum Erlebnisse<br />
der besonderen Art, sind eine Einladung zum<br />
Auftanken. Nahezu jeder verlässt den Ort<br />
zu seiner eigenen Freude mit frischer<br />
Kraft und in gewisser Weise besänftigt.<br />
Gerade in diesem Jahr erhalten<br />
diese Aktivitäten daher eine<br />
besondere Bedeutung.<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 25
UNTERWEGS IN FRANKREICH Hauts-de-France / Oise<br />
Schließen Sie die Augen und stellen Sie sich Folgendes<br />
vor: Sie befinden sich irgendwo in einem<br />
majestätischen Wald im Departement Oise, vor Ihnen<br />
der virtuose französische Cellist Christian-Pierre La<br />
Marca, ein international anerkannter Musiker, der normalerweise<br />
in den herausragendsten Konzertsälen der Welt<br />
auftritt. Nun aber sitzt er am Fuße einer Eiche und<br />
beginnt, eine Suite von Bach zu spielen. Einfach so, inmitten<br />
der Natur, ohne sonstiges Beiwerk. Außer Ihnen gehören<br />
noch einige andere zu den wenigen Auserwählten –<br />
insgesamt etwa zwanzig –, die an einem solchen Bain de<br />
forêt musical, einem « musikalischen Waldbad » teilnehmen,<br />
das im Rahmen des Festival des Forêts stattfindet.<br />
Dieses bemerkenswerte Festival gibt es seit 1992. Seit<br />
fast 30 Jahren also zieht es internationale Musiker von<br />
Rang und Namen an, die an 15 großartigen und meist<br />
ungewöhnlichen Orten in der Umgebung des Schlosses<br />
von Compiègne und in zwei benachbarten Wäldern ihre<br />
Kunst zum Besten geben. Es bietet diesen Musikern die<br />
Gelegenheit, außerhalb der üblichen Konzertsäle in der<br />
freien Natur, inmitten von Bäumen, zu spielen. An einem<br />
Ort, an dem im Übrigen bereits Franz I. (1494-1547), der<br />
französische König und Symbol der Renaissance – eine<br />
Zeit, in der Kunst und Literaturwissenschaft florierten<br />
–, ganz besonders gerne spazieren ging und neue Kraft<br />
schöpfte.<br />
Die Organisatoren dieses in seiner Art einzigartigen<br />
und innovativen Festivals wollten von Beginn an Verbindungen<br />
zwischen Natur und Musik schaffen, sowohl die<br />
Musiker als auch das Publikum in die Natur eintauchen<br />
lassen. Seit dem letzten Jahr können die Besucher neben<br />
den Konzerten bei sogenannten Bains de forêts musicaux –<br />
inspiriert vom japanischen shinrin yoku (Waldbad) – noch<br />
ganz andere sensorische Erfahrungen machen. Ein solches<br />
« musikalisches Waldbad » zu nehmen, bedeutet in der Praxis,<br />
in Begleitung eines « Mentors » und eines oder mehrerer<br />
Musiker einen dreistündigen Spaziergang durch den Wald<br />
zu machen. Die Künstler bieten unterwegs regelmäßig ihre<br />
Kunst dar, manchmal lassen sie sich dafür am Fuße eines<br />
Baumes nieder, manchmal spielen sie im Gehen.<br />
Die « musikalischen Waldbäder » ergänzen die bereits<br />
zur Tradition gewordenen Marches avant-concert, die<br />
« Spaziergänge vor dem Konzert ». Besitzt man ein Ticket<br />
für das Konzert des entsprechenden Festivaltages, kann<br />
man entweder einem Themenparcours (Geschichte, Natur,<br />
Botanik, Gesang …) in Begleitung eines Experten folgen<br />
oder sogar eine richtige kleine Wanderung im Wald (ca.<br />
26 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>
12 Kilometer) unternehmen. Das macht mit Sicherheit<br />
Appetit auf Musik und weckt die Lust auf das in der Folge<br />
stattfindende Konzert. Die Konzerte wiederum finden an<br />
verschiedenen Orten statt: im Wald, in einem der umliegenden<br />
Dörfer oder in einem Stadtviertel von Compiègne.<br />
Seit Beginn der Coronavirus-Pandemie konnte das<br />
Festival des Forêts aus seiner Besonderheit sogar ein Mittel<br />
zum Überleben, wenn nicht sogar zur Weiterentwicklung<br />
machen. Während viele Konzerte, die « im klassischen<br />
Rahmen » in Räumen stattfinden, abgesagt werden<br />
mussten, beschloss man in Compiègne, den Schwerpunkt<br />
auf die Bains de forêts musicaux zu legen. Aufgrund der<br />
Tatsache, dass diese Veranstaltungen unter freiem Himmel,<br />
in kleinen Gruppen (maximal 20 Personen) und<br />
unter Einhaltung der notwendigen Hygienevorschriften<br />
stattfinden, konnten sie weiterhin durchgeführt werden.<br />
Die Bains de forêts musicaux werden auch in diesem Jahr<br />
außerhalb der eigentlichen Festivalzeit – vom 19. Juni bis<br />
15. Juli <strong>2021</strong> – angeboten und ziehen immer mehr Musikfreunde<br />
und Naturliebhaber an.<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 27
UNTERWEGS IN FRANKREICH Hauts-de-France / Oise<br />
Eine weitere Besonderheit: Zu diesem Festival<br />
kommt man mit der ganzen Familie, mit Freunden,<br />
man veranstaltet gemeinsam ein Picknick, man lässt<br />
sich unter einem Baum oder auf einer Lichtung nieder,<br />
um zusammen ein Glas zu trinken, und ist weit weg<br />
vom zeremoniellen Gehabe eines klassischen Konzertes.<br />
Die Zeichen stehen auf Geselligkeit und Auftanken.<br />
Vor allem der letzte Punkt erhält in diesem Jahr eine<br />
besondere Bedeutung. Niemand muss es aussprechen,<br />
alle fühlen es in ihrem tiefsten Inneren: Hier kann man<br />
durchatmen, hier fühlt man sich wohl, egal, ob mit<br />
dem Rücken an einen Baum gelehnt, auf einem kleinen<br />
Klappstuhl oder ausgestreckt auf einer Decke am<br />
Boden. Hier findet man ein wenig von der Freiheit und<br />
inneren Ruhe wieder, die allen so schmerzlich fehlt. Ob<br />
Musiker, Zuhörer oder Organisatoren, alle sind zweifellos<br />
glücklich, hier im Wald ein gemeinsames musikalisches<br />
Erlebnis zu haben …<br />
Interview:<br />
Bruno Ory–Lavollée,<br />
Gründer und Präsident des Festival des Forêts<br />
Bruno Ory-Lavollée, wie ist die Idee für das Festival des<br />
Forêts, das eine enge Verbindung zwischen Musik und Natur<br />
herstellt, eigentlich entstanden?<br />
Die ersten Gedanken über dieses Festival machten<br />
wir uns in den 1980er-Jahren. Damals waren die Zeiten<br />
noch ganz anders als heute: Man hatte hohe Budgets<br />
zur Verfügung, um Festivals zu kreieren, überall entstanden<br />
neue. Ich erinnere mich, dass es in Frankreich<br />
bereits rund 500 Festivals pro Jahr gab, in Deutschland<br />
war es im Übrigen ähnlich. Insofern erschien es uns<br />
nicht sinnvoll, « einfach nur » ein weiteres Festival nach<br />
dem Vorbild vieler anderer zu entwickeln. Wir wollten<br />
uns abheben, etwas Neues kreieren. Als wir darüber<br />
nachdachten, erschienen uns plötzlich das Schloss und<br />
der Wald von Compiègne, in dieser wunderschönen,<br />
geschützten Gegend, in dieser kleinen Ecke der Region<br />
Hauts-de-France, ein interessanter und vielversprechender<br />
Ansatz zu sein. Compiègne liegt am Wald, so wie<br />
andere Städte am Meer liegen. Der Wald ist omnipräsent,<br />
man durchquert ihn, wenn man von einem Dorf<br />
ins nächste fährt. Uns wurde bewusst, in welchem Maße<br />
hier alles eins mit der Natur ist. Das Thema drängte sich<br />
also auf. Es war ein idealer Ort, um Musik und Natur zu<br />
verbinden. Obwohl die Beziehung zwischen Natur und<br />
Musik – zwischen Natur und Kunst im weitesten Sinne<br />
– bereits sehr lange existiert und einen echten Sinn beinhaltet,<br />
hatte bis zu diesem Zeitpunkt noch kein Festival<br />
sie aufgegriffen.<br />
28 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 29
UNTERWEGS IN FRANKREICH Hauts-de-France / Oise<br />
Wie hat man damals auf diesen Gedanken reagiert?<br />
Das Projekt stieß schnell auf reges Interesse. Zugegebenermaßen<br />
auch auf Skepsis, wie das bei neuen Ansätzen<br />
oft der Fall ist. Zumal unser innovativer Gedanke<br />
noch viel weiter ging. Da wir uns von anderen abheben<br />
und von der Gegend inspirieren lassen wollten, war es<br />
uns beispielsweise wichtig, auch bei der Art des Konzertes<br />
neue Wege zu gehen. Also haben wir uns von allem<br />
Bestehenden gelöst und den Begriff des « Konzertspaziergangs<br />
» durch den Wald kreiert. Der Ansatz, dass der<br />
Zuhörer nicht wie gewohnt vor einem Orchester sitzt,<br />
sondern plötzlich aufgefordert wird, sich zu erheben,<br />
um mit Musikern durch den Wald zu spazieren, die mal<br />
hier, mal da spielen, war absolut neu. Es war eine echte<br />
Revolution! Gleichzeitig erschien es uns wesentlich, uns<br />
dadurch zu unterscheiden, dass wir der zeitgenössischen<br />
Musik innerhalb des Festivals einen hohen Stellenwert<br />
einräumten. Diese Art der Musik stand damals nur sehr<br />
selten im Mittelpunkt. Fast niemand wagte es, sie in ein<br />
Programm aufzunehmen. Die meisten Festivals boten<br />
ausschließlich eine « klassische », sehr traditionelle Vision<br />
der Musik. Eine Musik, die zwar wunderschön ist, die<br />
aber aus einer vergangenen Epoche stammt, von ihrer Zeit<br />
völlig abgekoppelt ist. Das wollten wir ebenfalls ändern.<br />
Und das rief natürlich Reaktionen hervor. Doch letzten<br />
Endes schlugen diese schnell in Enthusiasmus um.<br />
Kam der Gedanke, die Musik aus dem Konzertsaal zu holen,<br />
sofort an?<br />
Ja, das ging schnell. Zumal wir aus einem Konzert<br />
einen geselligen und vergnüglichen Moment machten.<br />
Es ging nicht darum, eine ernste Atmosphäre zu schaffen,<br />
durch die sich manche Festivals für klassische Musik<br />
auszeichnen. Hier sind weder Krawatte noch Abendkleid<br />
angesagt. Man kleidet sich bequem, damit man sich<br />
wohlfühlt. Natürlich sind Kinder ebenfalls willkommen.<br />
Wenn diese das Konzert nicht anhören möchten, können<br />
sie an einem Beschäftigungsprogramm teilnehmen. Das<br />
Zauberwort lautet wirklich Geselligkeit. Ich habe im Übrigen<br />
immer Wert darauf gelegt, dass es nach der Hälfte<br />
des Konzertes eine Pause gibt, um bei dieser Gelegenheit<br />
zusammen etwas zu trinken, Bekanntschaften zu schließen,<br />
sich auszutauschen. Das ist ein gutes Mittel, um daran<br />
zu erinnern – sofern dies überhaupt notwendig ist –,<br />
dass Musik und Kunst ein Teil des Lebens sind.<br />
Geselligkeit ist ein Begriff, den man im Norden gut kennt …<br />
Genau! Meiner Meinung nach ist dies unbestritten<br />
einer der Schlüssel, warum das Festival so erfolgreich ist.<br />
Bekanntlich befinden wir uns hier in der Region Hautsde-France,<br />
also bei den Ch‘tis, die man 2008 durch den<br />
Film von Dany Boon Bienvenue chez les Ch’tis (Willkommen<br />
bei den Sch’tis) kennenlernte. Diese Geselligkeit ist keine<br />
30 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>
Österreich 6,50 €<br />
Schweiz 10,90 CHF<br />
Freiheit<br />
beginnt<br />
beim<br />
Lesen<br />
Seit der Gründung des Festivals sind in dessen Rahmen mehr als 300 Künstler – darunter<br />
der Cellist Christian-Pierre La Marca (siehe vorhergehende Seite) – aufgetreten<br />
und haben Werke von mehr als 80 Komponisten gespielt. Alle stellen fest, dass die<br />
Zuhörer durch das Eintauchen in die Natur und die Führungen durch den Wald der<br />
Musik eine ganz andere sensorische Aufnahmebereitschaft entgegenbringen.<br />
Legende, sie existiert wirklich. Und die Tatsache, dass das Festival von einem<br />
örtlichen Verein mit ehrenamtlichen Helfern – zu denen ich selbst auch gehöre<br />
– auf die Beine gestellt wird, macht einen Teil des Erfolgs aus. Für uns dürfen<br />
sich Kultur und künstlerisches Schaffen nicht ausschließlich in Institutionen<br />
abspielen. Sie können auch direkt von der Gesellschaft initiiert, vom Publikum<br />
selbst getragen werden. Bei diesem Festival ist genau das der Fall, es wird von<br />
Menschen wie Sie und ich organisiert. Zu den ehrenamtlichen Helfern, die das<br />
Festival alljährlich organisieren, gehören zum Beispiel eine Backwarenverkäuferin,<br />
ein Buchhalter, ein Rentner und auch ein Richter am Rechnungshof, wie<br />
ich einer bin. Zweifellos ist gerade das ein Merkmal, das uns von vielen anderen<br />
Veranstaltungen dieser Art abhebt und unsere Stärke ausmacht.<br />
Provence<br />
DAS UNABHÄNGIGE FRANKREICH-MAGAZIN <strong>Nr</strong>. <strong>78</strong> · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong><br />
Hauts-de-France<br />
Die 27 100 Jahre alte<br />
Hand eines Künstlers<br />
Burgund<br />
Ein essbarer Wald<br />
HAUTS-DE-FRANCE · LOIRETAL · BURGUND · NOUVELLE-AQUITAINE · PROVENCE<br />
Wirtschaft Wenn Deutschland Frankreich erobert<br />
Rezept Crème catalane<br />
Produkt Le parapluie de Cherbourg<br />
Musikalische Waldbäder und ein Einhorn<br />
Loiretal<br />
Im Reich der Blumenkönigin<br />
Nouvelle-Aquitaine<br />
Der Nabel der Welt<br />
Deutschland 5,90 €<br />
Inwiefern kann man bei einem Besuch des Festival des Forêts neue Energie tanken?<br />
Zunächst glaube ich, dass Musik heute mehr denn je eine wichtige Rolle in<br />
unserer Gesellschaft spielt. Gerade die derzeitige Pandemie macht uns einmal<br />
mehr bewusst, dass Musik guttut, dass sie beruhigt. Vielleicht haben wir sie<br />
ein bisschen vernachlässigt. Als ob wir uns im Laufe der Jahrhunderte an sie<br />
gewöhnt hätten, ohne sie weiter zu beachten. Allerdings äußerten sich bereits<br />
in der Antike Autoren über ihren Stellenwert; das ging so weit, dass diese uns<br />
vor ihr warnten: Platon schrieb zum Beispiel in La République, dass « schlechte<br />
Musik die Pfeiler der Stadt ins Wanken bringen kann ». Zieht man daraus den<br />
gegenteiligen Schluss, so heißt das, dass Musik wichtig für unsere Gesellschaft<br />
ist und ihr einen Nutzen bieten kann.<br />
Warum verstärkt die Natur Ihrer Meinung nach die wohltuende Wirkung der Musik?<br />
Ich persönlich spüre jedes Mal sofort, wenn ich einen Wald betrete, dass die<br />
Natur mir eine Last abnimmt. Sie beruhigt mich, macht mich gelassener. Es ist<br />
wie eine Symphonie der Gefühle, die von allen möglichen Dingen beeinflusst<br />
werden: den Jahreszeiten, dem Himmel, der Form eines Baumes, dem Geräusch<br />
der Blätter im Wind, dem Gesang eines Vogels. Meine Sinne sind permanent<br />
aufnahmebereit. Genauso wie beim Musikhören. Und durch das Festival hat<br />
sich herausgestellt, dass Musikhören in der Natur eine sehr intensive Erfahrung<br />
ist. Als ob die wohltuende Wirkung der Stimmen und Instrumente durch die<br />
Natur noch verstärkt würde. Man kann das im Grunde nur schwer erklären.<br />
Vielleicht, weil es eine sehr persönliche Reaktion ist, die sich besser erleben als<br />
erklären lässt. Auf jeden Fall bestätigen uns dies alle Konzertbesucher.<br />
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in der derzeitigen Situation tun<br />
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UNTERWEGS IN FRANKREICH Hauts-de-France / Oise<br />
Dieses Foto zeigt das ungewöhnliche Umfeld sowie die ungezwungene und dennoch aufmerksame Stimmung<br />
während eines Konzertes von Christian-Pierre La Marca beim Festival des Forêts 2020.<br />
Eine der Erklärungen ist, dass die Sinne in der Natur angeblich<br />
empfangsbereiter seien …<br />
Das glaube ich in der Tat. Vielleicht weil wir alle<br />
unbewusst die jahrhundertealte Erfahrung vom Leben<br />
in der Natur in uns haben. Man vergisst oft, dass unsere<br />
Vorfahren in den Wäldern lebten und jagten, um sich zu<br />
ernähren. Der Wald war ein fester Bestandteil ihres Alltags.<br />
Es ist heute eine feststehende Tatsache, dass unser<br />
Hörsinn bei einem Konzert mitten im Wald besonders geschärft<br />
ist. Als ob unsere Sinne durch einen uralten Reflex<br />
plötzlich auf der Lauer lägen, um Gefahren zu erkennen<br />
oder eine mögliche Beute zu erspähen … Es ist eine außergewöhnliche<br />
Erfahrung, die vermutlich die meisten<br />
Festivalbesucher machen. Mehr noch: Man könnte davon<br />
ausgehen, dass die Akustik mitten im Wald schlechter<br />
als in einem speziell ausgestatteten Konzertsaal ist. Doch<br />
auch in diesem Punkt sind sich die Besucher einig: Bei<br />
einem Konzert hier im Wald vernimmt man die Töne und<br />
Nuancen mit einer unendlichen Sensibilität und Präzision.<br />
Oft mischen sich natürlich « störende Elemente » darunter,<br />
die aber willkommen sind: der Gesang eines Vogels, der<br />
der Musik zu antworten scheint, das Geräusch eines vorbeihuschenden<br />
Hasen oder sogar eines Rehs, ein leichter<br />
Hauch zwischen zwei Noten, ausgelöst vom Flügelschlag<br />
eines Vogels. Sie können sich sicher vorstellen, dass dies in<br />
den meisten Fällen magische Momente sind …<br />
Apropos, wie reagieren die Zuhörer und Musiker darauf?<br />
Die Reaktion der Zuhörer lässt sich am besten mit<br />
dem Bild eines Einhorns verdeutlichen, das bei mir zu<br />
Hause hängt. Ich bekam es von einem Besucher, der eines<br />
der Konzerte im Wald anhörte, zusammen mit folgendem<br />
Kommentar: « Während des Konzerts erschien<br />
mir ein sehr aufmerksames Einhorn. Danke für diesen<br />
magischen Moment. » Ich glaube, das fasst das Spektrum<br />
der Eindrücke, die das Festival hervorrufen kann, gut<br />
zusammen. Für diese Person war es ein Einhorn! Und vor<br />
allem war es ein « magischer Moment ». Was die Musiker<br />
angeht, so kamen diese zu Beginn nur zögerlich. Es ist<br />
nicht einfach, mit der Natur konfrontiert zu sein. Die<br />
Akustik, das Echo der Instrumente und Stimmen sind<br />
für sie heikel, der Unterschied zur Akustik in einem herkömmlichen<br />
Konzertsaal ist riesig. Und doch haben sie<br />
schnell Gefallen daran gefunden. Sie sagen, es sei einerseits<br />
eine Herausforderung, andererseits aber auch eine<br />
große Motivation für sie gewesen und habe ihnen ein<br />
unvergleichliches Vergnügen bereitet. Es sei eine Freude,<br />
ein seltenes Erlebnis mit dem Publikum zu teilen, in einer<br />
Art von Gleichklang unter dem schützenden Dach<br />
von Bäumen zu sein. Besondere Momente, die man nicht<br />
vergisst.<br />
Bruno Ory-Lavollée, vielen Dank für das Gespräch.<br />
32 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>
Ant<br />
Calais Dunkerque<br />
Gent<br />
nnion<br />
E50<br />
Saint-Brieuc<br />
N164<br />
D768<br />
Lorient<br />
Vannes<br />
ron<br />
Boulogne<br />
Reiseinfos & Lesetipps für Ausflüge in die Umgebung<br />
Compiègne …<br />
… Berlin 985 km … Hamburg 799 km<br />
… Köln 414 km … Frankfurt 517 km<br />
… München 753 km … Wien 1174 km<br />
… Zürich 588 km … Lille 149 km<br />
… Paris 76 km … Beauvais 60 km<br />
Caen Konzerte: A13/E46Der Preis beträgt maximal<br />
Reims<br />
Saint-Lô<br />
29. Festival des Forêts<br />
32 €, variiert aber je nach Konzert,<br />
A13/E5<br />
A16<br />
(19. Juni bis 15. Juli <strong>2021</strong>,<br />
Kategorie und ggf. einer Ermäßigung;<br />
Evreux<br />
A4/E50<br />
Thema « Auf dem Wasser A84/E401 zu singen ») Kinder unter 12 Jahren haben freien<br />
6, rue de la procession<br />
Eintritt. Mit einem « Festivalpass »<br />
Châlons-en-<br />
PARIS<br />
Champagne<br />
60200 Dinard Compiègne Saint-Malo<br />
Avranches<br />
für 180 A28/E402 € hat man Zugang zu allen 20<br />
Versailles<br />
Telefon: +33 (0)3 44 40 28 99<br />
Konzerten des Festivals. Dreux<br />
Öffnungszeiten N176/E401des Mont-Saint-Michel<br />
Büros:<br />
« Musikalische Waldbäder »: 40 €.<br />
A6/E15<br />
N12/E50Montag bis Freitag 9.00 bis 12.30 Uhr Der Preis beinhaltet einen Café oder<br />
A84<br />
und 13.30 bis 17.00 Uhr.<br />
Begrüßungsdrink, einen Spaziergang<br />
A5/E54<br />
A26/E17<br />
Alençon<br />
Chartres<br />
(5 - 6 km) « mit Zeit zum Beobachten,<br />
Troyes<br />
www.festivaldesforets.com<br />
Zuhören, Atmen und Meditieren A11/E50unter<br />
Bei den Bains de Forêts musicaux sind<br />
Anleitung eines Mentors, mit Übungen, Tiere nicht zugelassen.<br />
Das Festival des Forêts Rennes passt<br />
um eine Verbindung mit der Natur A10/E5<br />
Sens<br />
Es ist ratsam, passende Kleidung,<br />
N24 sein Programm (vor allem die<br />
herzustellen, vor allem mit Bäumen<br />
bequeme Schuhe sowie eine Decke<br />
Konzerttermine) kontinuierlich an die (unter Le Mans anderem das berühmte Tree Orléans oder Matte (für einige Übungen am<br />
aktuelle Situation und die geltenden A11/E501 hugging*), mit Musik inmitten der<br />
Boden) mitzunehmen.<br />
A28/E502<br />
Châtillon-sur-S<br />
Auflagen für Veranstalten an, um<br />
Natur, als Begleitung einiger Übungen, Die Teilnehmer müssen zwingend Auxerre eine<br />
Publikum, Künstler und ehrenamtliche mit musikalischen Einlagen im Blois Wald, Maske tragen und Hände desinfektionsmittel<br />
sowie einen kleinen Beutel für A6/E15<br />
Helfer zu schützen. Alle Informationen am Ausgangs- und Endpunkt ». (*Anm. Chambord<br />
A10/E5-E60<br />
Angers<br />
über das Festival <strong>2021</strong> werden A11/E60 auf der d. Red.: das Umarmen von Bäumen) Cheverny Abfälle mitbringen.<br />
La Baule<br />
Vézelay Avallon F<br />
A86/E60<br />
Tours Chenonceau<br />
A71/E9<br />
St. Nazaire<br />
A85<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. Nantes 50<br />
« Sozialpalast » wurde zwischen 1859 und 1884 in der Nähe einer<br />
Ecouen, ein Museum A87 für die Renaissance Monts A10/E5florierenden Fabrik erbaut und bot Wohnraum für knapp 2000<br />
Bourges<br />
(63 km entfernt) Clisson<br />
Arbeiter. Er war damit eines der ambitioniertesten sozialen<br />
Das Schloss von Ecouen Choletim nördlichen Pariser<br />
Experimente der industrialisierten Welt. Heute ist dieses<br />
Ballungsraum A83 beherbergt seit 1969 das sogenannte Versailles du peuple ein bewohntes Museum, das<br />
A20/E9<br />
Nationale Museum der Renaissance<br />
offenbart, wie erstaunlich und neuartig A71/E11 der Bau zu seiner Zeit<br />
Les Sablesd’Olonne<br />
und ist eines der schönsten Museen des gewesen sein muss. Ein Besuch anlässlich des 200. Geburtstages<br />
Landes. Nicht nur das Schloss selbst<br />
des Erbauers Jean-Baptiste André Godin.<br />
ist ein Musterbeispiel A83<br />
der Renaissance, Poitiers<br />
auch die gezeigten Exponate nehmen<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 47<br />
Saint-Sigismond<br />
C<br />
Bezug auf diese Epoche europäischer<br />
Musée Matisse, Kunstgenuss auf dem platten Land<br />
Hochkultur. N11/E601 Doch trotz Niort dieser<br />
(105 km entfernt) Montluçon<br />
Verlockungen zieht es nur relativ La Rochelle wenige Touristen in den Ort.<br />
Völlig unerwartet befindet sich im Departement Nord<br />
Dabei ist der Abstecher nach Ecouen ein E5/A10 empfehlenswertes<br />
eine Autostunde südöstlich von Lille in einem<br />
A71/E11<br />
Erlebnis und eine gute Ergänzung für jeden<br />
nur 7000 Einwohner zählenden Dorf ein<br />
Parisbesuch. E602/A837<br />
Kunstmuseum von internationalem Rang:<br />
das Musée Matisse in Le Clermont- Cateau-Cambrésis. A72/E70<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 64<br />
Limoges Jedes Jahr zieht es zehnmal Ferrandmehr Besucher<br />
Familistère de Guise, vom « Versailles für<br />
an, als der Ort Einwohner A89/E70 hat. Gezeigt Puy de Dôme werden<br />
Angoulême<br />
Arbeiter » zum bewohnten Museum<br />
zahlreiche Werke von zwei bekannten A75/E11<br />
(94 km entfernt)<br />
Söhnen der Kommune, le Henri Mont-Dore Matisse und<br />
Montalivet Im Departement Aisne, ein paar Kilometer Auguste Herbin, sowie das Vermächtnis des Kunstkritikers,<br />
östlich von Saint-Quentin, befindet sich<br />
Kunstsammlers und Verlegers Stratis Eleftheriadis, bekannt<br />
ein außergewöhnliches Gebäude: das<br />
unter dem Namen Tériade. Tulle Dieses Museum allein rechtfertigt<br />
Périgueux<br />
Familistère de Guise. Dieser imposante<br />
jede Reise in den Brive-la-Gaillarde<br />
Norden Frankreichs.<br />
A89/E70 Le Pescher<br />
E5/A10<br />
Souillac sur Saillac<br />
INFORMATIONEN ZUR BESTELLUNG DIESER UND Dordogne<br />
ANDERER AUSGABEN FINDEN SIE AUF<br />
Le Porge<br />
Aurillac SEITE 88.<br />
Bordeaux<br />
Sarlat-le-Canéda<br />
Payrac Rocamadour<br />
Cap-Ferret<br />
Der nächstgelegene Flughafen, der aus<br />
dem deutschsprachigen Cherbourg- Raum direkt<br />
Octeville<br />
angeflogen wird, ist Paris-Charles-de-<br />
Gaulle (59 km).<br />
Der nächstgelegene TGV-Bahnhof be findet<br />
sich in Estrées-Deniécourt (59 km).<br />
Website regelmäßig aktualisiert. Wir<br />
empfehlen Ihnen daher, sich vor einem<br />
Besuch dort zu informieren.<br />
Auf der Website sind zudem die Daten,<br />
Orte und Programme der Bains de<br />
forêts musicaux aufgeführt; Tickets<br />
dafür können bereits reserviert<br />
werden. Die Informationen über die<br />
Konzerte des eigentlichen Festivals<br />
– und die Möglichkeiten für die<br />
Le A29/E44 Havre<br />
Reservierung<br />
A131der Jumièges Tickets – werden so<br />
bald Honfleur wie möglich ergänzt. Rouen<br />
N165/E60<br />
N13<br />
A52/E72<br />
A20/E9<br />
Amiens<br />
Arras<br />
A1/E15-E19<br />
Lille<br />
Roubaix<br />
Compiègne<br />
A26/E17<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 33<br />
Bruxel<br />
Charlroi<br />
A34/E46
ADVERTORIAL<br />
Denkt man an Schlösser in Frankreich,<br />
dann kommt einem natürlich die Loire<br />
oder Paris in den Sinn, aber sicherlich<br />
nicht Nordfrankreich. Dabei gehört<br />
das Schloss Compiègne mit Versailles<br />
und Fontainebleau zu den wichtigsten<br />
Herrschersitzen in Frankreich. Und das<br />
Schloss Pierrefonds, nur wenige Kilometer<br />
weiter im tiefen Wald von Compiègne<br />
versteckt, ist ein Traum von Märchenschloss,<br />
das sogar König Ludwig II. von<br />
Bayern für den Bau von Neuschwanstein<br />
inspirierte.<br />
A<br />
