Mind-Mag 140
Die Zeitschrift von Mensa in Deutschland (MinD), des deutschen Ablegers der weltweiten Hochbegabten-Organisation Mensa.
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UNPROMINENTE PROMINENTE<br />
LARS-HENDRIK SCHILLING<br />
Sein Name war Hase,<br />
und er wusste von nichts<br />
Karl Victor Hase: Sein<br />
legendärer Satz wurde<br />
Allgemeingut.<br />
Name: Karl Victor<br />
Hase (später:<br />
von Hase)<br />
Lebensdaten:<br />
3. November 1834 in<br />
Jena bis 30. April 1860<br />
in Eisenach<br />
In aller Kürze: Als Student verteidigte<br />
sich Victor Hase bei einer<br />
Befragung mit seinem legendären<br />
Satz: „Mein Name ist<br />
Hase, ich verneine die Generalfragen,<br />
ich weiß von nichts.“<br />
Im Detail: Victor Hase war der<br />
Sohn des Kirchenhistorikers<br />
Karl August Hase. Diese sehr<br />
gesittete Herkunft machte sich<br />
auch bei der Wahl seines Studienfachs<br />
bemerkbar. Victor Hase<br />
studierte Rechtswissenschaft –<br />
zunächst in Jena, später in Leipzig,<br />
ab 1854 dann in Heidelberg.<br />
Trotz des Studienfachs kam er<br />
öfter mit der Obrigkeit in Konflikt.<br />
Denn der junge Victor war<br />
ein kleiner Systemkritiker und<br />
Rebell, was einen in Zeiten der<br />
Monarchie in Schwierigkeiten<br />
bringen konnte. Nachdem er in<br />
Leipzig einen Geistlichen kritisiert<br />
hatte, musste er eine sechstägige<br />
Haftstrafe<br />
absitzen. Das<br />
blieb nicht der<br />
letzte Zwischenfall.<br />
In Heidelberg half<br />
er dann einem Bekannten<br />
auf fragwürdige Weise<br />
aus. Dieser hatte einen anderen<br />
Studenten in einem Duell erschossen.<br />
Deshalb setze er sich<br />
nach Straßburg ab, um der französischen<br />
Fremdenlegion beizutreten.<br />
Nur brauchte er dafür<br />
Ausweispapiere, die man auf<br />
der Flucht vor dem Gesetz eher<br />
schlecht bekommen kann.<br />
So verlor Victor Hase ganz<br />
„zufällig“ seine Studentenkarte,<br />
mit der der Flüchtige es über<br />
die Grenze schaffte. Dort warf er<br />
sie ungeschickterweise weg, wo<br />
sie gefunden und nach Heidelberg<br />
geschickt wurde. So kam<br />
es zu einer Untersuchung, wie<br />
denn dieser Zwischenfall passieren<br />
konnte.<br />
Nun war Herr Hase ja nicht<br />
umsonst auf dem Weg zum Jura-Abschluss<br />
und wusste, dass<br />
die Beweislast viel zu dünn war,<br />
um ihn zu belangen. So verteidigte<br />
er sich souverän mit den<br />
Worten: „Mein Name ist Hase,<br />
ich verneine die Generalfragen,<br />
ich weiß von nichts.“<br />
Und so kamen wir zu der Redewendung:<br />
„Mein Name ist<br />
Hase, ich weiß von nichts.“ Die<br />
hat es übrigens auch ins Niederländische<br />
geschafft: „Mijn naam<br />
is haas.“ (Wobei die Niederländer<br />
offenbar nicht bemerkt hatten,<br />
dass Hase hier ein Eigenname<br />
ist, und ihn gnadenlos übersetzten.)<br />
Victor Hase schaffte es übrigens<br />
noch bis zum Doktortitel in<br />
Rechtswissenschaft. Er starb bereits<br />
im Alter von 25 Jahren an<br />
Krankheit. Nach seinem Tode<br />
wurde sein Vater 1883 geadelt<br />
und hieß dann „von Hase“. Deshalb<br />
wird Victor gelegentlich<br />
auch als Karl Victor von Hase<br />
aufgeführt, trug diesen Titel jedoch<br />
nie zu Lebzeiten, sondern<br />
wurde sozusagen posthum mitgeadelt.<br />
Heute ist Victor Hase weiterhin<br />
in aller Munde, obwohl den<br />
meisten nicht klar ist, warum.<br />
Foto: wikimedia commons<br />
40 | mind magazin <strong>140</strong>/februar 2021