m Rande eines großen Waldgebietes und am<br />
Ufer der Oise gelegen war Compiègne schon<br />
zu Zeiten der Merowinger eine wichtige Königsresidenz.<br />
In Folge der Jahrhunderte wurde<br />
das Schloss immer wieder erweitert oder<br />
umgebaut, aber mit den von Ludwig XV. in Auftrag gegeben<br />
umfassenden Veränderungen wurde das Gebäude zu der<br />
heutigen klassizistischen Schlossanlage und zu einem der bedeutendsten<br />
königlichen Bauwerke der zweiten Hälfte des 18.<br />
Jahrhunderts. Vor allem währen des Zweiten Kaiserreiches<br />
(1852 – 1870) erlebte Schloss Compiègne eine neue Blütezeit.<br />
Napoleon III. und Eugenie nutzten Compiègne als Herbstresidenz,<br />
in der das Hofzeremoniell nicht so steif wie im Tuilerien<br />
Palast oder in Saint Cloud war. Sie organisierten in Compiègne<br />
die berühmten „Séries de Compiègne“ und empfingen<br />
für eineinhalb Monate die gekrönten Häupter und die Elite<br />
der Gesellschaft des Zweiten Kaiserreichs. Jede Woche wurden<br />
etwa hundert Gäste mit Sonderzügen vom Bahnhof Gare<br />
du Nord nach Compiègne transportiert und verbrachten dort<br />
einen prächtigen Aufenthalt. Kaiserin Eugénies Herz hing<br />
derart stark an diesem Schloss, dass sie später im englischen<br />
Exil einen Teil ihrer dortigen Residenz Farnborough Hill in<br />
Compiègne umtaufte. Zeugnisse dieser glanzvollen Zeit sind<br />
das im Palast eingerichtete Second Empire Museum und die<br />
kaiserlichen Appartements, deren einzigartige Sammlung die<br />
Welt des Paares und ihre Pracht wiederaufleben lässt.<br />
Der 20 Hektar große, englische Garten des Schlosses geht<br />
in einen 700 Hektar großen Landschaftsgarten über, an den<br />
sich direkt dahinter der Wald von Compiègne anschließt.<br />
Die 5 Kilometer lange, königliche Flaniermeile „Allée des<br />
Beaux-Monts“ führt vom Schloss in den Wald in Richtung<br />
Pierrefonds. Die Legende besagt, dass der Durchbruch im<br />
Frühjahr 1811 von Napoleon I. in Auftrag gegeben und in<br />
einer Nacht gerodet wurde, so dass Kaiserin Marie-Louise<br />
am Morgen beim Öffnen ihrer Vorhänge die neue Aussicht<br />
entdecken konnte! Eine liebenswerte Aufmerksamkeit, denn<br />
die Idee war, sie an die Perspektive des Schlosses Schönbrunn<br />
zu erinnern. In Wirklichkeit war es Kaiserin Eugénie, die diese<br />
außergewöhnliche Aussicht nutzte, denn das Werk wurde erst<br />
1823, lange nach der Herrschaft von Napoleon I. und Marie-
ADVERTORIAL<br />
Louise auf Schloss Compiègne, endgültig fertiggestellt.<br />
Der Wald von Compiègne ist mit einer Fläche von 15.000<br />
Hektar eines der größten Waldgebiete und der drittgrößte<br />
Staatswald in Frankreich mit seltenen oft Jahrhunderte alten<br />
Baumarten. Ein Ort von außergewöhnlicher Artenvielfalt, in<br />
dem 5.600 Pflanzenarten und 6.600 Tierarten leben. In seinen<br />
von Tälern und Schluchten durchzogenen Hochebenen,<br />
seinen kleinen Hügeln, Bächen und Teichen bietet der Wald<br />
von Compiègne noch heute über 1000 km Wege für Wanderungen<br />
oder Radtouren. Schon im 16. Jahrhundert legten die<br />
Könige hier Wege an und stellten an jeder Kreuzung sternförmige<br />
Pfosten auf. Es gibt noch 310 von ihnen, alle benannt<br />
nach lokalen Ortsbezeichnungen, Tieren, Mythen und Prinzen.<br />
Aber erst als sich Kaiserin Eugenie in diesem dichten,<br />
dunklen und wilden Wald verirrte, ließ Napoleon III. eine<br />
rote Markierung auf jeden Pfosten zeichnen. Mit dem Rücken<br />
zu ihr wusste die Kaiserin stets, dass das Schloss direkt vor<br />
ihr lag. Bekannt wurde der Wald von Compiègne auch durch<br />
die hier unterzeichneten Waffenstillstandsverträge von 1918<br />
und 1940. Auf der Lichtung kann man heute im Musée de<br />
l’Armistice den Wagon mit der originalen Ausstattung besichtigen.<br />
Schon zu Zeiten Napoleons III. waren die Ruinen des tief<br />
im Wald versteckten Schlosses Pierrefonds eines der beliebtesten<br />
Ausflugsziele. Mit dem Aufkommen der Romantik und<br />
den Romanen Walter Scotts im 19. Jahrhundert kamen das<br />
Mittelalter und seine Ruinen in Mode. Beeindruckt von der<br />
halbverfallenen, aber nicht weniger stolzen Burg kaufte Napoleon<br />
I. Pierrefonds. Aber erst unter Napoleon III. erlangte das<br />
Schloss wieder seine alte Pracht. Im Jahr 1857 beauftragte er<br />
den Architekten Eugène Viollet-le-Duc mit der Restaurierung<br />
des Schlosses und dem Ziel, es zu einem Beispiel für französisches<br />
Baukunst zu machen. Eugène Viollet-Le-Duc war<br />
der wahrscheinlich wichtigste Architekt und Kunsthistoriker<br />
Frankreichs des 19. Jahrhunderts. Er erlangte Berühmtheit<br />
durch die Restaurierung mittelalterlicher Bauwerke, wie z. B.<br />
Notre-Dame de Paris oder die Befestigungsanlage von Carcassonne.<br />
Insbesondere bei Pierrefonds ging es ihm nicht darum,<br />
es instand zu halten, zu reparieren oder wiederaufzubauen,<br />
sondern es in einen Gesamtzustand zu versetzen, den es so<br />
vielleicht nie gegeben hat. Und so ignorierte Viollet-Le-Duc<br />
oftmals historische Dokumente und zögerte nicht, Elemente<br />
aus seiner Fantasie neu zu erschaffen, um diesen „Gesamtzustand“<br />
zu erreichen. Er vermischte beim Nachbau der Räume<br />
verschiedene Stile. Gotik, Renaissance und sogar Jugendstil<br />
sind in den verschiedenen Teilen der Burg kombiniert. Das<br />
Ergebnis ist ein grandioses Märchenschloss, das selbst König<br />
Ludwig II. von Bayern 1867 so beeindruckte, dass er es als<br />
Vorlage für Neuschwanstein übernahm. Heute dienen das<br />
Schloss und seine 8 Türme, 4500 Stufen, doppelten Wälle,<br />
Wachtürme und Schießscharten als Filmkulisse für berühmte<br />
mittelalterliche Filme wie z. B. die BBC-Serie Merlin. Und bei<br />
einem Besuch träumt man unweigerlich von Rittern, Drachen<br />
und Prinzessinnen.<br />
Linke Seite: Das märchenhafte Schloss von Pierrefonds (Foto: Laurent Destrebecq - Allures photos). Oben links: Das Schloss von<br />
Compiègne (Foto: M. Poirier), darunter Der Ausblick auf die fünf Kilometer lange königliche Flaniermeile nach Pierrefonds (Foto:<br />
Valeur Image Production - Oise Tourisme). Rechts ein Beispiel für die prunkvolle Ausstattung Compiègnes (Foto: Bruno Beucher).<br />
Weitere Infos unter:<br />
www.nordfrankreich-reiseideen.com/schloesser/
UNTERWEGS IN FRANKREICH Pays de la Loire / Maine-et-Loire<br />
36 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>
Im Reich der Blumenkönigin<br />
Das Loire-Tal gilt aufgrund seiner renommierten Schlösser als eine der bekanntesten<br />
Tourismusregionen Frankreichs. Manchen erscheint diese Gegend genau aus diesem<br />
Grund « zu klassisch ». Verlässt man jedoch einmal die ausgetretenen Pfade, hat sie<br />
durchaus einige Überraschungen zu bieten. So haben wir Ihnen beispielsweise im<br />
Herbst 2018 (Frankreich erleben <strong>Nr</strong>. 68) das Dorf Doué-en-Anjou vorgestellt. Es liegt<br />
zwischen Saumur und Angers und besitzt ein erstaunliches, 1500 Kilometer langes<br />
Labyrinth mit Stollen und Höhlen. Diese unglaubliche unterirdische Welt, von der wir<br />
Ihnen damals berichtet haben, ist in Frankreich einzigartig, sie ist jedoch nicht die einzige<br />
Sehenswürdigkeit dort. Heute laden wir Sie noch einmal ein, mit uns Doué-en-<br />
Anjou zu besuchen, ein Dorf, das – obwohl dies relativ unbekannt ist – die französische<br />
Hauptstadt der « Königin des Gartens » ist: die Hauptstadt der Rose.<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 37
UNTERWEGS IN FRANKREICH Pays de la Loire / Maine-et-Loire<br />
38 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>
Fast vier Millionen Rosenstöcke! Sie haben sicher die<br />
unendlichen Tulpenfelder in Holland vor Augen.<br />
Nun stellen Sie sich Rosenbeete vor, so weit das<br />
Auge reicht. Mit jährlich vier Millionen Rosenstöcken<br />
kann sich die kleine Gemeinde Doué-en-Anjou, die rund<br />
eine halbe Stunde von Angers entfernt liegt, zu Recht mit<br />
Stolz als größtes Anbaugebiet von Rosenstöcken in Frankreich<br />
bezeichnen. Und dabei wissen das die meisten Franzosen<br />
nicht einmal. Ist das aber so erstaunlich? Die Rose<br />
gehört zwar zu den meistverkauften Blumen des Hexagons,<br />
allerdings handelt es sich dabei in den meisten Fällen um<br />
Schnittblumen: Ob traditionell zum Valentinstag oder<br />
ganz einfach aus Freude am Schenken, pro Jahr werden<br />
600 Millionen Schnittrosen verkauft, wobei drei Viertel<br />
davon aus dem Ausland (vor allem aus Kenia, Äthiopien<br />
und Ecuador) stammen und den langen Weg ins Hexagon<br />
auf dem Luftweg zurücklegen müssen. Erwähnt man also<br />
diese berühmte Blume, dann denken die Franzosen meist<br />
an solche Schnittrosen. Dabei haben nicht wenige von ihnen<br />
Rosen im eigenen Garten. Pflanzenzüchter sind sich<br />
darin einig, dass Rosenstöcke zu den Pflanzen gehören, die<br />
sich das ganze Jahr über am besten verkaufen. Man könnte<br />
sogar sagen, dass die Franzosen ganz verrückt danach sind.<br />
Egal ob im Norden oder Süden, im Westen oder Osten, es<br />
gibt nur wenige Gärten, in denen sich nicht mindestens<br />
eine Rosenpflanze befindet, wobei das Spektrum von alten<br />
Rosensorten bis hin zu ganz neuen und immer erstaunlicheren<br />
Züchtungen reicht.<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 39
UNTERWEGS IN FRANKREICH Pays de la Loire / Maine-et-Loire<br />
Das tragische Schicksal eines Barons<br />
Die meisten dieser Rosenpflanzen wurden, sofern sie<br />
überhaupt aus Frankreich stammen, mit großer Wahrscheinlichkeit<br />
in Doué-en-Anjou gezüchtet, denn dort<br />
gibt es heute rund 50 Produzenten, die auf einer Fläche<br />
von mehr als 500 Hektar Rosen kultivieren. Der Ursprung<br />
dieser unglaublichen « Rosenindustrie » geht dabei auf<br />
einen etwas speziellen Baron zurück, auf Joseph François<br />
Foullon (1715-1<strong>78</strong>9). Er wurde in der 17 Kilometer entfernten<br />
Stadt Saumur geboren und gehörte einer altehrwürdigen<br />
Familie aus Doué-la-Fontaine an, wie Doué-en-<br />
Anjou damals noch hieß. Man kann guten Gewissens behaupten,<br />
dass dieser Joseph François Foullon ein – gelinde<br />
gesagt – eigenartiges Schicksal hatte. Der Mann ging vor<br />
allem aufgrund seines tragischen Endes in die französische<br />
Geschichte ein, er war nämlich eines der ersten Opfer der<br />
Französischen Revolution. Man warf ihm vor, als Contrôleur<br />
général des finances aus Habgier und mit der Absicht<br />
der persönlichen Bereicherung mit Weizen spekuliert zu<br />
haben. Am 21. Juli 1<strong>78</strong>9 wurde er in der Nähe von Paris<br />
verhaftet. Man erzählt sich, er sei gezwungen worden,<br />
die Strecke nach Paris zu Fuß und mit Heu im Mund zurückzulegen,<br />
da er angeblich zu Bauern, die darüber klagten,<br />
kein Brot mehr zu haben, gesagt haben soll: « Dann<br />
esst doch Gras, meine Pferde fressen das auch! » In der<br />
Hauptstadt soll sich dann<br />
eine aufgebrachte Menge<br />
seiner bemächtigt und<br />
ihn ohne Urteil an einer<br />
Straßenlaterne aufgehängt<br />
haben. Unter seinem Gewicht sei das Seil jedoch<br />
gerissen, worauf man Joseph François Foullon<br />
mit einem neuen Seil ein zweites Mal aufgehängt<br />
habe. Schriftlichen Überlieferungen zufolge wurde<br />
er dann enthauptet und sein Kopf an einem Spieß<br />
durch Paris getragen. Ein sehr tragisches Ende also …<br />
Das Erbe, das Joseph François Foullon in Doué-en-Anjou<br />
hinterließ, ist dagegen viel angenehmer und ansprechender.<br />
Der Baron lebte dort in einem Schloss, das er vollständig<br />
renoviert hatte, und wo er zunächst ein lebhaftes<br />
Interesse, in der Folge dann eine regelrechte Passion, für<br />
Pflanzen und Gärten entwickelte. Von seinem unternehmerischen<br />
Geist – und vermutlich auch einem finanziellen<br />
Interesse an dem Geschäft – getrieben, beschloss er, auf<br />
seinem Grund und Boden eine königliche Baumschule zu<br />
gründen. Unterstützt wurde er dabei von seinem Gärtner<br />
Edme-Crespin Chatenay, einem Enkel des Gärtners von<br />
Ludwig XIV. Zunächst bot der Betrieb nur Bäume an.<br />
Edme-Crespin Chatenay gründete später sein eigenes Unternehmen<br />
und begann mit der Aufzucht von Obst- und<br />
Zierbäumen, vor allem aber von Rosen. Damit nahm die<br />
Rosenzucht in Doué-en-Anjou ihren Anfang.<br />
40 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>
Vorherige Doppelseite und linke Seite: in der Roseraie Foullon. Oben: Die im 12.<br />
Jh. errichtete Markthalle im Stadtzentrum von Doué-en-Anjou besteht aus einer<br />
Holzkonstruktion. Im Hintergrund sieht man den Eingang in eine der Höhlenwohnungen,<br />
in denen unter anderem der jährliche Internationale Floristikwettbewerb stattfindet.<br />
Eine revolutionäre Entwicklung<br />
Die lokale Rosenproduktion war lange Zeit allerdings<br />
eher eine Angelegenheit von Botanikliebhabern und ihr<br />
Ausmaß relativ bescheiden. Die Betriebe in Doué-en-<br />
Anjou konzentrierten sich nach wie vor im Wesentlichen<br />
auf die Produktion von Bäumen und Büschen, da dieses<br />
Geschäft rentabler war. Erst in den 1930er-Jahren ermöglichten<br />
der technische Fortschritt und die damit verbundene<br />
Ausweitung des Eisenbahnnetzes die Erschließung<br />
neuer Absatzkanäle. Damit kam Bewegung in die Sache.<br />
Vor allem eine kleine Revolution im Bereich der Rosenzucht<br />
führte dann zu einer maßgeblichen Veränderung:<br />
Die Unterlage « Rosa Multiflora », eine absolute Neuheit,<br />
machte das Pfropfen von Rosenpflanzen im großen Stil<br />
möglich und löste die altüberlieferte Technik der Vermehrung<br />
durch Stecklinge ab, die sehr langwierig, arbeitsintensiv<br />
und damit teuer war. Dies gab der Rosenzucht<br />
in Doué-en-Anjou den entscheidenden Auftrieb. 1959<br />
wurden auf dem Gebiet der Gemeinde bereits knapp zwei<br />
Millionen Rosenpflanzen produziert. Zehn Jahre später<br />
waren es dreieinhalb Millionen, heute sind es knapp vier<br />
Millionen. So hat sich die Rose de facto zum unbestrittenen<br />
Star des kleinen Dorfes entwickelt.<br />
Rosentage und ein<br />
internationaler Wettbewerb<br />
Die Rose war und ist ein wichtiger Motor für die<br />
wirtschaftliche Entwicklung von Doué-en-Anjou und die<br />
Einwohner verstehen es, die « Königin der Blumen » als<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 41
UNTERWEGS IN FRANKREICH Pays de la Loire / Maine-et-Loire<br />
Trumpf für ihr Dorf zu nutzen. Seit 1959 finden Mitte<br />
Juli in den Stollen und Höhlenwohnungen die Journées de<br />
la Rose statt, an denen die unglaubliche Vielfalt der dort<br />
produzierten Rosen präsentiert wird und die Tausende<br />
von Besuchern anziehen. Seit 1990 wird gleichzeitig ein<br />
Concours international d’art floral organisiert, in dessen<br />
Rahmen die Teilnehmer im Inneren der Höhlenwohnungen<br />
riesige Dekorationen aus echten Rosen kreieren.<br />
Das Prinzip ist einfach: Jeder Teilnehmer erhält für seine<br />
Kreation 1000 Rosen, mit denen er ein von der Jury<br />
bestimmtes Thema umsetzen muss. 2020 fanden diese<br />
beiden Veranstaltungen aufgrund der Pandemie leider<br />
nicht statt, und zurzeit steht noch nicht fest, ob sie <strong>2021</strong><br />
durchgeführt werden können.<br />
Das beste aller Schaufenster<br />
Abgesehen von diesen spektakulären Veranstaltungen<br />
sollte man bei einem Besuch in Doué-en-Anjou unbedingt<br />
den herrlichen Rosengarten Roseraie Foullon besichtigen.<br />
Er wurde zu Beginn der 1970er-Jahre angelegt und<br />
beherbergt mehr als 300 vor Ort produzierte Rosensorten.<br />
42 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>
Der Rosenverkauf (diese Doppelseite), wo man einen Teil der<br />
rund 1000 Rosensorten des Rosengartens Les Chemins de la Rose<br />
erstehen kann, und die rote Ente (nächste Seite), mit der Floriane und<br />
Guillaume Dittière Entdeckungsfahrten in die Umgebung anbieten,<br />
bevor man dann als Aperitif einen Kir à la rose probiert.<br />
Die prächtige Anlage ist das ganze Jahr über kostenlos<br />
zugänglich, Rosenliebhaber können dort problemlos<br />
Stunden verbringen, so erstaunlich ist die Vielfalt an<br />
Spezies, die dort zu sehen sind. 2014 schloss die Gemeindeverwaltung<br />
von Doué-en-Anjou eine nicht alltägliche<br />
Vereinbarung mit der « Vereinigung der Rosenzüchter und<br />
Baumschulen » vor Ort, die nun der Gemeinde die Rosenstöcke<br />
kostenlos zur Verfügung stellen, sodass dieser<br />
Garten im Grunde genommen ein riesiges, kontinuierlich<br />
aktualisiertes Schaufenster ihrer Produktion ist, wie es<br />
besser nicht geht.<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 43
UNTERWEGS IN FRANKREICH Pays de la Loire / Maine-et-Loire<br />
Wo man<br />
einen Kir<br />
mit<br />
Rosen sirup<br />
kosten kann<br />
Seit 1999 gibt es<br />
etwas außerhalb des<br />
Dorfes noch einen<br />
weiteren Rosengarten,<br />
der ebenfalls sehenswert<br />
ist: Les Chemins de la<br />
Rose. Er befindet sich zwar in<br />
Privatbesitz, wird aber deswegen<br />
von den Einwohnern nicht weniger geschätzt.<br />
Der Garten wurde durch das junge Unternehmerpaar<br />
Floriane und Guillaume kreiert, die beide aus einer<br />
Rosenzüchterfamilie stammen. Er befindet sich in einem<br />
riesigen Park und erstreckt sich über eine Fläche von vier<br />
Hektar, wo man im Verlauf von fünf Themenparcours<br />
mehr als 10 000 Rosenstöcke entdecken kann. Hier hat<br />
der Besucher die außergewöhnliche Gelegenheit quasi ein<br />
Konservatorium für alte Rosen und Wildrosen zu sehen,<br />
vermutlich eines der schönsten in Frankreich. Jahr für<br />
Jahr wird diese perfekt unterhaltene Anlage durch neueste<br />
Züchtungen ergänzt, allen voran diejenigen, die durch<br />
den Einfallsreichtum und das Know-how von Floriane<br />
und Guillaume entstehen. Über viele dieser Kreationen<br />
kann man im wahrsten Sinne des Wortes nur staunen:<br />
Manche schlängeln sich wie Lianen an Bäumen hoch,<br />
andere verblüffen durch ihre Farben und wieder andere<br />
durch einen besonders subtilen Duft. Bummelt man über<br />
die gepflegten Wege, wird einem klar, dass dieser Ort<br />
ganz dem Vorbild seiner « Blumenkönigin » entspricht: Er<br />
ist ausdrucksstark und besänftigend. « Umherschlendern,<br />
riechen, weitersagen » … ist im Übrigen der Ratschlag,<br />
den man den Besuchern mit auf den Weg gibt. Es ist<br />
die Aufforderung, sich treiben und dabei überraschen zu<br />
lassen. Immer wieder stehen kleine Hinweisschilder, auf<br />
denen die Namen und Merkmale der verschiedenen Rosenpflanzen<br />
angegeben sind. Einige von ihnen kann man<br />
am Ausgang in einer kleinen Gärtnerei kaufen. Gleich<br />
daneben befindet sich eine nette Boutique, in der diverse<br />
lokale und handwerklich gefertigte Produkte angeboten<br />
werden, die einen Bezug zu Rosen haben. Ist die Zeit des<br />
Aperitifs gekommen, ist es nahezu ein Muss, sich auf der<br />
Terrasse oberhalb des Rosengartens niederzulassen und<br />
einen Kir mit hausgemachtem Rosensirup zu kosten. Floriane<br />
und Guillaume bereitet es immer eine Freude, wenn<br />
sie Besucher mit diesem Getränk überraschen können.<br />
Und in diesem Augenblick sagt man sich, dass die französische<br />
Hauptstadt der Rosen ganz eindeutig ein sehr<br />
angenehmer Ort ist!<br />
44 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>
Les Sablesd’Olonne<br />
Cherbourg-<br />
Octeville<br />
A84/E401<br />
Saint-Lô<br />
N13<br />
Le A29/E44 Havre<br />
A131<br />
Honfleur<br />
Caen A13/E46<br />
Jumièges<br />
R<br />
A1<br />
Evre<br />
Brest<br />
Lesetipps & Reiseinfos<br />
Ile de Sein<br />
Doué-en-Anjou …<br />
Quimper<br />
… Berlin 1381 Pointe km … Hamburg 1230 km<br />
… Köln 816 du km Raz … Frankfurt 920 km<br />
… München 1155 km … Wien 1562 km<br />
… Zürich 860 km … Paris 333 km<br />
… Angers 41 km … Saumur 17 km<br />
Der nächstgelegene Flughafen, der aus<br />
dem deutschsprachigen Raum direkt<br />
angeflogen wird, ist Nantes-Atlantique<br />
(129 km).<br />
Der nächstgelegene TGV-Bahnhof<br />
befindet sich in Angers (41 km).<br />
N165/E60<br />
Lannion<br />
N12/E50<br />
Saint-Brieuc<br />
N164<br />
Roseraie Foullon<br />
Rue de Soulanger D768<br />
49700 Doué-en-Anjou<br />
Eintritt Lorient frei.<br />
N12/E50<br />
N24<br />
Saint-Malo<br />
Dinard<br />
Vannes<br />
9.00 bis 18.30 Uhr N165/E60 (Sommer) bzw.<br />
Quiberon 9.00 bis 17.00 Uhr (Winter).<br />
N176/E401<br />
Rennes<br />
Les Chemins de la La Rose Baule<br />
Parc de courcilpleu St. Nazaire<br />
49700 Doué-en-Anjou<br />
Nantes<br />
Telefon: + 33 (0)2 41 59 95 95<br />
Mont-Saint-Michel<br />
A84<br />
Avranches<br />
A11/E60<br />
A87<br />
A28/E402<br />
Dre<br />
Alençon<br />
Ch<br />
A11/E50<br />
Le Mans<br />
A11/E501<br />
A28/E502<br />
A10/E5-E60<br />
Angers<br />
A86/E60<br />
Tours<br />
Saumur<br />
Doué-en-Anjou<br />
A10/E5<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 68<br />
Doué-en-Anjou, eine faszinierende Reise ins Land der<br />
Troglodyten<br />
Das Tal der Loire ist weltweit für seine zahlreichen Schlösser<br />
bekannt. Doch zwischen Angers und Saumur<br />
besitzt es noch andere charakteristische<br />
Sehenswürdigkeiten, die zwar weniger bekannt,<br />
aber mindestens genauso faszinierend sind:<br />
ein unglaubliches, mehr als 1500 Kilometer<br />
langes, unterirdisches Tunnelsystem mit Höhlen,<br />
Grotten und Stollen.<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 55<br />
Saumur, Stall, Schloss, Fluss<br />
(17 km entfernt)<br />
Das Loire-Tal ist berühmt für seine majestätischen<br />
Schlösser, mundenden Weine, sehenswerten Orte und<br />
liebliche Landschaft. Die Kleinstadt Saumur auf halbem<br />
Wege zwischen Tours und Angers erfüllt perfekt die<br />
Vorstellungen, die Besucher von dieser Region haben.<br />
Zu ihren Attraktionen gehören aber nicht nur bauliche<br />
Meisterwerke, sondern auch Pferde. Ein Besuch in der<br />
Stadt des Cadre Noir.<br />
A83<br />
A83<br />
Saint-Sigismond<br />
Poitiers<br />
N11/E601<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. Niort 70<br />
La Die Rochelle schöne Geschichte des<br />
größten E5/A10 japanischen Gartens in<br />
Europa<br />
E602/A837 (44 km entfernt)<br />
Der Parc Oriental de<br />
Maulévrier wurde Ende<br />
des Angoulême 19. Jahrhunderts<br />
durch einen Architekten<br />
mit verrücktkreativen<br />
Montalivet<br />
Ideen und einer<br />
Vorliebe für Japan<br />
konzipiert. Mitte des 20.<br />
Périgueux<br />
Jahrhunderts geriet der<br />
Garten in Vergessenheit<br />
A89/E70<br />
E5/A10 und wurde von der<br />
ursprünglichen Vegetation überwuchert,<br />
Le Porgebis er von engagierten Menschen wieder<br />
Bordeaux<br />
aus seinem Dornröschenschlaf Sarlat-le-Canéda<br />
geweckt<br />
Cap-Ferret wurde.<br />
A52/E72<br />
INFORMATIONEN ZUR BESTELLUNG DIESER UND ANDERER AUSGABEN<br />
FINDEN SIE AUF SEITE 88.<br />
L<br />
Le<br />
Souillac sur<br />
Dordogne<br />
Pay<br />
Mimizan<br />
E5-E70/A63<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 45
COUP DE COEUR Nouvelle Aquitaine / Deux-Sèvres<br />
46 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 47
COUP DE COEUR Nouvelle Aquitaine / Deux-Sèvres<br />
Pougne-Hérisson ist ein einzigartiges französisches<br />
Dorf. Ein humorvoll selbst ernannter<br />
« Nabel der Welt », ein Ort mit Lebenskünstlern,<br />
die gerne träumen und<br />
manchmal auch ein bisschen verrückt<br />
sind. Die kleine Gemeinde mit knapp 400<br />
Einwohnern, die aus der Zusammenlegung<br />
der beiden noch kleineren Dörfer<br />
Pougne und Hérisson entstanden ist, liegt<br />
zwischen Poitiers und La Roche-sur-Yon im<br />
Departement Deux-Sèvres. Dort ist es gelungen,<br />
Installationen und Aktivitäten zu<br />
kreieren, die in diesem so besonderen<br />
Frühjahr <strong>2021</strong> unser ganz spezieller Coup<br />
de cœur sind. Fast alles in diesem Ort ist<br />
unerwartet und unkonventionell, mysteriös<br />
und voller Poesie. Ob Groß,<br />
ob Klein, Fröhlichkeit und<br />
Lachen sind an der Tagesordnung,<br />
man lässt seiner<br />
Vorstellungskraft freien Lauf<br />
– das gilt auch für Besucher.<br />
Pougne-Hérisson ist also ein<br />
Ort, der enorm guttut!<br />
Auf dem Parkplatz am Eingang des Dorfes befindet<br />
sich ein roter Metallschrank, der den Besucher<br />
zu begrüßen scheint. Er steht einfach da,<br />
mitten in der Natur, unerwartet. Kaum ist man aus dem<br />
Auto ausgestiegen, wird man unweigerlich neugierig von<br />
ihm angezogen. Man nähert sich ihm also, bis man auf<br />
den Türen einen handgeschriebenen Text lesen kann:<br />
« Guten Tag. Folgen Sie den Boîtes rouges vom Parkplatz<br />
zum Jardin des Histoires. Sie führen Sie an die Märchenquelle.<br />
Gehen Sie durch die Gassen von Hérisson,<br />
schauen Sie sich um, und seien Sie vor allem bereit, Ihre<br />
Löffel zu spitzen. Und vergessen Sie nicht: Man muss es<br />
glauben, um es zu sehen! Gute Reise … » Der Text verfehlt<br />
nicht die Wirkung auf den Besucher, der sofort<br />
Lust bekommen, mehr darüber zu wissen. Unweigerlich<br />
geht er aufs Geratewohl los, um Pougne-Hérisson zu<br />
erkunden!<br />
Von der Rue des merveilles in die<br />
Rue des potins du lundi bummeln<br />
Zunächst entdeckt er die Gassen des Dorfes.<br />
Dabei stellt er erstaunt fest, dass die Straßennamen,<br />
die auf den Schildern zu lesen sind,<br />
nichts mit den klassischen Straßennamen zu<br />
tun haben, denen man üblicherweise in französischen<br />
Dörfern begegnet (Grande rue, Rue<br />
principale, Rue de l’église …). Hier sind diese<br />
Bezeichnungen nämlich sowohl inhaltlich als<br />
auch formal wesentlich origineller. Zum einen sind sie<br />
illustriert, stellen also an sich schon einzigartige Werke<br />
dar, und zum anderen lassen die Namen unweigerlich<br />
schmunzeln: Rue des deux mondes (Straße der zwei<br />
Welten), Rue des merveilles (Straße der Wunder), Rue<br />
de l’étoile polaire (Straße des Polarsterns) oder – unser<br />
Lieblingsname – Rue des potins du lundi (Straße des<br />
Montagsklatsches). Beim Lesen dieses Namens stellt<br />
man sich unweigerlich vor, wie die Dorfbewohner sich<br />
montags dort treffen und ihre Klatschgeschichten vom<br />
Wochenende austauschen …<br />
Der Besucher setzt nun seinen Weg fort, um etwas<br />
mehr von diesem seltsamen Dorf zu sehen. Etwas weiter<br />
wird er erneut auf eine Boîte rouge, einen roten Kasten,<br />
aufmerksam. Diesmal steht dieser ganz einfach im<br />
Gras, gegen eine Mauer gelehnt. Zwangsläufig nähert<br />
sich der Besucher ihm wieder, auch wenn er nicht genau<br />
weiß, ob er es wagen soll, ihn zu öffnen. Doch die<br />
Lust überwiegt: Er öffnet den Deckel und entdeckt im<br />
Inneren einen weiteren Text. « Gehen Sie 29 Schritte<br />
nach links. Sie schaffen es nicht? Bitten Sie jemanden<br />
um Hilfe! » Der Besucher sieht sich daraufhin<br />
um. Niemand. Doch eines<br />
ist sicher: Links von ihm<br />
ist nichts Besonderes zu<br />
sehen. Er beschließt also,<br />
geradeaus weiterzugehen.<br />
48 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>
Die Bewohner von Pougne-Hérisson erzählen sich, dass Robert Jarry der Urheber vieler Geschichten sei. Bei der Besichtigung<br />
seines Appartements, das « repräsentativ für das durchschnittliche Studio eines Junggesellen in den Fünfzigerjahren ist » entdeckt<br />
man unzählige Souvenirs und seltsame Maschinen und taucht genüsslich in ein unkonventionelles und verrücktes Universum ein.<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 49
COUP DE COEUR Nouvelle Aquitaine / Deux-Sèvres<br />
Die Boîtes rouges in Pougne-Hérisson sind im Wesentlichen recycelte Büromöbel.<br />
Sie leiten den Besucher auf unterhaltsame Weise durch den Ort. Gegenüber<br />
der Kapelle befindet sich ein seltsamer Stein. Ist das « der Nabel der Welt »?<br />
50 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>
Er weiß, dass es absurd ist. Doch er beginnt, Spaß an dem unerwarteten<br />
und geheimnisvollen Erlebnis zu finden.<br />
Der dritte « rote Kasten » – und im Geiste das dritte Fragezeichen.<br />
Diesmal handelt es sich um einen Container mit Schubladen, wie man<br />
ihn in einem Büro erwartet. Bereits mit etwas mehr Selbstsicherheit<br />
öffnet der Besucher die erste Schublade. « Spitzen Sie gut Ihre Löffel<br />
… », steht im Inneren. In der Hoffnung, mehr zu erfahren, zieht er die<br />
zweite heraus. « Drehen Sie sich einmal um Ihre eigene Achse », liest er.<br />
Dann die dritte: « Suchen Sie Christiane. Seien Sie versichert, Sie sind<br />
am richtigen Ort. » Ein schneller Blick bestätigt dem Besucher, dass in<br />
der Umgebung keine Christiane zu sehen ist. Doch egal, er beschließt,<br />
sich diesen Vornamen zu merken, für den Fall, dass er ihr begegnen<br />
sollte … Dann setzt er seinen Weg fort.<br />
Sich im Jardin des Histoires gehen lassen<br />
Der Besucher betritt nun ungehindert einen Garten. Sofort spürt<br />
er, dass dieser Garten anders ist, irgendwie erstaunlich, vielleicht sogar<br />
« außergewöhnlich » im wahrsten Sinne des Wortes. Einem Schild ist<br />
zu entnehmen, dass es sich um den Jardin des Histoires handelt. Es ist<br />
ein Ort, um « zu hören, zu vernehmen, zu horchen, um besser zu verstehen<br />
». Vor allem, um zu träumen, wie dem Besucher schnell klar wird.<br />
Beim Betreten des Gartens muss man jede Logik vergessen. Sich von<br />
seiner Vorstellungswelt leiten lassen. Vermutlich wieder ein wenig zum<br />
Kind werden. Die Augen und Ohren öffnen. Und riechen. Hier gibt es<br />
zahlreiche duftende Blumen. Egal ob Groß oder Klein, die Wirkung<br />
setzt sofort ein. Man wird « in eine andere Welt » versetzt, jenseits jeder<br />
Logik. Der Besucher spürt, dass dieser Garten eine Art Schatzkammer<br />
unter freiem Himmel ist. Ein Ort, der die verrücktesten<br />
Träume und Gedanken der Dorfbewohner zu enthalten<br />
scheint. Als ob jeder hier, ohne sich dafür rechtfertigen zu<br />
müssen, seine Vorstellungen, seine Geschichte deponiert<br />
hätte.<br />
Überall wird der Blick des Besuchers angezogen: von<br />
einem Schild, auf dem einige – oft poetische – Worte geschrieben<br />
stehen, von einem gut gefüllten Bücherschrank,<br />
der geradezu zum Stöbern einlädt, von einer Roseraie Tubulente, wo<br />
« ein Mund Worte in das Ende eines Rohres spricht, welches es am<br />
anderen Ende an ein Ohr weitergibt », von einem seltsamen Forêt sans<br />
Tête, einem « kopflosen Wald », oder auch von einer Schranke aus Holz<br />
mit einem Herz, die in ein mysteriöses Chambre d’Amour, ein « Liebeszimmer<br />
», inmitten eines hübschen Laubenganges führt. Da und<br />
dort stehen in diesem erstaunlichen Garten großformatige Skulpturen<br />
und Kunstwerke, zum Beispiel die eigenartige Rakete Spoutnik, die<br />
in ein « Forschungslabor » umgewandelt wurde. Dem Besucher wird<br />
schnell klar, dass er hier « in einer anderen Welt » ist, die entschieden<br />
geheimnisvoll erscheint. In einer Welt, in der man seine Rationalität<br />
problemlos im geparkten Auto zurücklassen kann. Und je mehr man<br />
von diesem Garten erkundet, desto mehr vergisst man sie und lässt sich<br />
treiben …<br />
Sich wieder auf seine kindliche Seele besinnen<br />
Da es in diesem Garten keinen organisierten Rundgang gibt – was<br />
vielleicht gerade seine Poesie ausmacht –, streift der Besucher aufs<br />
Geratewohl herum und merkt mit der Zeit, dass er auch die Gebäu-<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 51
COUP DE COEUR Nouvelle Aquitaine / Deux-Sèvres<br />
Mitten im Dorf lassen sich Klein und Groß im Jardin des Histoires verzaubern. Man sagt,<br />
dass alle Märchen, alle Geschichten und die schönsten Unwahrheiten hier entstanden sind.<br />
Mithilfe der zahlreichen poetischen Installationen können die Besucher diese entdecken.<br />
52 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>
de betreten kann. Zum Beispiel das Appartement de Robert<br />
Jarry, das, so gibt ein kleines Hinweisschild Auskunft, eine<br />
« Unterkunft ist, die repräsentativ für das durchschnittliche<br />
Studio eines Junggesellen in den Fünfzigerjahren ist ». Im<br />
Grunde genommen ist es ein unglaubliches Sammelsurium,<br />
das geradewegs aus einem Film zu stammen scheint, eine<br />
Mischung aus einem Dachboden voller Familienerinnerungen<br />
und einer Hütte, vollgestopft mit Souvenirs eines ganzen Lebens. Dort<br />
gibt es neben einer Schreibmaschine, alten Lampen, Skulpturen, Manuskripten und Büchern<br />
mit dicken Einbänden auch eine poetische Caillouthèque, « eine Sammlung von Märchensteinen,<br />
die bei zahlreichen Studienreisen auf der ganzen Welt gesammelt wurden »,<br />
oder auch eine ganz seltsame Maschine namens Tarabustine, mit der man « versuchen kann,<br />
die Märchen aus den Märchensteinen zu extrahieren » …<br />
Zu diesem Zeitpunkt fragt sich der Besucher zwangsläufig, was das denn für ein verschrobener<br />
Ort ist. Ist das alles ernst gemeint? Was ist wahr, was ist nicht wahr? Wo bleibt<br />
hier die Vernunft? Wozu soll das alles gut sein? Und dann<br />
fällt sein Blick erneut auf eines der zahlreichen « Wahnsinnsdinger<br />
», die die Dorfbewohner hier geschaffen haben.<br />
Vielleicht fällt sein Blick aber auch auf ein Objekt, das ihn<br />
an seine Kindheit erinnert oder das ihm ein schönes Erlebnis<br />
aus seiner Vergangenheit ins Gedächtnis ruft. Denn all<br />
das kann Pougne-Hérisson. Vor allem ist das Dorf eine riesige<br />
Erinnerungs- und Geschichtenmaschine. Auch eine Märchenund<br />
Traummaschine. Ein Ort, an dem man es zulässt, vorgefasste<br />
Meinungen, Ernsthaftigkeit und Rationalität beiseitezuschieben. Ein<br />
Ort, an dem man wieder zum Kind wird, wo man sich treiben lässt. Und<br />
dafür die unglaublichsten Geschichten glaubt, wie die, dass man sich hier am<br />
« Nabel der Welt befindet » …<br />
Am « Nabel der Welt »<br />
Und wenn es im Endeffekt wahr wäre, was die Bewohner des Dorfes uns enthusiastisch<br />
und leidenschaftlich vermitteln wollen? Wenn alle Geschichten, alle Märchen<br />
der ganzen Welt wie durch Zauber aus einem der Steine dieses Dorfes stammen<br />
würden? Wäre das nicht erst recht ein großartiges Märchen, das die Einwohner hier<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 53
COUP DE COEUR Nouvelle Aquitaine / Deux-Sèvres<br />
liebenswürdigerweise mit uns teilen? Bei längerem Nachdenken<br />
sagt sich der Besucher, dass es im Grunde genommen<br />
schon wahr sein kann. Denn beim Verlassen des Gartens, auf<br />
dem Weg von der Schlossruine zur Kapelle, ist er auf einen<br />
enormen Gesteinsblock gestoßen. Form und Größe haben<br />
ihn sofort neugierig gemacht. Ist vielleicht genau das hier<br />
« der Nabel der Welt »? Vielleicht ist es aber auch Merveille,<br />
dem er etwas weiter begegnet ist. Ein noch imposanterer<br />
Felsbrocken, der, könnte er sprechen, zweifellos einiges zu<br />
erzählen hätte. Im Übrigen muss sich der Besucher schmunzelnd<br />
eingestehen, dass er bei dessen Anblick ganz spontan<br />
Lust bekommen hat, hinaufzuklettern, sich oben hinzusetzen,<br />
ihn zu berühren. Als ob ihm der Stein alleine durch den<br />
Kontakt, wie von Zauberhand, sein ganzes Wissen, all seine<br />
Geschichten und Märchen vermitteln könnte, damit er diese<br />
dann selbst freudig an seine Nächsten weitergibt …<br />
Es akzeptieren, loszulassen<br />
Auf dem Rückweg zum Auto realisiert der Besucher,<br />
dass er den ganzen Nachmittag in Pougne-Hérisson verbracht<br />
hat. Die Zeit ist wie im Fluge vergangen. Bevor er<br />
ins Auto steigt, bückt er sich und hebt einen kleinen Kieselstein<br />
von der Erde auf. Er steckt ihn in<br />
die Tasche. Es ist vermutlich seine Art,<br />
ein wenig vom Zauber dieses atypischen<br />
Dorfes mit nach Hause zu nehmen. Als<br />
er den Zündschlüssel herumdreht, wird<br />
im bewusst, dass noch viele Fragen offen<br />
sind. Gerne würde er mehr darüber<br />
54 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>
erfahren: Wer organisiert das alles? Die Gemeindeverwaltung?<br />
Ein Verein? Wie viel kostet das alles? Wie wird<br />
das finanziert? Dann denkt der Besucher plötzlich an den<br />
Stein in seiner Tasche. Dieser scheint ihn aufzufordern,<br />
diese Fragen beiseitezuschieben. Denn letzten Endes<br />
sind sie nicht wesentlich. In Zeiten, in denen die kleinste<br />
touristische Sehenswürdigkeit zu Geld gemacht und N12/E50 mit<br />
N164<br />
Reiseinfos & Lesetipps für Ausflüge in die Umgebung<br />
Pointe<br />
Pougne-Hérisson … du Raz<br />
… Berlin 1427 km … Hamburg 1239 km<br />
… Köln 855 km … Frankfurt 908 km<br />
… München 1132 km … Wien 1635 km<br />
… Zürich 842 km … Paris 368 km<br />
… Nantes 124 km … Poitiers 64 km<br />
Der nächstgelegene Flughafen, der aus<br />
dem deutschsprachigen Raum direkt<br />
angeflogen wird, ist Nantes-Atlantique<br />
(126 km).<br />
Der nächstgelegene TGV-Bahnhof liegt<br />
in Poitiers (64 km).<br />
Le nombril du monde<br />
7, rue des merveilles<br />
79130 Pougne-Hérisson<br />
Telefon: +33 (0)5 49 64 19 19<br />
www.nombril.com<br />
Ile de Sein<br />
Brest<br />
Durch die Straßen von Pougne-<br />
Hérisson kann man selbstverständlich<br />
das ganze Jahr über schlendern.<br />
Der Jardin des Histoires, in dem die<br />
« verrücktesten » Installationen und<br />
Dinge zu sehen sind, ist dagegen<br />
nur in der wärmeren Jahreszeit (ab<br />
April <strong>2021</strong>) geöffnet. Humorvoll und<br />
präzise (!) informiert die Website der<br />
Vereinigung, die Le nombril du monde<br />
Lannion<br />
Saint-Brieuc<br />
Quimper<br />
verwaltet, dass « das D768 Büro von Montag<br />
bis Freitag, von 9.03 bis 12.33 Uhr und<br />
N165/E60<br />
N24<br />
von 13.33 bis 17.03 Uhr geöffnet ist. »<br />
Während der Lorient Saison verlängern sich die<br />
Öffnungszeiten. Vannes<br />
Der Eintritt in den Jardin des Histoires<br />
Quiberon<br />
ist kostenlos.<br />
Das ganze Jahr über werden La Baule<br />
Führungen durch das Dorf angeboten,<br />
St. Nazaire<br />
die mit Lesungen von Märchen<br />
abgerundet werden. Daneben<br />
gibt es beispielsweise Nocturnes<br />
spectaculaires, mit einer Licht- und<br />
Tonschau. Auf der Website kann<br />
man sich über das Programm für alle<br />
Veranstaltungen informieren und auch<br />
direkt ein Ticket reservieren. Das Ticket<br />
kostet für die meisten Veranstaltungen<br />
8 € (ermäßigt 6 €).<br />
In der Nähe des Jardin des Histoires<br />
gibt es den Empfangsbereich Cordon,<br />
mit Bar und einem Shop, wo man auch<br />
etwas Trinken und eine Kleinigkeit<br />
essen kann (vor allem hausgemachte<br />
Crêpes). Nutzen Sie auch die<br />
zahlreichen Coins sieste et bronzette<br />
im Jardin des Histoires, wo Sie sich<br />
gemütlich niederlassen und ausruhen<br />
– und vielleicht ein bisschen träumen –<br />
können.<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 38<br />
Marais Poitevin, die grünen Kanäle<br />
(38 km entfernt)<br />
An der Schnittstelle der drei Departements Vendée,<br />
Deux-Sèvres und Charente-Maritime befindet<br />
sich eine der beeindruckendsten Landschaften<br />
Frankreichs, der Marais Poitevin. In diesem<br />
riesigen grünen Sumpfgebiet westlich der<br />
Stadt Niort fungieren Kanäle als Straßen<br />
und gibt es Boote anstatt Autos. Selbst das<br />
präziseste GPS-System schafft es nicht, einem<br />
Ruderer, der sich in den über 100 mehr oder<br />
weniger schiffbaren Wasserläufen verfahren hat, den Weg zu weisen.<br />
Mehr als anderswo kommt es einem im Marais Poitevin so vor, als wäre<br />
die Zeit stehen geblieben.<br />
raffinierten Einrichtungen ausgestattet wird, N13 tun<br />
Caen<br />
ein Besuch<br />
in Pougne-Hérisson und die Botschaft, Saint-Lô die mit dem<br />
Besuch vermittelt wird, einfach gut. Bei diesem Gedanken<br />
sagt sich der Besucher, dass A84/E401 es besser ist, loszulassen<br />
und ein wenig zu träumen. Sicher ist er sich in diesem<br />
DinardSaint-Malo<br />
Augenblick nur, dass man es gesehen<br />
Avrancheshaben muss, um es<br />
zu glauben.<br />
N12/E50<br />
N165/E60<br />
N176/E401<br />
Rennes<br />
Montalivet<br />
La Rochelle<br />
E5/A10<br />
E602/A837<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 72<br />
E5/A10<br />
Richelieu, « das schönste Dorf<br />
Le Porge<br />
des Universums! Bordeaux »<br />
(80 km entfernt)<br />
Cap-Ferret Kardinal Richelieu A52/E72 (1585-1642)<br />
wollte mit einer « idealen<br />
Stadt », die « grandios und<br />
unvergleichlich » sein und<br />
nach ihm benannt werden<br />
Mimizan<br />
sollte, seine Macht stärken.<br />
Die Stadt Richelieu ist in ihrer<br />
Art<br />
E5-E70/A63<br />
tatsächlich einzigartig<br />
und offenbart eine für das 17. Jahrhundert äußerst<br />
neuartige urbane Struktur.<br />
Hossegor<br />
Mont-Saint-Michel<br />
France<br />
INFORMATIONEN ZUR BESTELLUNG DIESER UND ANDERER AUSGABEN Biarritz FINDEN Bayonne SIE AUF SEITE 88.<br />
Hendaye<br />
A64/E80<br />
Donostia-<br />
S. Sebastian<br />
Les Sablesd’Olonne<br />
Cherbourg-<br />
Octeville<br />
Sare<br />
A84<br />
Nantes<br />
A83<br />
A11/E60<br />
Clisson<br />
A83<br />
N11/E601<br />
A87<br />
Cholet<br />
Angers<br />
Niort<br />
Le A29/E44 Havre<br />
A131<br />
Honfleur<br />
Alençon<br />
A13/E46<br />
Le Mans<br />
A28/E402<br />
A11/E501<br />
A28/E502<br />
Angoulême<br />
A86/E60<br />
Monts<br />
Pougne-Hérisson<br />
Poitiers<br />
Pau<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 55<br />
Tours<br />
A89/E70<br />
A10/E5<br />
Périgueux<br />
Ju<br />
Sarlat-le-Canéda<br />
Sou<br />
Do
UNTERWEGS IN FRANKREICH Burgund / Saône-et-Loire<br />
56 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>
Ein « essbarer » Wald<br />
Fabrice Desjours ist von Beruf Krankenpfleger,<br />
begeistert sich aber darüber hinaus für Botanik<br />
und Ökologie. 2010 beschloss er, in der kleinen<br />
Gemeinde Diconne (Saône-et-Loire), zwischen<br />
Chalon-sur-Saône und Lons-le-Saunier, ein Konzept<br />
zu testen, das ihn bei Reisen in tropische<br />
Länder fasziniert hatte: einen « Waldgarten »,<br />
auch « essbarer Wald » genannt. Elf Jahre später<br />
ist die 2,5 Hektar große Parzelle, die er damals<br />
bepflanzte, üppig bewachsen und enthält mehr<br />
als tausend Arten essbarer Pflanzen. Sie bietet<br />
damit die ersten umfassenden Erfahrungswerte<br />
in Frankreich für einen derartigen erstaunlichen<br />
Ansatz, der jedoch mehr und mehr von sich reden<br />
macht. Wir haben diesen ungewöhnlichen<br />
Ort besucht und uns mit seinem Gründer unterhalten.<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 57
UNTERWEGS IN FRANKREICH Burgund / Saône-et-Loire<br />
Stellen Sie sich vor, man würde Ihnen sagen, Sie<br />
müssten sich ab sofort ausschließlich von dem ernähren,<br />
was ein einziges Stück Wald hergibt. Ganz<br />
ohne Zweifel würden Sie sofort protestieren, anführen,<br />
dass Sie keinerlei Absicht hätten, ab sofort auf die Jagd zu<br />
gehen, und noch weniger, sich von Eicheln, Kastanien,<br />
Beeren, Champignons und Wurzeln zu ernähren, selbst<br />
wenn Sie diese selbst aussuchen könnten! Sie würden sicherlich<br />
ergänzen, dass wir es seit Jahrtausenden gewohnt<br />
sind, unsere Nahrung auf Feldern anzubauen und zu ernten<br />
– und nicht in Wäldern! Schließlich haben unsere Vorfahren<br />
dafür im Laufe der Jahrhunderte große Teile der ursprünglichen<br />
Wälder in schwerer körperlicher Arbeit in<br />
riesige Getreidefelder verwandelt, auf denen nun die vielen<br />
einjährigen Pflanzen wachsen, mit denen wir unseren Bedarf<br />
decken. Warum sollten wir das jetzt ändern? Ganz<br />
eindeutig würden Sie also bereits<br />
die Vorstellung, sich von nun an<br />
ausschließlich von einem Wald zu<br />
ernähren, als wenig appetitanregend<br />
weit von sich weisen. Denn<br />
Sie sind überzeugt davon, dass es<br />
in einem Wald nichts – oder zumindest<br />
fast nichts – gibt, was für<br />
die Ernährung eines Menschen<br />
geeignet ist. Diese Vorstellung<br />
sagt einiges über unser Wissen<br />
und unsere Gewohnheiten in Sachen<br />
Landwirtschaft aus.<br />
Und doch gibt es in Burgund heute einen etwas mehr<br />
als zwei Hektar großen Wald, in dem Sie nur den Arm<br />
ausstrecken oder sich bücken müssen, um mehr als 1000<br />
Arten essbarer Pflanzen zu entdecken! Körner, Früchte,<br />
Blätter, Blumen, Beeren, Gewürze, Kräuter und Lianen<br />
wachsen hier in einer unglaublichen Hülle und Fülle und<br />
stellen eine Vielzahl an Nahrungsmitteln dar, deren Geruch,<br />
Konsistenz und Geschmack wir zugegebenermaßen<br />
oft nicht kennen, die aber wirklich wohlschmeckend sind<br />
und anerkannte Nährwerteigenschaften besitzen. Dieser<br />
Wald existierte lange Zeit im Verborgenen, er war sozusagen<br />
das « kleine Geheimnis » des ehemaligen Krankenpflegers,<br />
Fabrice Desjours, der eine Leidenschaft für Reisen<br />
und Botanik hegt. Vor einigen Jahren beschloss er, hier in<br />
Burgund, wo er als Kind seine Ferien verbracht hatte, auf<br />
einer kleinen Parzelle eine nicht alltägliche Anbaumethode<br />
zu testen: den « Waldgarten », auch « essbarer Garten »<br />
genannt. Dieses Konzept hatte ihn auf seinen Reisen im<br />
Ausland, vor allem in tropischen Ländern, fasziniert.<br />
Doch in Frankreich zeigte zu dem Zeitpunkt – außer ein<br />
paar passionierten Botanikern – niemand Interesse für<br />
solche Waldgärten, die demzufolge nahezu unbekannt<br />
waren.<br />
Fabrice Desjours war von dem Prinzip auch deshalb so<br />
angetan, weil es ganz simpel ist: Es geht darum, Bäume<br />
in die Anbaumethoden zu integrieren, mit ihnen – und<br />
nicht ohne sie – zu produzieren und zu leben. Der scheinbar<br />
einfache Ansatz ist jedoch beim näheren Nachdenken<br />
ziemlich revolutionär. Fabrice Desjours wusste, dass unsere<br />
landwirtschaftlichen Methoden auf der entgegengesetzten<br />
Vorgehensweise basieren: Seit Generationen<br />
werden Felder bestellt und nicht Wälder. Den Ansatz des<br />
Waldgartens umzusetzen, bedeutet also, die Grundlagen<br />
unserer heutigen Landwirtschaft infrage zu stellen, die<br />
« Trennung zwischen Wald und Landwirtschaft » rückgängig<br />
zu machen, wie die Forscherin und Ethnobotanikerin<br />
Geneviève Michon im Vorwort des Buches von Fabrice<br />
Desjours (siehe S. 65) schreibt. Denn diese Trennung<br />
hat dazu beigetragen, das Landschaftsbild zu verändern:<br />
« Bis Ende der Sechzigerjahre », so schreibt sie, « gab es in<br />
den ländlichen Gebieten Frankreichs Bäume und Wälder<br />
im Überfluss: Gehölze und Wäldchen, Obstgärten<br />
und hochwachsende Reben, Hecken, Strauchheiden und<br />
Buschwälder, die dem Vieh<br />
offenstanden. Der Baum war<br />
ein unentbehrlicher Verbündeter<br />
der landwirtschaftlichen<br />
Produktion. » Doch die Forscherin<br />
präzisiert, dass dieser<br />
Zustand nicht andauerte: « Der<br />
Politik zur Modernisierung<br />
der Landwirtschaft ist durch<br />
eine Vielzahl von Beihilfen zur<br />
Flurbereinigung, zur Mechanisierung<br />
und zum Einsatz chemischer<br />
Pflanzenschutzmittel<br />
das scheinbar Unmögliche gelungen: den Baum aus der<br />
Agrarlandschaft zu eliminieren. »<br />
Fabrice Desjours war überzeugt davon, dass das Konzept<br />
eines Waldgartens, wie er es in den Tropen kennengelernt<br />
hatte, auch auf europäische Verhältnisse übertragbar<br />
ist. 2010 erwarb er daher eine kahle Wiese mit<br />
einem verdichteten Boden, wie es heute durch maschinelle<br />
Bearbeitung meist der Fall ist. Dort verbrachte er nun<br />
seine ganze Freizeit, pflanzte unermüdlich Tausende von<br />
Bäumen und Büschen sowie unzählige andere Pflanzenarten.<br />
Für die Auswahl der Spezies zog er Kriterien heran,<br />
wie die Eignung für die klimatischen Bedingungen und<br />
die Fähigkeit, sich in ein Ökosystem zu integrieren, das<br />
am Ende quasi ohne Eingriffe existieren sollte. Im Laufe<br />
der Jahre wuchs und gedieh sein Waldgarten, wurde von<br />
Weitem sichtbar. Wie vorgesehen musste Fabrice Desjours<br />
von Jahr zu Jahr weniger bewässern.<br />
Im Waldgarten schützen große Bäume die essbaren<br />
Pflanzen zu ihren Füßen, sorgen für Feuchtigkeit und<br />
Kühle, dienen beispielsweise als Untergrund für Lianen.<br />
Reben, die nicht geschnitten werden, wachsen im Wald<br />
Dutzende Meter in die Höhe und stützen sich dabei an<br />
allen möglichen Büschen und Bäumen ab. Offensichtlich<br />
lieben sie diese neu entdeckte Freiheit, denn sie produzieren<br />
außerordentlich viele Trauben in einer ausgezeichneten<br />
Qualität. Je mehr sich der Wald entwickelt, desto<br />
mehr schützen die Pflanzen sich gegenseitig. Es entsteht<br />
58 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 59
UNTERWEGS IN FRANKREICH Burgund / Saône-et-Loire<br />
Fabrice Desjours hat bewiesen, dass der Waldgarten kein « Urwald » ist. Wenn man möchte, dass er Nahrungsmittel<br />
im Überfluss produziert (siehe vorhergehende Doppelseite und oben), dann sind dafür unter anderem eine<br />
eingehende Analyse von Boden und Umwelt sowie eine präzise Planung der Anpflanzung notwendig.<br />
ein eigenes Ökosystem. Heute profitieren Fabrice und<br />
seine Familie von lokal produzierten Nahrungsmitteln<br />
im Überfluss. Dabei sind es Nahrungsmittel, die absolut<br />
umweltverträglich erzeugt werden und gleichzeitig einen<br />
Beitrag zur Aufforstung des Waldes leisten. Insofern hat<br />
Fabrice Desjours bewiesen,<br />
dass der Wald nicht<br />
der Feind des Landwirtes<br />
ist, sondern ein<br />
Verbündeter sein kann.<br />
Hinzu kommt, dass sein<br />
Waldgarten viel ertragreicher<br />
ist, als manche<br />
traditionell kultivierten<br />
Felder. Ein Wald, wie ein<br />
« immer gut bestückter<br />
Vorratsschrank », voller<br />
Genuss und Leben, der<br />
letztendlich nur sehr wenig<br />
Unterhalt erfordert,<br />
der auf kleine Flächen<br />
übertragbar ist – das<br />
funktioniert sogar in der<br />
Stadt – und der gleichzeitig<br />
der Klimaerwärmung entgegenwirkt. Was will man<br />
mehr?<br />
Der Erfolg des Waldgarten-Experiments von Fabrice<br />
Desjours hat sich herumgesprochen und ist inzwischen so<br />
Verein Forêt gourmande<br />
Alle, die sich für das Waldgarten-Konzept und das<br />
Experiment interessieren, das Fabrice Desjours seit 2010<br />
in Diconne durchführt, sollten diesen Verein kennen. Die<br />
ehrenamtlichen Helfer setzen sich für die Förderung von<br />
Ökosystemen mit essbaren Pflanzen ein und tun alles<br />
dafür, um ihren Erfahrungsschatz und ihr Wissen über<br />
dieses Thema an Interessierte weiterzugeben. Der Verein<br />
hält Vorträge und veranstaltet pädagogische Workshops,<br />
führt Forschungen, Experimente, Fortbildungen und<br />
Praktika durch und kümmert sich um die Baumschule.<br />
Alle Informationen sind auf der Website verfügbar.<br />
Darüber hinaus gibt es Links zu lehrreichen Videos auf<br />
YouTube, in denen man zum Beispiel von Fabrice Desjours<br />
virtuell durch den Waldgarten in Diconne geführt wird<br />
oder die Grundlagen zum Anlegen eines Waldgartens<br />
erfährt.<br />
www.foretgourmande.fr<br />
groß, dass es heute leider nicht mehr möglich ist, den Ort<br />
zu besichtigen. Die Anfragen waren zu zahlreich und der<br />
Zeitaufwand zu hoch. Der ehemalige Krankenpfleger und<br />
heutige Vollzeit-Botaniker will jedoch sein Wissen mithilfe<br />
eines eigens dafür gegründeten Vereins mit so vielen<br />
Menschen wie möglich<br />
teilen. Dafür hält er Vorträge,<br />
macht Schulungen<br />
und unternimmt alles, um<br />
Ratschläge für die Umsetzung<br />
eines Waldgartens<br />
weiterzugeben. Für<br />
alle, die sich gerne vor<br />
Ort von diesem Konzept<br />
überzeugen möchten,<br />
gibt es eine gute Nachricht:<br />
Wenige Kilometer<br />
von der ursprünglichen<br />
Parzelle entfernt wurde<br />
eine Fläche von 5000 m²<br />
für einen zweiten Waldgarten<br />
bepflanzt, der ab<br />
Herbst <strong>2021</strong> besichtigt<br />
werden kann. Dort erhält<br />
man dann alle Informationen, um selbst einen solchen<br />
Garten anzulegen. Dies wird zweifellos dazu beitragen,<br />
dass sich der Kreis der Anhänger von Waldgärten weiterhin<br />
vergrößert!<br />
60 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 61
Interview:<br />
Fabrice Desjours<br />
Ein Vorreiter im Bereich von Ökosystemen mit essbaren Pflanzen,<br />
Gründer des Waldgartens in Diconne (Saône-et-Loire)<br />
Fabrice Desjours, Sie sind heute einer der wichtigsten<br />
Experten in Sachen Waldgarten im Hexagon. Dank ihres<br />
eigenen Waldgartens, den sie 2010 in Burgund anlegten,<br />
besitzen Sie einzigartige Erfahrungswerte. Wie ist es dazu<br />
gekommen?<br />
Ich glaube, dass viele Passionen, die einen Menschen<br />
sein ganzes Leben begleiten, auf die Kindheit zurückgehen.<br />
So auch bei mir. Aber Frustration spielte vermutlich<br />
ebenfalls eine Rolle. Ich lebte bis zum Alter von acht Jahren<br />
in einer Wohnung in der Stadt, und mir wurde schon früh<br />
klar, dass dies wahrlich nicht meine Welt war. Die Schule<br />
im Übrigen auch nicht. Dort fühlte ich mich nicht wohl.<br />
Sie sagte mir überhaupt nichts. Ich hatte permanent das<br />
Gefühl, eingeschlossen zu sein, egal ob im Klassenzimmer,<br />
in der Wohnung oder auf der Straße. Zum Glück konnte<br />
ich mit meiner Familie die Ferien in Burgund auf dem<br />
Land verbringen. Da erlebte ich dann echte Momente der<br />
Freiheit. Ich erinnere mich noch daran, wie ich – kaum,<br />
dass wir angekommen waren – aufs Fahrrad stieg und mit<br />
meinen Kumpels übers Land und durch die Wälder streifte<br />
oder an den Bächen entlang spazierte. Alles, was wir sahen,<br />
versetzte uns in Erstaunen. Das war so viel angenehmer<br />
als die Stadt! Das Leben auf dem Land war für mich eine<br />
Offenbarung. Bestimmt war es<br />
in gewisser Weise ein Schwarz-<br />
Weiß-Denken: das Eingesperrtsein<br />
in der Stadt, die totale<br />
Freiheit auf dem Land. Das hat mich zwangsläufig geprägt.<br />
Die Landschaft in Burgund hat in mir einen riesigen Durst<br />
nach Natur und dem Verständnis für sie geweckt.<br />
Sie sprechen von der Schule. Fördert diese Ihrer Meinung nach<br />
in Frankreich die Annäherung der Kinder an die Natur?<br />
Nicht wirklich, leider ist es eher das Gegenteil. Auch<br />
wenn sich das allmählich ändert. Ich gehöre zur Generation<br />
der 80er-Jahre. Es lässt sich nicht verleugnen, dass<br />
zu dieser Zeit in der Schule nichts, oder fast nichts unternommen<br />
wurde, um Kinder für Natur zu sensibilisieren.<br />
Egal wie alt man war, man hatte den ganzen Tag auf<br />
seinem Stuhl im Klassenzimmer zu sitzen und seine Nase<br />
in die Bücher zu stecken. Der Lehrer war ein Symbol für<br />
Wissen, man musste ihm zuhören, durfte nicht allzu viele<br />
Fragen stellen. Das erschien mir unglaublich weit vom Leben<br />
auf dem Land entfernt, das ich aus den Ferien kannte.<br />
Dort, inmitten der Felder und Bäume, fühlte ich mich<br />
energiegeladen, voller Ideen. Ich hatte Lust, unzählige<br />
62 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>
Luftbild des Waldgartens, den Fabrice Desjours ganz alleine gepflanzt hat.<br />
Dinge zu unternehmen. Im Gegensatz zum Schulsystem<br />
weckte diese Natur eine Kreativität in mir, dazu musste<br />
ich sie nur beobachten. Mir war schnell klar, dass sie mir<br />
nicht nur Raum für Freiheit bot, sondern dass sie am Ende<br />
mein Arbeitsplatz werden würde …<br />
Die ländliche Gegend in Burgund hat Sie zwar sofort fasziniert,<br />
auf der anderen Seite war Ihnen aber auch schnell klar,<br />
dass diese Landschaft in gewisser Weise « dominiert » wird …<br />
Ja, die Landschaft ist zwar in der Tat sehr schön,<br />
aber, wie fast überall, ist die Handschrift des Menschen<br />
allgegenwärtig. Man sieht Felder, Weinberge, Wälder …<br />
alles ist sehr schön. Aber alles ist auch sehr strukturiert,<br />
vermutlich zu strukturiert. Der kleinste Raum wird vom<br />
Menschen beherrscht, und dahinter stehen vor allem<br />
kommerzielle Ziele. Als mir das klar wurde, war es wie<br />
ein Schock für mich. Probieren Sie es aus, betrachten Sie<br />
eine Landschaft: Meistens reicht ein einziger Blick, um zu<br />
erfassen, in welchem Maße der Mensch sie bändigt, sie<br />
beherrscht. In Frankreich sind echte « freie » natürliche<br />
Zonen heutzutage quasi inexistent, da ist Burgund keine<br />
Ausnahme. Und da in Frankreich die Kinder im Rahmen<br />
ihrer Erziehung nicht dazu ermutigt werden, sich mit der<br />
Natur auseinanderzusetzen, sich ihr anzunähern, wird das<br />
Bewusstsein dafür nicht gerade gefördert. Dabei sind sie<br />
es, die den Landschaftsraum von morgen gestalten …<br />
Die Erziehung spielt also für die Zukunft des Landschaftsbildes<br />
eine wichtige Rolle?<br />
Davon bin ich überzeugt. Frankreich hat in dieser<br />
Beziehung Aufholbedarf, denn innerhalb von Europa<br />
gibt es große Unterschiede. Nehmen Sie beispielsweise<br />
die Kindergärten in Deutschland. Sie sind Aktivitäten in<br />
der Natur gegenüber viel offener als in Frankreich. Man<br />
fordert die Kinder auf, in den Garten zu gehen, draußen<br />
zu spielen, Erde anzufassen, an ihr zu riechen, etwas zu<br />
pflanzen. Es gibt sogar Waldkindergärten. In Frankreich<br />
ist so etwas noch sehr selten.<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 63
UNTERWEGS IN FRANKREICH Burgund/ Saône-et-Loire<br />
Sie möchten vor allem « die Bäume wieder in den absoluten<br />
Mittelpunkt stellen », was meinen Sie damit?<br />
Die Gewohnheit, die Natur wirklich zu hinterfragen,<br />
sie wirklich zu betrachten, ist meines Erachtens in Frankreich<br />
verloren gegangen, selbst wenn sie vielleicht so langsam<br />
wieder zurückkehrt. Nehmen Sie den Baum als Beispiel:<br />
In den meisten Fällen betrachtet man ihn als dekoratives<br />
Element. Viele französische Gartengestalter setzen<br />
ihn als Accessoire ein. Ich bin jedoch der Meinung, dass<br />
Bäume etwas Wesentliches sind, dass wir ihnen nicht nur<br />
Beachtung schenken, sondern ihnen helfen müssen, ihren<br />
Platz in unserer Gesellschaft wieder zurückzuerobern.<br />
Denken Sie daran, dass alle Ökosysteme, in die man nicht<br />
eingreift, sich hin zum Wald entwickeln. Bäume steuern<br />
ihren Ertrag selbst, lagern Kohlenstoff und Wasser ein,<br />
beeinflussen das Klima … Wir sollten ihnen mehr Präsenz<br />
einräumen und uns vor allem die Zeit nehmen, sie zu<br />
beobachten. Sie können uns viele Dinge lehren.<br />
Inwiefern ist das Konzept des Waldgartens eine andere Produktionsmethode?<br />
In unseren traditionellen Kulturen wiederholen sich<br />
jedes Jahr dieselben Arbeiten: Man pflügt, sät, erntet.<br />
Entstanden sind ausgedehnte Monokulturen: Weizen,<br />
Mais, Gerste … Für den Landwirt ist das langweilig, in<br />
gewisser Weise trostlos. Er vergisst am Ende die langfristige<br />
Perspektive, es geht nur um Schnelligkeit und<br />
Rentabilität. Im Waldgarten arbeitet man dagegen auf<br />
Jahrzehnte hin, man versucht nicht, alles zu kontrollieren.<br />
Mithilfe eines langlebigen Pflanzensystems schafft man<br />
« essbare Landschaftsräume ». Man verlässt eingefahrene<br />
Gleise. Im Grunde bewegt man sich am Schnittpunkt der<br />
Nahrungsmittelproduktion unter Einbeziehung der Natur<br />
und den großen Umweltherausforderungen, denen wir uns<br />
stellen müssen.<br />
neugierig, es entspricht einem echten Bedürfnis nach einer<br />
stärkeren Einbindung der Natur, in der wir leben.<br />
Ist die französische Gesellschaft Ihrer Ansicht nach in der Lage,<br />
das Waldgarten-Konzept stärker in ihre landwirtschaftlichen<br />
und urbanen Entwicklungskonzepte einzubeziehen?<br />
Ich glaube schon. Wir stehen noch am Anfang, doch<br />
es ist offensichtlich, dass bereits jetzt ein großes Interesse<br />
für dieses Konzept besteht. Lange Zeit dachte ich, dass<br />
das politische Entscheidungssystem in Frankreich zu<br />
schwerfällig sei, um derartige Initiativen zu berücksichtigen.<br />
Doch ich glaube, dass uns gerade die heutige Zeit<br />
bewusst macht, dass sich unsere Denkmuster durch intelligente<br />
Ansätze sehr schnell ändern können. Nehmen<br />
Beispiele für Nahrungsmittel,<br />
die der Waldgarten in<br />
Burgund produziert.<br />
Glauben Sie, dass sich dieses Konzept durchsetzen kann?<br />
Wenn ich mich auf meine eigenen Erfahrungswerte<br />
stütze, kann ich diese Frage nur mit « ja » beantworten.<br />
Als ich 2010 damit begann, den Waldgarten zu pflanzen,<br />
habe ich mit niemandem darüber gesprochen. Ich wusste,<br />
dass man mich für verrückt halten würde. Seitdem haben<br />
sich die Dinge verändert. 2018, als der Wald sich gut entwickelt<br />
hatte, entstand bei mir das Bedürfnis, mich mit<br />
anderen über meine Erfahrung auszutauschen. Ich habe<br />
also begonnen, darüber zu kommunizieren, zunächst über<br />
die sozialen Netzwerke. Umgehend erhielt ich viele Nachrichten,<br />
dann Besuche vor Ort und schließlich Anfragen<br />
für Schulungen. Um all diesen Wünschen nachzukommen,<br />
musste ich sogar meine Arbeit als Krankenpfleger<br />
aufgeben. Wir haben einen Verein gegründet und zurzeit<br />
bin ich dabei, zehn Ausbilder zu schulen. Wir werden<br />
von Anfragen nur so überrannt. Parallel dazu arbeiten<br />
wir an mehreren Projekten für urbane Waldgärten in der<br />
Umgebung, zum Beispiel in Chalon-sur-Saône, Cluny, in<br />
der Nähe von Dijon … Das Konzept macht die Menschen<br />
64 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>
Sie das Tragen der Maske: Bis vor einem<br />
guten Jahr war dies in unserer Kultur eine<br />
absolut fremde Praxis. Und doch mussten<br />
wir uns daran gewöhnen. Das zeigt, wie<br />
schnell man seine Gewohnheiten ändern<br />
kann. Wenn es dann noch um einen Ansatz<br />
geht, der darauf abzielt, mehr Bäume<br />
zu pflanzen, auf eine gesunde Ernährung<br />
und Umwelt zu achten, dann sehe ich keinen<br />
Grund, warum wir das nicht schaffen<br />
sollten. Da bin ich zuversichtlich.<br />
Fabrice Desjours, wir danken Ihnen für das Gespräch.<br />
Fabrice Desjours: Jardins-Forêts, un nouvel<br />
art de vivre et de produire, Éditions Terran, 370<br />
Seiten, ISBN 9<strong>78</strong>2359811308.<br />
Das im September 2020 erschienene Buch<br />
ist eine regelrechte Bibel für alle, die sich für<br />
Waldgärten interessieren und gerne einen<br />
eigenen anlegen möchten. Es gibt Auskunft<br />
über die Entstehung und das Anlegen solcher<br />
Gärten. Darüber hinaus profitiert man von<br />
den Erfahrungen von Fabrice Desjours,<br />
der rund hundert Bäume, Büsche, Lianen<br />
und krautartige Pflanzen vorstellt, die<br />
zwar unbekannt, jedoch komplementär zu<br />
klassischen Obstbäumen und Gemüsearten<br />
sind und sich in unseren Breiten optimal in einem<br />
Waldgarten akklimatisieren.<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 65
FRANKREICH HEUTE Wirtschaft<br />
Discounter: Wenn Deutschland<br />
Es ist eines der Paradoxe in Frankreich: Man malt sich oft aus,<br />
dass Franzosen gemütlich zum kleinen lokalen Händler um die<br />
Ecke schlendern, plaudernd ihre Einkaufstasche mit frischem<br />
Gemüse füllen und auf dem Weg nach Hause noch ein knuspriges<br />
Baguette hineinstecken. Doch wie sieht die Realität aus?<br />
Zwei Drittel kaufen ihre Lebensmittel in Super- oder Verbrauchermärkten.<br />
Diese Konsumtempel entstanden in Frankreich in<br />
den 60er-Jahren nach amerikanischem Vorbild; inzwischen werden<br />
dort Jahr für Jahr rund 110 Milliarden Euro umgesetzt. Der<br />
lukrative Markt wird heute von den beiden Handelsriesen Carrefour<br />
und Leclerc angeführt, die einen Anteil von knapp 40 % des<br />
Supermarktumsatzes auf sich vereinen, gefolgt von Unternehmen<br />
wie Intermarché, Casino, Système U und Auchan. Daneben<br />
breiten sich jedoch auch ausländische Handelsketten immer<br />
mehr auf dem französischen Markt aus, vor allem die deutschen<br />
Discounter Lidl und Aldi sind inzwischen zu bedeutenden Akteuren<br />
der Branche aufgestiegen.<br />
Das geruhsame Leben der französischen<br />
Einzelhandelsunternehmen<br />
Was die Einkäufe anging, machten sich die Franzosen<br />
lange Zeit keine großen Gedanken. Jeder<br />
hatte seine Gewohnheiten und ging zum Einkaufen<br />
zu Carrefour, Leclerc oder Intermarché. Den Ausschlag<br />
für die Wahl gab vorwiegend ein praktischer und<br />
daher gut nachvollziehbarer Aspekt: die Erreichbarkeit.<br />
Selbstverständlich spielte auch der Preis eine Rolle, aber<br />
nicht ausschließlich. Im Grunde genommen unterschieden<br />
sich die Supermärkte nicht sehr stark: Mithilfe von « Promotionen<br />
» und anderen « Sonderaktionen », die in den<br />
Medien und Briefkästen breit gestreut wurden, war abwechselnd<br />
immer eines dieser Unternehmen « dasjenige<br />
mit den günstigsten Preisen », sodass am Ende niemand<br />
mehr wusste, welcher Supermarkt das Budget tatsächlich<br />
am meisten schonte. Es war also meist weniger eine bewusste<br />
Entscheidung, sondern eher die Gewohnheit, die<br />
die Franzosen dazu bewog, « ihrem » Supermarkt die Treue<br />
zu halten. Letztendlich kam diese Situation allen entgegen.<br />
Auf diese Weise konnten die französischen Einzelhandelsketten<br />
ohne viel Aufwand und durchaus einträglich wachsen.<br />
Lediglich Fusionen zwischen den verschiedenen Konzernen<br />
oder Übernahmen sorgten ab und zu für Unruhe in<br />
der Branche. Dass irgendwann Schluss<br />
mit diesem geruhsamen Leben war, lag<br />
daran, dass europäische Konkurrenten<br />
auf den Markt drängten und die Konsumgewohnheiten<br />
veränderten. Vor<br />
allem deutsche Mitbewerber standen in<br />
den Startlöchern …<br />
Frischer Wind aus Osten<br />
Vor rund dreißig Jahren bereitete<br />
sich aus Osten kommend eine neue<br />
Handelsform, die Discounter, in Frankreich<br />
aus, was zu einer regelrechten<br />
Umwälzung in diesem Sektor führte.<br />
Mit der Ankunft der beiden deutschen<br />
Handelsketten Aldi und Lidl änderten<br />
sich die Einkaufsgepflogenheiten vieler<br />
Franzosen, die sich von den neuen und<br />
viel aggressiveren Verkaufspraktiken<br />
in Bann ziehen ließen. Französische<br />
Konsumenten entdeckten den Preis als echtes Verkaufsargument<br />
und hinterfragten plötzlich, ob die bequemeren<br />
Einkaufsbedingungen in den gewohnten Geschäften den<br />
höheren Preis für die Produkte rechtfertigten oder nicht.<br />
Die Warenpräsentation war zwar aufs Notwendigste<br />
reduziert und daher ungewohnt – oft bediente man sich<br />
direkt aus den Kartons –, die Geschäfte sahen eher wie<br />
Lager aus und die Marken waren oft unbekannt, doch<br />
konnte man dies nicht in Kauf nehmen, wo doch die Preise<br />
viel günstiger waren? Innerhalb weniger Jahre machten<br />
sich die Discounter in Frankreich einen Namen, die Firmenschilder<br />
von Aldi und Lidl waren bald ein gewohnter<br />
Anblick in der Einzelhandelslandschaft, die bestehenden<br />
Marktplayer verstanden die Welt nicht mehr.<br />
Das Ziel von Aldi: « Jeder Franzose soll<br />
in 15 Minuten eine Filiale erreichen »<br />
Auch wenn im Hexagon der Anteil der Discounter am<br />
Branchenumsatz mit knapp 15 % noch relativ überschaubar<br />
ist, darf man nicht darüber hinwegsehen, dass dieses<br />
Segment stark wächst. Das wurde auch den französischen<br />
Handelsunternehmen klar, und sie eröffneten Filialnetze<br />
mit einem günstigeren Preisniveau unter neuen Marken.<br />
66 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>
Frankreich erobert<br />
Und das im Übrigen nicht ohne Erfolg. Die Konsumenten<br />
nahmen diese Absatzschiene an, sodass Discounter heute<br />
zum Bild in den Einkaufszonen am Rande der Städte<br />
gehören. Die beiden deutschen Branchengiganten arbeiten<br />
ihrerseits weiter daran, die Konsumgewohnheiten in<br />
Frankreich zu verändern, teilweise sogar mit schweren<br />
Geschützen. Vor allem Aldi. Der Einzelhandelsriese legte<br />
im letzten Jahr für 545 französische Filialen des 1990<br />
gegründeten Discounters Leader Price, zwei Casino-<br />
Supermärkte und drei Zentrallager 717 Millionen Euro<br />
auf den Tisch. Damit sind die Expansionsabsichten von<br />
Aldi in Frankreich klar, denn mit dem Deal verdoppelt<br />
der Discounter sein Filialnetz (bisher 862 Läden) nahezu,<br />
und sein Marktanteil dürfte von 2,4 % auf 4 % steigen.<br />
Die Konzernleitung hält mit ihren Ambitionen nicht<br />
hinter dem Berg: « Wir wollen, dass jeder Franzose in 15<br />
Minuten eine unserer Filialen erreichen kann », kommunizierte<br />
man im Rahmen dieses kolossalen Abschlusses.<br />
Wenn das nichts ist! Dies wird zweifellos die französischen<br />
Konkurrenten in diesem Sektor noch etwas mehr<br />
in Unruhe versetzen. Vor allem, wenn man weiß, dass der<br />
zweite deutsche Discounter, Lidl, seine Marktposition<br />
ebenfalls von Monat zu Monat verbessert. Und das seit<br />
Jahren. Laut einer Untersuchung des Instituts Kantar,<br />
das die Ausgaben der Franzosen im Zeitraum vom 15.<br />
Juni bis 12. Juli 2020 analysierte, hat das Unternehmen<br />
inzwischen einen Marktanteil von 6,5 % erreicht und liegt<br />
damit hinter dem traditionsträchtigen Konzern Casino,<br />
zu dem die Handelsketten Casino, Monoprix, Franprix<br />
und Géant gehören und der einen Marktanteil von 9,4 %<br />
auf sich vereint. Die Plätze eins und zwei der Branche sind<br />
mit Leclerc (Marktanteil 22,6 %) und Carrefour (19,8 %)<br />
zwar ebenfalls in französischer Hand, doch den Akteuren<br />
des Landes ist mittlerweile klar geworden, dass sie<br />
die Ambitionen ihrer deutschen Konkurrenten genau im<br />
Auge behalten müssen.<br />
Und wenn die Franzosen noch nicht ihr<br />
letztes Wort gesprochen haben?<br />
Die Branchenspezialisten in Frankreich sind sich<br />
darüber bewusst, dass ein Konzern wie Aldi den Einzelhandelsmarkt<br />
in ihrem Land innerhalb weniger Jahre<br />
ziemlich durcheinandergebracht, wenn nicht sogar revolutioniert<br />
hat. Es ist ihm gelungen, einem Sektor, in dem<br />
die Franzosen scheinbar eingefahrene und nur schwer<br />
veränderbare Gewohnheiten hatten, seine Spielregeln<br />
aufzuzwingen. Dennoch ist man weit davon entfernt,<br />
sich mit den kontinuierlich steigenden Marktanteilen<br />
von Aldi & Co. abzufinden. Offensichtlich ist das letzte<br />
Wort noch nicht gesprochen. Es könnte gut sein, dass<br />
die deutschen Konkurrenten in absehbarer Zeit einer<br />
französischen Initiative die Stirn bieten müssen, die die<br />
Karten neu verteilt. Vor Kurzem haben drei einflussreiche<br />
französische Unternehmer und Investoren angekündigt,<br />
gemeinsam einen « europäischen Leader des nachhaltigen<br />
Konsums » zu gründen. Bei den drei Managern handelt<br />
es sich um Xavier Niel (den Gründer und Hauptaktionär<br />
von Illiad, neben Free einer der Marktführer im Bereich<br />
Telekommunikation in Frankreich), Moez-Alexandre<br />
Zouari (der mit Casino und Picard eines der bedeutendsten<br />
Lebensmittelhandelsimperien des Hexagons aufbaute)<br />
und Matthieu Pigasse (der lange Zeit als einer der führenden<br />
Investmentbanker Frankreichs angesehen wurde<br />
und heute ein bedeutender Investor im Medienbereich<br />
ist). Ihr Projekt wird zwar derzeit noch geheim gehalten,<br />
bekannt ist jedoch mittlerweile, dass die drei von den anvisierten<br />
Investitionskosten in Höhe von zwei Milliarden<br />
Euro bereits rund 300 Millionen Euro beschafft haben.<br />
« Wir möchten einen Champion für Dauerhaftigkeit und<br />
Nachhaltigkeit schaffen, wir können dafür aber ein ‚Allroundunternehmen‘<br />
kaufen und es in der Folge umwandeln<br />
», haben die drei Investoren bestätigt. Auch wenn die<br />
Transaktion – die, so scheint es, im ersten Halbjahr <strong>2021</strong><br />
abgewickelt werden soll – nicht direkt die Einzelhandelsketten<br />
anvisiert, kann dies auch nicht ausgeschlossen werden.<br />
Zumindest könnte ein derartiges Projekt gravierende<br />
Auswirkungen auf diese Branche in Frankreich haben<br />
… Wird es den Franzosen gelingen, diesem wichtigen<br />
Wirtschaftssektor wieder ihre eigenen Spielregeln aufzuzwingen?<br />
Vor allem gegenüber dem deutschen Riesen<br />
Aldi? Es ist noch zu früh, um diese Frage zu beantworten,<br />
die Zukunft wird es zweifellos zeigen. In den kommenden<br />
Monaten könnte es also zu einigen Ankündigungen und<br />
tiefgreifenden Veränderungen kommen …<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 67
FRANKREICH HEUTE Kulturerbe / Provence<br />
68 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>
Grotte<br />
Cosquer<br />
Unglaubliche<br />
Höhlenmalereien<br />
in den Calanques<br />
von Marseille<br />
Das geheimnisvolle Schild befindet sich an einem ganz unerwarteten<br />
Ort. Am Cap Morgiou nahe Marseille, 37 Meter unter<br />
dem Meeresspiegel. Die zahlreichen Touristen, die die Calanques<br />
per Boot besichtigen, sind ahnungslos, dass unter ihnen<br />
eine Tafel mit einer merkwürdigen, nahezu surrealen Aufschrift<br />
angebracht ist: Ministère de la culture. Plongée interdite.<br />
Sie hängt in der Tiefe des Meeres neben beeindruckend großen<br />
Betonklötzen mit einem Gitter, das Tauchern mysteriöserweise<br />
den Zugang zu einem 175 Meter langen Tunnel unter Wasser<br />
versperrt. Ein seltsames, submarines Rätsel, von dem bis heute<br />
nur wenige Eingeweihte wissen, über das aber vermutlich bald<br />
die ganze Welt sprechen wird …<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 69
FRANKREICH HEUTE Kulturerbe / Provence<br />
Henri Cosquer liebt das Mittelmeer. Er erforscht seit seiner<br />
Jugend den Meeresgrund, leitete lange Zeit das Tauchzentrum<br />
in Cassis und ist unbestritten einer der besten Kenner<br />
der berühmten Calanques zwischen Cassis und Marseille.<br />
Eines schönen Tages, im Jahr 1985, entdeckte Henri Cosquer bei<br />
einem seiner unzähligen Tauchgänge dort in 40 Metern Tiefe den<br />
Eingang zu einer Art Tunnel. Darin war es sehr dunkel, sodass er<br />
zunächst nicht vorzudringen wagte. Doch schließlich siegte seine<br />
Neugier. Ohne jemandem davon zu erzählen, kam er im Laufe der<br />
Wochen immer wieder an diesen Ort zurück, tauchte jedes Mal<br />
etwas weiter in den Hohlraum hinein, der offensichtlich eine tiefe<br />
Höhle war. Cosquer war sich darüber bewusst, dass dieses Abenteuer<br />
mit einem hohen Risiko verbunden war, und beschloss daher<br />
im Oktober 1985, jedes Mal einen « Lebensfaden » mitzunehmen,<br />
den er beim Eindringen in den langen und dunklen Tunnel abrollte,<br />
um mit seiner Hilfe wieder sicher zurück zum Ausgang zu<br />
gelangen. Er wusste noch nicht, was er finden würde, aber er war<br />
davon überzeugt, dass es am Ende des Tunnels etwas geben musste.<br />
Was auch immer das sein würde … Nach mehr als 150 Metern<br />
gelangte der Taucher schließlich in eine, wie er vermutete, ausgedehnte<br />
Höhle. Er stieg langsam höher und erreichte die Wasseroberfläche,<br />
wo er im Schein seiner kleinen Lampe einen überfluteten<br />
Saal entdeckte. Henri Cosquer beschloss, etwas nahezu Unglaubliches<br />
zu wagen, nämlich das Druckminderungsventil abzunehmen,<br />
das ihn mit dem Sauerstoff aus seinen Flaschen versorgte.<br />
Ihm war durchaus klar, dass die seit Jahrtausenden in der Höhle<br />
eingeschlossene Luft möglicherweise verbraucht oder verschmutzt<br />
sein könnte. Dennoch ging er das Risiko ein. Und das Wagnis<br />
zahlte sich aus, denn er konnte normal atmen. Durch diese Tatsache<br />
bestärkt, suchte er die Unterwasserhöhle in der Folge immer<br />
wieder auf.<br />
Zu dem Zeitpunkt wusste Henri Cosquer noch nicht, dass<br />
seine Entdeckung sein Leben auf den Kopf stellen würde und er<br />
damit Wissenschaftlern aus der ganzen Welt eines der schönsten<br />
Kleinode der Höhlenmalerei und gleichzeitig eine Goldgrube an<br />
Erkenntnissen über die Urgeschichte unserer Vorfahren schenken<br />
würde. Er konnte zu dem Zeitpunkt ebenfalls noch nicht<br />
absehen, dass damit eine der grandiosesten submarinen Entdeckungen<br />
seinen Namen tragen würde. Ein Name, der in den<br />
kommenden Jahren vermutlich ebenso berühmt werden wird,<br />
wie Lascaux …<br />
Plötzlich tauchte im Lichtstrahl eine Hand auf<br />
Nach den ersten Erkundungen musste Henri Cosquer die<br />
Erforschung der Höhle aufgrund beruflicher Verpflichtungen<br />
einige Jahre unterbrechen. Erst im Juli 1990 kehrte er – nach<br />
wie vor alleine – an den Ort zurück und stieß erneut mit einer<br />
Mischung aus Aufregung und Furcht vorsichtig in die Höhle vor,<br />
die für ihn noch immer ein Buch mit sieben Siegeln war. Cosquer<br />
ist Autodidakt, weder Forscher noch Wissenschaftler. Dennoch<br />
hatte er schon immer ein Gespür für manche Dinge, ließ sich oft<br />
von seiner Intuition leiten. Und auch 1990 spürte er, dass diese<br />
Höhle etwas zu enthüllen hatte. Im Bewusstsein des Risikos,<br />
das er bei seinen regelmäßigen Tauchgängen dorthin einging,<br />
installierte er entlang der Strecke nun dauerhaft einen Lebens-<br />
70 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>
Die Grotte Cosquer ist ein versunkener archäologischer Schatz, der mehr als 500 Höhlenmalereien – darunter<br />
zahlreiche Pferde, Bisons und Pinguine – sowie 65 bemerkenswerte Abdrücke von Händen umfasst.<br />
faden, eine zwar dünne, aber unentbehrliche Verbindung<br />
zur Außenwelt. Der Taucher erforschte den einige Jahre<br />
zuvor entdeckten Hohlraum, den er in seinem Buch (siehe<br />
Seite …76) als « unglaublich schön » bezeichnete, obwohl<br />
er genau wusste, dass es im kalkhaltigen Felsgestein der<br />
Calanques zahlreiche solcher Grotten gibt, die im Laufe<br />
der Jahrtausende durch Erosion entstanden sind. Henri<br />
Cosquer glaubte zunächst, eine von vielen anderen entdeckt<br />
zu haben. Dennoch freute er sich darüber. Zumal<br />
ihm seine Intuition immer noch sagte, dass er noch nicht<br />
am Ende seines Abenteuers angekommen war, dass noch<br />
eine Überraschung auf ihn wartete. Er machte also weiter<br />
und nahm die Höhle so gut es ging unter die Lupe. Bis<br />
dann der unglaubliche Augenblick gekommen war, der<br />
ihm bis in alle Ewigkeit im Gedächtnis bleiben wird. Der<br />
Augenblick, als er im Lichtstrahl seiner Lampe verblüfft<br />
eine auf den Fels gemalte Hand entdeckte. Und dann<br />
Pferde, Vögel, Bisons … Ein unglaubliches Bestiarium.<br />
Henri Cosquer wurde schnell klar, dass dies das Werk<br />
von entfernten, ganz entfernten Vorfahren sein musste.<br />
Er hatte viel mehr als « nur » eine Höhle aufgespürt: ein<br />
regelrechtes Heiligtum, ein Juwel der prähistorischen<br />
Kunst, das hier seit Jahrtausenden geschützt war! Angesichts<br />
der Bedeutung dieses Fundes und der Notwendigkeit,<br />
den Ort schnellstmöglich unter Schutz zu stellen,<br />
meldete er am 3. September 1991 seine Entdeckung umgehend<br />
den zuständigen Behörden, wie es im Übrigen das<br />
französische Gesetz verlangt. Sowohl die für maritime<br />
Angelegenheiten als auch die für Unterwasserarchäologie<br />
zuständigen Institutionen äußerten zunächst jedoch große<br />
Zweifel. Und sie waren nicht die Einzigen.<br />
Spott über einen « provenzalischen Pinguin »<br />
Die Entdeckung war derart weitreichend, dass sie in<br />
Fachkreisen sofort von sich reden machte. Doch in der<br />
kleinen Welt der Spezialisten für die Altsteinzeit schätzte<br />
man es nicht sehr, dass ein Autodidakt ihr Leben auf den<br />
Kopf stellen wollte, und zeigte sich daher äußerst skeptisch.<br />
Da man ein sehr guter Taucher sein muss, um in die<br />
Höhle zu gelangen, war logischerweise die Erstellung von<br />
Expertisen vor Ort stark eingeschränkt. Glücklicherweise<br />
fand sich unter den Forschern mit Jean Courtin ein Spezialist<br />
für Unterwasserarchäologie und die prähistorische<br />
Zeit, der zugleich ein erfahrener Taucher war und keine<br />
Angst hatte, durch den Tunnel bis in die Grotte Cosquer<br />
vorzudringen. Was Henri Cosquer ihm von der Höhle<br />
erzählt hatte, genügte, um von der Notwendigkeit – oder<br />
gar der Dringlichkeit – einer Besichtigung überzeugt zu<br />
sein. Dabei spielte es für ihn keine Rolle, dass Cosquer<br />
selbst kein Fachmann auf diesem Gebiet war. Courtin<br />
ahnte intuitiv, dass er es mit einem potenziellen archäologischen<br />
Schatz zu tun hatte, wie man ihn nur selten zu<br />
sehen bekommt. Deshalb wollte er alles daransetzen, diesen<br />
« ans Tageslicht zu bringen ».<br />
Jean Courtin war also der erste Prähistoriker, der die<br />
Unterwasserhöhle besuchte. Als er zurückkam, stand ihm<br />
die Begeisterung im Gesicht geschrieben. Was er gesehen<br />
hatte, überstieg alle seine Vorstellungen. Er sprach sogar<br />
über Darstellungen von Meerestieren, wie Robben und<br />
Pinguinen. Eine Weltpremiere! Insofern bestätigte Courtin<br />
nach diesem ersten Tauchgang sofort die Tragweite von<br />
Cosquers Entdeckung. Doch Courtins illustre Kollegen<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 71
FRANKREICH HEUTE Kulturerbe / Provence<br />
Um die Grotte Cosquer bis ins kleinste Detail zu kopieren, arbeiten<br />
unzählige Teams seit Jahren daran, die Höhle zu scannen und zu<br />
digitalisieren, die Wandreliefs exakt nachzubilden und darauf die<br />
prähistorischen Malereien detailgenau zu reproduzieren, so wie<br />
das bereits für die Höhlen Lascaux und Chauvet geschehen ist.<br />
gaben sich nach wie vor missmutig und nicht von der Bedeutung<br />
des Fundes überzeugt. « Eine Unterwasserhöhle<br />
mit Abbildungen von Pinguinen », das könne nicht seriös<br />
sein, verkündeten sie mehr oder weniger einhellig. Verächtlich<br />
schreckten sie auch nicht davor zurück, die Authentizität<br />
der Informationen in Zweifel zu ziehen. Courtin<br />
erinnerte sich beispielsweise 1994 in einem Interview in<br />
der französischen Zeitung L‘Express daran: « Forscher haben<br />
behauptet, dass ein Fälscher einige Tiere kopiert […],<br />
die Patina, die im Laufe der Zeit entstanden ist, imitiert<br />
(und das über Dutzende Quadratmeter an der Decke!),<br />
prähistorische Holzkohle mitgebracht habe, um die Illusion<br />
perfekt zu machen. Und über unseren ‹ provenzalischen<br />
Pinguin › hat man sich ausgiebig lustig gemacht. » Doch<br />
Courtin ließ sich von den Angriffen nicht beirren, denn<br />
schließlich wusste er genau, dass die Entdeckung von Lascaux<br />
anfangs dieselbe Skepsis hervorgerufen hatte. Und vor<br />
allem war er davon überzeugt, dass die gut hundert Tierdarstellungen,<br />
die rund fünfzig Abbildungen von Händen<br />
und mehrere Dutzend von geometrischen Zeichen, die er<br />
im Laufe seiner Tauchgänge in die Höhle erfasst hatte,<br />
eine außerordentliche wissenschaftliche Bedeutung haben.<br />
Die 27 100 Jahre alte Hand eines Künstlers<br />
Glücklicherweise war Courtin nicht der Einzige, der<br />
an die Authentizität der Grotte Cosquer glaubte. Neben<br />
Cosquer selbst, fand Courtin in der Person von Jean Clottes<br />
einen wichtigen und treuen Verbündeten, um weitergehende<br />
Forschungen einzuleiten und die Fachwelt von<br />
der Glaubwürdigkeit des einmaligen Fundes zu überzeugen.<br />
Mit Jean Clottes hatte er einen der anerkanntesten<br />
französischen Prähistoriker und zugleich einen Spezialisten<br />
für Höhlenmalereien auf seiner Seite. Diesem war die<br />
Bedeutung der Entdeckung ebenfalls schnell klar, sodass<br />
er nicht zögerte, sie öffentlich zu verteidigen. Angesichts<br />
der Tatsache, dass er damit – neben Courtin und Cosquer<br />
– quasi allein auf weiter Flur stand, war dies ein mutiges<br />
Unterfangen, mit dem er letztlich sogar seine Karriere<br />
aufs Spiel setzte.<br />
Gemeinsam gelang es Courtin und Clottes, nach und<br />
nach ihr Umfeld zu überzeugen. Per Dekret vom 2. September<br />
1992 klassifizierte der Staat schließlich die Höhle<br />
als Monument historique, um zu verhindern, dass Taucher<br />
sie besuchen und um sie auf diese Weise zu schützen. Die<br />
72 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>
eiden entschlossenen Forscher wurden im Laufe ihrer<br />
mühevollen Arbeit zu Freunden. Sie gehörten zu den<br />
Ersten, die ihren Wissenschaftsbereich popularisierten,<br />
indem sie auf das öffentliche Interesse der Grotte Cosquer<br />
pochten. Glücklicherweise erhielten sie mit der Zeit Unterstützung<br />
und ihre ersten Eindrücke wurden durch allerneueste<br />
wissenschaftliche Techniken, zum Beispiel aus<br />
der Atomphysik, bestätigt. Es wurden außergewöhnliche<br />
Mittel aufgefahren, darunter ein Gerät namens Tandetron,<br />
mit dem kleinste Materialfragmente mit größter Präzision<br />
analysiert werden können. Mit dieser Hilfe gelang<br />
es, minimalste Pigmententnahmen aus der Grotte zeitlich<br />
einzuordnen. Und man kann sagen, dass die Ergebnisse<br />
überzeugend waren und die Erwartungen der beiden<br />
Forscher nahezu übertrafen. « Wir konnten nachweisen,<br />
dass eine der ‹ negativen Hände › – die Abdrücke, die der<br />
Künstler hinterließ, indem er Farbpigmente auf eine auf<br />
die Felswand gedrückte Hand blies – vor 27 100 Jahren<br />
erstellt wurde. Damit ist dies die älteste Malerei der Welt,<br />
die so präzise datiert werden kann », erläuterten Courtin<br />
und Clottes bewegt. Dank dieser eingesetzten Mittel und<br />
der aufwendigen Untersuchungen ist die Grotte Cosquer<br />
de facto heute die am besten datierte Stätte für prähistorische<br />
Kunst auf der Welt. Das brachte auch die größten<br />
Skeptiker an der Authentizität dieser Entdeckung zum<br />
Schweigen …<br />
Der unerbittliche Anstieg des Wassers<br />
Mithilfe der zahlreichen präzisen Datierungen und einer<br />
Vielzahl von Entnahmen, die im Laufe der Tauchgänge<br />
und der Jahre gemacht wurden, konnten die Forscher<br />
die unglaubliche Höhle mit ihren Malereien – die Einzige<br />
in dieser Art, die bislang unterhalb des Meeresspiegels<br />
entdeckt wurde – besser einordnen. Zum Beispiel aus<br />
geografischer und geologischer Sicht: Der Eingang in die<br />
Höhle befindet sich heute in einer Tiefe von 37 Metern<br />
unter dem derzeitigen Meeresspiegel. Als die Urmenschen<br />
jedoch die Höhle besuchten, befand sich dieser Meeresspiegel<br />
schätzungsweise 120 Meter tiefer. Der Zugang zur<br />
Grotte war also « trockenen Fußes » möglich und lag mehrere<br />
Kilometer vom Meer entfernt. Man muss sich vorstellen,<br />
dass die Bucht von Marseille im damaligen Zeitalter<br />
eine ausgedehnte Grassteppe war, in der ein kaltes Klima<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 73
FRANKREICH HEUTE Kulturerbe / Provence<br />
herrschte. Sehr wahrscheinlich jagte man hier zahlreiche wilde<br />
Tiere, wie sie auch in der Grotte abgebildet sind. Mit der allmählichen<br />
Klimaerwärmung stieg das Wasser, drang in den von<br />
Cosquer entdeckten Zugangstunnel ein und überschwemmte<br />
allmählich die Höhle. Heute ragt nur ein circa 60 mal 60 Meter<br />
großer Teil aus dem Wasser, was schätzungsweise einem Viertel<br />
des ursprünglichen Hohlraums entspricht. Auf diesem Teil<br />
wurden die beeindruckenden Malereien, Zeichen und Gravuren<br />
gefunden, die unsere fernen Ahnen dort hinterließen.<br />
Ein rettender, aber ungenügender Überdruck<br />
Die Frage, wie diese Gravuren und Malereien der Klimaerwärmung<br />
und dem Anstieg des Meeresspiegels standhalten<br />
konnten, interessierte logischerweise viele Wissenschaftler, darunter<br />
auch die des Centre Européen de Recherche et d’Enseignement<br />
des Géosciences de l’Environnement (CEREGE), dessen Sitz sich<br />
in der nicht weit entfernten Stadt Aix-en-Provence befindet.<br />
Diese führten zahlreiche Analysen durch, bei denen sich unter<br />
anderem herausstellte, dass die klimatischen Bedingungen in<br />
der Höhle von denen außerhalb stark abweichen. Vor allem der<br />
Luftdruck ist im Inneren konstant höher. Dies lässt sich laut den<br />
Spezialisten des CEREGE folgendermaßen erklären: Wenn die<br />
Wellen gegen die Felsen schmettern und in den Zugangstunnel<br />
der Grotte eindringen, führen sie eine gewisse Menge an Luft<br />
mit, sodass sich der Luftdruck im Inneren erhöht. Dieser Überdruck<br />
verhindert letztendlich einen Anstieg des Meerwassers<br />
im Hohlraum. Auf diese Weise war die Grotte jahrtausendelang<br />
eine schützende Hülle für die Schätze in ihrem Inneren.<br />
Dennoch sind die Wissenschaftler sich einig: Dieser Luftdruck<br />
wird angesichts der Klimaerwärmung und des raschen Anstiegs<br />
des Meeresspiegels in den letzten Jahrzehnten nicht ausreichen,<br />
um mittelfristig die vollständige Überschwemmung der Grotte<br />
Cosquer zu verhindern. Daher stellte sich schnell die entscheidende<br />
Frage, auf welche Weise die herausragenden Malereien<br />
und Gravuren dort langfristig zu retten sind.<br />
Kopieren, was nicht zu retten ist<br />
Den Unterwassertunnel zuschütten, das Wasser im Inneren<br />
der Höhle « abpumpen » und gleichzeitig einen bequemeren Zugang<br />
von außen bohren, ist keine brauchbare Lösung. Abgesehen<br />
davon, dass dies technisch aufwendig und gefährlich wäre, könnte<br />
es möglicherweise zum Einsturz des Hohlraums führen. Dieses<br />
Risiko ist zu hoch und das Vorgehen demnach unmöglich.<br />
Da man bereits die Grotte de Lascaux schließen musste, um sie<br />
zu erhalten, weiß man heute nur zu gut, dass sich die Atmosphäre<br />
in einer Höhle sehr leicht stören lässt und man deshalb sehr<br />
vorsichtig sein muss: Jeder Besucher verändert alleine durch seine<br />
Anwesenheit – vor allem durch das Atmen – das dort bestehende<br />
Ökosystem und stellt somit eine Gefahr für die wertvollen Malereien<br />
dar. Die Grotte Cosquer beherbergt laut der letzten « Zählung<br />
» mehr als 500 bemerkenswerte Höhlenmalereien, darunter<br />
– abgesehen von den Händen – einzigartige Darstellungen von<br />
Meerestieren wie Pinguinen, Robben und sogar Quallen. Wenn<br />
man dieses in seiner Art einzigartige Kulturerbe mit seinem<br />
Die Villa Méditerranée ist ein auffallendes Gebäude mit einer<br />
spektakulären nutzbare Auskragung (der längsten der Welt). Sie<br />
liegt direkt neben dem MuCEM und wird die Nachbildung der<br />
Grotte Cosquer beherbergen, die man ab 2022 besichtigen kann.<br />
74 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>
unschätzbaren Wert faktisch nicht vor dem Anstieg des<br />
Wassers retten kann, muss man es in einer anderen Form<br />
für die Nachwelt erhalten. Dies ist die Herausforderung<br />
des Projekts Cosquer 2, das 2022 in der Einweihung einer<br />
exakten Nachbildung der Höhle in Marseille münden soll.<br />
Cosquer 2, die ersehnte Nachbildung<br />
Der Gedanke, eine Nachbildung der Grotte Cosquer<br />
nach den in Frankreich gut bekannten und erfolgreichen<br />
Vorbildern der Höhlen von Lascaux und Chauvet zu realisieren,<br />
drängte sich daher letztlich auf. Die Region Provence-Alpes-Côte<br />
d’Azur, die ein wichtiger Akteur dieser<br />
Operation ist, sieht darin gleich drei bedeutende Vorteile:<br />
ein dem Untergang geweihtes Kulturgut schützen, das<br />
Kulturgut der Öffentlichkeit an einem gut zugänglichen<br />
Ort präsentieren und – der politisch bedeutendste Aspekt<br />
– « es in gewisser Weise ermöglichen, sich über die Klimaerwärmung<br />
bewusst zu werden ». Nicht zu vernachlässigen<br />
ist zudem laut Renaud Muselier, dem Präsidenten der<br />
Region, dass dadurch 2022 eine neue Sehenswürdigkeit<br />
eröffnen wird, die « bereits im ersten Jahr 500 000 Besucher<br />
verspricht ». Ein Segen also für den Tourismus und<br />
die lokale Wirtschaft.<br />
Für die Umsetzung des Projekts wurden zunächst<br />
verschiedenste Orte ins Auge gefasst, darunter eine<br />
künstliche Insel in der Bucht von Cassis, Steinbrüche in<br />
der Calanque de Port-Miou sowie unterirdische Stollen<br />
im Alten Hafen von Marseille. 2018 wurde letztendlich<br />
die Villa Méditerranée dazu bestimmt, die 2013, als<br />
Marseille europäische Kulturhauptstadt war, am Alten<br />
Hafen, ganz in der Nähe des MuCEM, eingeweiht worden<br />
war. Man muss dazu wissen, dass dieses Gebäude<br />
ohne schlüssiges Nutzungskonzept konstruiert wurde,<br />
leer stand und laut Rechnungshof der Region PACA<br />
die Steuerzahler pro Jahr knapp 5 Millionen Euro kostet<br />
… Ein Verwendungszweck für diesen Ort war also<br />
willkommen! Laut den Initiatoren des Projektes soll der<br />
bestehende Bau auf spektakuläre Art verändert werden:<br />
« Ein gewundener Steg, der auf dem Wasser schwimmt,<br />
wird eine Verbindung zwischen dem Gebäude und dem<br />
Meer herstellen und die Ankunft der Besucher in Szene<br />
setzen », während « die Nachbildung der Grotte Cosquer<br />
im Untergeschoss realisiert wird, wo sie das ruhige und<br />
ausgeglichene Ambiente rekonstruiert, das ihre Erforscher<br />
beschrieben haben ». Laut den Projektverantwortlichen<br />
betritt das Publikum im Rahmen der Besichtigung<br />
« mit allerneuesten Technologien ausgestattete<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 75
FRANKREICH HEUTE Kulturerbe / Provence<br />
Modules d’exploration » und setzt nach dem Besuch der<br />
Grotte « den Rundgang auf dem weit auskragenden<br />
Gebäudeteil, der das Meer überragt, fort. Die Besucher<br />
werden zunächst in eine frühere Zeit zurückversetzt und<br />
entdecken den Abschnitt der Calanque von der Triperie<br />
bis Cap Morgiou während der Eiszeit. In Bereichen,<br />
die sich mit ausgestorbenen Arten, mit dem Menschen<br />
und der Höhlenmalerei beschäftigen, können sie dann<br />
ihr Wissen über die Urgeschichte vertiefen. In der Folge<br />
werden Themen wie das Klima und der Anstieg des Meeresspiegels<br />
behandelt, um dieses Phänomen und seine<br />
Konsequenzen zu verstehen und sich so ein Urteil über<br />
die Mittel zu ihrer Abschwächung zu bilden. » Das kann<br />
spannend werden! Man kann davon ausgehen, dass die<br />
Verantwortlichen in Marseille und der Region vorhaben,<br />
Cosquer 2 zu einem Tourismusmagneten zu machen, wie<br />
Lascaux 2 und Chauvet 2 es sind. Die Eröffnung ist im<br />
Juni 2022 vorgesehen. Selbstverständlich werden wir die<br />
Entwicklung dieser außergewöhnlichen Arbeiten verfolgen<br />
und Sie auf dem Laufenden halten. Bis dahin werden<br />
auch wir, wie viele andere, unseren Träumen nachhängen<br />
und uns ausmalen, warum unsere fernen Vorfahren wohl<br />
diese Zeugnisse hinterlassen haben. Das Wissen über die<br />
Urgeschichte wird immer umfangreicher. Und die Realität<br />
zeigt auf jeden Fall, dass man auf einem Planeten,<br />
der als zugrunde gerichtet bezeichnet wird, immer noch<br />
erstaunliche Entdeckungen machen kann. Eine schöne<br />
Hoffnungsbotschaft …<br />
Empfehlungen für alle, die noch tiefer einsteigen möchten:<br />
La Grotte Cosquer, Plongée dans la préhistoire,<br />
Henri Cosquer, 119 Seiten, Éditions Solar, 1993,<br />
ISBN 9<strong>78</strong>-2263019432.<br />
Dieses Werk wurde durch den Entdecker der<br />
Höhle selbst verfasst. Damit kann man die<br />
Emotionen während seiner Tauchgänge und<br />
die zahlreichen Fragen, die sich daraus ergeben<br />
haben, hautnah miterleben. Beim Verlag ist<br />
das Buch leider vergriffen, im Internet sind<br />
jedoch relativ einfach gebrauchte Exemplare erhältlich,<br />
beispielsweise bei unabhängigen Verkäufern auf<br />
Internetplattformen.<br />
Cosquer redécouvert, Jean Clottes, Jean Courtin<br />
und Luc Vanrell, 256 Seiten, Éditions du Seuil, 2015,<br />
ISBN 9<strong>78</strong>-<strong>2021</strong>229547.<br />
Die Erstausgabe dieses Buches erschien 2005.<br />
Anlässlich der Neuauflage zehn Jahre später<br />
wurde es sinnvoll ergänzt und aktualisiert,<br />
sodass die in der Zwischenzeit durchgeführten Recherchen<br />
und Funde enthalten sind. Das Werk ist umfassend illustriert<br />
und trotz der erschöpfenden Ausführungen auch für Laien im<br />
Bereich Paläontologie verständlich. Spannend!<br />
Die Journalistin Barbara Lohr des<br />
ARTE Journals hat kürzlich eine<br />
Reportage über einen Betrieb in<br />
der Dordogne realisiert, in dem die<br />
Wandelemente für die Nachbildung<br />
der Grotte Cosquer in Marseille<br />
auf peinlich genaue Art und Weise<br />
gefertigt werden. Eine einzigartige Gelegenheit, hinter die<br />
Kulissen dieser Präzisionsarbeit zu blicken. Die Reportage<br />
kann unter dem folgenden Link angesehen werden: https://<br />
www.arte.tv/fr/videos/101648-000-A/les-travaux-dereproduction-de-la-grotte-cosquer/<br />
Aktuelle Informationen über die Nachbildung der Grotte<br />
Cosquer erhalten Sie unter www.grotte-cosquer.com<br />
76 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>
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ART DE VIVRE Kultur<br />
Der Comic: ein eigenständiges Medium in Frankreich ( 4 )<br />
Cent mille ans<br />
Bure ou le scandale enfoui des déchets nucléaires<br />
Ich kann gut nachvollziehen,<br />
dass es in Bure einen Bürgeraufstand<br />
gibt, denn niemand will so etwas<br />
unter seinen Füßen haben!<br />
<strong>78</strong> · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>
Es ist unbestritten, dass der Comic sich in<br />
Frankreich zu einem eigenständigen Medium<br />
entwickelt hat. Immer mehr engagierte Alben<br />
entstehen durch die Zusammenarbeit von<br />
Zeichnern und Journalisten, die nicht zögern,<br />
heikle Themen anzusprechen, die von den<br />
klassischen Medien nur selten aufgegriffen<br />
werden. Nach dem Skandal der Grünalgen in<br />
der Bretagne, der in Algues vertes l’histoire<br />
interdite (siehe Frankreich erleben <strong>Nr</strong>. 72)<br />
angeprangert wurde, stellen wir Ihnen nun<br />
Cent mille ans: Bure ou le scandale enfoui des<br />
déchets nucléaires vor. Auch dieser Comic<br />
basiert auf gut belegten Tatsachen. Er fordert<br />
zum Nachdenken über eines der größten<br />
Industrieprojekte Europas auf: Der französische<br />
Staat will nämlich ein riesiges unterirdisches<br />
Endlager in Form von 265 Kilometer langen<br />
unterirdischen Stollen bauen, in denen<br />
radio aktive Abfälle des Hexagons für die<br />
nächsten 100 000 Jahre gelagert werden<br />
sollen. Der Comic hinterfragt auf sehr lehrreiche<br />
Art die Maßlosigkeit, die sowohl hinter dem<br />
gigantischen Bauvorhaben als auch hinter dem<br />
politischen Entscheidungsprozess steht.<br />
Bis zur Stunde wird dort noch kein<br />
Atommüll gelagert, es gibt lediglich ein Forschungslabor,<br />
das in den 2000-er Jahren gebaut wurde.<br />
Doch dieses gigantische Projekt erschüttert<br />
bereits das Departement Meuse.<br />
Französische Journalisten wissen nur zu gut, dass alle<br />
Themen rund um Atomstrom und Atomindustrie zu<br />
den heikelsten und komplexesten gehören. Das liegt<br />
unter anderem daran, dass dieser Sektor sich – wie in vielen<br />
anderen Ländern auch – jahrzehntelang in einen Mantel<br />
des Schweigens hüllte. Unter dem Vorwand « nationaler<br />
strategischer Interessen », der « Landesverteidigung » oder<br />
auch von « Betriebsgeheimnissen » war der Zugang zu Informationen<br />
durch die diversen Akteure der Branche –<br />
vorneweg der Staat – genau geregelt – wenn nicht sogar<br />
unterbunden. Heute hat sich die Situation glücklicherweise<br />
verbessert. Die öffentliche Meinung lässt sich immer<br />
weniger mit diesem Schweigen abspeisen, sondern fordert<br />
mehr und mehr Aufklärung über die strategischen Entscheidungen,<br />
vor allem, wenn diese Weichen für die Zukunft<br />
stellen. Unter ihrem Druck halten sich die Medien in<br />
Frankreich heute gegenüber Staat und Akteuren der Branche<br />
auch mit unangenehmen Fragen nicht mehr zurück.<br />
Obwohl es also inzwischen möglich ist, über das Thema zu<br />
schreiben, so ist der Zugang zu bestimmten Informationen<br />
bei Weitem noch nicht einfach. Eingefahrene Gewohnheiten<br />
und ein gewisser « Geheimniskult » halten sich offenbar<br />
hartnäckig …<br />
In diesem Kontext leistet der Comic Cent mille ans:<br />
Bure ou le scandale enfoui des déchets nucléaires einen sehr<br />
interessanten Beitrag, denn es handelt sich dabei um<br />
echte journalistische Arbeit. Gaspard d’Allens und Pierre<br />
Bonneau sind nämlich Journalisten. Für ihre Recherchen<br />
verbrachten sie zwischen 2016 und 2018 zwei Jahre<br />
in Bure (Meuse), genau dort, wo der Staat das Endlager<br />
baut. Ein solcher Zeitaufwand, den traditionelle Medien<br />
ihren Reportern kaum ermöglichen können, scheint für<br />
einen Comic offensichtlich realisierbar zu sein. Derartig<br />
lange Recherchen sind zwar selten, in diesem Fall aber<br />
unerlässlich. Und offensichtlich ermöglicht das Medium<br />
« Comic » Autoren auch eine wohltuende Freiheit in ihren<br />
Äußerungen, das spürt man beim Lesen sofort. Während<br />
klassische Medien meist von Aktionären oder öffentlichen<br />
Unterstützungen abhängig sind, ist der Comicverleger<br />
– in diesem Fall La Revue dessinée gemeinsam mit Seuil<br />
– unabhängig. Nichts hindert einen solchen Verlag also<br />
daran, eine engagierte Arbeit zu veröffentlichen. Gleich<br />
am Anfang erfährt der Leser, dass die Autoren « auf der<br />
Seite der Gegner gekämpft haben und demnach für einen<br />
immersiven und engagierten Journalismus stehen » und<br />
dass « ihre Informationen daher nicht weniger verlässlich,<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 79
ART DE VIVRE Kultur<br />
Als ich begann, das Projekt<br />
zu studieren, dachte ich,<br />
alles sei unter Kontrolle.<br />
In Wirklichkeit ist<br />
es ein extrem störanfälliges<br />
Kartenhaus!<br />
Cigéo beinhaltet ein hohes<br />
Risiko an Betriebsunfällen,<br />
Bränden und Explosionen.<br />
Bertrand Thuillier<br />
Aber man will Hunderte<br />
Stollen hineingraben, wie<br />
in einen Emmentaler.<br />
Ton ist ein brüchiges<br />
und mit Wasser<br />
gesättigtes Gestein.<br />
Durch Korrosion<br />
setzen die Materialien<br />
Wasserstoff frei, in<br />
konzentrierter Form ein<br />
sehr explosives Gas.<br />
Der kleinste Funke kann<br />
zur Explosion führen!<br />
RISIKO 1<br />
EINE WASSERSTOFF-<br />
FABRIK<br />
Um diesem Risiko<br />
vorzubeugen, wird man die<br />
Stollen belüften.<br />
Was aber macht man<br />
bei einer Panne oder<br />
einem Brand?<br />
RISIKO 2<br />
EINE ANFÄLLIGE BELÜFTUNG<br />
RISIKO 3<br />
BRENNBARE BITUMENHALTIGE<br />
GEBINDE<br />
18 % der Abfälle, die die<br />
ANDRA* einlagern will,<br />
sind mit Bitumen verfestigt.<br />
Sie strahlen eine wahnsinnige<br />
Hitze aus und sind<br />
leicht entflammbar.<br />
Die hier aufgeführten Risiken wurden durch Bertrand Thuillier festgestellt.<br />
* Agence Nationale pour la Gestion des Déchets Radioactifs (Nationale Behörde für das Management radioaktiver Abfälle)<br />
** Dies entspricht 300 Eiffeltürmen und 6 Millionen m 3 Beton.<br />
80 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>
Die Tongesteinsschicht, « der Schiefer<br />
des Callovium-Oxfordium », in der<br />
die Abfälle gelagert werden sollen,<br />
ist seit Millionen von Jahren stabil.<br />
Um das Einstürzen zu verhindern,<br />
muss man die Stollen mit Millionen<br />
Tonnen Stahl und Beton abstützen.**<br />
Wird ein Brand innerhalb<br />
von zwei Stunden entdeckt,<br />
bleibt er unter Kontrolle.<br />
Dauert es länger, führt das<br />
zu einem Dominoeffekt. Die<br />
Struktur ist gefährdet und<br />
der Stollen ist verseucht.<br />
RISIKO 4 KEIN ZURÜCKHOLEN DER GEBINDE<br />
Oder man stellt die<br />
Belüftung nicht ein,<br />
dann hat die Installation<br />
keine Chance mehr.<br />
Abgesehen davon, dass die ANDRA<br />
im derzeitigen Stadium absolut nicht weiß,<br />
wie man beschädigte Gebinde zurückholt. Für<br />
einen Brand, der sehr wahrscheinlich eintritt,<br />
hat man keine Lösung: Entweder stellt man<br />
die Belüftung ein, dann breitet sich das<br />
Feuer weiterhin aus und der<br />
Wasserstoff droht zu explodieren.<br />
Der Schadstoffausstoß in<br />
Luft und Wasser droht dann<br />
in Richtung Pariser Becken<br />
zu driften. Das ist ein<br />
unterirdisches Tschernobyl.<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 81
ART DE VIVRE Kultur<br />
16. Juni 2018 Bar-Le-Duc.<br />
Wir sind gefährlicher!<br />
Gefährlicher!<br />
Gefährlicher<br />
als Cigéo!<br />
In Bure hat es schon immer<br />
eine Opposition gegeben.<br />
Die Umweltschutzbewegung dort<br />
ist eine der ältesten Frankreichs.<br />
82 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>
sondern verifiziert sind und die Handlung untermauert<br />
ist ». Es ist eine ehrliche Art, die Dinge zu präsentieren,<br />
die es dem Leser erlaubt, sich in der Folge ein objektives<br />
Urteil zu bilden.<br />
Der Comic nimmt den Leser in eine maßlose politische<br />
Entscheidung und in ein Bauvorhaben mit, das<br />
in kein Schema passt. Er erzählt vom unglaublichen<br />
Schicksal von Bure, einem sehr kleinen Dorf mit weniger<br />
als 100 Einwohnern, das im Departement Meuse, in der<br />
Region Grand-Est liegt. In den 1990er-Jahren beschloss<br />
der französische Staat, dort ein gigantisches Projekt umzusetzen,<br />
das die Region erschüttern sollte: den Bau eines<br />
der größten Industriestandorte Europas mit dem Namen<br />
Cigéo (Centre Industriel de Stockage Géologique). Das Ziel:<br />
500 Meter unter der Erde Stollen in einer Länge von 265<br />
Kilometern in das Tongestein zu hauen, um dort 85 000<br />
Kubikmeter « Atommüll » aus der französischen Nuklearindustrie<br />
zu lagern. Stollen, länger als die Pariser Metro<br />
… Dieses Gestein, so erfährt man im Comic, soll nach<br />
Expertenmeinung « die Radioaktivität mehr als 100 000<br />
Jahre lang abschirmen ». Die Inbetriebnahme des Endlagers,<br />
dessen Kosten auf 25 bis 35 Milliarden Euro geschätzt<br />
werden, ist für 2035 geplant. Die Gesamtbauzeit<br />
soll nach Hochrechnungen insgesamt 130 Jahre dauern.<br />
So lange dauert es also, um eine Art « Sarkophag für die<br />
Ewigkeit » fertigzustellen …<br />
Die Stärke und Besonderheit dieses Comics liegen<br />
darin, dass er sich nicht darauf beschränkt, das Projekt<br />
und die Bauarbeiten vorzustellen, das haben andere Medien<br />
bereits getan. Er beschäftigt sich<br />
vor allem mit den Menschen vor<br />
Ort und der Art und Weise,<br />
wie ihnen das Vorhaben letzten<br />
Endes aufgezwungen wurde.<br />
Anfänglich durch die komplexe<br />
Thematik überfordert, lernte die<br />
Bevölkerung nach und nach,<br />
sich zu organisieren und Gehör<br />
zu verschaffen. Mithilfe der<br />
präzisen zeichnerischen Umsetzung<br />
durch Cécile Guillard gehen<br />
die Autoren auf die – meist<br />
sogar in Frankreich nicht sehr<br />
bekannten – Informationsveranstaltungen,<br />
Demonstrationen<br />
und Auseinandersetzungen<br />
ein, die vor Ort stattgefunden<br />
haben. Und auf die Praktiken<br />
der Atomindustrie und einiger<br />
Politiker, die nicht davor<br />
zurückschreckten, lokale Investitionsvorhaben<br />
massiv zu<br />
subventionieren oder die Schaffung von Arbeitsplätzen zu<br />
versprechen, um sich die Unterstützung der Bewohner zu<br />
sichern … Man erfährt beispielsweise, dass bereits 2022<br />
im rund 20 Kilometer von Bure entfernten Joinville eine<br />
« besondere » Reinigung eröffnen soll. Diese ist dazu bestimmt,<br />
die Kleidung aus Nuklearanlagen aufzubereiten.<br />
Damit zeichnet sich letzten Endes die Spezialisierung einer<br />
Region ab. Der örtliche Senator macht sich offen zum<br />
Sprachrohr eines noch ambitionierteren Projektes: Die<br />
Departements Meuse und Haute-Marne sollen nach dem<br />
Rhônetal und der Pointe du Cotentin in der Normandie<br />
eine Gegend werden, die sich auf die der Produktion von<br />
Atomstrom nachgelagerten Prozesse spezialisiert. Der<br />
Comic enthüllt damit eine Reihe an Informationen, die<br />
bisher in den traditionellen Medien des Landes niemals<br />
aufgegriffen wurden.<br />
In der Zwischenzeit gehen die Arbeiten in Bure weiter.<br />
Bis zur Stunde wird dort zwar noch kein Atommüll<br />
gelagert, das Bohren der unterirdischen Stollen schreitet<br />
jedoch voran und ein Forschungslabor ist bereits voll einsatzbereit.<br />
Vor Ort finden regelmäßig Demonstrationen<br />
gegen das Projekt statt. Der Staat jedoch scheint bislang<br />
unerschütterlich an dem Projekt festzuhalten. Die Autoren<br />
verhehlen nicht, dass sich die Frage stellt, ob wirklich<br />
eine Wahl besteht. Die französische Atomindustrie<br />
häuft Abfälle an und die Wiederaufbereitungsanlage in<br />
La Hague kann bald keine neuen mehr aufnehmen. Das<br />
Projekt Cigéo scheint also als Lösungsansatz für die Entsorgung<br />
dieser Abfälle unverzichtbar. Dennoch handelt<br />
es sich dabei um eine echte gesellschaftliche,<br />
wenn nicht sogar zivilisatorische<br />
Entscheidung: « Welche<br />
Erde wollen wir den zukünftigen<br />
Generationen hinterlassen? In welcher<br />
Welt wollen wir in 20, in 100<br />
Jahren leben? In 100 000 Jahren? »<br />
Mit diesen Worten endet dieser<br />
wahrhaftig nützliche und mutige<br />
Comic.<br />
Gaspard d’Allens,<br />
Pierre Bonneau und<br />
Cécile Guillard:<br />
Cent mille ans:<br />
Bure ou le scandale enfoui des<br />
déchets nucléaires, La Revue<br />
Dessinée - Seuil, 152 Seiten,<br />
ISBN 9<strong>78</strong>-<strong>2021</strong>458921<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 83
UNGEWÖHNLICHE GESCHICHTEN AUS FRANKREICH<br />
Alexandre Dumas<br />
Wie der Vater, so der Sohn<br />
Links der Vater, rechts der Sohn: die beiden<br />
Schriftsteller Alexandre Dumas.<br />
Alexandre Dumas (1802-1870) ist einer der meistgelesenen<br />
französischen Schriftsteller. Sein Roman<br />
Die drei Musketiere wurde in unzählige Sprachen übersetzt<br />
und machte den Namen des Autors auf der<br />
ganzen Welt bekannt. Weniger bekannt ist dagegen,<br />
dass es nicht nur einen, sondern gleich zwei Alexandre<br />
Dumas gibt. Der talentierte Autor hatte nämlich<br />
einen Sohn, der ebenfalls Alexandre Dumas (1824-<br />
1895) hieß und – neben vielen anderen Veröffentlichungen<br />
– das legendäre literarische Werk Die Kameliendame<br />
schrieb, von dem sich Guiseppe Verdi zu<br />
seiner Oper La Traviata inspirieren ließ. Lesen Sie die<br />
Geschichte einer ungewöhnlichen Vater-Sohn-Beziehung<br />
mit vielen Verwicklungen …<br />
Alain Decaux (1925-2016) war nicht nur ein anerkannter<br />
französischer Geschichtsforscher, sondern<br />
auch ein herausragender Autor, der die französische<br />
Geschichte den Menschen nahebrachte. 2010 widmete<br />
er Alexandre Dumas ein Dictionnaire amoureux, wo<br />
er für den Buchstaben « P » mit Palier pour aimer (Ein<br />
Treppenabsatz für die Liebe) einen sehr poetischen Einstieg<br />
wählte. In dieser pikanten Geschichte erzählt Decaux<br />
von einer Begegnung – und ihren Folgen – auf dem Treppenabsatz<br />
eines Pariser Gebäudes im II. Arrondissement,<br />
am Place des Italiens (heute Place de Boiëldieu) im Jahr<br />
1823. Genau dort trifft nämlich der aus einfachen Verhältnissen<br />
stammende 21-jährige Büroangestellte Alexandre<br />
Dumas, der gerade ohne einen Pfennig in der Tasche aus<br />
seiner Heimatstadt Villers-Cotterêts (Aisne) in die Hauptstadt<br />
gekommen ist, auf die ebenso mittellose 29-jährige<br />
Schneiderin Laure Labay. Decaux erzählt, dass « Dumas,<br />
der in seinem Zimmer kein fließendes Wasser hat, zum<br />
Treppenabsatz geht, wo sich alle Bewohner der Etage mit<br />
Wasser versorgen. Dort begegnet er einer jungen Frau, die<br />
ihm sehr liebenswürdig erscheint. Ab sofort treffen sie sich<br />
dort jeden Tag, jeder mit seinem Krug in der Hand […]<br />
Niemand weiß, wann genau die beiden jungen Menschen<br />
ihre Beziehung vertieft haben. Wenn man die Gewohnheiten<br />
von Dumas kennt, die dieser zeitlebens in Sachen<br />
Liebe pflegt, dann kann man aber zu Recht annehmen,<br />
dass dies nicht lange gedauert hat. » Und in der Tat ist Laure<br />
Labay nur einige Monate später schwanger. Am 27. Juli<br />
1824 bringt sie einen Jungen zu Welt, der mit seinem Vater<br />
nicht nur den Geburtsmonat, sondern auch den Vornamen<br />
gemeinsam hat …<br />
Ein Vorname, aber kein Nachname<br />
Das heißt zu dem Zeitpunkt aber noch nicht, dass<br />
dieses Kind auch den Nachnamen Dumas trägt, denn Alexandre<br />
erkennt den Neugeborenen nicht an … und Laure<br />
tut dies im Übrigen auch nicht. Alexandre Dumas freut<br />
sich zwar über die Ankunft des Kindes, weiß aber nur zu<br />
gut, dass die Heirat mit einer einfachen Schneiderin in der<br />
damaligen Zeit gesellschaftlich nicht mit seinem Wunsch<br />
vereinbar ist, durch literarischen Ruhm den bescheidenen<br />
Verhältnissen zu entkommen. Alexandre Dumas<br />
verschweigt die Existenz seines Sohnes sogar gegenüber<br />
seiner Mutter, mit der er eine Wohnung im Viertel Faubourg<br />
Saint-Denis teilt. Und doch verbringt er viel Zeit<br />
mit Laure Labay und dem Kind und besucht die beiden<br />
regelmäßig. Aufgrund erster Erfolge – sein Stück Heinrich<br />
III. und sein Hof wurde ein Jahr zuvor sehr erfolgreich an<br />
der Comédie-Française gespielt – ist Dumas im Jahr 1830<br />
84 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>
finanziell in der Lage, für Laure und den gemeinsamen Sohn eine Wohnung im<br />
ruhigen Pariser Viertel Passy (derzeitiges XVI. Arrondissement) zu mieten. Am<br />
17. März 1831 erkennt er den kleinen Alexandre schließlich offiziell als seinen<br />
Sohn an.<br />
Die Leiden eines Sohnes<br />
Laure Labay kann sich allerdings nicht damit abfinden, dass sie den Vater<br />
ihres Kindes regelmäßig in den Armen anderer Frauen weiß. Zudem befürchtet<br />
sie, dass Dumas mit der späten Anerkennung des Kindes beabsichtigt, ihr das<br />
Sorgerecht zu entziehen. Sie erkennt nun ihrerseits Alexandre als Sohn an, was<br />
zwischen den Eltern zu juristischen Auseinandersetzungen führt. Es ist keine<br />
Überraschung, dass Dumas’ Ruf und das inzwischen angehäufte Vermögen für<br />
ihn sprechen und er den Prozess gewinnt. Im Alter von sieben Jahren entreißt<br />
also ein Polizeikommissar den jungen Alexandre seiner Mutter und bringt ihn<br />
in eine vom Gericht bestimmte Einrichtung, denn das Leben des Vaters wird als<br />
zu unstet eingestuft, als dass dieser sich ernsthaft um die Erziehung des Kindes<br />
kümmern könnte. Alexandre Dumas jr. ist zwar kein namenloses Kind mehr,<br />
doch die Verletzung, die man ihm zufügt, sitzt tief. Zumal es nicht die einzige<br />
bleibt. In der Einrichtung, in der er untergebracht ist, wird er zur Zielscheibe<br />
von Spott und Demütigungen. Seine « Kameraden » erinnern Alexandre nur<br />
zu gerne daran, dass seine Eltern nicht verheiratet sind und dass seine Mutter<br />
nur eine einfache Schneiderin ist. Der junge Dumas versucht zwar beherzt, die<br />
Angriffe zu ignorieren, schreibt jedoch später über diese schwierige Zeit, dass<br />
« [seine] Seele sich niemals ganz davon erholt hat, [sein] Groll niemals ganz verschwunden<br />
ist, nicht einmal an den schönsten Tagen [seines] Lebens ».<br />
Besichtigungstipp:<br />
Alexandre Dumas senior wollte<br />
auf dem Höhepunkt seines<br />
Ruhmes und seines Reichtums<br />
dem Trubel der Stadt entfliehen<br />
und ließ rund 20 Kilometer<br />
westlich von Paris, oberhalb der<br />
Gemeinde Port-Marly (Yvelines),<br />
das Château de Monte-Christo<br />
errichten. Es ist die einzige<br />
Immobilie, die der Schriftsteller<br />
jemals besaß. Aufgrund<br />
fehlender finanzieller Mittel war<br />
das Gebäude nach dem Tod<br />
des Schriftstellers vom Abriss<br />
bedroht. Durch das Einschreiten<br />
von drei Gemeinden zusammen<br />
mit der Société des amis<br />
d’Alexandre Dumas konnte es<br />
jedoch erhalten und restauriert<br />
werden. Heute befindet sich<br />
dort ein schönes Museum, das<br />
dem Leben und Werk von Dumas<br />
gewidmet ist.<br />
Château de Monte-Cristo<br />
<strong>78</strong>560 Le Port-Marly<br />
Telefon: +33 (0)1 39 16 49 49<br />
www.chateau-monte-cristo.com<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 85
UNGEWÖHNLICHE GESCHICHTEN AUS FRANKREICH<br />
Der Beginn eines normalen Lebens<br />
Alexandre Dumas senior wird in der Zwischenzeit<br />
immer erfolgreicher und bekannter: zunächst durch seine<br />
Theaterstücke, später durch seine Fortsetzungsromane in<br />
französischen Zeitungen, die zwischen 1840 und 1850<br />
die Leser in Atem halten. Mit ihnen beginnt für ihn der<br />
wahre Erfolg, sie legen den Grundstein für seinen Reichtum.<br />
Trotz eines ausschweifenden Lebens und zahlreicher<br />
Liebschaften vergisst Dumas seinen Sohn nicht. Er<br />
besucht diesen regelmäßig und lädt ihn zu Vorstellungen<br />
seiner Stücke ein. Auch die Beziehung zu seiner ehemaligen<br />
« Geliebten vom Treppenabsatz », Laure Labay,<br />
verbessert sich. Mit seiner Reputation als mittlerweile<br />
bekannter Autor unterstützt er sogar deren Bemühungen,<br />
eine Genehmigung für die Eröffnung einer Buchhandlung<br />
zu erhalten, und finanziert diese. Damit kommen die<br />
Dinge allmählich zur Ruhe.<br />
Eine schlüpfrige Kameradschaft<br />
Als Dumas senior jedoch 1840 Ida Ferrier heiratet,<br />
kommt es erneut zum Bruch. Für seinen Sohn, der inzwischen<br />
16 Jahre alt ist, bringt dies das Fass zum Überlaufen:<br />
Abgesehen von den unzähligen Liebschaften seines<br />
Vaters, die er als « vorübergehend » betrachtet und akzeptiert<br />
hat, ist dies nun die dritte Frau, die sich in dessen<br />
Armen « einnistet ». Zudem mag er Ida nicht besonders.<br />
Er greift also zur Feder und schreibt seinem Erzeuger<br />
einen Brief, in dem er diesem die Heirat untersagt. Immerhin!<br />
Obwohl Dumas senior sich dadurch nicht von<br />
seinem Vorhaben abbringen lässt, nimmt er sich die Zeit<br />
für eine eingehende Unterhaltung mit seinem Sohn über<br />
dieses Thema – und über Frauen ganz allgemein. Das geht<br />
so weit, dass sich zwischen den beiden im Laufe der Jahre<br />
etwas entwickelt, was der Literaturkritiker und Journalist<br />
Maurice Spronk (1861-1921) als « eine ziemlich schlüpfrige<br />
Kameradschaft zwischen einem Vater und seinem<br />
Sohn » bezeichnet, « die beide den Abenteuern hinterherlaufen<br />
[…] sich gegenseitig ihre Liebschaften anvertrauen,<br />
eine gemeinsame Kasse führen und<br />
das Geld mit vollen Händen ausgeben<br />
».<br />
Lesetipps:<br />
auf großem Fuß und gehen verschwenderisch mit ihrem<br />
Geld um. Während dieser Zeit macht Dumas junior die<br />
Bekanntschaft von Marie Duplessis (1824-1847), einer in<br />
Paris gut bekannten Kurtisane. Die beiden verlieben sich<br />
unsterblich ineinander, und nach Maries Tod im Jahr 1847<br />
beschließt Alexandre, sie unter dem Namen Marguerite<br />
Gautier zur Heldin seines Romanes Die Kameliendame zu<br />
machen. Das Werk, das 1848 erscheint, hat einen riesigen<br />
Erfolg und stellt den jüngeren Dumas auf dieselbe Stufe<br />
mit seinem Vater. Alexandre Dumas senior wird sich bei<br />
dieser Gelegenheit des schriftstellerischen Talents seines<br />
Sohnes bewusst und schätzt dieses. Die beiden Männer,<br />
die sich sowieso schon nahestehen, sind nun auch durch<br />
ihre literarische Arbeit verbunden.<br />
Die Anerkennung zweier Talente<br />
Nach dem Tod von Alexandre Dumas senior schreibt<br />
Victor Hugo (1802-1885) einen Brief an den Sohn, in dem<br />
er der schriftstellerischen Begabung seines Freundes, dem<br />
älteren der beiden Alexandres, in aufrüttelnder Weise Bewunderung<br />
zollt: « Seine Erfolge sind mehr als Erfolge, es<br />
sind Triumphe […] Der Name Alexandre Dumas ist nicht<br />
nur französisch, er ist europäisch; er ist nicht nur europäisch,<br />
er ist universell […] Alexandre Dumas gehört zu den<br />
Menschen, die man […] einen kulturellen Sämann nennen<br />
kann […] Er befruchtet die Seelen, das Denken, die<br />
Intelligenz; er macht Durst auf Lesen; er befasst sich mit<br />
der menschlichen Genialität und sät sie aus. Was er sät,<br />
ist der französische Gedanke. » Eine solche Lobrede von<br />
diesem großen Dichter ist gewaltig. Zumal Hugo seine<br />
Botschaft mit den Worten « Lieber Kollege, mein Freund,<br />
ich umarme Sie » beendet, und auf diese Weise dem jüngeren<br />
Dumas ebenfalls seine unendliche Anerkennung<br />
ausdrückt. Damit betrachtet der große Victor Hugo den<br />
Sohn seines guten Freundes also ebenfalls als « Kollegen »<br />
und « Freund ». Welch schöne Bestätigung für den « anderen<br />
» Alexandre Dumas, der in seinen jungen Jahren<br />
durchaus dazu verleitet war, seinen Vater zu hassen …<br />
Verbundenheit sogar<br />
beim Schreiben<br />
Einige Jahre später, nach der<br />
Trennung von Ida, wird die Beziehung<br />
zwischen den beiden Alexandres<br />
nahezu idyllisch. Vater und Sohn<br />
beschließen, sich eine gemeinsame<br />
Wohnung in Saint-Germain-en-<br />
Laye (Yvelines), in der Nähe von<br />
Paris, zu nehmen. Sie leben dort<br />
Dumas fils ou l’anti-Œdipe, Marianne und Claude Schopp,<br />
Éditions Phébus, 342 Seiten, ISBN 9<strong>78</strong>-2752911193<br />
Dictionnaire amoureux de Alexandre Dumas, Alain<br />
Decaux, Éditions Plon, 652 Seiten,<br />
ISBN 9<strong>78</strong>-2259211055<br />
Dumas, Textsammlung,<br />
zusammengestellt von<br />
Sylvain Ledda unter Mitarbeit<br />
von Claude Schopp, Éditions<br />
L’Herne, 288 Seiten,<br />
ISBN 979-1031903972<br />
86 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>
Leserbriefe<br />
Sehr geehrtes Team von Frankreich erleben,<br />
seit vielen Jahren bin ich nun schon Abonnentin Ihrer Zeitschrift.<br />
Früher hatte ich in Ihren Heften viele tolle Anregungen für meine<br />
Aufenthalte in Frankreich gefunden. Seit ich jedoch Kinder<br />
habe (Alter 2 und 4 Jahre), ist es mir nicht mehr möglich, nach<br />
Frankreich zu fahren, unter anderem deshalb, weil ich nicht weiß,<br />
welche Ziele sich für Kleinkinder eignen. Ich wäre Ihnen dankbar,<br />
wenn Sie über entsprechende Touren berichten könnten. Ideal<br />
wäre es zudem, wenn diese eher im Osten des Landes, also in<br />
Grenznähe lägen. Herzlichen Dank!<br />
Mit freundlichen Grüßen<br />
Sandra Obermeier<br />
Redaktion:<br />
Liebe Frau Obermeier,<br />
Sie haben absolut recht, dass wir uns mehr mit touristischen<br />
Angeboten in Frankreich für Familien mit Kindern beschäftigen<br />
sollten: Den letzten Artikel zu diesem Thema haben wir in der<br />
Ausgabe 42 veröffentlicht (« Paris mit Kindern »). Das könnte in<br />
der Tat besser sein! Zumal es in Frankreich zahlreiche Orte und<br />
Aktivitäten gibt, die Kindern gefallen. In diesem Zusammenhang<br />
können Sie auf die nächste Ausgabe gespannt sein, denn Sie<br />
werden einen Artikel über einen der beliebtesten Freizeitparks<br />
der Franzosen entdecken. Und dieser Park liegt mitten im Elsass,<br />
zwischen Colmar und Mühlhausen. Freuen Sie sich also auf die<br />
Sommerausgabe von Frankreich erleben!<br />
Sehr geehrte Damen und Herren,<br />
ich lese ihre Zeitschrift Frankreich erleben jetzt schon seit einiger<br />
Zeit regelmäßig im Abonnement und kann Sie nur ermutigen,<br />
weiterzumachen! Gerade in dieser Zeit, in der eine sorgenfreie<br />
Frankreichreise in weite Ferne rückt, ist Ihre facettenreiche<br />
Zeitschrift ein Glücksfall. Man hat nie das Gefühl, bereits alles über<br />
Frankreich zu wissen, und das wird wohl so bleiben. Es gibt immer<br />
etwas zu entdecken. Ich habe noch ein paar Anregungen für Sie,<br />
da ich darüber noch nichts in ihrer Zeitschrift gefunden habe:<br />
Zum einen wäre das Angers, die ehemalige Hauptstadt des Anjou,<br />
die neben ihrem berühmten « Teppich der Apokalypse » aber noch<br />
viel mehr zu bieten hat. Zum Beispiel das jährlich stattfindende<br />
Künstler-Straßenfest « Accroches Cœurs », bei dem sich die<br />
Stadt in eine Art Freilufttheater verwandelt. Ebenso berühmt ist<br />
sicherlich die Marke « Cointreau ».<br />
Nach meinem Empfinden in<br />
Deutschland weitgehend unbekannt,<br />
aber lecker, sind<br />
die « Quernons<br />
d’Ardoise ». Zum<br />
anderen findet<br />
im Château de<br />
Brissac in Brissac-<br />
Quincé einmal<br />
im Jahr eine Art Weihnachtsmarkt zu einem bestimmten Thema<br />
statt. Sehr sehenswert und mitunter skurril! Da kommt der Père<br />
Noel schon mal mit dem Helikopter eingeflogen.<br />
Weiterhin alles Gute, und bleiben Sie gesund!<br />
Andreas Ritter<br />
Redaktion:<br />
Lieber Herr Ritter,<br />
Vielen Dank für Ihre nette Nachricht und Ihre Anregungen. Wir<br />
werden uns diese merken. Wir schätzen Cointreau und Quernons<br />
d’Ardoise ebenfalls sehr. Diese Süßigkeit aus Krokant, umhüllt mit<br />
blauer Schokolade, erinnert an die Schieferschindeln, mit denen<br />
in der Gegend die Dächer gedeckt sind. Sie können sicher sein,<br />
dass wir demnächst in die Region von Angers reisen und unsere<br />
Entdeckungen dort mit unseren Lesern teilen werden!<br />
Liebe Redaktion!<br />
Vielen Dank für die stets sehr interessanten Hefte. Egal ob Alltag,<br />
Politik, Reisetipps oder Rezepte, Ihre Hefte werden immer mit<br />
großer Neugierde erwartet. Einen kleinen Makel gibt es aber<br />
trotzdem: Mir fehlt der « Kulturschock ». Es war immer köstlich, wie<br />
man über so mancherlei den Spiegel vorgehalten bekam. Mein<br />
Lieblingsbeitrag ist heute noch der über die Baustellen. Es wäre<br />
schön, wenn Sie die Reihe wieder aufleben lassen könnten.<br />
Viele Grüße<br />
Ramona Wickert<br />
Redaktion:<br />
Liebe Frau Wickert,<br />
wir stimmen Ihnen zu, auch uns fehlt der « Kulturschock », der von<br />
Beginn an in Frankreich erleben erschien. Zumal gerade in den<br />
aktuell schwierigen Zeiten ein wenig Humor allen guttut. Allerdings<br />
haben wir inzwischen andere Kolumnen eingeführt, die ebenfalls<br />
viele Leser erfreuen. Aber vielleicht überdenken wir das noch einmal<br />
und der « Kulturschock » kehrt demnächst in unser Magazin zurück.<br />
Bleiben Sie am Ball …<br />
Hat Ihnen unser Magazin gefallen? Haben Sie Verbesserungsvorschläge oder Anregungen?<br />
Schreiben Sie uns. Wir sind gespannt auf Ihre Meinung!<br />
Per E-Mail: leserbriefe@frankreicherleben.de ·<br />
Per Brief: Frankreich erleben – Leserbriefe · Ajc Presse · 57, rue Chantecrit · 33300 Bordeaux · Frankreich<br />
Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe in gekürzter Fassung zu veröffentlichen.
Haben Sie eine Ausgabe verpasst?<br />
Stöbern Sie in den Themen der noch erhältlichen Ausgaben!<br />
8<br />
9<br />
7<br />
12<br />
Reisethemen,<br />
nach Regionen<br />
geordnet:<br />
Landesweite Themen<br />
6<br />
11<br />
1 2<br />
3<br />
10<br />
13<br />
5<br />
14<br />
16<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
Radtourismus – von der Bretagne 77<br />
bis an die belgische Grenze<br />
Die schönsten Küstenwege 67<br />
Fahrradrouten – Die schönsten 59<br />
Strecken entlang der Küsten<br />
Weihnachtsmärkte – Wo geht es 57<br />
noch authentisch zu?<br />
Winterurlaub – Romantische<br />
Skistationen anstatt Bettenburgen 57<br />
Brücken – Frankreichs<br />
53<br />
bemerkenswerteste Brücken<br />
Wellness in den Bergen – Nach 43<br />
dem Sport die Erholung<br />
10 Ideen… – …für Ferien am Meer 40<br />
1 Paris <strong>Nr</strong>.<br />
Delacroix in Saint-Sulpice – Das 76<br />
Werk eines ganzen Lebens<br />
Städteplanung – Champs-<br />
75<br />
Élysées: eine Aufforderung zum<br />
Träumen?<br />
Coup de cœur – Die<br />
65<br />
Straßenbuchhändler an den<br />
Seine-Quais in Paris<br />
Saint-Germain-des-Prés: Mehr 60<br />
als ein Viertel, die Seele von Paris?<br />
Le Train Bleu – Ist das legendäre 58<br />
Restaurant noch immer einen<br />
Besuch wert ?<br />
Musée d‘Histoire de la Médecine 57<br />
– ein ungewöhnliches Museum im<br />
Herzen der Hauptstadt<br />
Pariser Rathaus – Ein Palast für 53<br />
die Hauptstädter<br />
Le Bon Marché – Eine Pariser 41<br />
Institution feiert ihren 160.<br />
Geburtstag<br />
Hôtel des Invalides – Ein kleines 38<br />
Militär-Versailles mitten in Paris<br />
Avenue des Champs-Elysées 36<br />
– Wie steht es um den Glanz des<br />
Prachtboulevards?<br />
HOTELS<br />
La Lanterne – Paris 76<br />
Le Narcisse Blanc – Paris 62<br />
4<br />
15<br />
17<br />
18<br />
2 Pariser Umland <strong>Nr</strong>.<br />
Ecouen – Ein Museum für die<br />
Renaissance<br />
50<br />
3 Norden & Champagne <strong>Nr</strong>.<br />
Hauts-de-France – La Coupole: 77<br />
von der Vergangenheit in die<br />
Zukunft<br />
Hauts-de-France – Familistère de 64<br />
Guise,von «Versailles für Arbeiter»<br />
zum bewohnten Museum<br />
Baie de Somme – Eine<br />
63<br />
beeindruckende Reise (Teil 2):<br />
Le parc du Marquenterre<br />
Baie de Somme – Eine<br />
62<br />
beeindruckende Reise (Teil 1): die<br />
Abbaye de Saint-Riquier<br />
Nordfrankreich – Auf den Spuren 59<br />
eines großen französischen<br />
Architekten<br />
Marais Audomarois – Ein<br />
58<br />
Sumpfgebiet für Kenner<br />
Musée Matisse – Kunstgenuss auf 47<br />
dem platten Land<br />
Pays de Condé – Eine<br />
43<br />
Bergbaugegend erfindet sich neu<br />
Marne – In der Heimat des<br />
40<br />
Champagners<br />
10 Ideen… für Nord-Pas-de-Calais 38<br />
Arras & Douai – Riesen für den 36<br />
Kleinen<br />
HOTELS<br />
Le Domaine de la Chartreuse – 57<br />
Gosnay<br />
Pasino – Saint-Amand-les-Eaux 43<br />
4 Elsass & Lothringen <strong>Nr</strong>.<br />
Elsass / Grand Est – Das<br />
Geheimnis des fehlenden Turms<br />
der Kathedrale von Straßburg<br />
Elsass / Grand Est – Mit dem<br />
Hausboot 100% elektrisch durchs<br />
Elsass<br />
Meuse – Wandern mal anders – Die<br />
Begegnung von zeitgenössischer<br />
Kunst und ländlichem Raum<br />
Elsass – Kaysersberg,eines der<br />
Lieblingsdörfer der Franzosen<br />
Vogesen – Eine Fotoausstellung<br />
unter freiem Himmel im Herzen<br />
der Vogesen<br />
Grand-Est – Mondial Air Ballons,<br />
der poetische Aufstieg von 456<br />
Heißluftballons<br />
Grand-Est – Graufthal,das Elsass<br />
zur Zeit der Streichhölzer<br />
Kirrwiller – 520 Einwohner<br />
und die drittgrößte Music Hall<br />
Frankreichs<br />
Weihnachtskugeln aus<br />
Meisenthal – nicht nur Kugeln,<br />
sondern Objekte voller Sinn<br />
Château de Lunéville – Wie<br />
Phoenix aus der Asche<br />
Abbaye de Murbach – Es steht ein<br />
Kloster im Walde<br />
76<br />
74<br />
70<br />
69<br />
68<br />
65<br />
64<br />
62<br />
61<br />
52<br />
47<br />
Musée Lalique – Eine Hommage 43<br />
an die Glasmacherkunst<br />
10 Ideen… für ein Wochenende 41<br />
im Elsass<br />
Haut-Koenigsbourg – Ein<br />
40<br />
wahrhaft deutsch-französisches<br />
Kulturerbe<br />
Bitche – Das zweite Leben einer 38<br />
Zitadelle<br />
Neufchef & Aumetz – Das stolze 36<br />
Erbe der lothringischen Kumpel<br />
HOTELS<br />
Le Chambard – Kaysersberg 69<br />
Grand Hôtel & Spa Gérardmer – 68<br />
Gérardmer<br />
La Cheneaudière – Colroy-la- 61<br />
Roche<br />
La Clairière Bio- & Spa-Hotel – 38<br />
La Petite-Pierre<br />
5 Burgund & Jura <strong>Nr</strong>.<br />
Aufbruchstimmung in den<br />
77<br />
französischen Thermalbädern<br />
Kirschen – das rote Gold einer 76<br />
Region<br />
Burgund – Eine Rundfahrt zum 75<br />
Auftanken!<br />
Châteauneuf-en-Auxois: Die 74<br />
Verbindung von Kulturerbe,<br />
Modernität und Lebendigkeit<br />
«Unsere Vorfahren, die Gallier»: 73<br />
Eine Reise ins Land von Asterix<br />
Morvan – Eine Geschichte von 71<br />
Ammen und Pflegekindern<br />
Jura – Weihnachten im Jura: vom 69<br />
Rosenkranz zum Spielzeugland<br />
Haute-Saône – Notre-Damedu-Haut<br />
in Ronchamp: eine<br />
69<br />
Rechenaufgabe für Le Corbusier<br />
Ostfrankreich – Vorreiter bei der 68<br />
Abschaffung der Sklaverei<br />
Jura – Salins-les-Bains: Salz, 67<br />
das weiße Gold prägt eine ganze<br />
Region<br />
Saône-et-Loire – Tournus, ein 66<br />
Zwischenstopp für Neugierige auf<br />
dem Weg in den Süden<br />
Côte d’Or – Vill’Art, das zweite 66<br />
Leben eines Steinbruchs<br />
Belfort – Die wiederentdeckte 64<br />
Genialität eines Künstlers<br />
Bourgogne-Franche-Comté – 63<br />
Alésia, Auf den Spuren der Gallier<br />
Route des Grands Crus – Die 61<br />
Champs-Elysées von Burgund<br />
Montbéliard – 30 Jahre<br />
61<br />
Lumières de Noël<br />
Dijon – Mehr als nur Senf 53<br />
Genuss – Die AOC der Franche- 47<br />
Comté<br />
Maison de Louis Pasteur – Ein 43<br />
Dorf im Fokus der Wissenschaft<br />
Peugeot-Museum – Mehr als ein 39<br />
Automobilmuseum<br />
HOTELS<br />
Château Sainte-Sabine – Sainte- 74<br />
Sabine<br />
Relais Bernard Loiseau –<br />
71<br />
Seaulieu<br />
6 Loire-Tal <strong>Nr</strong>.<br />
Pays de la Loire – La Chartresur-le-Loir:<br />
das Dorf der<br />
77<br />
Antiquitätenhändler<br />
Centre - Val de Loire – Chaumontsur-Loire:<br />
die positive Dynamik<br />
76<br />
der Gärten<br />
Pays de la Loire – Saint-Florentle-Vieil:<br />
Die kulturelle Revanche<br />
74<br />
eines kleinen Dorfes an der Loire<br />
Centre - Val de Loire – Richelieu: 73<br />
«das schönste Dorf des<br />
Universums!»<br />
Pays de la Loire – Die schöne 70<br />
Geschichte des größten<br />
japanischen Gartens Europas<br />
Loire-Tal – Eine faszinierende 68<br />
Reise ins Land der Troglodyten<br />
Mayenne – Mit dem Hausboot auf 66<br />
der Mayenne<br />
Chédigny – ein Dorf wird zum 65<br />
Garten<br />
La grange de Meslay: Von der 60<br />
Holzkathedrale zum Musiktempel<br />
Tours – Frischer Wind im Loiretal 59<br />
Chambord – Mehr als nur ein 58<br />
beeindruckendes Schloss<br />
Cheverny – Das Schloss von Tim 43<br />
und Struppi<br />
Ballonfahrt übers Loire-Tal – 38<br />
Bitte zeichne mir ein Schloss<br />
Blois – Ein Schloss der<br />
36<br />
Geheimnisse und Intrigen<br />
HOTELS<br />
7 Normandie <strong>Nr</strong>.<br />
Normandie – Biennale La Forêt 74<br />
Monumentale: Wenn Kunst den<br />
Wald verschönert<br />
Normandie – Villa «Les Rhumbs» 73<br />
in Granville: Wo für Christian Dior<br />
alles gegann<br />
Normandie – An Bord der Marité 71<br />
von Granville zu den Chausey-<br />
Inseln<br />
Le Havre – 500 Jahre, das will 62<br />
gefeiert werden !<br />
Cherbourg – Dem Meer<br />
53<br />
zugewandt<br />
Genuss – Die AOC der Normandie 39<br />
HOTELS<br />
Domaine de la Corniche –<br />
36<br />
Rolleboise<br />
8 Bretagne <strong>Nr</strong>.<br />
Leuchtürme und Leuchtfeuer –<br />
im Westen etwas neues!<br />
Finistère – Eine Reise zu Pflanzen<br />
aus aller Welt<br />
Morbihan – Am Tag als… 26 August<br />
1934… die Kinder aus dem Bagno<br />
auf Belle-Île-en-Mer Flüchten<br />
Finistère – Pont-Aven:<br />
inspirierende Bretagne!<br />
77<br />
76<br />
76<br />
75
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Pays bigouden: die Bretagne in 73<br />
konzentrierter Form<br />
Belle-île-en-Mer – Unsere Coups 70<br />
de cœur für die größte bretonische<br />
Insel<br />
Finistère – Locronan, die<br />
66<br />
bretonische Seele par excellence<br />
Côtes d’Armor – La Vallée des 63<br />
Saints, die bretonische Osterinsel<br />
Brest und Roscoff – Mehr als nur 62<br />
zwei Gärten<br />
Bretagne – Umfriedete<br />
61<br />
Pfarrbezirke<br />
Ile d’Ouessant – Eine Insel voller 58<br />
Leben<br />
Vitré, Fougères, Combourg, 47<br />
Château des Rochers-Sévigné<br />
– Mittelalterliche Festungen und<br />
literarische Vermächtnisse<br />
Genuss – Die AOC der Bretagne 40<br />
Abbaye de Daoulas – Kloster der 39<br />
Kultur und der Heilpflanzen<br />
HOTELS<br />
Castel Clara – Port Goulphar, 70<br />
Belle-Île-en-Mer<br />
Château de Sable – Porspoder 58<br />
9 Atlantikküste <strong>Nr</strong>.<br />
Nouvelle-Aquitaine – Talmontsur-Gironde:<br />
zwischen Himmel<br />
75<br />
und Fluss am Ende der Welt<br />
Coup de cœur – Carrelets:<br />
74<br />
poetische Fischerhütten aus einer<br />
anderen Zeit<br />
Baskenland – Château d’Abbadia, 71<br />
eine Inspiration für den<br />
Wiederaufbau von Notre-Dame ?<br />
Atlantiküste – Ein Paradies für 67<br />
Naturismus<br />
Nouvelle-Aquitaine – Coup de 66<br />
cœur: Parc de Majolan<br />
Nouvelle-Aquitaine – Die<br />
64<br />
Metamorphose von Bordeaux,<br />
Eine Zwischenbilanz<br />
Coup de cœur – Die Eiche im 63<br />
Taubenschlag von Pouzay<br />
Bordeaux 60<br />
Wein – Jurade de Saint-Emilion 47<br />
Bordeaux – Bordeaux 2.0 46<br />
Ile d’Oléron, Ile de Ré, Ile<br />
46<br />
Madame, Ile d’Aix, Fort Boyard –<br />
Reif für die Insel(n)<br />
Wein – Ein asiatischer Winzer im 46<br />
Bordelais<br />
Klöster – Abteien, die sogar 40<br />
Kinder begeistern<br />
Marais Poitevin – Die grünen 38<br />
Kanäle des Marais Poitevin<br />
Likör – Angélique de Niort, Likor 38<br />
aus einer Heilpflanze<br />
Gironde – Wie Vauban eine<br />
36<br />
Flussmündung abriegelte<br />
HOTELS<br />
Hôtel de Sèze – Bordeaux 64<br />
Hôtel Napoléon – Ile d’Aix 46<br />
10 Auvergne & Limousin <strong>Nr</strong>.<br />
Corrèze – Das Gefühl, in der 68<br />
Inkastadt Machu Micchu zu sein<br />
Nouvelle-Aquitaine – Les Pans 63<br />
de Travassac, eine Spektakuläre<br />
Reise in das Land des Schiefers<br />
Clermont-Ferrand – Aufbruch 47<br />
aus schwieriger Position<br />
Genuss – Die AOC der Auvergne 38<br />
HOTELS<br />
Domaine Saint Estève – Millau 53<br />
11 Périgord & Midi-<br />
Pyrénées<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
Vallée de la Dordogne: Wo man 60<br />
« wie Gott in Frankreich lebt »<br />
Tradition – Toulouse im Zeichen 47<br />
des Veilchens<br />
Airbus-Fabrik – Zu Besuch bei 46<br />
Airbus in Toulouse<br />
Gouffre de Padirac – Der<br />
44<br />
Erdmitte ein Stückchen<br />
näherkommen<br />
Pastell – Das blaue Gold 43<br />
HOTELS<br />
Chateau de la Treyne – Lacave, 60<br />
Vallée de la Dordogne<br />
Grand Hôtel Le Turenne –<br />
47<br />
Beaulieu-sur-Dordogne<br />
12 Pyrenäen <strong>Nr</strong>.<br />
Le Train Jaune – Ein Zug als<br />
Wahrzeichen<br />
13 Languedoc-<br />
Roussillon<br />
Aude – Die große Höhle von<br />
Cabrespine, ein unterirdisches<br />
Abenteuer<br />
Occitanie – Assignan,Das<br />
unglaubliche Schicksal eines<br />
französischen Dorfes<br />
Sigean: das Reservat der<br />
glücklichen Tiere<br />
Languedoc-Roussillon –<br />
Überraschende Mittelmeerregion<br />
Carcassonne – Imponierende<br />
Festungsstadt des Mittelalters<br />
Côte Vermeille – Paulilles, wenn<br />
die Hölle zum Paradies wird<br />
Saint-Guilhem-le-Désert – Wenn<br />
ein Krieger zum Klosterbruder<br />
wird<br />
Stadtentwicklung – Montpellier,<br />
ein Synonym für Dynamik<br />
45<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
65<br />
64<br />
60<br />
59<br />
57<br />
57<br />
47<br />
47<br />
14 Rhône-Tal <strong>Nr</strong>.<br />
Lyon – Rendezvous in der Rue du 64<br />
Premier-Film<br />
Drôme – Wandern auf den Spuren 62<br />
der Hugenotten<br />
Lyon – Die Metamorphose<br />
61<br />
eines Arbeiterviertels in ein<br />
Freilichtmuseum<br />
Lyon – Eine Stadt gewinnt ihre 59<br />
Flussufer zurück<br />
Montélimar & Umgebung – Eine 46<br />
Reise zwischen gestern und<br />
morgen<br />
Tradition – Guignol, kleine Helden 43<br />
aus Lyon<br />
Wein – Clairette de Die 42<br />
Grignan – Im Land der schönen 40<br />
Briefe: eine Reise nach Grignan<br />
Wein – Lirac, das « mediterranste » 40<br />
Weinanbaugebiet im Rhône-Tal<br />
Jardin Zen d’Erik Borja – Auf 39<br />
der Suche nach dem verlorenen<br />
Garten<br />
Gastronomie – Michel Chabran, 39<br />
der Luxus der Simplizität<br />
Genuss – L’O Provençale: Olivenöl 36<br />
aus Nyons<br />
HOTELS<br />
Manoir de la Roseraie – Grignan 40<br />
15 Alpen <strong>Nr</strong>.<br />
Auvergne-Rhône-Alpes – La<br />
Grange au Lac: wie im inneren<br />
eines Cellos<br />
Auvergne-Rhône-Alpes: Evian:<br />
das Gedächtnis des Wassers<br />
77<br />
71<br />
16 Provence <strong>Nr</strong>.<br />
Provence-Alpes-Côte d’Azur – 75<br />
Château La Coste: ein Hauch<br />
von Verrücktheit zwischen<br />
provenzalischen Reben<br />
Porquerolles – Villa Carmignac: 73<br />
Große Kunst auf einer kleinen Insel<br />
Provence – Coup de cœur: le 71<br />
Moulin de Daudet, Fontvieille<br />
Marseille – Eine fast<br />
70<br />
hundertjährige Liebeserklärung ist<br />
noch immer atuell<br />
Camargue – Tanzende Flamingos 69<br />
in der Camargue<br />
Provence – Lavendel: eine<br />
67<br />
überraschende deutschfranzösische<br />
Geschichte.<br />
Provence – Mit Giono auf dem 67<br />
Berg der Schäfer<br />
Alpes-de-Haute-Provence – 66<br />
Salagon, ein einzigartiger Ort, um<br />
die Hochprovence zu verstehen<br />
Fontaine-de-Vaucluse – Die 58<br />
berühmteste Quelle Frankreichs<br />
Arles – Römische Pracht und 53<br />
prachtvolle Kunstvorlage<br />
Umwelt – Lavendel der Provence 46<br />
in Gefahr<br />
10 Ideen… für die Provence 39<br />
HOTELS<br />
B Design & Spa – Le Paradou 39<br />
Attrap’Rêves – Allauch 33<br />
17 Côte d’Azur <strong>Nr</strong>.<br />
Paul Ricard – zwei Inseln, ein<br />
Schicksal<br />
Iles de Lérins, jenseits des «roten<br />
Teppichs» von Cannes<br />
Provence-Alpes-Côte-d’Azur<br />
– Géoparc de Haute-Provence,<br />
eine erstaunliche Reise in die<br />
Vergangenheit der Erde<br />
Hyères – eine authentische Ecke<br />
am Mittelmeer<br />
Monaco – Internationales<br />
Zirkusfestival von Monte Carlo<br />
Monaco – Die unglaubliche Saga<br />
eines kleines Fürstentums<br />
Bormes-les-Mimosas – Wo<br />
Blumen wie Königinnen verehrt<br />
werden<br />
Ile de Port-Cros – Kleine<br />
Trauminsel im Mittelmeer<br />
Domaine du Rayol – Die<br />
Geschichte eines ungewöhnlichen<br />
Parks<br />
Nizza – <strong>Frühling</strong>sgefühle einer<br />
Diva<br />
HOTELS<br />
La Bonne Etape – Château-<br />
Arnoux-Saint-Auban<br />
75<br />
74<br />
65<br />
63<br />
53<br />
47<br />
39<br />
38<br />
36<br />
32<br />
65<br />
18 Korsika <strong>Nr</strong>.<br />
Genuss – Die AOC Korsikas 43<br />
Überseegebiete<br />
(DOM/TOM)<br />
Französisch-Guayana – Natur,<br />
Geschichte, Raumfahrt<br />
Weitere Themen<br />
Chantals Rezepte<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
37<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
APPETITANREGER<br />
Gratin de légumes du jardin 47<br />
SUPPEN<br />
Gaspacho de tomates et fraises 46<br />
Gaspacho de tomate 40<br />
Velouté de laitue 38<br />
SALATE<br />
Spinatsalat mit harten Eiern und 66<br />
knusprigen Hähnchenflügeln<br />
QUICHES & TARTES<br />
Tarte Tatin aux pommes et au 74<br />
camembert<br />
Tourte Printanière aux<br />
70<br />
champignons de Paris<br />
Tarte d’automne aux champignons 60<br />
et à la farine de châtaignes<br />
Quiche Lorraine 33<br />
GRATINS, AUFLÄUFE & TOASTS<br />
Camembert rôti au four 57<br />
FLEISCHGERICHTE<br />
Poulet fermier basse température 62<br />
à l’ail<br />
Rôti de porc aux pruneaux 59<br />
Coq au vin 43<br />
FISCHGERICHTE<br />
Poêlée de Saint-Jacques au cidre 73<br />
Encornets à la Sétoise 69<br />
Blanquette de saumon 65<br />
Millefeuille de crabe au saumon 63<br />
fumé<br />
Sole meunière 61<br />
FONDUES UND SAUCEN<br />
Die echte hausgemachte<br />
68<br />
Mayonnaise<br />
DESSERTS<br />
La tarte au chocolat 77<br />
Le Mont-blanc 76<br />
Le Gâteau basque 71<br />
Le Far Breton 64<br />
Profiteroles au chocolat chaud 58<br />
Crème brûlée à la fleur d’oranger 39<br />
GEBÄCK<br />
La Tarte Bourdaloue 67<br />
Les petits sablés de Noël 53<br />
GETRÄNKE<br />
Liqueur d’estragon 36<br />
Weine & Alkoholika<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
Wein – Château La Coste: ein 76<br />
Versuchslabor für den Weinau von<br />
morgen ?<br />
Spirituosen – Sapinette: ein Likör 74<br />
aus Tannennadeln<br />
Wein – Das Weinbaugebiet Bandol 73<br />
Spirituosen – Roderich Dühr, ein 65<br />
Deutscher, der Cognac im Blut hat<br />
Wein/Portrait – Glucklich wie 64<br />
Sabine und Jörg in Frankreich<br />
Wein – Crémant, ein kleiner<br />
63<br />
Schaumwein mausert sich<br />
Wein – Der elsässische Winzer 61<br />
Jean-Paul Schmitt ist seinen<br />
Reben näher denn je
Alkoholische Getränke –<br />
Frankreich, das neue Eldorado für<br />
Bierliebhaber<br />
Wein – Der neue Trend beim<br />
Aperitif à la française<br />
Wein – Warum wird Wein nicht<br />
grundsätzlich im Holzfass<br />
gelagert?<br />
Champagner – Was Sie schon<br />
immer über Champagner wissen<br />
wollten<br />
Weltkulturerbe – Frankreichs<br />
Winzer greifen zum Welterbe titel:<br />
Les coteaux, maisons et caves de<br />
Champagne (Teil 2)<br />
Jurade de Saint-Emilion – Mehr<br />
als Folklore: eine Tradition, die<br />
lebt!<br />
Peter Kwok – Ein asiatischer<br />
Winzer im Bordelais<br />
Picon – « Un Picon-Bière, s’il vous<br />
plaît »<br />
Bier – Schattendasein oder<br />
Geheimtipp?<br />
Lirac – Das « mediterranste »<br />
Weinanbaugebiet im Rhône-Tal<br />
Wein & Gesundheit – Vive le vin!<br />
Vive la santé!<br />
Angélique de Niort – Likor aus<br />
einer Heilpflanze<br />
Cognac – Eine ungewöhnliche<br />
Erfolgsgeschichte<br />
Genuss<br />
60<br />
59<br />
58<br />
57<br />
53<br />
47<br />
46<br />
43<br />
40<br />
40<br />
39<br />
38<br />
36<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
Gastronomie – Jacques Bockel: 77<br />
ein Elsässer «provoziert» die Welt<br />
der Schokolade<br />
Gastronomie – Champignons: 70<br />
Jacky Roulleau, der Gärtner der<br />
Nacht<br />
Genuss – Bouchot-Muscheln: 69<br />
der Rolls-Royce unter den<br />
französischen Muscheln<br />
Gastronomie – Das beste aller 66<br />
Baguettes<br />
Gastronomie – Kaviar von der 65<br />
französischen Atlantikküste,<br />
der neue Star<br />
Gilles Choukroun – Ein<br />
62<br />
Sternekoch, der die Pariser an den<br />
Flughafen zieht<br />
Gastronomie – Wenn ein junger 61<br />
Koch einen Michelin-Stern erhält<br />
Spitzengastronomie – Fabian 53<br />
Feldmann, ein deutscher<br />
Sternekoch im Land der<br />
Feinschmecker<br />
Produkte – Orangina 53<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC 49<br />
Aquitaniens<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC 47<br />
der Franche-Comté<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC 46<br />
Burgunds<br />
Trüffel – Schwarze Diamanten 44<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC 43<br />
Korsikas<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC 40<br />
der Bretagne<br />
Gastronomie – Michel Chabran, 39<br />
der Luxus der Simplizität<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC 39<br />
der Normandie<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC 38<br />
der Auvergne<br />
L’O Provençale – Olivenöl aus 36<br />
Nyons<br />
Politik & Wirtschaft<br />
Wirtschaft – Die Revision<br />
der Gebietsgrenzen der<br />
AOC Champagne: ein neuer<br />
Goldrausch?<br />
Politik – Sind die Regionen das<br />
Erfolgsrezept für den Tourismus ?<br />
Wirtschaft – Frankreich-<br />
Deutschland: der Krieg der<br />
Gummibärchen ist erklärt!<br />
Initiative – Die deutschfranzösische<br />
Freundschaft: welch<br />
eine Energie!<br />
Politik – Präsidentschaftswahlen<br />
2017, Präsidiale Orte<br />
Wirtschaft – Atomkraft in<br />
Frankreich: der Niedergang eines<br />
Systems, das sich zu sicher fühlte<br />
Kindergeld – Ist eine Reform<br />
überhaupt möglich?<br />
Pestizide – Marie-Lys Bibeyran,<br />
eine Frau kämpft gegen Pestizide<br />
Verkehrspolitik – Die<br />
Wiederentdeckung der<br />
Langsamkeit<br />
Monnaie de Paris – Pessac,<br />
hinter den Kulissen der Euro-<br />
Münzprägung<br />
Hochschulpolitik – Teaching in<br />
English? Oh mon Dieu!<br />
Umwelt – Lavendel der Provence<br />
in Gefahr<br />
Gregor Gysi – Der Linken-Politiker<br />
und Frankreich<br />
Medien – Die politische<br />
Ausrichtung französischer Medien<br />
Tourismus – Hauptsache<br />
außergewöhnlich<br />
Volksabstimmungen –<br />
Modethema im Wahlkampf<br />
Fünf Jahre Sarkozy – Zeit für eine<br />
Bilanz<br />
Umweltschutz –<br />
Kettensägenmassaker am<br />
Welterbe Canal du Midi<br />
Gesellschaft & Alltag<br />
Am Tag als… der Leichnam des<br />
Unbekannten Soldaten am Arc de<br />
Triomphe bestattet wurde<br />
Gesellschaft – Wo ist eigentlich<br />
das gute französische Brot<br />
geblieben?<br />
Gesellschaft – Lotto: Glücksspiel<br />
in Frankreich zur Rettung des<br />
Kulturerbes<br />
Geschichte – Koch und Pasteur:<br />
eine konstruktive Rivalität als<br />
Hoffnungsträger<br />
Kulturschock – Die Königin von<br />
Arles<br />
Geschichte – Montaigne: Ist die<br />
«Grabgeschichte» bald gelöst?<br />
Gesellschaft – Literaturszene: das<br />
Ende eines zu langen Schweigens<br />
Geschichte – Heinz Stahlschmidt,<br />
der Deutsche, der den Hafen von<br />
Bordeaux rettete<br />
Gesellschaft – Demografie: mehr<br />
Franzosen, aber nicht überall …<br />
Gesellschaft – Der unglaubliche<br />
Streit im das Erbe von Saint-<br />
Exupéry<br />
Interview – Serie «Quand on aime<br />
la France» (2)<br />
René Martin, der französische<br />
Steve Jobs der Musik<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
73<br />
70<br />
69<br />
65<br />
63<br />
59<br />
53<br />
53<br />
47<br />
47<br />
46<br />
46<br />
43<br />
40<br />
40<br />
39<br />
38<br />
36<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
77<br />
76<br />
76<br />
75<br />
74<br />
74<br />
74<br />
71<br />
70<br />
69<br />
69<br />
Interview – Serie «Quand on aime<br />
la France»<br />
Roger Diederen, Direktor der<br />
Kunsthalle München<br />
Ernährung – Vorsicht vor<br />
triploiden Austern!<br />
Gesellschaft – Le Mondial la<br />
Marseillaise à pétanque, der<br />
größte Boule-Wettkampf der Welt<br />
Geschichte – Tromelin, Die Insel<br />
der vergessenen Sklaven<br />
Yacine Aït Kaci – Der Vater von<br />
Elyx, des Botschafters der guten<br />
Laune<br />
David Ken – Der Fotograf, der das<br />
Glück fotografiert<br />
Verkehr – Paris: das Tauziehen um<br />
die Umwandlung des Seine-Ufers<br />
in eine Fußgängerzone geht weiter<br />
Geschichte: Die Johnnies, die<br />
Lieblingsfranzosen der Engländer<br />
Frauen und Männer, die sich<br />
für die deutsch-französische<br />
Freundschaft einsetzen:<br />
Barbara Barberon-Zimmermann,<br />
Mitbegründerin des deutschfranzösischen<br />
Kulturfestivals<br />
arabesques<br />
Brexit: Wie denken Briten, die in<br />
Frankreich leben, darüber?<br />
Fußball – Euro 2016: 10 Stadien<br />
warten auf die Fussballfans<br />
Integration – die Schwächen des<br />
französischen Systems<br />
Erfolgsgeschichten aus<br />
Frankreich –<br />
Denis Mollat, der Buchhändler 2.0<br />
Geschichte – 300. Todestag<br />
von Ludwig XIV. in Versailles:<br />
Begräbnisrituale leben länger als<br />
Könige<br />
Gesellschaft – Hinter den<br />
Kulissen des CROSS Corsen.<br />
Erinnerungskultur – Passen<br />
Gedenken und Tourismus<br />
zusammen?<br />
EU-Hauptstadtjahre: 2013 –<br />
Nantes und Marseille werden<br />
europäische Hauptstädte<br />
Winterschlussverkauf – Der<br />
andere Wintersport<br />
Simone Hérault – Die Stimme<br />
Frankreichs<br />
Berühmtheiten – Die 100<br />
bekanntesten Franzosen<br />
Frankreichbild – Frankreichs<br />
Image in der Welt<br />
Académie Française – Die<br />
Unsterblichen, die 40 Wächter der<br />
französischen Sprache<br />
Der Präfekt – Lebendes Symbol<br />
des Zentralismus<br />
Tourismus – Trends für den<br />
Winterurlaub 2011/12<br />
Gardienne – Félisa, Gardienne<br />
in Paris<br />
Kunst & Kultur<br />
Portrait - Jean-Yves de Groote,<br />
Herausgeber von Ecoute<br />
Enthüllung –Das Geheimnis um<br />
Van Goghs letztes Bild gelüftet<br />
Preise – Tyll Peters: ein junger<br />
Deutscher erhält Preis von Charlie<br />
Hebdo<br />
68<br />
67<br />
63<br />
63<br />
62<br />
62<br />
61<br />
60<br />
60<br />
60<br />
59<br />
58<br />
58<br />
57<br />
57<br />
52<br />
43<br />
43<br />
40<br />
39<br />
39<br />
39<br />
38<br />
36<br />
36<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
77<br />
77<br />
76<br />
Kultur / Comic (3/3) – Marco Rizzo<br />
und Lelio Bonaccorso – À bord de<br />
l’Aquarius<br />
Kultur / Comic (2/3) – Inès Léraud<br />
und Pierre Van Hove: Algues<br />
vertes, l’histoire interdite<br />
Kultur / Comic (1/3) – Nora<br />
Krug: Heimat, ein deutsches<br />
Familienalbum<br />
Kultur – Amüsante Geschichten<br />
rund um die französische<br />
Nationalhymne «La Marseillaise»<br />
Kultur – Festival de Piano de La<br />
Roque d’Anthéron<br />
Geschichte – Der Neandertaler:<br />
Unser Urahn erhält ein neues<br />
Image<br />
Portrait – Auf den Spuren von<br />
Jacques Prévert<br />
Sprache – Aussprache,<br />
Kartografie eines Systems à la<br />
française<br />
Kultur – 1977-2017: Centre<br />
Pompidou, 40 Jahre und immer<br />
noch überraschend<br />
Musik: Das unglaubliche<br />
Vermächtnis von Maurice Ravel<br />
Musée Matisse – Kunstgenuss auf<br />
dem platten Land<br />
Götz Alsmann – Götz Alsmann<br />
in Paris<br />
Museen – Frankreichs Museen auf<br />
der Überholspur<br />
ST-ART – Eine Kunstmesse<br />
zwischen den Welten<br />
Lebensart<br />
73<br />
72<br />
71<br />
68<br />
67<br />
67<br />
64<br />
64<br />
61<br />
60<br />
47<br />
46<br />
45<br />
38<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
Produkte – Die Künstlerfarben 77<br />
Lefranc Bourgeois<br />
Produkte – Das gelbe Oelzeug von 76<br />
Guy Cotten<br />
Produkte – La Hulotte, «das 74<br />
meistgelesene Magazin im<br />
Tierbau»<br />
Produkte – Les Herbes de<br />
71<br />
Provence<br />
Produkte – Das<br />
70<br />
Gemüsepassiergerät aus Edelstahl<br />
namens Moulinex<br />
Produkte – Le Livre de Poche: 69<br />
eine kulturelle Revolution<br />
Produkte – Châteldon:<br />
68<br />
der Champagner unter den<br />
französischen Mineralwässern<br />
Produkte – Revolution in Sachen 67<br />
Aperitif!<br />
Produkte – Les boules Quies 66<br />
Produkte – Die Zitronenpresse 65<br />
aus Glas von Luminarc<br />
Produkte – La Pléiade 64<br />
Produkte – Das Salz La Baleine 63<br />
Produkte – Das Papier d’Arménie 62<br />
Produkte – Der gelbe Briefkasten 61<br />
der Post<br />
Produkte – Der Bistrostuhl<br />
60<br />
« Drucker »: zeitlos und pariserisch<br />
Produkte – Bol à prénom 59<br />
Produkte – Eau de Javel 58<br />
Produkte – Sophie la girafe 57<br />
Produkte – Duralex-Gläser 53<br />
Tradition – Toulouse im Zeichen 47<br />
des Veilchens<br />
Guignol – Kleine Helden aus Lyon 43
ART DE VIVRE Rezept<br />
Die Crème catalane ist ein einfach zuzubereitendes Dessert. Es<br />
stammt ursprünglich aus Spanien, ist aber mit der französischen<br />
Crème brûlée – deren Rezept ich Ihnen bereits vorgestellt habe<br />
(Frankreich erleben <strong>Nr</strong>. 39) – verwandt. Aus dem Südwesten<br />
des Landes – wo die Crème catalane schon seit Langem bekannt<br />
ist – hat sich diese Süßspeise in ganz Frankreich ausgebreitet<br />
und gehört inzwischen zu den Klassikern. Ein sehr leckeres<br />
Dessert, das die Franzosen voll und ganz adoptiert haben!<br />
Crème<br />
catalane<br />
Für 4 Personen • Zubereitungszeit: 20 Minuten + Zeit für das Abkühlen der Milch • Kochzeit: 15 Minuten • Ruhezeit im Kühlschrank: 1 Stunde<br />
92 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>
Zutaten:<br />
75 cl Milch<br />
1 Zimtstange<br />
6 Eigelb<br />
75 g brauner Rohrzucker (Cassonade)<br />
25 g Stärkemehl<br />
• Abgeriebene Schale einer grünen Biozitrone<br />
• Zesten aus der Schale einer grünen Biozitrone<br />
4 EL Zucker<br />
Zubereitung:<br />
• Milch mit der Zimtstange in einem Topf erhitzen,<br />
bis sie anfängt zu köcheln. Vom Herd<br />
nehmen, zudecken und bis zum Abkühlen ziehen<br />
lassen. Milch durch ein feines Sieb filtern.<br />
• Eigelbe mit dem braunen Rohrzucker schaumig<br />
schlagen, Stärkemehl einrühren, abgeriebene Zitronenschale<br />
hinzufügen. Diese Mischung mit einer kleinen<br />
Menge der aromatisierten Milch anrühren, dann unter<br />
kräftigem Schlagen den Rest der Milch zugeben.<br />
• Masse in einem Topf bei mittlerer Hitze kochen, bis<br />
sie eindickt; dabei kontinuierlich weiterschlagen.<br />
• Crème in vier kleine Auflaufformen verteilen, abkühlen<br />
lassen und eine Stunde in den Kühlschrank stellen.<br />
• Grill des Backofens vorheizen. Jeweils einen EL<br />
Zucker auf der Oberfläche einer Form verteilen<br />
und unter dem Grill karamellisieren lassen, bis<br />
sich eine goldfarbene Kruste gebildet hat.<br />
• Vor dem Servieren mit den Zitronenzesten dekorieren.<br />
Bon appétit!<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 93
ART DE VIVRE Produkt<br />
Serie: Typisch französische Produkte (28)<br />
Parapluie de Cherbourg<br />
Im Gegensatz zu den meisten « legendären » Produkten,<br />
die wir in dieser Rubrik bereits vorgestellt haben (siehe<br />
Auflistung unten), ist der Parapluie de Cherbourg mit<br />
Sicherheit nicht in allen französischen Haushalten präsent.<br />
Und das aus gutem Grund: Für einen echten Regenschirm<br />
der Marke Cherbourg muss man mindestens 125 Euro<br />
ausgeben. Das teuerste Modell « D-Day 50e », das aus Anlass<br />
des 50. Jahrestages der Landung der Alliierten in der<br />
Normandie hergestellt wurde, kostet sogar 650 Euro. Für<br />
einen Regenschirm sind das unbestritten stolze Preise …<br />
Dennoch hat der Parapluie de Cherbourg zweifellos einen<br />
Platz im Herzen der Franzosen.<br />
Diese nationale Ikone ist zwar, wie jeder gemeine<br />
Regenschirm auch, « nur » ein Bekleidungsaccessoire, allerdings<br />
ein Accessoire, das sich sogar auf internationaler<br />
Ebene einen Namen machen konnte. Ein Parapluie de<br />
Cherbourg ist mehr als ein Regenschirm, er ist eine langfristige<br />
Investition, ein Objekt, das man als raffiniertes<br />
Zubehör, manchmal vielleicht sogar als Markenzeichen<br />
einsetzt. Wie Schuhe oder Socken ist er das « gewisse Etwas<br />
», das den Unterschied ausmacht, ein diskretes Zeugnis<br />
von Raffinement à la française.<br />
Kreiert wurde dieser Regenschirm, wie nicht schwer<br />
zu erraten ist, in Cherbourg, im Norden der Halbinsel<br />
Cotentin. Dort ist ein zuverlässiger Schutz vor Regen und<br />
Wind kein Luxus, sondern oft eine Notwendigkeit. Der<br />
Regenschirm ist also sehr robust, denn rüden Angriffen<br />
von Wind und Wetter standzuhalten, ist quasi seine<br />
Existenzberechtigung. Das Modell Antibourasque (ab 125<br />
Euro) wird sogar als der widerstandsfähigste Regenschirm<br />
der Welt angesehen: Er besteht aus einem Glasfasermaterial<br />
und kann weder abknicken noch brechen. Aber es<br />
geht noch besser: Der Schirm ParaPactum ist ein regelrechtes<br />
Schutzschild, das selbst Wurfgeschosse stoppt.<br />
Überflüssig anzumerken, dass er für eine spezifische<br />
Zielgruppe gedacht ist. ParaPactum gilt weltweit als einer<br />
der wirksamsten Sicherheitsregenschirme zum Schutz<br />
hochstehender Persönlichkeiten – allen voran natürlich<br />
Präsident Macron –, zu dem es auf der ganzen Welt kein<br />
Pendant gibt.<br />
Doch zurück zum Parapluie de Cherbourg für<br />
« Menschen wie du und ich »: Der Schirm, der von der Bekanntheit<br />
des Musicals von Jacques Demy, Les Parapluies<br />
de Cherbourg (1963), profitierte, hebt sich durch kleine Details<br />
ab, die das Herz vieler Insider höherschlagen lassen:<br />
ein Griff aus Edelhölzern oder Leder, ein gesticktes Wappen,<br />
ähnlich dem der Stadt Cherbourg, vor allem aber im<br />
geöffneten Zustand eine unvergleichliche Wölbung, die<br />
ihm ein einzigartiges Aussehen verleiht und ein charakteristisches<br />
Erkennungszeichen ist. Kenner behaupten, dass<br />
selbst das Geräusch, das beim Öffnen dieses Regenschirmes<br />
entsteht, unverwechselbar sei! Es handelt sich also<br />
offensichtlich um ein « besonderes Objekt », das Liebhaber<br />
von authentischen Produkten nicht mehr missen wollen,<br />
sobald sie es einmal in der Hand gehalten haben. Der<br />
Parapluie de Cherbourg wird nach wie vor handwerklich<br />
im wunderschönen ehemaligen Gebäude der Banque de<br />
France (das man im Übrigen besichtigen kann) im Stadtzentrum<br />
von Cherbourg nach der Devise « keine Fehler,<br />
keine Mängel » hergestellt.<br />
www.parapluiedecherbourg.com<br />
In dieser Serie werden Produkte vorgestellt, die sich in fast jedem französischen Haushalt befinden oder die für viele Franzosen kleine Nationalheiligtümer<br />
sind. In den letzten Ausgaben sind erschienen: Hollywood- und Malabar-Kaugummis (<strong>Nr</strong>. 51), Petit Suisse (<strong>Nr</strong>. 52), Orangina (<strong>Nr</strong>. 53), Duralex-Gläser<br />
(<strong>Nr</strong>. 54), Messer (<strong>Nr</strong>. 55), L’école des loisirs (<strong>Nr</strong>. 56), Sophie la girafe (<strong>Nr</strong>. 57), Eau de Javel (<strong>Nr</strong>. 58), Bol à prénom (<strong>Nr</strong>. 59), Bistrostuhl « Drucker » (<strong>Nr</strong>. 60),<br />
der gelbe Briefkasten der Post (<strong>Nr</strong>. 61), Papier d’Arménie (<strong>Nr</strong>. 62), Salz La Baleine (<strong>Nr</strong>. 63), Literatursammlung La Pléiade (<strong>Nr</strong>. 64), Zitronenpresse<br />
aus Glas von Luminarc (<strong>Nr</strong>. 65), Boules Quies (<strong>Nr</strong>. 66), Ricard aux plantes fraîches (<strong>Nr</strong>. 67), Eau de Châteldon (<strong>Nr</strong>. 68), Le Livre de Poche (<strong>Nr</strong>. 69),<br />
Gemüsepassiergerät Moulinex (<strong>Nr</strong>. 70), Herbes de Provence (<strong>Nr</strong>. 71), Cacolac (<strong>Nr</strong>. 72), L’Image d’Épinal (<strong>Nr</strong>. 73), La Hulotte, « das meistgelesene Magazin<br />
im Tierbau » (<strong>Nr</strong>. 74), Savon de Marseille (<strong>Nr</strong>. 75), das gelbe Ölzeug von Guy Cotten (<strong>Nr</strong>. 76) und die Künstlerfarben Lefranc Bourgeois (<strong>Nr</strong>. 77).<br />
94 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 95
GUÉWEN A TESTÉ<br />
… den offiziellen<br />
Onlineshop des<br />
Élysée-Palastes<br />
Der Élysée-Palast – von den Franzosen kurz<br />
Élysée genannt – liegt in der Nähe der Pariser<br />
Prachtstraße Champs-Élysées, in der Rue du<br />
Faubourg-Saint-Honoré <strong>Nr</strong>. 55. 1753 schenkte<br />
König Ludwig XV. (1710-1774) dieses besondere<br />
Hôtel particulier seiner « Favoritin » und<br />
offiziellen Mätresse, der Marquise de Pompadour<br />
(1721-1764). Seit 1848 befindet sich dort<br />
der Amts- und offizielle Wohnsitz des französischen Staatspräsidenten. Emmanuel Macron,<br />
der jüngste Präsident den Frankreich bisher hatte, unternimmt seit 2017 einiges, um den Ort<br />
zu modernisieren. Mit ihm hielt nicht nur die zeitgenössische Kunst Einzug in den Élysée-Palast,<br />
er kümmert sich vor allem um Dinge, die seine Vorgänger jahrzehntelang vernachlässigt<br />
haben, nämlich um den Unterhalt und die Renovierung des Gebäudes. Um die Arbeiten zu<br />
finanzieren, wurde ein neuartiger Webshop kreiert: Élysée Boutique Offizielle. Dort findet man<br />
eine Reihe von teils unerwarteten Produkten, die einen Bezug zum Amtssitz haben und<br />
manchmal auch eine humorvolle Seite offenbaren. Artikel, die vielen Frankreichliebhabern<br />
Freude bereiten, mit deren Kauf man einen Beitrag zur Erhaltung des Kulturerbes leistet!<br />
96 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>
Welche Produkte<br />
kann man kaufen?<br />
Zunächst gibt es<br />
natürlich die « klassischen<br />
» Produkte, die<br />
man im Shop einer<br />
derartigen Institution<br />
erwartet: Schlüsselanhänger<br />
mit der<br />
französischen Nationalflagge<br />
(9,90 €)<br />
oder dem Emblem<br />
des Élysée-Palastes<br />
(8,90 €), Bleistifte<br />
und Kugelschreiber in den Landesfarben (3 bzw. 4 €),<br />
Passhüllen aus rotem oder blauem Leder (35 €), Kaffeebecher<br />
mit dem Logo des Élysée-Palastes oder sogar<br />
mit dem Foto des Präsidenten (24,90 €) oder ein Set<br />
mit acht Postkarten, auf denen die « acht Präsidenten<br />
der V. Republik » abgebildet sind (14 €). Doch über<br />
solche « Klassiker » hinaus, gibt es auch Artikel, die man<br />
nicht unbedingt erwartet und von denen manche ein<br />
Schmunzeln hervorrufen. Einige willkürlich ausgewählte<br />
Beispiele aus dem Katalog, der in die Rubriken Haushalt,<br />
Kleidung, Accessoires, Schreibwaren, Souvenirs, Kind<br />
und Marken eingeteilt ist: eine Schneekugel mit dem<br />
Élysée-Palast (10 €), ein Set mit sechs Kerzen in den<br />
Landesfarben (15 €), ein Stück echter Seife aus Marseille<br />
mit der Prägung République française (3,90 €), großartige<br />
Boulekugeln der Marke Obut, mit den Initialen RF<br />
(République française) oder dem Symbol des Élysée-Palastes,<br />
inklusive eines blau-weiß-roten Cochonnets (59 €), eine<br />
schicke Dose Kusmi Tea Petit-déjeuner à l’Élysée (16,90 €),<br />
ein herziger Plüschhund Némo, nach dem Vorbild des<br />
Hundes von Brigitte und Emmanuel Macron (99 €),<br />
eine Armbanduhr der Marke Lip mit einem blau-weißroten<br />
Armband, wie man sie manchmal am Handgelenk<br />
des Präsidenten sehen kann (169 €), T-Shirts mit dem<br />
Emblem der République française oder mit Aufdrucken<br />
Croquignolesque (komisch) oder Poudre de Perlimpinpin<br />
(Allheilmittel) (55 €). Bei Letzteren handelt es sich<br />
um sehr ungebräuchliche Begriffe, die jedoch für den<br />
rhetorischen Einfallsreichtum von<br />
Emmanuel Macron stehen, über den<br />
sich die Franzosen oft amüsieren …<br />
Woher kommen diese Produkte?<br />
In dieser Beziehung gibt die Website des Shops klar<br />
Auskunft: Alle Produkte, die dort verkauft werden,<br />
sind ausschließlich Made in France und sollen ein « anspruchsvolles<br />
Schaufenster für französische Unternehmen<br />
und französisches Know-hows darstellen ». Dafür ging<br />
der Élysée-Palast Partnerschaften mit renommierten<br />
französischen Unternehmen aus dem ganzen Hexagon<br />
ein: Bic, Degrenne, Duralex, Kusmi Tea, Le Jacquard<br />
Français, Le Slip Français, Le Véritable Cherbourg,<br />
Lip, Marius Fabre, Obut, Saint James, Tissage de<br />
Luz … Marken, die als französische Kulturgüter<br />
gelten. Um das Logo der Französischen Republik<br />
oder des Élysée-Palastes benutzen zu dürfen, müssen<br />
strenge Qualitätskriterien eingehalten werden.<br />
Wozu dienen die Erträge des Onlineshops?<br />
Die Erträge aus dem Verkauf der Produkte tragen<br />
dazu bei, die Kosten für die Renovierung des Élysée-<br />
Palastes zu finanzieren. Im Sommer 2018 begannen<br />
die ersten Arbeiten, in deren Rahmen vor allem<br />
der bemerkenswerte, riesige (600 m²) Salle des fêtes<br />
renoviert wurde, in dem offizielle Veranstaltungen<br />
wie Staatsdinner, Amtseinsetzungsfeierlichkeiten,<br />
Verleihungen von Auszeichnen usw. stattfinden.<br />
Erfolgt die Lieferung auch ins Ausland?<br />
Ja. Die angebotenen Artikel werden nicht nur nach<br />
Frankreich, sondern auch ins Ausland geliefert. Die<br />
Lieferung erfolgt mit dem Dienst Colissimo international<br />
der französischen Post. Bezahlt wird per<br />
Kreditkarte (Visa, Mastercard, Amex) oder PayPal.<br />
Soweit ich feststellen konnte, fällt für die Lieferung<br />
nach Deutschland eine Mindestpauschale von 17 €<br />
an. Die Pauschale ist jedoch gewichtsabhängig.<br />
https://boutique.elysee.fr (Die Website gibt es in französischer<br />
und englischer Sprache.)<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 97
IMPRESSUM/VORSCHAU<br />
Impressum<br />
Frankreich erleben ist das Ergebnis von Teamarbeit. Neben den Autoren und<br />
Fotografen tragen auch die Lektoren, Grafiker und alle anderen Mitarbeiter<br />
zur Qualität der einzelnen Artikel bei. Daher sind keine einzelnen Personen<br />
am Ende eines Artikels hervorgehoben, sondern findet die Nennung im<br />
Impressum statt.<br />
Frankreich erleben erscheint im Verlag<br />
Ajc Presse · 57, rue Chantecrit · 33300 Bordeaux<br />
Telefon: +33 (0)1 75 439 440 · Fax: +33 (0)1 75 434 549<br />
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ISSN: 1861-4256<br />
Gründer des Magazins: Jean-Charles Albert und Markus Harnau<br />
Herausgeber: Jean-Charles Albert<br />
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Redaktionsbüro:<br />
Ajc Presse · 57, rue Chantecrit · 33300 Bordeaux<br />
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Laurent Fournerie, Alain Lardière, Ina Muñoz, Annaïs Quetsub, Gérard Rival,<br />
Serge Robin, Sabine Schmitt<br />
Layout: Zauberhaus.eu<br />
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Isabelle Schmidt<br />
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Frankreich erleben erscheint alle drei Monate und ist im gut sortierten<br />
Zeitschriftenhandel in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Luxemburg und<br />
Südtirol sowie per Abonnement erhältlich.<br />
Einzelpreise im Handel: 5,90 E (D), 6,50 E (A),<br />
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Abonnement (Preise pro Jahr): 19,90 E (D), 21,90 E (A),<br />
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die gesetzliche Mehrwertsteuer.<br />
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Bildnachweise (nach Seiten, Anordnung von links nach rechts, oben nach<br />
unten): Titel: Serge Robin, Ajc Presse • S.3: Serge Robin, Ajc Presse •<br />
S.4: J. Collina-Girard, Mission s92-94 Ministère de la culture; DP, Nadar;<br />
Alain Lardière, Ajc Presse; La Revue Dessinée / Seuil; Fabrice Desjours;<br />
Serge Robin, Ajc Presse • S.6-7: CC BY-SA 3.0; Pixabay; Amaury Sport<br />
Organisation Tour de France, DR • S.8: Vile d’Ajaccio; Oniria; DR; Pixabay;<br />
Serge Robin, Ajc Presse; Serge ROBIN, Ajc Presse • S.10-11: Museon Arlaten,<br />
DR; Air France • S.12-18: DR • S.19: Arte, DR • S.22: DR • S.24-25: Com des<br />
Images, CRT Hauts-de-France • S.26: DR • S.28-29: Emmanuel-Berthier,<br />
Comité Régional du Tourisme des Hauts-de-France • S.26-27: B. Teissedre,<br />
Festival des Forêts • S.28: Richard Dugovic, Festival des Forêts • S.29:<br />
Ludovic Leleu, Festival des Forêts • S.30: Anne-Sophie Flament, Festival des<br />
Forêts • S.31-32: Ludovic Leleu, Festival des Forêts • S.36-45: Serge Robin,<br />
Ajc Presse • S.46-55: Serge ROBIN, Ajc Presse • S.56-57: Fabrice Desjours<br />
• S.58: Seston Chine • S.59-60: Fabrice Desjours • S.61: Marie Protet,<br />
La Forêt Groumande • S.62: Leslie Lacour, La Forêt Gourmande • S.63 et<br />
S.65: Fabrice Desjours • S.68-69: Arc-Os, DR • S.70: J. Collina-Girard,<br />
Mission s92-94 Ministère de la culture • S.71-72: Arc-Os, DR • S.73: J.<br />
Collina-Girard, Mission s92-94 Ministère de la culture DR • S.74-75: Kléber<br />
Rossillon, DR Michele Clavel • S.76: DR • S.<strong>78</strong>-83: La Revue Dessinée /<br />
Seuil • S.84: Nadar • S.85: Pixabay • S.86: DR • S. 87: Pixabay • S.92-<br />
93: Guéwen Brown, Ajc Presse • S.94-95: Le Parapluie de Cherbourg, DR<br />
• S.96-97: Boutique Elysée. fr, DR • S.98: Cédric Brown et Serge Robin,<br />
Ajc Presse<br />
98 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong><br />
Die nächste Ausgabe (bereits Heft <strong>Nr</strong>. 79!) ist wie immer um diese<br />
Jahreszeit ein Vorbote des Sommers. Ein Sommer, den wir alle<br />
mehr denn je ungeduldig erwarten! Das Magazin Frankreich erleben<br />
erwartet seine Leser ab dem 18. Mai am Kiosk, sofern diese nicht zu<br />
den Abonnenten gehören, die es bereits eine Woche früher in ihrem<br />
Briefkasten vorfinden.<br />
Bis dahin geben wir Ihnen im Rahmen unseres kleinen Spiels auf<br />
dieser letzten Seite bereits einige Hinweise auf den Inhalt.<br />
Zunächst einige Fotos:<br />
Und dann drei Hinweise, von denen<br />
jeder eine Verbindung zu einem der<br />
Fotos hat:<br />
• Ich liege in der elsässischen Ebene und bin im Vergleich zu<br />
Disneyland Paris ein ganz anderer und verdammt mutiger<br />
Freizeitpark. Man sagt von mir, ich sei « schrecklich französisch ».<br />
Vielleicht weil ich den Namen einer bekannten und in der ganzen<br />
Welt beliebten Persönlichkeit der französischen Literatur trage?<br />
Eines ist auf jeden Fall sicher: Kleine und große Menschen haben<br />
ihre Freude an mir.<br />
• Ich wurde 948 vor den Toren der Camargue auf einem<br />
Felsvorsprung oberhalb der Ebene um die Stadt Arles errichtet.<br />
Meine Silhouette ist schon von Weitem sichtbar und erinnert an<br />
eine riesige Theaterkulisse. Während der Französischen Revolution<br />
wurde ich zu einer Ruine, und im 19. Jahrhundert bediente man<br />
sich sogar an meinen Steinen wie in einem Steinbruch. Dennoch<br />
gehöre ich heute zu den schönsten historischen Stätten der<br />
Region.<br />
• Ich bin eine Insel, liege 8,3 Kilometer vom Festland entfernt und<br />
gehöre zur Gemeinde Hyères (Var). Ab den 1920er-Jahren zog ich<br />
viele Intellektuelle an, die auf der Suche nach Einsamkeit und Natur<br />
waren. Heute betrachtet man mich als die « literarischste » unter<br />
den französischen Inseln. Daher lade ich Sie ein, meinen Sentier des<br />
Écrivains zu entdecken, der noch dazu ein Paradies für Wanderer<br />
ist.<br />
Haben Sie alles erraten? Dann können Sie die Antworten überprüfen,<br />
indem Sie die folgenden Begriffe vervollständigen:<br />
L _ P _ R C _U P _ _ I _ _ R _ _ C_<br />
L’A _ _ A _ E D_ _ _ N _ M _ _ O _ R<br />
L’ Î _ _ _E P _ R _ - _ _ _ S<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 79 – Sommer <strong>2021</strong><br />
Erscheint am 18. Mai <strong>2021</strong>
Großzügige Unterkünfte im modernen Design, eine Wellnesslandschaft<br />
mit 5 Saunen, Sonnenterrasse und Boddenblick, ein Fitnessstudio mit<br />
professionellen Geräten, ein Hobbyraum mit Billardtisch, Tischtennisplatte<br />
und Tischfußball sowie eine Lounge mit Kamin und Panoramablick,<br />
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Rügen zu verleben. Die Lage im Herzen des romantischen Fischerdorfes<br />
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Doch in diese Villa werden Sie sich verlieben!<br />
Sie genießen eine atemberaubende Aussicht über das weite Tal des Naturparks Lubéron,<br />
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Panoramablick ist unbezahlbar! Außerdem erreichen Sie in nur wenigen<br />
Minuten zu Fuß den Dorfkern von Roussillon mit seinen Geschäften und Restaurants<br />
und bekommen trotzdem wegen der geschützten Lage der Villa nichts vom Trubel im<br />
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den modularen Grundriss fühlt man sich aber auch zu zweit oder viert nicht zu einsam.<br />
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